Ich habe inzwischen Einblick in den Beschluss des OVG Münster zur Ablehnung eines Antrags auf einstweilige Verfügung gegen das seit dem 16.12.2020 geltende Golfverbot in NRW nehmen können. Was mir gar nicht bekannt war: Das Land NRW hat die Verschärfung der Coronaschutzvorschriften gegenüber dem vorangegangenen „Lockdown light“ sogar explizit begründet. Im entsprechenden PDF auf der Website des Landes sind die entsprechenden Passagen in roter Schrift eingefügt. Zum verschärfenden Verbot des zuvor noch erlaubten Individualsports auf Sportanlagen heißt es hier:
Während nach der Verordnung vom 30.11.2020 Individualsport auch auf Sportanlagen noch möglich war, muss es mit der Änderung vom 14.12.2020 auch hier angesichts des diffusen Infektionsgeschehens mit erheblichem Fallzahlenanstieg weitere Einschränkungen geben. Auch wenn die Sportausübung selbst alleine erfolgt, birgt die zeitgleiche Nutzung von Sportanlagen in vielfältiger Weise Kontaktmöglichkeiten (in Zugangsbereichen, an Hindernissen, an Sportgeräten, Wegkreuzungen) die auch mit Blick auf eine erhöhte Aerosolproduktion bei sportlicher Betätigung im Rahmen eines strikten Lockdowns für eine eng begrenzte Zeit nicht mehr hinzunehmen sind. Diese Kontaktmöglichkeiten können nur durch ein Nutzungsverbot kontrollierbar gestaltet werden, weil eine Verhaltenskontrolle –auch auf einem Golfplatz z.B. bei einem Stau an bestimmten „Greens“ etc. im Einzelnen nicht möglich ist.
Festzuhalten ist zunächst, dass der Verfasser oder die Verfasserin dieser Zeilen immer noch völlig verschiedene Sportarten und Sportanlagen über einen Kamm schert – es gibt beim Golfen eben keine „Hindernisse“, „Sportgeräte“ und normalerweise auch keine „Wegkreuzungen“. Und aus welcher geistigen Verwirrung das Gefasel von „einem Stau an bestimmten ‚Greens'“ entstanden ist, für den eine „Verhaltenskontrolle“ nicht mehr möglich sein soll – das kann ich beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen. Nur noch mal zur Info: Es gibt keinen Stau, sondern im Abstand von 8 oder zehn Minuten versetzte Startzeiten, wir Golfer hecheln auch nicht mit furchtbar „erhöhter Aerosolproduktion“ durch die Gegend. Und last but not least, wir sind als gewöhnlich schon etwas reifere und in der Gesellschaft angekommene Menschen auch sicher in der Lage, die ganz wenigen denkbaren „Kontaktmöglichkeiten“ – etwa bei der Ankunft auf dem Parkplatz eines Golfplatzes – verantwortungsvoll zu gestalten.
Die Behauptung und die argumentative Konstruktion, die Kontaktmöglichkeiten könnten nur „durch ein Nutzungsverbot kontrollierbar gestaltet werden, weil eine Verhaltenskontrolle … im Einzelnen nicht möglich ist“ – das ist schlichtweg: eine bodenlose Unverschämtheit.
Das furchtbare ist nun, dass das OVG in seiner Entscheidung dieses Gefasel aus der Begründung des Landes NRW weitgehend als zutreffend übernimmt – und das trotz der detaillierten Erwiderungen des Antragstellers in Bezug auf die herbeiphantasierte „Staugefahr“. Die Richterinnen und Richter phantasieren sogar selbst eifrig weiter drauf los: Auch bei festgelegten Startzeiten im zehn-Minuten-Takt werde ja nicht „unterbunden, dass nach und nach immer mehr Personen auf das Gelände kommen und sich an bestimmten Punkten – sei es auch nur vor Spielbeginn oder nach Beendigung des Spiels – begegnen.“
Auch hier ist es wieder nahezu unverschämt, die theoretisch mögliche „Begegnung“ als kontrollbedürftige infektionsrelevante Gefahrensituation anzusehen. Wenn ein Einzelspieler oder Zweierflights den Platz direkt nach ihrer Runde wieder verlassen (Clubhaus und Gastronomie sind ja eh geschlossen…) und dabei in drei Metern Entfernung auf dem Weg zum Auto ankommenden Spielern für ein paar Sekunden „begegnen“, dann ist dies völlig irrelevant. Auch die Annahme, hier würde sich regelmäßig der Anlass für ein Gespräch ergeben, ist völlig spekulativ – bei einer Mitgliederzahl von ein paar hundert Leuten kennt man eben doch nur einige wenige näher. Und die Annahme schließlich, Clubmitglieder würden ein eventuelles kurzes Gespräch draußen an der frischen Luft unverantwortlich gestalten, ist wieder nur: unverschämt.
Das OVG verweist darauf, dass ja das Ausweichen auf andere Individualsportarten (Joggen, Inlineskaten, Spazierengehen) außerhalb des Golfplatzes weiterhin möglich sei. Das ist korrekt, ich kann sogar im Park (cross-) golfspielen gehen. Begegnungsmöglichkeiten, auch unerwünschte, enge gibt es da allerdings eindeutig mehr als auf dem Golfplatz. Insofern ist die Verdrängung der gesundheitlich gebotenen körperlichen Bewegung von Golfspielern (und übrigens auch anderer Individualsportler) in öffentliche Flächen sogar kontraproduktiv und potentiell eher infektionsfördernd.
Weil sie schon im Frühjahr so hübsch war, hier noch mal die Karikatur von Torsten Kropp bei Golfpost.de:
Karikatur von Torsten Kropp bei Golfpost.de https://www.golfpost.de/community/posts/5eb038804c729f00062be320/
P.S. Es widerstrebt mir zwar, um die Aufhebung von schwachmatischen, unverschämten und rechtswidrigen Einschränkungen zu „bitten“, trotzdem füge ich hier einmal den Hinweis auf eine laufende Aktion bei „openpetition“ ein: