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Lukrative Firmen-Umbenennungen: Irgendwas mit Blockchain und Bitcoin

Geldverdienen, reich werden ist ganz einfach. Mit Cyber-Währungen, das habe ich ja schon seit einem Weilchen propagiert. Oder mit Trittbrettfahrer-Aktionen. Einfach mal das eigene Business umbennnen. (Börsennotierung ist natürlich optimal, auch wenn da bislang und wahrscheinlich auch jetzt oder in der Zukunft nur ein paar Freunde, Verwandte oder man selbst den Kurs bewegen 🙂 ) Aber nichts gegen einen seriösen Hersteller von Eistee (ein überteuertes Blasen-Produkt 🙂 ) und Limonade.

Das Schürfen oder Minen von Cyber-Währung ist aber schon lange kein Selbstläufer mehr – insofern ist es also nach den Regeln der herkömmlichen ökonomischen Weisheit sehr fraglich, warum man in einen absoluten Newcomer und Keine-Ahnung-Haber in Sachen Cyberwährung investieren sollte.

Aber da gibt es ja noch mehr Fragebedarf. Kollegen von mir sind z.B. bei einem Arbitrage-Bot eingestiegen, dessen Betreiber die Kursdifferenzen bei verschiedenen Cyberwährungs-Börsen ausnutzen will und da soundsoviel Rendite pro Tag verspricht. Kolleginnen überlegen, signifikante Beträge in bislang eher unterbelichtete Cyberwährungen wie IOTA zu investieren. Mein generelles Statement auf Basis der ökonomischen Logik: “There is no free lunch.” Wenn es irgendwo einen risikolosen Weg geben würde, Kohle zu scheffeln, dann würden den sehr schnell sehr viele Leute identifizieren und nutzen.

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Jede Abweichung von einer normalen, “risikolosen Rendite” (wobei der Begriff “risikolos” lustigerweise seit dem Lehman-Crash und der Euro-Krise etwas Federn gelassen hat…) bedeutet: Für die Mehr-Performance steigt auch das Risiko. Im Fall von Bitcoin: Da gibt es viele Argumente, warum das Konzept tragfähig ist. Aber bei den irrwitzigen Kurssteigerungen sind auch irrwitzige Kursabstürze drin. Wer das nicht verkraften kann, für den ist das natürlich nix. Hier sollte man wirklich nur “Spielgeld” investieren, dessen Verlust einem nicht die Existenz gefährdet.

Und andererseits: Das Geflenne von offiziellen Bedenkenträgern kann ich auch schon nicht mehr hören. Bitcoin und Konsorten sind nicht sicher. Stimmt, Euro, Dollar und Gold auch nicht, Im schlimmsten Fall droht ein Totalverlust. Stimmt, bei Euro, Dollar und Gold auch. Ich würde mal empfehlen: Nicht alle Eier in das gleiche Körbchen legen. 🙂 Aber wer jeweils nach einem Bitcoin-Absturz gekauft hat, hat bislang Top-Resultate erzielt – immer sind die vorab erzielten Höchststände kurze Zeit später wieder errecht worden.

Die realistischste Gefahr für den Bitcoin-Kurs besteht bislang darin, dass ein paar Früheinsteiger-Hanseln einen Großteil der Cyberwährung besitzen. Immerhin – seit der Einführung von Derivaten und Futures gibt es für die einen ziemlich eleganten Weg, da kursschonend Kasse zu machen 🙂

Aber wie gesagt – wer die Achterbahn nicht erträgt, ist hier völlig falsch und sollte lieber auf 0,1%ige Anleihen setzen. Der aktuelle Absturz (Bitcoin-Kurs runter auf 10.500…) hat natürlich auch die Kurse unserer schönen Limonaden-Abstauber-Firmen lädiert – aber es geht ja schon wieder aufwärts 🙂 …

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 22.12.2017 (Moderation: Till Haase)

Wochenrückblick: Bitcoin ist in der “ganz normalen” Finanzwelt angekommen – und steckt weiter in der Sackgasse

Seit letztem Sonntag ist die Cyberwährung Bitcoin “endgültig” in der “ganz normalen” Finanzwelt angekommen (was natürlich nicht heißt, dass nicht auch dort Irrationalität, Spekulation, Abzockerei oder sogar Betrug völlig gang und gäbe sind 🙂 …) – seit Sonntag gibt es an der Optionsbörse Cboe in Chigaco ein “offizielles”, zugelassenes Derivat, einen “Future” oder auf gut Deutsch, einen “Terminkontrakt” auf den Bitcoin.

