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England macht den Abmarsch. Mein Mini Cabrio ist da.

Es ist Brexit-Day. Das Inselvolk mit den so liebenswert schrulligen Traditionen (deftiges Frühstück, Linksverkehr, Pfund) und der so sympathisch einfach zu erlernenden (bzw. zu radebrechenden…) Sprache verabschiedet sich aus der EU. Das ist traurig. Weil England bzw. Großbritannien natürlich ganz fundamental zu Europa gehört. Und irgendwie, trotz aller vielleicht sogar nachvollziehbarer Kritikpunkte, hat die EU ein gutes und notwendiges Werk vollbracht: Nämlich die zwischen den europäischen Staaten immer noch bestehenden Vorbehalte und Animositäten auszubügeln, trotz aller kulturellen und historischen Zusammengehörigkeit.

Im Zweifelsfall eben durch zentralistische und bürokratische Regeln und Vorschriften, über die sich dann alle Betroffenen gleichermaßen aufregen können. Freude, schöner Götterfunke! 🙂

Aber ok – eine kleine, eine winzige Mehrheit (die vielleicht gar keine Mehrheit war…) hat bei einem (Troll-manipuliertem…) Referendum, das von mutwilligen Politikern eingetütet worden ist (in völliger Fehlspekulation bzw. kalt lächelnder Zielstrebigkeit…), eine Entscheidung getroffen. So funktioniert (oder funktioniert vielleicht auch nicht…) Demokratie.

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Für mich persönlich ist der Brexit auch einigermaßen tragisch. Da schlagen nicht nur die zahlreichen (unbezahlten…) journalistischen Versuche zu Buche, zu verstehen oder gar erklären zu können, was “Backstop” bedeutet. 🙂 Viel dramatischer ist für mich natürlich der Wegfall der relativ günstigen Einkaufsmöglichkeiten für Golf-Equipment. Das war bislang vergleichsweise billig, bei englischen Händlern Schläger, Klamotten oder Bälle zu bestellen. Erst recht, nachdem die Briten aufgrund der Brexit-Erwartungen ihren Pfund-Kurs geschrottet hatten 🙂

Und nun? Was wird mit Umrechnungskursen, Versandkosten und ggf. Zollgebühren? Das sieht echt nicht gut aus; bei aller Sympathie für das Golf-Mutterland 🙂 Aber ok; eigentlich bin ich eh für die nächste Zeit ausreichend versorgt. Und wenn England jetzt prohibitiv teuer wird, dann fahr ich eben nach Irland zum Golfen 🙂 Aber meine Grundsympathie ist ja da. (Natürlich auch wegen der vermeintlich leichten Sprache…) Und deswegen hab ich mir eben auch ein Mini Cabrio gekauft. Um damit mal (ab und zu…) zu Golfturnieren hier im Umland von Köln zu fahren – mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das nämlich zwar möglich, aber teilweise etwas sehr aufwendig.

Die Karre hab ich ausgerechnet heute; am Brexit-Day abgeholt. Ein eigentlich doch recht britisches Auto, mit einem sehr eigenwilligen Design und Fahrverhalten. Seit geraumer Zeit gehört Mini ja zu BMW; auch das kann man nun aufgrund der englisch-deutschen Geschichte problematisieren oder auch nicht – immerhin haben wir denen das regierende Königshaus gestellt 🙂 Über die ganze Konstellation kann man bestimmt Jahre und Jahrzehnte trefflich nachsinnen. Auf jeden Fall hab ich als überzeugter Europäer bei meiner Karre selbstredend das aufpreispflichtige “LED-Licht-Paket” genommen. Mit britischen, jetzt aus der zurückbleibenden EU-Perspektive verdammt nostalgischen Rückleuchten.

Tschüss dann! Ich komm aber trotzdem gern mal nach St. Andrews.

Unfassbar dreiste Abzocke? Regionale EnergieWerke GmbH

Das hier aus einem Leserbrief in der aktuellen Finanztest-Ausgabe 2/2020 zieht einem so ziemlich die Socken aus:

Auf der ersten Seite dick eine super-tolle Preissenkung in Höhe von  0,01 Cent pro kWh, auf der zweiten Seite eine Preiserhöhung von 39,96€ jährlich auf 35€ monatlich, also völlig absurde 420€ jährlich – extra versteckt bzw. schwerer lesbar gemacht durch die ausgeschriebenen Ziffern. Klar, weil die saubere Firma ja “kontinuierlich in die Qualität unserer Dienstleistungen, reibungslose Abläufe und kundenorientierte Serviceleistungen” investiert.

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“Meine Damen, meine Herren – ich erwarte ihre Vorschläge für unser diesjähriges Kundenanschreiben!”

