Archiv für den Monat: September 2018

Tiger Woods macht meinen Tag

Embed from Getty Images

Ich bin ja wie gesagt seit einem guten Jahr unrettbar vom Golf-Virus infiziert, und da kommt man am Phänomen Tiger Woods ja schon mal gar nicht vorbei. In der Zeit vor meinem aktiven Golf-Interesse habe ich natürlich auch so “unterhaltsame” News über einen der erfolgreichsten Sportler der Welt zur Kenntnis genommen. Wie den Vorfall, bei dem ihm seine damalige Ehefrau aus gegebenem Anlass mit einem Golfschläger die Windschutzscheibe des Autos zertrümmert hat, dann auch die gravierenden Rückenprobleme und die daraus resultierenden Zwangspausen, die zwischenzeitlichen Operationen und die gescheiterten Versuche, wieder in Wettkämpfen zu bestehen.

Dann kamen da neue Beziehungen wie die höchst glamouröse zu Lindsey Vonn, die in einer anderen Sportart auf einem vergleichbaren Top-Level unterwegs war und möglicherweise auch vergleichbar auf der Borderline zwischen höchsten Erfolgen und den Dämonen des ganz normalen Alltags wandelt; und dann kam irgendwann quasi “als Tiefpunkt” die Geschichte mit dem Auto-Ausflug in den Straßengraben, höchstwahrscheinlich unter irgendeinem Drogen- oder Medikamenteneinfluss. Auf den anschließend weltweit publizierten “Mugshots” der Polizei sah Tiger aus wie ein Wrack – stoned.

Zu Weihnachten habe ich von meinem Neffen einen schönen dicken Wälzer geschenkt bekommen: “Tiger Woods – so spiele ich”, mit vielen Fotos und Golf-Tipps. Ich habe mir auf YouTube die Sampler angeschaut “Die zehn legendärsten Golfschläge von Tiger” – und da ich ja mittlerweile so eine gewisse Ahnung davon hatte, wie schwer das Spiel ist, konnte ich das einigermaßen würdigen. Und dann kam um die Jahreswende die Nachricht bzw. ein von Woods selbst lanciertes Video – Tiger Woods spielt wieder Proberunden. Da war allerdings die Frage – war das jetzt ein einzelner geglückter Abschlag, oder ist das die Ankündigung eines Comebacks?

Ich hab damals mit meinen Golf-Pros drüber gesprochen – und die einhellige Meinung war eigentlich: Das ist ja ganz nett, aber der Mann wird nach der Vorgeschichte und in Anbetracht der Verletzungen, der Pause und seines Alters niemals wieder in die Nähe der Weltspitze kommen. Mit dem Absturz auf rund Platz 1200 der Weltrangliste war er ja auch ein Stückchen weit davon entfernt. Und dann kamen halt die Turniere der Saison 2018; die irgendwie den Skeptikern (oder auch Hassern…) Recht zu geben schienen, dann aber schon wieder ausgezeichnete Platzierungen, über die nahezu jeder Golf-Pro glücklich gewesen wäre – die halt nur bei einem ehemaligen Dominator der Weltspitze vergleichsweise unbefriedigend aussahen.

Ich habe das US-Open mitverfolgt, da hatte Tiger Woods furchtbare Momente mit hin- und her  über das Grün geputteten Schlägen und Triple-Bogeys; beim British Open war er dann auf Platz zwei. Und jetzt, beim Saisonausklang, da hat es dann endgültig gepasst. Die Runden eins und drei quasi sensationell; gestern abend habe ich noch den Anfang der vierten Runde mitverfolgt, bevor ich wegen der Frühschicht ins Bett gehen musste. Zu dem Zeitpunkt lag er mit 2 Schlägen vorn, und ich hab mir gesagt – mit dem Platz kommt er erwiesenermaßen bestens zurecht; der schaukelt das Kind jetzt ganz kontrolliert nach Hause.

In der Nacht hab ich dann davon geträumt, wie ich die PGA-Seite aktualisiere, und Tiger hat es verbockt und irgendein anderer hat sich vorbeigeschoben – da hab ich im Traum rumgeflucht und gezetert. Ich hab aber wohlweislich nicht “richtig” wach nachgeschaut, sondern mich zum weiterschlafen umgedreht. Um vier Uhr ist dann der Wecker gegangen, ich hab das iPad neben mir im Bett angemacht, die PGA-Seite aktualisiert – und Tiger hat’s nicht verbockt, sondern gemacht. Und meinen Tag auch. Congratulations.