Ganz vereinfacht gesagt: Damit können nun auch alle Leute auf den Kurs der Cyberwährung wetten, die sich mit den technischen Feinheiten und potentiellen Gefahren nicht beschäftigen wollen, die bei einem direkten Einstieg in Bitcoin drohen. Der Future erlaubt natürlich auch, auf einen Crash zu setzen – aber bislang sieht es nicht so aus, als ob dies die allgemein vorherrschende Kursprognose der Anleger oder Spekulanten ist. Natürlich ist der Bitcoin-Future – (ähnliche Konstruktionen an anderen Börsen werden folgen…) ein super-super-spekulatives Anlagevehikel, da ja schon der Basiswert  super-super-spekulativ und volatil ist.

Aber letztlich sorgt das Derivat nach meiner Einschätzung eigentlich für eine weitere Konsolidierung des Bitcoin-Kurses und der Bitcoin-Werthaltigkeit. (Ich erinnere immer wieder gern daran, dass die Wertzumessung für eine Währung oder für einen anderen Vermögensgegenstand (Gold, Diamanten oder Immobilien…) auch immer nur eine Frage des Vertrauens und einer impliziten Vereinbarung ist. Würden Sie zur Zeit Vertrauen in die von den Zentralbanken Venezuelas oder Simbabwes herausgegebenen Währungen setzen? Nein. Die Bewohner der hyper-inflationären Staaten auch nicht, für die ist momentan der Bitcoin die “solidere” Alternative 🙂 …)

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Das alles ändert natürlich nichts daran, dass sich ohne eine Änderung im Algorithmus (der allerdings alle Beteiligten – Bitcoin-Besitzer, Cyberwährungsbörsen und vor allem die mächtigen “Transaktions-Notare”, die “Miner” zustimmen müssten…) Bitcoin in einer ökologischen (und eigentlich, wenn wir uns die Transaktionskosten und die Transaktionsgeschwindigkeit ansehen…) auch ökonomischen Sackgasse befindet.

Ich habe mich bei der Vorbereitung des Gesprächs heute im DLF “Umwelt und Verbraucher” gefragt, was eigentlich passieren würde, wenn staatliche Akteure; China und vielleicht auch noch weitere Länder, in denen Bitcoins mit billigem Strom “geschürft” werden, den Betrieb dieser Rechen-Farmen verbieten würden. Ein sofortiger Crash? Unwahrscheinlich, weil man ja aufgrund plötzlich fehlender Transaktions-Beglaubigungen gar nicht mehr in normalem Umfang handeln könnte. Zweitens – nach dem schlagartigen Wegfall eines Großteils der Hash- und Bitcoin-Generierungs-Kapazität würde die Schwierigkeit der “Rechenaufgabe” zur Beglaubigung der Blockchain-Blöcke bzw. der Generierung neuer Bitcoins wieder nach unten angepasst. Und die Bitcoin-Welt wäre von daher ziemlich schnell wieder “in Ordnung”.

