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“Geliefert wie bestellt” – der Fall Relotius

In unserer schönen neuen Welt der allseits erwarteten Perfektheit, des ständigen Abgleichs des eigenen Selbst, des eigenen Äußeren oder des eigenen Schaffens mit dem vermeintlich perfekten Selbst oder Äußeren oder Schaffen von anderen, des “Mitbewerbs” also im Leben oder im Beruf; in den Zeiten der ständigen Selbstvergewisserung anhand von “Likes”, Followern oder Abonnenten ist das Aufhübschen der Realität zum völlig normalen Verhalten geworden. Und irgendwie (wobei bei allen Beteiligten das Ausmaß der Einsicht gerne situationsabhängig schwankt…), irgendwie weiß ja jeder: Das ist nicht die Realität, das ist eigentlich gar nicht so glamourös. Das ist eigentlich gar nicht so schön. Das ist gar nicht so eindeutig. Das ist eigentlich gar nicht so spannend.

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Es gibt ja bei Instagram oder auf anderen Plattformen etwas, das man “Food Porn” nennt, und der Gedanke hinter dieser semantischen Schöpfung passt natürlich auch auf andere Diszipline; auch “Beauty Porn”, “Fashion Porn”, “(Extreme-) Sport Porn” oder “Travel Porn” (ich erhebe mal sofort Leistungsschutzanspruch auf all diese Neuschöpfungen…) sind also völlig normale, völlig gebräuchliche Realitäts-Aufhübschungen. Und, das jetzt mal meine These aus gegebenem Anlass, es gibt auch “Journalismus- oder Reportage-Porn”.

Claas Relotius’ Reportagen sind unglaublich detailliert ausrecherchiert und eindringlich geschildert und fast schon als Literatur zu bezeichnen. (Aus der Laudatio des Jurors Gero von Boehm bei der Verleihung des Reemtsma Liberty Award 2017)

Eben. Fast schon Literatur. Die Subjektivität ist ja eh eingepreist, ist ja eh konstituierendes Stilmittel bei der “Königsdisziplin” Reportage.

Die Reportage stellt ein spezielles Ereignis oder ein Geschehen so dar, wie es die Autorin/der Autor miterlebt hat und wahrnimmt, um es den Leserinnen und Lesern auch emotional nahezubringen. (Bayerischer Rundfunk: Journalistische Textsorten)

Und natürlich lernt man als junge(r), aufstrebende(r) Journalist(in) auf den entsprechenden Journalistenschulen, bei den Voluntariaten der Zeitungen und Sender, wie das handwerklich gemacht wird.

Generell gibt es keine Standardstruktur oder Musterlösungen für eine gute Reportage, doch lässt sie sich grob in drei Bereiche gliedern: Einstieg, Hauptteil und Ausstieg. Für den Einstieg eignen sich besondere Szenen. Sie sollten den Leser neugierig machen und möglichst Ort, Zeit und handelnde Personen einzuführen. (Journalist-werden.de: Schreibwerkstatt, Teil 3)

So zum Beispiel:

An einem Dienstagmorgen im Januar, vier Tage nachdem Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt worden ist, steht neben dem Willkommensschild am Ortseingang noch ein zweites Schild, halb so hoch, aber kaum zu übersehen. Jemand muss es in der Dunkelheit aufgestellt haben. Auf diesem Schild, aus dickem Holz in den gefrorenen Boden getrieben, steht in großen, aufgemalten Buchstaben: “Mexicans Keep Out” – Mexikaner, bleibt weg. (Claas Relotius, “Wo sie sonntags für Trump beten“)

Super; nur, dass der Reporter sich das Schild ausgedacht (wieso gab es eigentlich kein Foto davon, und wieso hat die Spiegel-Doku-Abteilung danach eigentlich nicht gefragt oder nachgeforscht?) und noch so ein paar andere Sachen erfunden hat. In den Reportagen von Claas Relotius gibt es offenbar auch als immer wiederkehrendes Stilmittel Musik: Lieder, Songs, die die Protagonisten vielsagend oder rührend selbst anstimmen oder – natürlich, darunter geht’s nicht – in einer Endlosschleife hören. Anscheinend momentan ein regelrechter Fake-Marker bei seinen Stücken. Ansonsten natürlich: Handwerkszeug.

Wenn ich einen Satz sehe wie “draußen beginnen die Hunde zu bellen”, höre ich sofort auf zu lesen. (Ein hellsichtiger Kommentator im SPON-Forum)

Es gibt offenbar auch Leser/Hörer, die unsere journalistischen Handwerks-Stereotype durchschauen; wir Journalisten selbst tun dies natürlich auch – aber in der Rolle als abnehmende Redakteure fordern wir die paradoxerweise, und ohne übermäßige Anforderungen an deren Plausibilität oder Belegbarkeit zu stellen ein. Die Geschichte, das “Storytelling” muss halt natürlich “rund” sein, und anschaulich. Einstieg-Hauptteil-Austieg, der Bogen muss da sein. Oder notfalls zusammengedrechselt werden.