Wie gesagt, so etwas unfassbar dreistes hab ich schon lange nicht mehr gelesen. Ich kann da ähnlich wie bei Enkeltrick-Betrügern oder Online-Verschlüsselungs-Cyberganoven etc. nur staunen: Wie können solche Typen morgens noch in den Spiegel gucken, ohne dass ihnen die Ravioli vom Vortag wieder hochkommen? Wobei ja eindeutig Kriminelle noch wenigstens mit offenen Karten und einem angemessenen Einsatz spielen – wenn sie erwischt werden, landen Sie im Knast. An der Borderline der Legalität herumlavierende Sportsfreunde fühlen sich hingegen bei ausreichender moralischer Verrottung als ganz normale Geschäftsleute – zur Untermauerung dieses Eindrucks nach außen hin und für ihr in-den-Spiegel-schau-Problem tragen sie daher auch gern Anzug und Krawatte 🙂  (Cum-Ex 🙂 … )

Aber apropos juristischer Einordnung: Bei Online-Verbrauchergeschäften hat der Gesetzgeber ja mittlerweile dafür gesorgt, die Abzock-Versuche etwas zu erschweren. Da muss dann die komplette Summe deutlich genannt werden, inklusive aller Gebühren und Versicherungsleistungen, und der Kunde muss dann auf einen klaren Button klicken: “Jetzt zahlungskräftig bestellen”. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass eine Preiserhöhung wie oben abgebildet, in der die Verteuerung ganz eindeutig und absichtsvoll verschleiert wird, rechtwirksam sein kann, wenn der Kunde nicht sofort und ausdrücklich widerspricht. (Nebenbei, wie will denn das Unternehmen überhaupt nachweisen, dass der Schrieb dem Kunden tatsächlich zugegangen ist?)

Also, ich hoffe mal, dass das juristisch nicht haltbar sein würde (wobei nur ein Bruchteil von Kunden, die die Erhöhung wie geplant überlesen haben, den Rechtsweg einschreiten wird – auch das gehört natürlich wiederum zur Kalkulation der ganzen Masche dazu…). Ich hoffe das sehr – sonst müsste ich wieder mit dem Herumbrüllen anfangen wie in der ersten Version dieses Textes 🙂

Ich kann keine 3,49 Euro überweisen. Wegen PSD2

Arrrgh!! Grrrg!! Hmmpf!! Seid ihr wahnsinnig, ihr Vollhorste ???

Ja, offenbar. Ich habe gerade versucht, 3,49 Euro per Paypal zu zahlen. Für eine Tages-KFZ-Versicherung. Meine Kreditkarte, die bei Paypal hinterlegt ist, ist die Bahncard-Kreditkarte, herausgegeben von der Commerzbank. Die Commerzbank ist ja eh ein Unternehmen, das, sagen wir mal, in etwas schwierigen Umständen schwebt. Die Commerzbank bekommt es auch seit Jahren nicht hin, dass man eventuell mit zeitgemäßem Verfahren auf die Kreditkarten-Abrechnungen per Banking-Software zugreifen kann.

Geschenkt. Jetzt möchte ich gerade mal beschissene 3,49 Euro per Paypal zahlen für eine Eintages-Autoversicherung. Ich bekomme eine beschissene Fehlermeldung: “Ihr Kreditkartenanbieter hat den Transfer mit Ihrer Mastercard x-xx49 ueber 3,49 abgelehnt.” WTF!! Komisch. Vor ein paar Tagen gingen doch Käufe bei Allbirds über viel größere Summen problemlos raus? Ok. Ich kram den beschissenen Zettel aus, den ich vor einiger Zeit bekommen hab von der Commerzbank. Bekanntlich ist aber in der Zwischenzeit das Ultimo für die Umsetzung von PSD2 von der Bafin auch wieder gekippt worden…

Blicken Sie hier durch?

Ich nicht. Kann ich jetzt mein schon vorhandenes Passwort bei dem ohnehin sehr zweifelhaften Verfahren bestätigen/aktivieren, muss ich ein neues generieren – oder kann ich den ganzen Scheiß abschalten? Ok, ich versuch mal Option 2 mit dem Briefchen. Nur leider: bei dem F…-Briefchen lässt sich das beschissene Top-Secret-Abdeck-Papierchen nicht zuverlässig abziehen.

Seid ihr wahnsinnig, ihr Vollhorste und Voll… (oh, tschuldigung, das ist jetzt nicht politically correct…) ??? Geht’s hier um 3,49 Euro oder um die Weltherrschaft?? Bei diesen Realitäts-Bedingungen: PSD2 ist doch leider vollkommen utopisch.

PS 1  – mit der anderen Mastercard geht’s auch nicht. 3,49!!!