Das sind wirklich sehr interessante Fragen bei einer wirklich sehr neuen und “prinzipiell” sehr genialen Konzeption, die alle möglichen althergebrachten “Weisheiten” in Frage stellt. Wer etwas “Spielgeld” hat, macht einfach mit. Wer auf keinen Fall einen Totalverlust des eingesetzten Kapitals verkraften kann oder mit den ökologischen Kollateralschäden nicht zurecht kommt (dann bitte aber auch bei Facebook und Instagram abmelden 🙂 …), lässt es besser bleiben. 🙂

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 11.12.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

Deutschlandfunk – Umwelt und Verbraucher vom 15.12.2017 (Moderation: Jule Reimer)

 

Disclaimer: Ich selbst bin übrigens auch seit September mit einem relativ kleinen Betrag in Bitcoin investiert (nachdem ich zuvor schon jahrelang über die Cyberwährung berichtet, mich aber als notorischer und warnender “Bedenkenträger” immer zurückgehalten hatte… .) Allerdings noch nicht einmal direkt, sondern über ein Zertifikat, eine “Abbildung” des Bitcoin-Kurses. Ich gehe einmal davon aus, dass meine publizistische Reichweite nicht marktbeeinflussend ist 🙂 . Ansonsten noch einmal die Warnung: Ein Investment in Bitcoin ist hochspekulativ. 🙂

Demonetarisierte Videos bei YouTube: Zensur oder plausible Content-Bewertung?

Bei YouTube kann man bekanntlich Kohle verdienen. Nicht mit dem Video der Katze, aber wenn man da irgendetwas spannenderes oder einfach populäres zu bieten hat – tolle Schleichwerbung-Schminktips oder sich beim Videospielen zugucken lassen und dabei dauerlabern geht zum Beispiel immer – dann beteiligt einen YouTube ja an den Werbeeinnahmen und man wird ganz superreich, oder zumindest ein bisschen reich.

Aber einmal ganz ernsthaft: Für viele Anbieter im Netz, von  Nachrichtenseiten und Techblogs über Musiker bis hin zu LGBT-Organisationen sind die Einnahmen aus YouTube eine sehr wichtige Finanzierungsquelle. Und da ist die Frage: Ist das eigentlich transparent, nach welchen Kriterien YouTube bestimmte Clips promotet und andere nicht, ist es transparent, wo im Endeffekt Geld fließt und wo nicht? Daran gibt es momentan wieder einmal Zweifel.

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Im Netz und speziell bei YouTube-Content-Lieferanten ist gerade ein Paper einer Gruppe namens Karlaplan recht populär – die Verfasser haben in einer Auswertung von Berichten anderer User und durch eigene Experimente offenbar zumindest zum Teil aufdecken können, nach welchen Kriterien bei YouTube Filme promotet oder aber abgestraft; “demonetarisiert” werden. Diese Kriterien entsprechen anscheinend bestimmten potentiell oder grundsätzlich als “problematisch” eingeordneten Inhalten, wie sie in der Dokumentation zu Googles AdWord-Programm aufgelistet sind.

In der Werbewelt von Google und YouTube sind offenbar Dinge wie „Obszönität und grobe Sprache“ (Kategorie 102), “Tragödie und Konflikt“ (Kategorie 105) oder “Sensible soziale Probleme“ (Kategorie 115) nicht erwünscht und letztendlich geschäftsschädigend – ab einem gewissen (durch einen KI-Algorithmus zugemessenen…) Prozentsatz fliegt ein Clip aus der Monetarisierung und der Ranking-Liste heraus. Das ist systematische Zensur, so lautet das Fazit der Karlaplan-Autoren.

Ich bin da allerdings nicht so sicher. Irgendetwas muss YouTube bzw. Google ja tun, um die unzähligen Sekunde für Sekunde hochgeladenen Clips zu bewerten – die Werbekunden möchten ihre Inhalte nicht in oder neben Hass-, Fake-, oder Schrottvideos gepostet bekommen und drohen mit Boykott. Die Einstufung der Clips kann natürlich auch nicht standardmäßig von Menschen, sondern nur von Algorithmen erfolgen – insofern: Das läuft halt so, und da läuft auch mal etwas schief. In Zweifelsfällen gibt es ja die  Möglichkeit, YouTube dirkt anzufunken und zu sagen; Ich bin jetzt hier zu Unrecht heruntergerankt und de-monetarisiert worden.