Er steigt mit ihr hinab in den Keller, der nach Schweiß stinkt, über eine Treppe mit 15 Stufen, so steht es da: 15 Stufen, weil Relotius gelernt hat, dass exakte Zahlen die Glaubwürdigkeit des Geschriebenen erhöhen. (SPIEGEL legt Betrugsfall im eigenen Haus offen – Eine Rekonstruktion in eigener Sache von Ullrich Fichtner)

Und, weil der/die abnehmende Redakteur(in) das geil findet und das natürlich genauso wie sein/ihr Autor, womöglich sogar auf der gleichen Journalistenschule gelernt hat; klar, die Zahl der Treppenstufen ist unerlässlich – obwohl eigentlich niemand, kein normaler Mensch in der normalen Situation in Syrien oder sonstwo auch nur im entferntesten auf die Idee kommen würde, die bescheuerten Treppenstufen mitzuzählen. Ist selbstverständlich auch fuckegal, ob das 15 oder 14 oder 16 sind. Bullshit; Reporter-Porn halt.

Natürlich ist der Fall – leider – Wasser auf die Mühlen der Fake-News-Apologeten.

Damit die Szenen nicht beliebig wirken, ist es wichtig sich vor dem Schreiben eine These zu überlegen. Diese These ist das Ergebnis der vorherigen Recherche, also die Quintessenz aller Interviews und Beobachtungen, die man im Vorfeld geführt bzeziehungsweise gemacht hat. Anhand dieser These wählt man die Szenen für die Reportage aus. Passt eine Szene nicht zur These, sollte man sie weglassen. (Journalist-werden.de: Schreibwerkstatt, Teil 3 – für die Schreibfehler der Schreibwerkstatt kann ich übrigens nix 🙂  )

Oder eine passende hinzuerfinden 🙂 Ganz ohne Zweifel hat der Spiegel eine These, eine vorgefasste Agenda. Möglicherweise ist das gerechtfertigt, möglicherweise passt die Agenda auch zum angepeilten Zielpublikum; oder möglicherweise ist die Agenda und die Erwartungshaltung an die Autoren in Wirklichkeit aber auch kontraproduktiv und führt zum Mechanismus “geliefert wie bestellt”. “Sagen, was ist.” Nicht, sagen, wie wir gerne hätten, dass es sei. Das gilt natürlich auch für mich und meine Kolleg(inn)en beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Die Erklärungen von Claas Relotius selbst, er habe da unter Erfolgsdruck gehandelt, die kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Er hat halt in der “Königsklasse” mitspielen wollen und auch bei den entsprechenden gutdotierten Preisen, die systemimmanent “Porn-verdächtig” sind (ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn man jetzt alle preisgekrönten Reportagen der letzten Jahre auf die wirklich minutiös nachprüfbaren Fakten bis zum “ihre zusammengepressten Knöchel werden weiß” nachprüft…). Die Verlockung und das Problem sind systemimmanent, und ich sehe es genauso wie die “Salonkolumnisten” – selbst die an sich lobenswerte Aufarbeitung des Falls beim Spiegel bedient sich wiederum der Stilmittel, die den Fall erst miterzeugt haben.

Und mal an Claas Relotius selbst gerichtet – ich kenne Sie nicht, aber laut allen Einschätzungen ihrer Kollegen sollen Sie ein äußerst angenehmer, bescheiden auftretender, sympathischer Zeitgenosse sein. Tun Sie sich nichts an, verzweifeln Sie nicht; auch wenn Ihre Karriere als Journalist mit der Angelegenheit höchstwahrscheinlich beendet sein sollte. Holen Sie sich Hilfe – und dann wechseln Sie; vielleicht ja zunächst unter Pseudonym, ins literarische Fach. Denn Sie schreiben ja einfach richtig gut, nur bislang im falschen Genre.

Journalist erklärt Farbverwirrung mit Bildschirm-Kalibrierung

Ich habe ja schon damals die Original-Aufregung um das weiß-goldene bzw. blau-schwarze Kleid (#dressgate) nicht so recht nachvollziehen können. Wahrscheinlich hatte ich aber an den entsprechenden Tagen keinen Netzreporter-Dienst, sonst hätte ich das Thema ja sicher behandelt, obwohl es nicht so recht radiophon ist 🙂 …

(Das Kleid der Herzogin von Cambridge ist eindeutig blau…)

Jetzt haben Forscher die “Farbverwirrung mit Schlafvorlieben” erklärt, so lese ich bei meinen geschätzten Kollegen von Spiegel Online. Zuerst habe ich den Artikel auf meinem Desktop und dem angeschlossenen Samsung-Bildschirm zur Kenntnis genommen – und da sehe ich das Kleid in Hellblau (was man noch als Ergebnis eines Farbstiches mit sehr viel Fantasie in “Weiß” uminterpretieren könnte…), und die Streifen in Gold.  Aber ganz ehrlich: Ich falle da schon in die Minderheitsgruppe und sage eigentlich “hellblau-gold”.

Auf meinem iPad Pro hingegen (zur Stunde noch nicht im Schlaf- bzw. Blauanteil-herausfilter-Modus; aber das ändert ulkigerweise gar nicht viel am Ergebnis…) sieht das Kleid eindeutig blau-schwarz aus. (Blaue Grundfarbe, schwarze Streifen…) Hier mal ein Foto, aufgenommen mit meinem iPhone – und das bringt zur weiteren Erheiterung noch wieder einen gewaltigen Gelbstich (jedenfalls im oberen Teil des Bildes, wo die fossile Glühbirne an meiner Zimmerdecke hineinstrahlt…) mit ins Spiel; aber den Unterschied sieht man trotzdem noch (vermute ich mal, wobei ich natürlich nicht weiß, mit welchem Gerät Sie diesen Artikel jetzt lesen 🙂  )

 