Embed from Getty Images

Ist vielleicht gerade als Medien-Profi ein bisschen schnulzig, sich von so einer “von-ganz-oben-nach-ganz-unten-und-dann-wieder-nach ganz-oben-Story” rühren zu lassen, aber da reagiere ich wie Millionen andere ganz simpel. Zumal ja auch noch das Motiv “alter Sack gehört noch nicht zum alten Eisen” 🙂 dazukommt. Ich kann auch ganz ehrlich gesagt überhaupt nicht nachvollziehen, wie Leute Tiger Woods seine sogenannten “Verfehlungen” irgendwie zur Last legen wollen – der Mann hat sich ja weder um einen Posten als Politiker oder Priester noch als Moralapostel beworben; das ist einfach ein Sportler, dessen quasi ganz normales (und zwischenzeitlich ganz normal katastrophales…) Privatleben im Gegensatz zu normalen Leuten im Fokus der Aufmerksamkeit steht.

Embed from Getty Images

Wie gesagt, ob das jetzt schnulzig ist oder nicht – wie da beim letzten Loch die tausend Zuschauer mitgegangen sind und Tiger Woods begleitet haben auf dem Weg zum 18. Grün, wie sie ihn da angefeuert und am Schluss gejubelt haben; und wie Tiger dann am Ende den Tränen nahe einfach die Arme hochgereckt hat und den jubelnden Leuten damit gedankt hat, das ist einfach episch. Gladiator, nur eben halt im real life 🙂 Und wie dann der Jubel noch lange so weiterging; während der Gratulationen von seinen Kollegen und den ersten Interviews und Tiger immer noch mal zwischendurch in Richtung Tränen unterwegs war und den Leuten gedankt hat.

Embed from Getty Images

Sorry – wer sich davon nicht rühren lässt, hat entweder keine Ahnung und/oder kein Herz. Für mich hat Tiger Woods heute jedenfalls meinen Tag gemacht; um vier Uhr morgens. Für Phil Mickelson sehe ich allerdings demnächst bei dem als Welt-Event hochgekurbelten (keine Ahnung, wer dafür das recht anständige Preisgeld locker gemacht hat…) “The-Winner-takes-it-all”-Zweikampf schwarz.  Aber beim Golf ist ja alles möglich 🙂 …

Smava wirbt weiter – ich fürchte, es ist weiterhin Verarsche

Der Online-Kreditvermittler Smava ist ganz unverzagt und kann auch mit etwas polemischer Kritik bestens umgehen. Mir schicken die Freunde nämlich emsig und täglich weitere gefühlt hunderttausend Werbemails zu, obwohl ich doch nur mal vor einiger Zeit interesse- und recherchehalber das Minuszins-Versprechen ausprobieren wollte – das war ja offenbar ein Lockvogel bzw. Verarsche-Angebot. Jetzt gehen die Berliner aber in ihrer jüngsten Mitteilung über ihr bisheriges, schon sehr ambitioniertes Risiko-Profil weit hinaus, jetzt stehen plötzlich nicht nur glatte 6 Euro bei einer lächerlichen Kreditsumme von 1000 Euro , sondern sogar 41,73 Euro bei einer Kreditsumme von 10.000 Euro im Feuer!!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das ist der absolute Hammer, aber zugegebenerweise immer noch mickrig im Vergleich zu den typischen Werbe-Angeboten bei einem Kontowechsel oder der Einrichtung eines Online-Depots. Ich hoffe trotzdem, das ist gut abgesprochen mit der Werbe- und Controlling-Abteilung und mit Herrn Draghi. Wobei – ach ja, es besteht ja gar kein Risiko, die ausgelobte Kunden-Werbeprämie (etwas anderes ist das ja weiterhin nicht…) auch zahlen zu müssen. Denn – oh Wunder – es werden sich wahrscheinlich nur sehr wenige 🙂 bonitätsmäßig für das großartige Angebot qualifizieren können.

Also, ich probier das jetzt erst gar nicht mehr aus, dafür ist mir meine Zeit zu schade. Denn: Wer einmal lügt (und das ist ja angesichts der vielfältigen Rückmeldungen im Netz offenbar noch sehr zurückhaltend ausgedrückt…), dem glaubt man nicht. (Und wenn er auch weiterhin nur versucht, die Leute zu verarschen, har, har, har! 🙂 ) Aber liebe Freunde bei Smava, wir können es ja mal anderes herum probieren: Ihr könnt mir gerne die 10.000 Ocken auf mein Konto überweisen, die Daten habt ihr ja noch. Anschließend fülle ich die Teilnahmebedingungen für mein “Geld-Geschenk” aus. Von mir aus können wir das auch gerne zu den gleichen Konditionen auf 100.000, 1.000.000, 10.000.000 oder 100.000.000 etc. Kreditsumme hochskalieren; je nach dem, was ihr so auf der Pfanne habt. Ich sag immer – zuviel kann die Kredit-Kohle eigentlich nicht sein – jedenfalls nicht bei den Minuszinsen. Gell? Vielen Dank!