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 01.12.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

Die Autos in Google Street View liefern verlässliche demographische Informationen

Eine komplette Volkszählung ist ja speziell bei uns hier in Deutschland immer noch ziemlich unpopulär – aber trotzdem ist klar: Es ist schon sehr wichtig und aufschlussreich zu wissen, wer z.B. in einem bestimmten Stadtviertel so wohnt; wie hoch da das durchschnittliche Einkommen ist, der Bildungsstand, die Arbeitslosenrate. Auch wenn man sich nur auf Stichproben stützt: Verlässliche demographische Daten zu sammeln, ist bislang ziemlich aufwendig und teuer. Es gäbe aber eine einfache und sehr billige Alternative, sagen amerikanische Wissenschaftler: Einfach bei Google Street View nachgucken, was dort, auf den Aufnahmen für Autos herumfahren und herumstehen.

Die Grundidee ist natürlich schon auf den ersten Blick einleuchtend und nachvollziehbar – wenn da in einem Stadtviertel am Straßenrand überwiegend Porsches, Mercedesse und BMWs parken, dann wohnen da wohl eher gutbetuchte Leute. Und in einem Viertel, wo uralte Schrottkarren vor sich hinrosten, da sieht es eher anders herum aus. Jetzt haben Informatiker u.a. von der Stanford University diesen intuitiven Ansatz einmal in großem Maßstab ausprobiert – natürlich automatisiert, mit sogenannter Künstlicher Intelligenz. Die Wissenschaftler haben Google-Street View-Ansichten von 200 Städten in den USA ausgewertet, insgesamt 50 Millionen Einzelbilder.

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Dem KI-Algorithmus haben die Forscher zunächst einmal beigebracht, Automodelle (und deren Baujahre…) aus allen Perspektiven zu erkennen – dann haben sie sich für einen kleinen Teil der untersuchten Städte oder Bezirke demographische Daten aus anderen Quellen besorgt und dann ihr Deep-Learning-Programm von der Leine gelassen: Wie korrelieren denn die demographische Daten zu den auf Street View beobachteten Automodellen? Offenbar sehr gut und sehr aussagekräftig. Wohlgemerkt – das alles ist nur Statistik. Aber ab einer bestimmten größeren Zahl kommt die Statistik der Realität schon ziemlich nah. 🙂

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 29.11.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

Pilotprojekt “Smart City” in Bonn – Wenn der Glascontainer “voll” meldet

Bekanntlich bin ich nicht per se ein glühender Anhänger der Idee, alles zu vernetzen und ins Internet (“der Dinge”…) zu bringen – und dann davon auszugehen, dass allein diese Aktion die Welt automatisch in ein Paradies voller glücklich umherstapfender, bestens informierter und vor lauter tollem “Benutzererlebnis” 🙂  fortwährend jubilierender neuer, smarter und stets wohlwollender Menschen verwandelt. In Wirklichkeit ist das IoT eher ein Albtraum von billigst zusammengestoppelten China-Devices mit Backdoors, Sicherheitslücken und niemals erfolgenden Updates 🙂 … Und die Menschen bleiben natürlich genau so, wie sie halt sind. Es gibt nette, intelligente Leute. Und Vollidioten und Arschlöcher.

Da betrifft auch technische Visionen. In einer idealen Welt oder einem Science-Fiction-Film laufen attraktive Menschen in einem weißen Hosenanzug durch gestylte Wohnwelten und wischen und tippen über smarte Monitore und pseudo-Graffitti-Betonwände. In Wirklichkeit versuchen schlechtgekleidete Spaßvögel und Trolle, Sand ins Getriebe zu streuen – aus purer Lust am Destruktiven; oder weil es ja auch vielleicht auch wirklich ein Stück weit lustig ist, eine vermeintlich tolle Vision mal kurz und schmerzhaft auf den Boden der analogen Wirklichkeit zurückzuholen. Auf jeden Fall: vernetzte Zukunftsideen und “smarte Sensorik” müssen unter diesem Aspekt einigermaßen robust konzipiert sein – sonst pulverisiert sich der erhoffte “Benefit” ganz schnell wegen ein paar Einzelaktionen von “unsmarten” Zeitgenossen.