PS 2 – mit GiroPay gehts. Ihr Irren!! Ihr Wahnsinnigen!! Gut, dass ich keine Uzi habe. Aber ein Eisen 6!!!

PS 3 – nachdem ich drüber geschlafen und mich wieder abgeregt hab: Oder lag das an der zu geringen Summe?

PS 4 – nachdem ich gestern den Rant über PSD2 gebloggt hab, trudelt heute morgen diese hübsche Mail ein:

 

Hilfe!! Bin ich unter die Spear-Phisher geraten? Natürlich bin ich nicht so irre, auf den Link zu klicken, um dann interaktiv verwurstet zu werden. Und trotzdem plingt dann auch noch mein Antivirenprogramm auf und hat einen Trojaner im Browsercache gefunden:

 

 

 

 

 

 

 

Hilfe!! Aber wartet nur, Sportsfreunde! Ich hab ja schon mal an anderer Stelle geschrieben, was ich mit euch mache!

Telekom-Mail nicht gecheckt? Tja, Pech gehabt.

Eigentlich verhalte ich mich ja als aufgeklärter Netz- und Telekommunikationsbürger – noch dazu mit dem beruflichen Hintergrund – ganz normal: Anrufe von irgendwelchen Callcentern, die trotz meines tellows-Spam-Filters durchkommen,  werden sofort nach Identifikation (rausch, rausch, radebrech… “spreche ich mit Herrn Gessat? Das freut mich.”) weggedrückt. Die Trillerpfeife ist ja leider verboten – da macht man die Opfer zu Tätern 🙂

Irgendwann im Mai hat mich mal notorisch T-Mobile angerufen – das hab ich zwar anhand der Nummer erkannt, aber immer tapfer weggedrückt. Und irgendwann – da war ich wahrscheinlich besoffen – habe ich den Anruf dann doch tatsächlich entgegengenommen. Schließlich bin ich ja in einer Geschäftsbeziehung zu den Sportsfreunden; vielleicht haben die ja etwas relevantes zu sagen. Hatten die auch. Ein Super-Angebot für mich.

Doppeltes Datenvolumen nämlich bei identischem Preis für mein Mobilfunk-Paket. Toll. Ich frag die Dame oder den Herrn – das weiß ich schon nicht mehr – ich glaube aber, eine Dame, mehrmals ausdrücklich: Ich bekomme da das doppelte Datenvolumen, aber es ändert sich nix am Preis und nix an der bestehenden Laufzeit des Vertrages? Korrekt. Also mach ich das und sag ja. Am Telefon.

Böser, böser Fehler. Ein paar Monate später schau ich mal auf meine turnusmäßig per Email eintrudelnden Rechnungen und stelle fest: Mein Monats-Salär ist plötzlich um 12 Euro hochgegangen, seit Juni. Und beim Blick in meinen Kunden-Account bei T-Mobile wird klar: Ich hab da angeblich einen Tarifwechsel durchgeführt. Von “Magenta Mobil S” auf “Magenta Mobil M”. Nur stimmt das eben gar nicht, das ist definitiv Bullshit oder Betrug (oder ein Fehler, um das mal ganz zärtlich zu formulieren…).

Ich ruf also nach meiner Entdeckung bei der Telekom-Hotline an. Schilder das Gespräch – da war ausdrücklich von verdoppeltem Datenvolumen bei gleichbleibendem Preis die Rede. Ich fordere die Hotline-Dame auf, doch mal auf meinen Datenvolumen-Verbrauch zu schauen – ich nutze schon das bisherige Kontingent bei weitem nicht aus. Welche Motivation sollte ich also haben, einen teureren Tarif mit mehr Volumen zu buchen? Ich fordere die Dame auf, doch mal in den Mitschnitt des Gesprächs reinzuhören – der ist aber selbstredend aus Datenschutzgründen mittlerweile gelöscht.

Tja – das sei natürlich denkbar, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter damals im Mai nach dem Gespräch mit dem Finger in die falsche Spalte (ja klaro…) gekommen ist und statt der Erweiterung des bestehenden Tarifs den Wechsel zum neuen Tarif gebucht hat. Aber ich hätte doch – laut ihren Unterlagen – die Bestätigung des Tarifwechsels per Email bekommen und der nicht innerhalb von einem Monat oder so widersprochen? Das sei dann leider mein Fehler.

Sowas nicht sofort zu lesen, kann Fantastilliarden kosten. Jedenfalls laut Telekom.

Stimmt. Ich hab die Email bekommen. Ich bekomme halt jeden Tag so einige Emails 🙂 ; und ich schau da nicht unbedingt in alle direkt sofort rein. Manchmal nehme ich einfach an, dass der Inhalt nicht so super-direkt-relevant ist – und das könnte z.B. auch durchaus bei Mails von der Telekom zutreffen. In dem Fall habe ich vielleicht gedacht – ich habe ja nix kritisches bestellt oder verändert, also steht da in der Mail das drin, was wir vereinbart haben – nämlich Ausweitung des Datenvolumens bei ansonsten unveränderten Bedingungen.