Ich schätze mal, 95% der ganzen #dressgate-Diskussion, die sich ja aufgrund einer Online-Rezeption des Fotos online abgespielt hat, geht auf das Konto Bildschirm-Kalibrierung. Den Forschern im zitierten Artikel ist das Problem grundsätzlich klar:

First, our data were logged online, which is inherently problematic; we do not know what screens or screen settings our participants used when they viewed the dress stimulus originally. However, this lack of controlled viewing conditions might be less troubling than usual in this particular case for several reasons. First, we tried to account for the divergent phenomenological experience of our participants when first encountering the dress—whatever the viewing conditions. This divergence is the key issue at hand that made this phenomenon interesting; it neither relies on nor is created by particular viewing conditions. Second, the fact that it is possible to find consistent and statistically reliable responses highlights the robustness of these effects; they do not rely on carefully controlled viewing conditions unlike so many effects in vision science that do. Indeed, Chetverikov and Ivanchei (2016) show that the percept of an individual is rather stable with no statistically reliable effect of image size or device type. Third, we conceptually replicate other findings by authors who did aim to control viewing conditions, e.g., Chebichevski and Ivanchei, so we are somewhat confident that the novel findings we report are also not artifactual.

Ich bin angesichts des Erscheinungsdatums jetzt nicht so sicher, ob die aktuelle Studie mit den Lerchen und Eulen ganz erst gemeint ist – auf jeden Fall: alle Bewertungen des Fotos “online”, also aufgrund individuell kalibrierter (oder eben nicht kalibrierter…) Bildschirme (auf Desktops, Handys oder Tablets…) kann man definitiv in der Pfeife rauchen oder ins Klo spülen oder in die Tonne kloppen. 🙂 Das Foto hier ist eindeutig blau-schwarz/gold – oder haben Sie etwa Tomaten auf den Augen (oder einen anders kalibrierten Monitor) ???

Die im SPON-Artikel verlinkten Erdbeer-Fotos sind allerdings nett; klarer Fall, der Background-Farbwert (und unsere normale Farberwartung…) spielt eine entscheidende Rolle…

Künstliche Intelligenz “Libratus” schlägt Pokerprofis

Poker: Das ist doch Zockerei, ein Glücksspiel. Von wegen – das denken nur Leute, die keine Ahnung haben. Oder die eine politische oder “moralische” Agenda verfolgen, denn kurioserweise hat die Einstufung ja gravierende Konsequenzen: Auf der einen Seite sagen Rechtspolitiker oder Juristen: “Glücksspiel; also ist das nach den und den Gesetzen verboten”. Dann wären allerdings konsequenterweise auch erzielte Gewinne steuerfrei. Oder anders herum, wenn der Staat Kohle sehen will, dann sind Gewinne aus Pokerturnieren plötzlich doch wieder steuerpflichtig – dann ist Poker also ein Geschicklichkeitsspiel oder ein Denksport.

 

Und da kann man nur sagen – das letztere stimmt. Natürlich gibt es beim Poker eine Zufallskomponente, die gemischten und verteilten Karten. Aber über eine große Anzahl von Spielen, von gespielten Händen, wie man sagt – da ist das Können der Spieler entscheidend, da setzt sich der Meister gegen den Patzer, den „Fisch“ durch – und zwar todsicher, mit einer kalkulierbaren Marge. Genau das war also auch der Grund, warum das „Brain versus AI Poker tournament“ im Rivers Casino in Pittsburgh über 20 Tage und 120.000 gespielte Hände ging – um das Kartenglück zu neutralisieren und am Ende einen klaren Sieger zu haben, möglichst mit eindeutiger statistischer Signifikanz.

Ein weiterer Anti-Glückseffekt-Korrekturfaktor: Dong Kim, Jimmy Chou, Daniel McAulay und Jason Les traten ja “Heads up”, also jeder für sich allein gegen die “Künstliche Intelligenz” Libratus an – und da bekamen jeweils zwei Menschen genau die Karten gegen den Computer, die der Computer gegen die beiden anderen Menschen spielen musste. Am Ende war das Resultat völlig klaralle Profis waren geschlagen; die Überlegenheit war nicht nur statistisch signifikant, sondern überwältigend – eindeutig eine “super human performance”, wie es Programmierer Tuomas Sandholm ausdrückt.

The Brains vs Artificial Intelligence competition at the Rivers Casino in Pittsburgh. Photograph: Carnegie Mellon University

Fast schon überraschenderweise nutzt Libratus keine neuronalen Netze – Sandholm missfällt nämlich, dass es beim “Deep Learning” keine Garantien für die Güte einer Problemlösung gibt, keine Garantien dafür, dass bei einer leichten Modifikation des Problems (hier also der Spielweise der Poker-Gegner…) immer noch ein gutes Ergebnis erzielt wird, keine Garantien dafür, dass nicht irgendwo in der “Black Box” der neuronalen KI der Faktor Zufall sein Unwesen treibt. Die verbesserten Algorithmen, die in Libratus zum Einsatz kommen, konvergieren hingegen mathematisch nachweisbar zum spieltheoretischen Optimum, dem Nash-Equilibrium; und das sogar mit einem klar benennbaren Gütefaktor.

Das ist zumindest ein bemerkenswerter Ansatz – für Sandholm ist nämlich Poker und Libratus nur ein “proof of concept”, ein “Showcase”. Und auch in der “realen Welt” lassen sich viele vermeintlich komplexere Konstellationen auf die “Heads up”-Pokersituation “Spiel mit zwei nicht-kooperativen Gegnern und nicht vollständiger Information” eindampfen:

A lot of real world situations are two player, like most military settings are two player games. Cyber security is typically a two player setting – and by player I mean that there can be multiple hackers, but conceptually it’s like “hacker versus defenders”; so it is a two player setting even if there are multiple hackers, maybe even multiple defenders.