Aber natürlich wird sich das “Kosten-Nutzen-Verhältnis” zwischen Infrastruktur-Betreibern und IoT-Providern einpendeln; und natürlich werden in zehn Jahren IoT-Dienste und Dienstleistungen selbstverständlich sein, die heute noch experimentell sind. Und möglicherweise ist das dann auch alles smart, klimafreundlich und energiesparend. An der Abwägung: Was bringt mir meine Investition in einigermaßen absehbarer Zeit? – ändert das jedenfalls momentan nichts. Solange die Kommunen nicht einmal das Geld haben, um die allerschlimmsten Schlaglöcher in den Straßen auszubessern, steht die flächendeckende “smarte Stadt-Infrastruktur” wahrscheinlich noch nicht ganz oben auf der Prioritäten-Liste 🙂

Pilotprojekt “Smart City” in Bonn – Wenn der Glascontainer “voll” meldet

Deutschlandfunk – Computer und Kommunikation vom 18.11.2017 (Moderation: Maximilian Schönherr)

Rescam: KI-Bot verwickelt Scam-Betrüger in Email-Konversation

So richtig neu ist die Idee natürlich nicht, aber immer noch gut: Scamming, das Email-Verschicken mit irgendwelchen Fantasie-Stories über sagenhafte Vermächtnisse, Bankschließfächer oder Beziehungs-Avancen – das funktioniert immer noch mit viel Manpower und Handarbeit. Zuerst braucht man natürlich einen Idioten oder eine Idiotin, die auf den Scheiß reinfallen – aber danach müssen ja ehrliche Hand-Arbeiter in Nigeria oder Moldawien die Kommunikation fortführen, die ja letztlich in eines münden soll: In einen Geldtransfer des Idioten zum Scammer.

Der Ki-Bot “Rescam” von der neuseeländischen NGO-Netzsicherheits-Agentur zielt schlicht auf diesen menschlichen Faktor – wenn die Scam-Arschlöcher mit der Beantwortung der Bot-Fragen, Anekdoten und schlechten Witzen beschäftigt sind, dann können sie in der Zeit keine neuen Idioten Opfer abzocken. Ich habe so etwas ja mal per Hand gemacht. (Fortsetzung in den Folgeposts…) – das ist einigermaßen lustig. Har, Har.

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 13.11.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

Amazon-Rabatt auf Waren von “Third-Party-Anbietern”: Lokalrunde mit Hintergedanken

Die Idee mit den Drittanbietern oder “Third-Party-Verkäufern” bei Amazon ist ja eigentlich genial: Zum einen weitet der Handelsgigant damit sein Angebot aus – entweder qualitativ (zusätzliche Artikel, evtl. besserer Preis) oder quantitativ (Produkt in höheren Stückzahlen verfügbar). Die Kunden haben mehr Auswahl und genießen die Zahlungsabwicklung über einen vertrauenswürdigen, etablierten Kanal – und die Drittanbieter selbst können ihre Waren über einen etablierten Distributionsapparat lagern und ausliefern (lassen); normalerweise klappt die Abrechnung auch problemlos.

Das ermöglicht z.B. einem findigen Studenten, mal eben ein Millionen-Business hochzuziehen – mit pfiffiger Preis-Arbitrage. Das Nebeneinander von Amazon-eigener Ware und der Ware von Drittanbietern in Amazons Lagerhäusern führt ja zuweilen zu peinlichen Pannen: Amazon macht nämlich bei der Bestell-Bearbeitung gar keinen Unterschied und “pickt” und versendet einfach das, was gerade am nächsten im Regal liegt – und so kann man selbst bei einem Kauf bei Amazon selbst mit etwas Pech gefälschte, defekte oder retournierte Ware geliefert bekommen. Immerhin ist das Unternehmen bei Reklamationen sehr kundenfreundlich und diskutiert dann nicht groß herum, sondern liefert fehlerfreien Ersatz.