Da haben wir natürlich jetzt ein interessantes juristisches Problem: Wenn ich in mir zugeschickten Mails, meinetwegen eben auch von Geschäftspartnern, nicht zeitnah und vielleicht nicht aufmerksam genug reinschaue – werden dann nicht zutreffende Vertrags-Behauptungen automatisch wirksam? Wenn die Telekom da in der Mail jetzt reingeschrieben hätte, dass ich ab Juni 50.000 Euro für meinen Mobilfunkvertrag zu zahlen hätte, dass ich ab dem Zeitpunkt jeden Tag 500 Liegestütze und 3000 Kniebeugen zu absolvieren hätte – wäre das dann juristisch wirksam?

Und: Wie will die Telekom überhaupt nachweisen, dass ich diese Mitteilung über eine angebliche Vertragsänderung überhaupt bekommen habe? Ich könnte mich da tierisch drüber aufregen. Meine Lehre aus der ganzen Geschichte – und das würde ich auch jedem/jeder Telekom-Kundin/Kunden raten: Bei einem Hotline-Anruf sofort auflegen. Vertragsänderungen nur schriftlich machen. Bei mir persönlich gibt es ja noch einen kleinen Trost: Ich kann selbst so eine gar nicht bestellte Vertragserweiterung von der Steuer absetzen.

Und noch ein Trost: bei dem M-Tarif ist dann auch die Flatrate (StreamOn-Music&VideoMax-Option…) für Audio- und Video-Streaming-Dienste inklusive. Von Spotify über Netflix bis hin zu Sky. Das verstößt zwar wahrscheinlich gegen die Netzneutralität. Aber wenn man schon selbst abgezockt wird, muss man pragmatisch sein. Ich hab das also direkt aktiviert. Die Kosten werden sozialisiert, sorry – wie bei den Finanz-Heuschrecken-Profiteuren. Aber die Telekom ist ja immer noch weitgehend ein Staatsunternehmen; die Raustu und Reintu-Taschen liegen also eng beieinander. Hoffentlich liest hier mein Finanzamt nicht mit.

Allbirds. Total nachhaltig. Wie Leonardo DiCaprio

Ich versuche ja ständig, in Sachen Nachhaltigkeit und Coolness so einigermaßen auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Wer weiß, vielleicht erbarmt sich ja doch einmal ein schmuckes Weiblein, den Lebensabend eines weißen, alten Mannes zu verschönern. Insofern hat mich natürlich dieser Internet-Fund in höchste Alarmbereitschaft versetzt: “Obama, DiCaprio, Kutcher, Jackman – Wieso alle Stars den gleichen Sneaker tragen“.

Ja, verflucht noch mal – wieso? Weil die Treter aus neuseeländischer Wolle oder (in der Sommer-Version) aus Eucalyptus-Baum-Fasern eben so wahnsinnig nachhaltig sind. Die Sohle ist aus einem Zuckerrohr-Kunststoff, die Verpackung beim Versand selbstredend recycled. Die Schnürsenkel sind aus recyceltem Kunststoff, und die Anmutung, zumindest bei den Wolle-Tretern ist so irgendwie zwischen Filz-Pantoffel und “ich-bin-ganz-cosy-und-soft-und-insofern-ein-ganz-toller-und-verantwortungsvoller-Partner-für-fortpflanzungswillige-Frauen”.

Ich hoffe, das kommt auch so an. Auf jeden Fall hab ich erst mal die “Wool Runners” für 110,- bestellt. Die gefallen mir auch, obwohl die nach ein paar Stunden Tragezeit (mit frischen Socken…) etwas fischig riechen.

Aber man kann die sogar in der Maschine waschen. Direkt nach dem Erstkauf war da plötzlich ein neues Modell da – die “Mizzles”, die auch etwas unfreundlicherem Wetter widerstehen sollen. Ich kauf das auch noch (130,-), zusammen mit einem Paar Hiders-Socken, die Dinger kosten 14€, sind aber auch total nachhaltig, weil die aus 48% Tencil, 21% Wool, 15% Recycled Nylon, 7% Recycled Polyester, 7% Polyester und 2% Spandex bestehen.

Jetzt bekomme ich heute die Socken schon mal vorab per DPD-Zustellung – da ist also ein Lieferwagen extra durch die Gegend gefahren. Und dann kommen demnächst die Schuhe, nehme ich an. Hab ich (bzw. hat Allbirds…) jetzt das Klima gerettet oder eher nicht? Schwierige Sache. Ich hoffe, wenigstens der Leonardo-DiCaprio-Effekt ist nachhaltig.