Libratus lief während des Matches auf einem Supercomputer – noch steht also die Rechen- und Spielpower nicht für “jedermann” zur Verfügung. Trotzdem ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis das Online-Pokerspielen um Geld sinnlos bzw. hoffnungslos wird – auch jetzt sind ja Bots schon ein ernstes Problem. Stephan Kalhamer, Diplom-Mathematiker, ehemaliger Poker-Profi und Präsident des “Deutschen Poker Sportbunds” weist darauf hin, dass die Komplexität am “vollbesetzten” Pokertisch, also vor dem Eintreten der “Heads up”-Situation, ja noch einmal deutlich komplizierter ist.

In der Tat haben Libratus bzw. sein Schöpfer Tuomas Sandholm dafür noch gar kein Konzept.

We are not really working on multi player, because it’s not even clear what you would want to compute there. One option would have to say, it’s okay, you want to compute a Nash equilibrium strategy. But in multi player games that is not safe. So it’s not clear that you would even want that, even if you had an oracle for immediately computing one. So it’s more a conceptual problem, or what the goal even is in those games. And while in two player settings – two players who are in some games like “Heads up Poker”, there it’s very clear that Nash equilibrium is safe.

Abgezockt vom Computer – Künstliche Intelligenz schlägt Pokerprofis

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 09.02.2017 (Moderation: Ralf Krauter)

…zum gleichen Thema der Artikel bei Spiegel Online:

Poker Mensch gegen Maschine: Libratus, der Gangster – SPIEGEL ONLINE

Spiegel Online – Netzwelt vom 08.02.2017

 

…und das Gespräch bei DRadio Wissen am 20.01. – da war das Match “Mensch gegen Maschine” noch nicht entschieden…

DRadio Wissen – Grünstreifen vom 20.01.2017 (Moderation: Dominik Schottner)

Firefox-Feature könnte Lebensdauer von SSDs verkürzen

Eine SSD als Systemlaufwerk ist heutzutage fast schon der Normalfall – der Performanceschub gegenüber einer normalen Festplatte ist gewaltig. Gewaltig sind allerdings auch die Datenmengen, die ein ganz normal vor sich hinlaufendes Betriebssystem so produziert, das am Netz hängt. Da werden im Hintergrund Updates gezogen, Inhalte aktualisiert, dazu kommen dann natürlich Mails und der komplette Traffic beim Surfen. Und dabei läppert sich einiges zusammen, wohlgemerkt ohne dass man jeden Tag ein paar BluRay-Filmchen aus obskuren Quellen heruntersaugt 🙂 …

Auf dem Systemlaufwerk spielen sich üblicherweise auch alle temporären Schreibprozesse ab – also die Zwischenspeicherung von Downloads, auch wenn die anschließend auf der externen “Datengrab”-Festplatte landen. Oder das Auspacken von Zip-Dateien, auch wenn die auf anderen Laufwerken liegen. Und genau deswegen, weil all diese Prozesse nun mit wesentlich höheren Schreib- und Leseraten auf der SSD ablaufen, fühlt sich der ganze Rechner schneller an. Soweit, so gut – selbstverständlich sind aktuelle SSDs auch so konstruiert, dass sie in einem normalen Nutzungs-Szenario jahrelang ihren Dienst tun. “Unkaputtbar” sind die Festplatten-Nachfolger hingegen keineswegs.

Die Anzahl der Schreibzyklen, die eine Flash-Speicherzelle verkraftet, ist endlich. Und deswegen geben die Hersteller für ihre Produkte – und zwar aufgeschlüsselt für die billigeren “Consumer” und die teureren “Professional”-Produktlinien – eine zulässige durchschnittliche Schreibrate z.B. pro Tag an, die dann zu einer bestimmten Lebenserwartung der SSD führt. Wenn ein Nutzer diese Schreibrate überschreitet, dann darf er mit einem vorzeitigen Ableben des Laufwerks rechnen. Und genau das könnte Firefox-Usern drohen – zumindest “Heavy-Usern”, die schon mal drei Browserfenster parallel aufmachen und darin jeweils eine Reihe von Tabs geöffnet haben.

Das nämlich führt offenbar zu ziemlich exzessiven Schreibaktivitäten, die schon einmal locker die Hälfte der “zulässigen” Tagesdosis verbraten – so die Analyse von IT-Fachmann Sergei Bobik. Verantwortlich ist ein Feature von Firefox, das nach einem Absturz des Browsers oder des Systems (oder auch nach einem versehentlichen Schließen des Browserfensters) die Fenster und Tabs wiederherstellt. In den Kommentaren unter dem Blogartikel bestätigt ein Firefox-Programmierer, man sei sich des Problems bewusst – andererseits sei das Feature für viele Anwender absolut unverzichtbar. Als Hotfix schlägt Bobik vor, das Sicherungsintervall in der Firefox-Konfiguration (about:config) etwa von den standardmäßigen 15 Sekunden auf eine halbe Stunde zu erhöhen. Dann könne man die “sessionstore”-Funktion aber auch ebensogut ganz abschalten, lautet eine Gegenstimme.