(Ich vermelde die erfolgreiche Transaktion natürlich dann auch hier ganz groß und werbewirksam im Blog. Ganz großes Indianer-Ehrenwort von eurem Top-Influencer!)

EU-Parlament beschließt Urheberrechtsreform

Es ist schon einigermaßen lustig. Da gibt es einen höchst kontroversen Streit, der mit allen Argumenten (und allen Pseudo-Argumenten, Übertreibungen und Tatsachenverdrehungen; übrigens durchaus von beiden Seiten…)  über Monate hinweg ausgetragen wird, in aller Öffentlichkeit. In Diskussionsrunden, in Blogs, in Zeitungen, im Rundfunk, im Netz. Mit massivem Einsatz aller Lobby-Instrumente, mit Massen-Mails und angeblich oder tatsächlich auch mit Todes-Drohungen irgendwelcher durchgeknallter Eiferer.

Embed from Getty Images

Und dann fällt die Entscheidung im EU-Parlamentin zweiter Instanz” nach all diesen Argumenten; vorgetragen ja jeweils von höchst respektablen Parteigängern: auf der einen Seite Verleger, Kreativschaffende und Gewerkschaften; auf der anderen Seite “Netzaktivisten”, Internet-Wirtschaftsverbandsvertreter, Verbraucherverbände, andere Kreativschaffende und natürlich auch (eher hinter den Kulissen…) die “Betroffenen”, also allen voran Google. Die Entscheidung fällt also in einem klaren Ergebnis zugunsten der “Pro-Providerhaftung und Pro-Leistungsschutzrecht”-Fraktion; ich referiere das und gebe wie immer als Netzautor meinen – wohlgemerkt aber auch als persönliche Meinung gekennzeichneten – Senf dazu ab; und wir (DLF Nova…) bekommen prompt eine Hörer-Zuschrift eines “Musikautors, Fachjournalisten, Buchautors” und offenbar auch Dozenten, der meint, ich würde in meiner Beurteilung der Kontroverse “falsche Schlüsse” ziehen.

Ich könnte vielleicht die Reklamation an die 226 EU-Parlamentarier weiterleiten, die mit “Nein” gestimmt haben, oder an die “Netzaktivisten”, Internet-Wirtschaftsverbände, Verbraucherverbände, andere Kreativschaffende oder Kommentatoren, die eben anderer Meinung sind. Ich selbst bin ja auch Kreativschaffender, und auch auch Gewerkschaftsmitglied – und in diesem Fall muss ich einfach sagen: Ich teile die Meinung meiner Gewerkschaft und meiner ansonsten hochgeschätzten Kollegen hier einfach nicht. Nach Auffassung des Hörerbriefschreibers sollten wir “als Journalisten hier eine eindeutigere Interessenslage haben.”

Es geht aber – mit Verlaub – gar nicht immer um die individuelle Interessenslage. Ich bin selbstverständlich VG-Wort-Mitglied und würde theoretisch (praktisch glaube ich eher nicht…) von der beschlossenen Reform profitieren – und trotzdem halte ich die für falsch. Auf der Payroll von Google stehe ich auch nicht. Wahnsinn, was? Ein “erheblicher” Mangel an Expertise, wie vom Hörermail-Autor vermutet, liegt bei mir auch nicht vor – mit einer kleinen Google-Suche 🙂 hätte er bestimmt auch schnell herausgefunden, dass ich kein “einfacher Korrespondent, der seine Meinung kund tut” bin, sondern schon ein Weilchen über Netzthemen berichte – tendenziell sehr kritisch gegenüber Google, Facebook und Konsorten.

Vielen Dank in diesem Zusammenhang für die Aufklärung über die Monetarisierung von Google durch unsere User-Daten – da hab ich ja noch nie etwas drüber gehört. 🙂 Das Problem ist nur, dass der Hörerbriefschreiber – genau wie die Apologeten der Verleger-Seite (wobei das bei FAZ-Angestellten klar ist, dass sie das Lied ihres Brötchengebers singen müssen, während ich als ÖR-Beschäftigter einigermaßen gut pfeifen habe…) – stocksteif nur bei der einen, der eigenen “Interessenslage” geschuldeten Sichtweise bleibt. Ich habe in der Sendung die Frage aufgeworfen, ob es denn eigentlich einen Anspruch auf die kostenfreie Dienstleistung “aufgelistet werden in einer Internet-Suchmaschine” geben kann.