Friedrich Merz will reden. Darf er natürlich auch. Nur mit der Kanzlerschaft wird das definitiv nix.

Die CDU hat’s auch schwer. (“Auch”; weil die SPD es ja nun mal definitiv total schwer hat…) Da ist zwar eine Kanzlerin, die seit zig Jahren im Amt ist und dabei gar nicht mal so eine schlechte Figur abgegeben hat; selbst für nicht-CDU-Wähler… Andererseits klar: Die Partei ist unter Angela Merkel massiv nach links mitte rübergeschwenkt; auf einstige SPD-Positionen. Dazu noch die “Wir-schaffen-das-Flüchtlings-Aktion” – das ist schon harter Tobak für viele Bürgerinnen und Bürger draußen im Lande.

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Allerdings: Wenn nun ein Heuschrecken-Profiteur und Besserverdiener wie Friedrich Merz meint, er könne künftig wieder irgendeine größere Rolle in der ehemaligen Volkspartei spielen, dann ist dies ziemlich grenzwertig. Möglicherweise hat Merz eine gewisse Expertise in wirtschaftlichen Zusammenhängen, möglicherweise hat er auch recht in der Bewertung bestimmter Dinge – von einer übergeordneten, elitären Perspektive aus nämlich. Das finden auch ein paar Leute mit übergeordneter, elitärer, besserverdienender Perspektive toll.

Das Wahlvolk allerdings ganz bestimmt nicht. Ohne über irgendwelche anderen Figuren richten zu wollen, die vielleicht auch nicht so ganz super performen, wie dies (aus CDU-Perspektive…) eigentlich zu hoffen stand: Friedrich Merz ist auf jeden Fall definitiv nicht massen-wählertauglich. Nicht mal bei der CDU. Die Sache ist die: Der programmatische Schwenk unter Angela Merkel ist ja nicht aus Jux und Dollerei passiert, sondern hat gesellschaftliche Veränderungen abgebildet. Die ganz großen konservativen Milieus, die früher mal eine gewisse Stammwählerschaft der CDU abgegeben haben – die gibt es schlicht nicht mehr.

Rechts von der CDU hat sich nun die AfD etabliert. Die wird möglicherweise von Leuten gewählt, denen die CDU mittlerweile “zu links” oder zu progressiv ist. Aber die sind garantiert weder elitär noch besserverdienend und ganz bestimmt keine Merz-Wähler. Ob die ehemaligen Volksparteien aus dieser Klientel tatsächlich nennenswert Wähler zurückgewinnen können, ist sehr fraglich. Ansonsten bleiben halt die übrigen 70% der Bevölkerung, die sich aber in ihren Lebensumständen und Ansichten so weit angenähert haben, dass in Prinzip alle Parteien für ein Kreuzchen in Frage kommen. Im Grunde alles potentielle Wechselwähler.

Und da muss halt eine Kandidatin oder ein Kandidat vor allem eines mitbringen: Eine Ausstrahlung, ein Image, das maximal integrativ wirkt. Winfried Kretschmann hat so eine Ausstrahlung, Friedrich Merz ganz bestimmt nicht. Und so einen Imagewechsel kann man auch nicht glaubwürdig hinbekommen. Das nicht zu erkennen ist eigentlich ein Armutszeugnis für die unbestreitbare Intelligenz des Kandidaten. Also mal meine Diagnose und mein Ratschlag (für etwaige Honorarzahlungen nenne ich gern auf Anfrage meine Kontonummer…): Ein Ministeramt (Wirtschaft/Finanzen) in einer künftigen Regierung wär doch problemlos drin. Die Kanzlerschaft: no way.

Nachklapp 7.11.2019 – angeblich sehen ja 42% der Wähler laut ARD-Deutschlandtrend Friedrich Merz als “guten Kanzlerkandidaten” vorne. Martin Schulz ist ja bekanntlich auch souverän und ungefährdet Kanzler geworden.

Nachklapp 11.2.2020 – AKK hat es endgültig vermasselt. Aber dass die Heuschrecke trotz des Rückzugs vom Heuschrecken-Posten endgültig Massen- und Volkspartei-kompatibel geworden ist, das glaube ich immer noch nicht. Wobei ich mit vielen Merz-Positionen durchaus was anfangen kann. Aber ich bin ja auch erstens reaktionär und elitär und zweitens bestimmt kein AfD-Wähler 🙂

Warum einen Markler beauftragen?