Fazit: Ein SSD-Killer ist Firefox (Chrome verhält sich übrigens ähnlich…) damit noch nicht. Aber ernstnehmen sollte man die Sache schon – und gegebenfalls die Balance zwischen dem Nutzwert des Sicherungsfeatures und der Lebensdauer der SSD neu austarieren. Übrigens – haben Sie eigentlich ein aktuelles Backup bzw. Image Ihres Systemlaufwerks? Sollten Sie aber haben.

P.S. 27.09.2016 – Wir haben das Thema heute auch bei DRadio Wissen besprochen. Firefox-Hersteller Mozilla hatte auf Anfrage die Aussagen des Programmierers unter dem Artikel von Bobik bestätigt. Das Ganze sei aber kein Bug, sondern ein Feature:

„Firefox schreibt die Daten der Browsersitzung regelmäßig auf das Laufwerk, damit wir sie im Falle eines Absturzes oder Stromausfalls wiederherstellen können. Die Standardeinstellung von Firefox räumt dabei der Sicherheit der Nutzerdaten einen höheren Stellenwert ein als der Schreibleistung des Laufwerks.“

Wenn ein Nutzer das anders gewichten möchte, empfiehlt auch Mozilla die Verlängerung des Sicherungsintervalls – möglicherweise wird auch in einer kommenden Firefox-Version der Default-Wert nach oben angepasst.

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 27.09.2016 (Moderation: Till Haase)

P.S. 29.09.2016 – Für den Artikel bei Spiegel Online hatte ich auch noch bei Samsung um eine Erläuterung gebeten – die Spezifikationen auf den Produktwebseiten des Herstellers sind nämlich zunächst einmal nicht ganz einfach zu interpretieren: Die zulässigen Höchstwerte gibt Samsung in drei verschiedenen Größeneinheiten an: In „TBW“, was mal für „Terabytes Written“, mal für „Total Bytes Written“ steht. Im Datenblatt für das ältere Modell 840 Pro ist hingegen z.B. von „5 Jahren Garantie bei maximaler Schreibleistung von 40 GB/Tag“ die Rede.

Laut Samsung kann TBW “sowohl als ‘Total Bytes Written’ wie auch als ‘Terabyte Written’ aufgefasst werden, wobei ersteres gängiger ist.” Tatsächlich ist es aber so, dass innerhalb einer Baureihe die SSDs mit höheren Speicherkapazitäten für einen höheren TBW-Wert innerhalb der Garantiefrist spezifiziert sind:

Der Rechenweg lautet hier:

(TBW-Wert / (Garantiejahre*365))*1000 (wir sind hier mit SI-Einheiten unterwegs – die Multiplikation mit 1000 benötigen wir für die Umrechnung von TB in GB)

Im Konkreten Fall der 850 EVO 250 GB und 120 GB lautet der Rechenweg folgendermaßen: (75 TB / (5 * 365)) * 1000 = 41,1 GB pro Tag

Die 500 GB und 1 TB Varianten haben 150 TB TBW. (150 TB / (5 * 365)) * 1000 = 82,2 GB pro Tag

Die 2 TB und 4 TB Varianten haben 300 TB TBW. (300 TB / (5*365)) *1000 = 164,4 GB pro Tag

Das heißt im Klartext: Auf SSDs mit höheren Kapazitäten fällt die von Firefox bzw. anderen Browsern durch die Sitzungswiederherstellung erzeugte Schreibbelastung verhältnismäßig weniger stark ins Gewicht. Samsung gibt also Entwarnung:

Für Samsungs SSDs stellt aber auch die höhere Schreibbelastung von 12 GB am Tag kein Problem dar. Die von den Browsern verursachte Schreiblast ist zwar ärgerlich, aber nichts, was die Lebensdauer von Samsungs SSDs bedroht.

Zumindest wenn man Lebensdauer mit dem Garantiezeitraum gleichsetzt, hat Samsung hier bei den größeren Modellen bestimmt recht. Und fairerweise muss man auch anmerken – selbst nach den Erfahrungen von Datenrettungsunternehmen ist es keineswegs so, dass eine SSD nach Überschreiten der garantierten Schreiblast von heute auf morgen ausfällt – da ist eine Menge “Luft nach oben” mit einkalkuliert. Aber zumindest bei kleinen SSDs (viele SSD-Einsteiger oder-Aufrüster dürften solche Laufwerke eingebaut haben, weil sie ja das Gesamtsystem signifikant beschleunigen und große SSDs im Vergleich zu Festplatten immer noch erheblich teurer sind…) ist das “kein Problem” nicht so einfach nachvollziehbar. Denn wie schon erwähnt – die 12 GB (oder mehr…) sind ja eine zusätzliche Belastung zu der “normalen” und auch schon sehr datenintensiven Nutzung eines Systemlaufwerks.

Und die kann offenbar (es kommt natürlich immer auf die individuellen Nutzungsgewohnheiten an…) bei 30 GB/Tag liegen – das ist jedenfalls der Wert, den mir mein Samsung-Diagnosetool als tägliche Belastung meines Systemlaufwerks anzeigt, wenn der Rechner durchläuft. Und mit meinem Firefox-Anteil bin ich dabei weit unter den bei Bobik angegebenen Werten, obwohl ich auch oft mehrere Browserfenster und zig Tabs regelmäßig geöffnet habe. Möglicherweise liegt das am Adblocker und NoScript 🙂 .

Firefox-Funktion belastet SSDs – SPIEGEL ONLINE

Spiegel Online – Netzwelt vom 29.09.2016

Studie zu Internetzugängen: Regierungen diskriminieren auch digital

Politisch benachteiligte ethnische Gruppen haben oft einen schlechteren Zugang zum Internet. Eine Studie zur digitalen Diskriminierung gibt den Regierungen die Schuld.