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Auch der Sonder-Rabatt, der gerade für etwas Aufsehen in den Third-Party-Seller-Foren sorgt, sieht ja erst einmal nach einer Win-Win-Win-Situation aus. Aber unter Umständen bekommen Drittanbieter Ärger mit ihren Lieferanten oder den Markenproduzenten – die “Lokalrunde” von Amazon verfolgt halt ureigenste Interessen und nimmt gegebenenfalls solche Kollateralschäden in Kauf. Hauptsache, der Eindruck bleibt in den Köpfen der Konsumenten: Bei Amazon gibt es die günstigsten Preise. Noch einmal nachchecken empfiehlt sich aber trotzdem.

Amazon-Rabatt auf Waren von “Third-Party-Anbietern”: Lokalrunde mit Hintergedanken · Deutschlandfunk Nova

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 07.11.2017 (Moderation: Till Haase)

Alpha Go Zero: Das menschliche Know-How ist suboptimal

Bislang war es eigentlich ein Standard-Ansatz beim Einsatz von KI, von “Künstlicher Intelligenz” – ob mit oder ohne neuronale Netze: Auf die Spur gebracht wurde der Algorithmus erst einmal mit Trainingsdaten, die auf menschlicher Expertise beruhten. Und das war ja immerhin ein kleiner Trost für “homo sapiens” selbst dann noch, wenn das Resultat; ein Poker– oder Go-spielendes Programm  anschließend eine “superhuman performance” zeigte, den menschlichen Experten anschließend gnadenlos “plattmachen” konnte. Beim jüngsten Produkt aus der Kaderschmiede des Google-Tochterunternehmens “DeepMind” fällt selbst dieser kleine Trost weg.

Alpha Go Zero fängt bei Null an, kennt nur die Go-Regeln – und bringt sich das Spiel (im Spiel gegen sich selbst…) selbst bei. Bis es vom “Affen” zum unschlagbaren Experten wird, dauert es ein paar Stündchen länger als bei den Vorversionen. Menschliche Züge kann es auch nicht mehr so gut vorhersagen wie seine Vorläufer – aber die in Jahrtausenden herauskristallisierten Go-Strategien sind ja offenbar eh: suboptimal. Immerhin: die Expertise von Alpha Go Zero ist eng begrenzt, auch der Ansatz “von Null an beginnen” liefert noch keine universelle Welterklärungs-Maschine.

Im Gegenteil – die Experten bei DeepMind sind sich des Problems wohl bewusst, dass sie momentan noch nicht erklären können, wie ihr Algorithmus genau zu seinen Ergebnissen kommt. Und wenn es nicht “nur” um ein Spiel, sondern um das richtige Leben geht – dann würde man diese Entscheidungskriterien doch ganz gern etwas genauer nachvollziehen können.

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 19.10.2017 (Moderation: Monika Seynsche)

Google “Advanced Protection”: Schutz für VIPs und ganz normale Leute

Es stimmt schon: Otto und Emma Normalverbraucher(in) stehen glücklicherweise nicht im Fokus von Hackern. Und Otto und Emma werden also bestenfalls (immer noch unangenehmerweise…) Zufallsopfer irgendwelcher Pannen, Lücken und Fahrlässigkeiten bei den Betreibern ihrer Email-Accounts, Internet-Shops oder Dating-Plattformen. Richtig gefährlich wird es dann, wenn einen Cyber-“Miscreants” gezielt ins Visier nehmen. Als Promi, weil sich dann heikle Fotos versilbern lassen oder halt einen sehr netten “Impact-Faktor” ergeben. Als investigativer Journalist, Wirtschafts-Akteur oder Politiker – da kommen wir schon in den Profi-Bereich von Geheimdiensten und “staatlichen Akteuren”. Oder als bekennender Cyberwährungs-Nutzer – da interessieren sich eben Cyber-Beutelschneider sehr für gut gefüllte Cyber-Wallets auf dem PC.