Ich habe gefühlt jeden Tag zwei, drei mal mehr, mal weniger aufwendig gestaltete Kärtchen oder Briefchen im Briefkasten liegen, in dem mir sehr freundliche, mitfühlende Menschen ihre völlig kostenlose Hilfe anbieten. Manchmal ist das Ganze auch als “Gutschein” deklariert, für ein “Wertgutachten”. Nur leider, leider, leider: Die schmucke Immobilie im schmucken (vom abartigen nächtlichen Fluglärm mal abgesehen, aber das muss man potentiellen Interessenten ja nicht sofort auf die Nase binden…) Villenviertel Marienburg, in der ich wohne – die gehört gar nicht mir. Sondern meinem sehr netten Vermieter, der auch unten im Haus wohnt. Und der vermutlich auch nicht verkaufen will.

Klarer Fall: Einen verkaufswilligen Immobilieneigner in einer exzellenten Wohnlage zu finden, das ist momentan der Jackpot für die Jungs und Mädels im immer schon etwas sportlichen Berufsfeld “Makler”. Das ist natürlich ein absolut seriöses Betätigungsfeld, da hatte ich noch nie auch nur den geringsten Zweifel dran. Der Gesetzgeber hat da ja so ein paar regulative Einschränkungen eingezogen; aber klar: Die Jungs und Mädels arbeiten ganz hart für ihre Kohle. Zumindest, wenn sie Ladenhüter an den Mann bringen sollen. Viel mehr Spaß machen aber eben so Dinger wie die hier in Marienburg.

Bei den Null- bzw. Minuszinsen am Markt stehen die Kaufinteressenten Schlange, da werden gerne auch mal Preise gezahlt, die noch vor kurzem (vielleicht auch irgendwann wieder?) Phantasie waren – und da springt natürlich auch für einen wackeren Makler leicht verdiente Extra-Kohle raus. Wenn man denn so einen seltenen Paradiesvogel identifizieren und ankobern kann, der seine Hütte verkloppen will oder muss. Da kann man schon mal in Werbematerial investieren und das rege und regelmäßig verteilen. Heute hatte ich ein besonders schönes Exemplar im Briefkasten:

Ich hätte da jetzt auch noch ein paar Fragen zu. Halten Sie es für möglich, dass die hoffnungsvollen Markler nicht wissen, wie ihr sportlicher Job eigentlich korrekt geschrieben wird? Halten Sie es für möglich, dass da eine Panne beim Drucken passiert ist, das aber niemand gemerkt hat? Oder dass es sehr wohl aufgefallen ist, aber die Karte aus Kostengründen trotzdem verteilt wurde? Lassen sich die Fragen 5, 11, 14 und 16 eigentlich mit “Ja oder Nein” beantworten? Würden Sie diese hoffnungsvollen Markler mit dem Verkauf Ihrer jackpot-Immobilie beauftragen? Ich helfe gerne weiter.

 

P.S. Beim Urlaub in Bayern habe ich ja noch einen Interessenten für unsere sportliche Markler-Truppe entdeckt:

Die 10.000 Ocken bitte auf mein Konto, ihr Markler!!

Unfassbare Abzocke. Unfassbare Blödheit und Gier.

Die neueste Anlagebetrug-Abzocke, die Tagesschau.de heute morgen gemeldet hat –  die hat schon ganz amtliche Ausmaße. Hunderte Anzeigen, zig Tausende Betroffene mit jeweils happigen “Anlage”-Summen im fünfstelligen Bereich – da kommen schon ganz nette Summen zustande… Der totale Wahnsinn:  Zocker-Plattformen für Geschäfte auf Optionen oder Futures sind eh schon etwas spekulativ 🙂 – insofern war/ist (die Plattform ist immer noch online…) die Warnung von “Option888.com” sehr ernst zu nehmen – bei den Trading-Geschäften kann ein Totalverlust auftreten, die Betreibergesellschaft haftet da logischerweise nicht für.

Freischwebend traden auf der Überholspur. Mit 0 Ahnung und 100% Geld-weg-Garantie. (Screenshot option888.com)

 

Der Witz ist nur – die Wixer von Option888.com und den anderen Plattformen haben mit dem Geld ihrer irren Kunden überhaupt nie getradet – die Kohle war sofort weg. Wenn man da mal ein bisschen googelt – und das hätten natürlich auch die armen Schlachtopfer der letzten Jahre tun können – das Strickmuster war immer identisch: Die aus den Social Media angekoberten Opfer haben da Kohle überwiesen. Dann ist eine angeblich gewinnbringende Transaktion passiert – der Kontostand in der famosen App bzw.dem Online-Konto ist hochgegangen.

Dann haben die Wixer das Opfer kontaktiert – das sollte doch bitte mehr anlegen, wo das Ganze doch so gut lief :)… Manche Wahnsinnige haben dem famosen Unternehmen eine Einzugsgenehmigung  auf ihre Kreditkarte eingeräumt, oder dem famosen persönlichen Berater freie Hand bei den Options- und Futures- und Cyberwährungstransaktionen gelassen. Weil das lief ja so gut. Auf der Fake-Website.  Da mal eben einen Wertzuwachs anzuzeigen, ist natürlich offen gestanden nicht so schwer.