In der Tat, wie das ein User bei Spiegel Online schreibt: Google und Facebook wissen wahrscheinlich am besten, wie es um die Internetanbindung und Userdichte in allen Regionen der Welt steht. Mit den Daten der Big Player des Netzes hätte das Team rund um Prof. Nils B. Weidmann noch eine wesentlich bessere Ausgangsbasis für die Studie über “Digitale Diskriminierung” gehabt – nur rücken die Giganten solches Material nicht ohne weiteres heraus, nicht mal für eine “Science”-Veröffentlichung.

Animation: Philipp Hunziker, Nils B. Weidmann/ Background: Natural Earth

Animation: Philipp Hunziker, Nils B. Weidmann/ Background: Natural Earth

Und auch andere Kommentatoren äußern zunächst einmal berechtigte Zweifel: Bekommt denn ein Schweizer Provider tatsächlich den globalen Traffic überhaupt komplett mit, läuft nicht vielleicht ein signifikanter Teil des Internetverkehrs aus den in der Studie untersuchten Regionen über ganz andere Routen? Und zweitens: Hinter einem Subnetz können ja “Festanschlüsse” mit statischen IP-Adressen stehen, oder es könnte ein Adressbereich eines Providers sein, der die einzelnen Nummern laufend an tausende Kunden dynamisch zuteilt – eine überwiegend statische Netzarchitektur in einem Land oder einer Region A nach dem ersten Schema wäre dann mit einer überwiegend dynamischen in einem Land oder einer Region B überhaupt nicht vergleichbar.

Genau danach habe ich in meinem Interview natürlich auch Prof. Weidmann gefragt.

Das sind zwei Fragen, die sehr, sehr häufig kommen. Die erste Frage kann man dadurch beantworten, dass wir nicht das Volumen angeguckt haben der Netze, die übermittelt haben. Wir haben über den Schweizer Provider nur geschaut, ob wir mindestens ein Paket von einer gewissen Subnetz-Adresse bekommen. Man guckt nicht das Volumen an, sondern nur die Tatsache, senden sie oder nicht. Und das funktioniert überraschenderweise – deswegen mussten wir das auch validieren – das funktioniert sehr gut. Und zwar auch aus dem Grund, weil die Schweiz über die Universitäten sehr sehr viele Open-Source-Software-Repositories hostet. … Und deswegen kann man da sehen, dass da sehr viele exotische Adressen in unserem Datenbestand drin sind, die wahrscheinlich von der Schweiz selbst gar nichts wollten.

Und zweitens, das ist richtig, auch hinter einem Subnetz können sich unterschiedliche Anzahlen von Computern verstecken. Allerdings ist das eine Tatsache, die eigentlich in jedem der Länder gleichermaßen dieses Problem verursacht. Und wir haben uns ja nur Nuancen zwischen Ländern angeguckt, zwischen Regionen. Und deshalb ist uns die absolute Anzahl nicht wichtig, und die können wir auch nicht schätzen mit dieser Methode. Wir können nur sagen: Mehr Subnetze, mehr Nutzer.

Das Ganze ist, wie erwähnt, eine recht grobe Annäherung. Aus der sich aber offenbar doch ausreichend belastbare Tendenzen ermitteln lassen. Und um auch noch einen weiteren Kritikpunkt kurz zu erwähnen: Natürlich kann die Studie nur Aussagen zu solchen ethnisch benachteiligten Gruppen machen, deren Angehörige überwiegend in einem regional definierbaren Siedlungsgebiet wohnen. Wenn es eine solche Segregation nicht mehr gibt (wobei es ja durchaus sein kann, dass die Diskriminierung weiterbesteht), dann bräuchte man selbstredend individuellere Informationen über die einzelnen User. Etwa solche von Facebook oder Google.

Studie zu Internetzugängen: Regierungen diskriminieren auch digital – SPIEGEL ONLINE

Spiegel Online – Netzwelt vom 10.09.2016

DRadio Wissen · Diskriminierung ethnischer Gruppen: Zugang zum Netz

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 12.09.2016 (Moderation: Till Haase)

Gesichtserkennungs-Software mit 3D-Modell überlistet

Gesichtserkennung soll Passwörter überflüssig machen – und demnächst vielleicht sogar helfen, verdächtige Personen zu identifizieren. Aktuelle Biometrie-Apps lassen sich einer Studie zufolge aber austricksen.

Eine biometrische Zugangskontrolle per Gesicht ist bequem und intuitiv “angenehm” – aber gilt ganz allgemein nicht als besonders sicher. Und das liegt nicht an Schwächen bei der Gesichtserkennung durch entsprechende Software, sondern an der Schwierigkeit für Zugangskontrollsysteme, erst einmal festzustellen, ob das überhaupt ein Gesicht ist, was sie da erkennen. Oder eine Attrappe. In ihrem auf der Usenix-Sicherheitskonferenz vorgestellten Paper lassen die Autoren Yi Xu, True Price, Jan-Michael Frahm und Fabian Monrose von der University of North Carolina in Chapel Hill erst einmal das Katz-und-Maus-Spiel Revue passieren, das sich Hersteller solcher Systeme und “Hacker” geliefert haben.