Der Hörermail-Verfasser wendet den Aspekt “kostenfreie Dienstleistung” prompt wieder in die Gegenrichtung und merkt an:

“Ganz genau! Google News nutzt die Lead-Sätze/Teaser-Texte und schafft dafür für sich einen Mehrwert. Es gibt Erhebungen, dass Google News-User gar nicht mehr auf die Seiten der Zeitungen/Contentanbieter gehen, sondern sich nur die Kurzversionen durchlesen. Damit ist der Vorteil von Google & Co schon hinweg.”

Entschuldigung – trotz des Dauerfeuers in der von mir geschätzten und abonnierten FAZ erschließt sich mir immer noch nicht, wie denn die angebliche unmittelbare Mehrwert-Schaffung bzw. der Content-Diebstahl hier aussehen soll – bei Google News schaltet Google ja eben keine Werbung. Dass es mittelbar einen gewissen Mehrwert allein schon durch die Datenauswertung der Google News nutzenden User gibt, ist mir mit meiner vorhandenen Expertise 🙂 durchaus klar. Dass es Leute geben mag, denen das Lesen von Überschrift und Teaser (“Kurzversionen” -:) ) reicht, mag ja sein – aber das ist natürlich eher ein tragischer Kulturverfall als ein Problem von Google. Das sind aber dann eben Leute, die das eigentliche Qualitätsprodukt auf den Verleger-Seiten eh nicht mehr lesen und die Seiten eh nicht mehr ansteuern.

Meiner Meinung nach ist das Verhältnis zwischen Content-Produzenten (sowohl private als auch geschäftliche…) und Google eine Symbiose, und zwar eine höchst heikle – das ist mir völlig klar. Ob die vollkommen austariert ist – keine Ahnung. Ich bin da ja eigentlich eher radikal und habe immer dafür plädiert, das furchtbar nervende Internet-Geschäftsmodell “Werbung” mit dem absolut problematischen Deal “Daten gegen Pseudo-Gratis-Dienste” aufzugeben. Leider sieht das die Masse der User anders.

Ich selbst befürworte den Einsatz von Werbeblockern, ich würde mir wünschen, dass andere Geschäftsmodelle – Content-Flatrates, Pay-Modelle funktionieren; ich selbst abonniere nach wie vor diverse Zeitungen samt Online-Ausgaben, obwohl ich die auch “gratis” im Sender lesen könnte; leider sieht das die Masse der User anders – und liest eben überhaupt keine Artikel mehr, sondern bestenfalls noch eine Überschrift oder einen Clickbait-Teaser und drückt dann mit letzter Kraft auf den “like”-Button. 🙂 Solche Leute kommen aber eh nicht mehr auf die Seiten der “Qualitätsjournalismus”- Anbieter – wobei ja ulkigerweise das Haus Axel Springer am lautesten jammert 🙂

Aber ist Google für diesen Kulturwandel verantwortlich? Ich glaube nicht. Das Pech für die Verleger ist nur, dass ihr angestammtes Finanzierungsmodell – eben das Schalten von Werbung, von Anzeigen den Bach runter geht bzw. jetzt in anderen Kanälen stattfindet. Das Glück von Google ist, dass das Schalten von Werbung insgesamt immer noch funktioniert – trotz aller Fragwürdigkeiten in Bezug auf die Wirksamkeit, trotz aller Manipulation wie Clickbait und Klickbetrug; und trotz meines eingeschalteten Werbeblockers. 🙂

Aber jetzt noch mal mein Argument: Wieso glauben denn Verleger und andere Akteure im Netz, dass die bislang immer kostenfreie Dienstleistung von Google, sie bzw. ihre Webseiten auffindbar zu machen, auch für immer kostenfrei bleiben muss? Die Akteure bezahlen doch auch teures Geld für SEO-Maßnahmen und ggf. natürlich auch für Werbe-Kampagnen; die Auffindbarkeit ist absolut existenziell für ihr Geschäftsmodell. Wie ich schon in der Sendung gesagt habe – wenn Google als Monopolist mit einer radikalen Auslistung von allen Kohle-Anforderern drohen würde, wäre das vielleicht wettbewerbswidrig. Aber wieso sollte nicht Google von allen kommerziellen Akteuren eine kleine Gebühr für das Auflisten im Suchindex fordern dürfen, eventuell zufällig in gleicher Höhe wie die anders herum verlangten Leistungsschutzrechts-Abgaben? 🙂

Das mal so als meine selbstverständlich völlig “expertiselose und uninteressante” Meinung. Aber die Schlacht ist ja eh geschlagen. Warten wir mal ab, was die Trilog-Besprechungen aus dem Quark noch machen. Notfalls tröstet mich ja meine nächste VG-Wort-Abrechnung 🙂

Was die Urheberrechtsreform der EU für das Netz bedeuten könnte

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 13.09.2018 (Moderation: Till Haase)