Interessant wurde es ja jeweils, wenn irgendwelche “Anleger” mal versuchten, einen Teil ihrer Kohle wieder abzuziehen. Erfolgsrate: Null. Und das schon seit zig Jahren. Klar- bei einem (angeblichen…) Guthaben von 50.000 Euro musste eine Auszahlung ja erst “genehmigt” werden; das konnte dauern. Oder die eigentlich befasste Mitarbeiterin stellte sich als zugegebenerweise unfähig heraus; ein anderer Mitarbeiter übernahm und forderte aber erst mal eine neue Geldeinlage. Danach war dann wieder die unfähige Mitarbeiterin dran, die nun eine Klärung der Unstimmigkeiten  versprach.

Oder der mit “freier Hand” bei Transaktionen beauftragte Mitarbeiter tradete mal eben eine gewaltigen Verlust herbei – das könnte bei “freier Hand lassen” ja tatsächlich auch ohne bösen Willen passieren. Hier bei den famosen Betrügern rund um den famosen “Karsten L.” waren das aber einfach dreckige Abzock-Wixer, die überhaupt nie irgendwelche realen Transaktionen durchgeführt haben – das Konto und der Kontostand der Opfer war von vonherein einfach nur virtuell. Noch mal ganz klar – die Abzocke war eigentlich schon seit zig Jahren offensichtlich, es gab eine Bafin-Warnung bzw. ein Bafin-Verbot.

Bei so schönen Apps muss der Laden doch seriös sein. (Screenshot: option888.com)

Und was passierte von Seiten der Behörden bzw. der Polizei? Offenbar nix, über zig Jahre, in denen die Sachlage auch schon klar war. Ich weiß jetzt momentan noch nicht, wer eigentlich den heftigeren Schlag in die Fresse braucht. Die “Opfer”, die allen Ernstes bei einem risikolosen ZIns von 0% ihre Kohle in irgendwelche tollen Deals reinstecken, die 4, 5, 6; oder fantastilliarden % Rendite versprechen. Pro Monat bzw. Tag bzw. Trade; versteht sich. DIE RENDITE GIBT ES NICHT, IHR SCHWACHMATEN!!!  Oder die Betrüger, die ja “nur” gutgläubige, gierige Leute ausgenommen haben, die offenbar zuviel Geld hatten.

Aber nein – die Schuldigen in dieser Geschichte sind natürlich ganz eindeutig nicht die Opfer, sondern die unverschämten Betrüger; mit ihrer schillernden Vorgeschichte, dem unerhörten (aber natürlich in Relation zur abgezockten Kohle ausgesprochen angemessenen…) Aufwand  zur Täuschung, der unverschämten Dreistigkeit, bereits angekoberte und dann Verdacht schöpfende Opfer noch weiter auszumelken. Für so eine unverschämte Dreistigkeit kann ich eigentlich nur sagen: Arbeitslager und jeden Morgen Schläge auf die Fußsohlen und den Arsch. Ach so, ist nicht vorgesehen in unserem Rechtsstaat? Schade.

Smava wirbt weiter – ich fürchte, es ist weiterhin Verarsche

Der Online-Kreditvermittler Smava ist ganz unverzagt und kann auch mit etwas polemischer Kritik bestens umgehen. Mir schicken die Freunde nämlich emsig und täglich weitere gefühlt hunderttausend Werbemails zu, obwohl ich doch nur mal vor einiger Zeit interesse- und recherchehalber das Minuszins-Versprechen ausprobieren wollte – das war ja offenbar ein Lockvogel bzw. Verarsche-Angebot. Jetzt gehen die Berliner aber in ihrer jüngsten Mitteilung über ihr bisheriges, schon sehr ambitioniertes Risiko-Profil weit hinaus, jetzt stehen plötzlich nicht nur glatte 6 Euro bei einer lächerlichen Kreditsumme von 1000 Euro , sondern sogar 41,73 Euro bei einer Kreditsumme von 10.000 Euro im Feuer!!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das ist der absolute Hammer, aber zugegebenerweise immer noch mickrig im Vergleich zu den typischen Werbe-Angeboten bei einem Kontowechsel oder der Einrichtung eines Online-Depots. Ich hoffe trotzdem, das ist gut abgesprochen mit der Werbe- und Controlling-Abteilung und mit Herrn Draghi. Wobei – ach ja, es besteht ja gar kein Risiko, die ausgelobte Kunden-Werbeprämie (etwas anderes ist das ja weiterhin nicht…) auch zahlen zu müssen. Denn – oh Wunder – es werden sich wahrscheinlich nur sehr wenige 🙂 bonitätsmäßig für das großartige Angebot qualifizieren können.