Die ersten Modelle ließen sich mit einem einfachen vor die Kamera gehaltenen Foto austricksen. Die Gegenidee: Blinzelt das Auge? War auch wieder super-einfach auszutricksen: einfach zwei Fotos schnell hintereinander, eins mit geöffneten, eins mit geschlossenen Augen. Nächste Gegenidee: Bewegt sich der Kopf, ist Mimik sichtbar? War ziemlich leicht mit Videoaufnahmen auszutricksen. Nächste Gegenidee, schon sehr sophisticated: Passen die erkannten 3D-Merkmale des dargebotenen Gesichtes eigentlich auch noch, wenn die Kamera den Blickwinkel leicht verändert?

Das lässt sich nicht mehr mit 2D, sondern nur noch mit 3D-Attrappen aushebeln, die sich zudem realistisch und perspektivisch korrekt im Raum bewegen lassen müssen. Aber den Informatikern der UNC gelang nicht nur das – sie konnten auch zeigen, dass allseits verfügbare Fotos aus Social Media und Netz genügend “Stoff” für die Anfertigung solcher virtuellen Köpfe liefern. Auf ein freundliches Lächeln in die Kamera sollte sich nun eigentlich niemand mehr verlassen, der höhere Sicherheitsanforderungen hat. Vielleicht kann ja die Infrarottechnik für ein Weilchen die Kuh wieder vom Eis bringen.

Gesichtserkennungs-Software mit 3D-Modell überlistet – SPIEGEL ONLINE

“Pokémon Go”-Cheatern droht der Rauswurf

Cheats gibt es, solange es Games gibt. Und im Single-Player-Modus ist das ja auch kein Problem, notfalls mal bei einer ansonsten “unlösbaren” Stelle der eigenen Geschicklichkeit oder Geduld etwas unter die Arme zu greifen. Aber in Multi-Player-Umgebungen zerstören Cheater halt letztlich ganz schnell das Spiel und das Geschäft für den Anbieter – wenn man als ehrlicher Gamer chancenlos ist, macht man eben nicht mehr mit. Und irgendwelche für den Hersteller lukrativen Boost-Up-Packs, Eier und Staub, die legalen Cheats sozusagen 🙂 mag auch keiner mehr kaufen. Insofern könnte man natürlich im speziellen Fall von Pokemon Go noch argumentieren: Die Cheats und Bots machen nur deutlich, dass das ganze Spiel (ob mit analogen Karten oder augmented…) eigentlich eh ein ziemlich witzloser, materialistischer Abzocker-Quatsch ist…

Manipulation: “Pokémon Go”-Cheatern droht der Rauswurf – SPIEGEL ONLINE

P.S. :

#18 Heute, 19:26 von NeZ

Seit wann ist Cheaten langweilig? Per Fake GPS ständig Arenen erobern, während die ursprünglichen Besitzer unten auf der Straße stehen und sich wundern wer ihnen da in den Käse fährt ist doch göttlichst lustig.

Trau mich ja fast gar nicht zuzustimmen…

Zwischen Markenrechten und Political Correctness: Olympia-Emoji bei WhatsApp und Twitter

In Rio laufen die Olympischen Spiele – und auf Twitter machen automatisch hinzugefügte Emoji die Timeline bunter und verwirrender. Die olympischen Ringe sucht man aber vergebens – anders als bei WhatsApp.

Rio 2016: Olympia-Emoji bei WhatsApp und Twitter – SPIEGEL ONLINE

Mit 3D-Modellen zum perfekten Selfie

Es ist schon erstaunlich, was heutzutage alles geht bei der Bearbeitung von Photos oder Filmen. Ein Motor aller technischen Entwicklungen ist natürlich Hollywood – das “Capturing” von Bewegungen, auch von der Mimik menschlicher Akteure und die anschließende Übertragung auf computergenerierte 3D-Modelle ist das Geheimnis vieler Produktionen. Und das Prinzip funktioniert halt mittlerweile frappierend gut, auch wenn das Ziel der übertragenen Bewegungen kein grünes Riesenmonster, sondern wiederum ein Mensch bzw. ein menschliches Modell ist.

Ein solches Modell zu erstellen, das ist kein ganz großes Kunststück, wenn man einen 3D-Scanner zur Verfügung hat, der Körper oder Gesicht unter idealen Bedingungen abtastet – gute Beleuchtung, die Haare streng nach hinten gesteckt, neutraler Gesichtsausdruck, neutraler Hintergrund. Aber aus einem einfachen Single-Shot-Foto mehr als die 2D-Informationen herauszuholen, das ist nach wie vor eine Gratwanderung. Die Idee ist relativ klar – man braucht nicht unbedingt die 3D- oder Tiefeninformationen für die konkret abgebildete Person, auch ein 3D-Modell eines “idealen” oder interpolierten Gesichts hilft weiter, um die Bildinformation aufzupeppen.

Und dann ist die Frage, was man eigentlich will, erläutert Ohad Fried von der Princeton-Universität – wenn es um die Übertragung von Mimik geht, reicht es, sich auf die inneren Strukturen eines Gesichtes zu beschränken, auf die Veränderung von Mund, Augen, Augenbrauen. Wenn man – wie in der aktuellen Studie der Forscher beschrieben – Verzerrungen in Portraitfotos korrigieren oder im Gegenteil simulieren will und die subtilen, aber sehr charakteristischen Veränderungen der Gesichtsgeometrie, dann braucht man auch die Außenbegrenzungen des Kopfes wie Ohren und Schädelspitze. Der Algorithmus der Computergrafik-Spezialisten baut auf Vorgängerarbeiten auf, bringt aber zum ersten Mal auch die (tatsächliche bzw. fiktive…) Kameraposition mit in das zugrundeliegende 3D-Modell.