Die “Advanced Protection” bringt manche Restriktionen mit sich, der geschützte Google-Account ist deutlich weniger “smart” als der normale. Aber für alle User mit erhöhtem Schutzbedürfnis ist das ein fairer “Deal” – die zusätzlichen Kosten beschränken sich auf die Anschaffung der kompatiblen USB- oder Bluetooth-Hardware-Dongles. Für Google selbst ist das Ganze natürlich auch eine gute Idee: So wird die Cloud-Infrastruktur überhaupt erst akzeptabel für “besonders gefährdete Personen”.

Deutschlandfunk Nova · Besonderer Google-Schutz für gefährdete Personen

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 18.10.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

Videoüberwachungsprojekt Berlin: Golem.de wirft digitalcourage Fehler vor

Das Testprojekt zur automatischen Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz ist ohnehin umstritten – und Anfang der Woche kam noch mal zusätzliche Aufregung in die Sache: Die rund 300 freiwilligen Teilnehmer, so der Vorwurf der Aktivisten vom Verein Digitalcourage, hätten statt eines passiven RFID-Transponders einen aktiv sendenden Blutooth-Beacon untergeschoben bekommen, der rund um die Uhr Daten sammele, die weit über den eigentlichen Zweck des Transponders hinausgingen. Der Test sei also umgehend abzubrechen – eine Forderung, der sich sogar die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff anschloss.

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Bundesinnenminister Thomas de Maziere konterte kühl, die vorgebrachten Bedenken beruhten auf “fehlerhaften Informationen” – und wie es aussieht, hat er damit Recht. Alexander Merz und Friedhelm Greis vom IT-Portal Golem.de werfen nämlich den Datenschützern von Digitalcourage diverse Fehlannahmen, Kenntnislücken und Ungenauigkeiten vor – mit dem (Fehl-)Alarmruf hätten die Aktivisten der Sache einen Bärendienst erwiesen. Die Analyse bei Golem.de liest sich für mich plausibel – im Übrigen hatte ich den vermeintlichen Skandal ohnehin eher für einen Sturm im Wasserglas gehalten: Wer sich als Testperson für den Pilotversuch gemeldet hatte, im Gegenzug für einen kleinen Amazon-Gutschein, der hat ja offenbar kein exorbitantes Problem mit einer gewissen temporären Aufgabe seiner “Privacy”.

Denn wohlgemerkt – mit dem eigentlichen eventuell kommenden Regelbetrieb der automatischen Gesichtserkennung hat die Transponder-Karte ja überhaupt nichts zu tun. Die Golem-Autoren betonen, dass auch sie – wie Digitalcourage – die geplante biometrische Erfassung und Speicherung unbescholtener Bürger sehr kritisch sehen, ich schließe mich dem an. Ob die Methode tatsächlich einen ungeheuren Sicherheitsgewinn bringt, darf man einstweilen bezweifeln, wie aber die Kollateralschäden funktionieren – der britische Datenschutzbeauftragte hat gerade wieder einmal nachgewiesen und heftig kritisiert, dass einmal bestehende Einträge in Polizei-Datenbanken rechtswidrig praktisch nie gelöscht oder korrigiert werden – das haben die Vorgänge rund um die Akkreditierungen von Journalisten beim G20-Gipfel gezeigt.

Die Aufregung darüber ist übrigens kein selbstverliebtes Gejammere einer privilegierten Berufsgruppe, wie man zuweilen lesen konnte. Entsprechende Einträge in Behörden-Datenbanken gibt es natürlich nicht nur bei Journalisten, sondern bei Jedermann und Jederfrau. Und die fragen sich halt dann irgendwann, warum sie eigentlich den angestrebten Job oder die Wohnung nicht bekommen oder warum ihr Visa- oder Kontoeröffnungsantrag abgelehnt wird.

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 25.08.2017 (Moderation: Thilo Jahn)