Im Moment arbeitet das Team gerade an der Umsetzung des Programms in eine App-Version – die notwendige Rechenkraft könnten auch Smartphone-Prozessoren liefern. Und auch für viele Erweiterungen und Verbesserungen wäre noch Luft. Trotzdem, so sieht das auch Fried: Zwischen einem Demo-Programm einer Uni-Forschergruppe und einer Anwender-Software liegen noch Welten:

Wenn unser Programm etwa in 90% der Fälle gut funktioniert, ist das ein toller Erfolg. Wenn ein kommerzielles Software-Produkt in 10% der Fälle Probleme macht – das geht nicht…

Eine 3D-Darstellung, die auch hohen Ansprüchen wie im Spielfilm gerecht wird, die wird es in absehbarer Zeit auch nur mit 3D-Scans als Quelle geben, sagt Ohad Fried. Aber wenn ein bisschen Interpolation und ein paar Abstriche in den Details tolerierbar sind, dann haben die Computergrafik-Experten bald etwas sehr brauchbares anzubieten, um aus Fotos plötzlich eine Dimension mehr herauszukitzeln. Einen Markt gibt es dafür definitiv – wie man nämlich einen naturgetreuen 3D-Avatar von einem selbst oder vom Lieblings-Star produzieren könnte, (ohne als Top-Experte einen Monat lang in Programmen wie ZBrush herumzudoktern…), das ist seit Jahren die Frage Nummer eins in den entsprechenden Online-Foren.

Das wir dann irgendwann überhaupt keinem Bild mehr trauen können, ist noch mal eine ganz andere Sache.

Bildbearbeitung: Mit 3D-Modellen zum perfekten Selfie – SPIEGEL ONLINE

Hillary-Kampagne: Ein bisschen mehr Zurückhaltung, bitte. Danke.

Am Dienstag hab ich ja – egal, was da jetzt juristisch draus wird – mal eben 10 Dollar rübergechippt. An die über-direkte, jetzt auch offiziell nominierte Kandidatin der Demokraten. (Wie schon gesagt, die ist natürlich Establishment. Aber natürlich hätte der vielleicht moralisch und politisch integrere Bernie Sanders letztlich keine Chance gehabt, weil halt die Mehrzahl der wahlberechtigten Menschen in einer westlichen Demokratie keine linken Gerechtigkeits-Träumer sind. Sondern Idioten. Verführbare. Pragmatiker. Und so weiter. Das kann man bedauern. Ich bedaure das auch.

Aber wenn man diese Linie durchzieht, dann wird nicht der eigene linke Gerechtigkeits-Traum Realität, sondern das Votum der rechten Schwachmaten (die ja übrigens eine ganze Menge nachvollziehbarer Einwendungen haben gegen den linken Gerechtigkeits- und Political-Correctness-Traum…). Leuten wie dem Telepolis-Kolumnisten Tomasz Konicz kann man da eigentlich nur sagen – aufwachen, die Demokratie ist kein Ponyhof! Leider.

Aber mal zurück zur Hillary-App – das mit dem Frontalangriff auf meine Kohle war leider noch nicht das letzte Wort. Die nächste Mail kommt von Robby, dem Campaign Manager:

Marcel —

Hillary’s job is to make her case to as many people as possible for why she should be the next President of the United States. As her campaign manager, my job is to make sure that those people all get the chance to join this team.

Here’s how we do that: We build the biggest possible organization of donors, volunteers, voters, and supporters like you who share our vision for this country. Every donation, just like every phone call made and every door knocked, is a way of showing Hillary that you’re with her — and it all adds up to something pretty incredible.

I’m not going to waste your time. Will you, right now, stand with Hillary by chipping in $8?

Marcel, donate $8

Thanks, Marcel — you’re phenomenal.

Robby

Robby Mook
Campaign Manager
Hillary for America

Kein Dank für meine Kohle von gestern – ich bin zwar total phenomenal, aber der gute Mann will jetzt wirklich nicht meine (und seine…) Zeit verschwenden – ich soll noch mal was reinchippen. 8 Dollar. Sagt mal, Leute, wie kommt ihr eigentlich auf die Beträge? Gestern 1 Buck, heute 8? Steckt da ein Algorithmus hinter, eine KI? Oder ein menschlicher Zocker/Abzocker? Ein Zufallsgenerator? Jetzt bin ich echt ziemlich sauer.

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Die Kampagne hat’s wohl geahnt – oder als Feedback zurückbekommen: Die nächste Mail ist da. Oh Wunder- diesmal kein Betteln um Geld:

Marcel —

I’ve been with Hillary since 1996. She’s been my boss, my mentor, and my friend.

My favorite part of working with Hillary is watching her translate the concerns of everyday families into concrete policies that makes peoples’ lives better. From expanding access to health care for children to securing resources for the families and responders impacted by 9/11 — Hillary has been standing up for us her whole life.

Marcel, will you take a minute to fill out this short survey and let us know which issues matter most to you and your family?

People like you are shaping the conversation and policies of this campaign. Because of the stories Hillary has heard across the country, she has plans for tackling substance use disorders, working to find a cure for Alzheimer’s, and making our communities safer from the threat of gun violence.

Hillary wants to be the fighter you and your family deserve. Will you help her by letting us know what’s on your mind? Fill out this short supporter profile now:

Start now

Thanks,

Huma

Huma Abedin
Vice Chair
Hillary for America

Das klingt schon besser.