Also, ich probier das jetzt erst gar nicht mehr aus, dafür ist mir meine Zeit zu schade. Denn: Wer einmal lügt (und das ist ja angesichts der vielfältigen Rückmeldungen im Netz offenbar noch sehr zurückhaltend ausgedrückt…), dem glaubt man nicht. (Und wenn er auch weiterhin nur versucht, die Leute zu verarschen, har, har, har! 🙂 ) Aber liebe Freunde bei Smava, wir können es ja mal anderes herum probieren: Ihr könnt mir gerne die 10.000 Ocken auf mein Konto überweisen, die Daten habt ihr ja noch. Anschließend fülle ich die Teilnahmebedingungen für mein “Geld-Geschenk” aus. Von mir aus können wir das auch gerne zu den gleichen Konditionen auf 100.000, 1.000.000, 10.000.000 oder 100.000.000 etc. Kreditsumme hochskalieren; je nach dem, was ihr so auf der Pfanne habt. Ich sag immer – zuviel kann die Kredit-Kohle eigentlich nicht sein – jedenfalls nicht bei den Minuszinsen. Gell? Vielen Dank!

(Ich vermelde die erfolgreiche Transaktion natürlich dann auch hier ganz groß und werbewirksam im Blog. Ganz großes Indianer-Ehrenwort von eurem Top-Influencer!)

EU-Parlament beschließt Urheberrechtsreform

Es ist schon einigermaßen lustig. Da gibt es einen höchst kontroversen Streit, der mit allen Argumenten (und allen Pseudo-Argumenten, Übertreibungen und Tatsachenverdrehungen; übrigens durchaus von beiden Seiten…)  über Monate hinweg ausgetragen wird, in aller Öffentlichkeit. In Diskussionsrunden, in Blogs, in Zeitungen, im Rundfunk, im Netz. Mit massivem Einsatz aller Lobby-Instrumente, mit Massen-Mails und angeblich oder tatsächlich auch mit Todes-Drohungen irgendwelcher durchgeknallter Eiferer.

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Und dann fällt die Entscheidung im EU-Parlamentin zweiter Instanz” nach all diesen Argumenten; vorgetragen ja jeweils von höchst respektablen Parteigängern: auf der einen Seite Verleger, Kreativschaffende und Gewerkschaften; auf der anderen Seite “Netzaktivisten”, Internet-Wirtschaftsverbandsvertreter, Verbraucherverbände, andere Kreativschaffende und natürlich auch (eher hinter den Kulissen…) die “Betroffenen”, also allen voran Google. Die Entscheidung fällt also in einem klaren Ergebnis zugunsten der “Pro-Providerhaftung und Pro-Leistungsschutzrecht”-Fraktion; ich referiere das und gebe wie immer als Netzautor meinen – wohlgemerkt aber auch als persönliche Meinung gekennzeichneten – Senf dazu ab; und wir (DLF Nova…) bekommen prompt eine Hörer-Zuschrift eines “Musikautors, Fachjournalisten, Buchautors” und offenbar auch Dozenten, der meint, ich würde in meiner Beurteilung der Kontroverse “falsche Schlüsse” ziehen.

Ich könnte vielleicht die Reklamation an die 226 EU-Parlamentarier weiterleiten, die mit “Nein” gestimmt haben, oder an die “Netzaktivisten”, Internet-Wirtschaftsverbände, Verbraucherverbände, andere Kreativschaffende oder Kommentatoren, die eben anderer Meinung sind. Ich selbst bin ja auch Kreativschaffender, und auch auch Gewerkschaftsmitglied – und in diesem Fall muss ich einfach sagen: Ich teile die Meinung meiner Gewerkschaft und meiner ansonsten hochgeschätzten Kollegen hier einfach nicht. Nach Auffassung des Hörerbriefschreibers sollten wir “als Journalisten hier eine eindeutigere Interessenslage haben.”

Es geht aber – mit Verlaub – gar nicht immer um die individuelle Interessenslage. Ich bin selbstverständlich VG-Wort-Mitglied und würde theoretisch (praktisch glaube ich eher nicht…) von der beschlossenen Reform profitieren – und trotzdem halte ich die für falsch. Auf der Payroll von Google stehe ich auch nicht. Wahnsinn, was? Ein “erheblicher” Mangel an Expertise, wie vom Hörermail-Autor vermutet, liegt bei mir auch nicht vor – mit einer kleinen Google-Suche 🙂 hätte er bestimmt auch schnell herausgefunden, dass ich kein “einfacher Korrespondent, der seine Meinung kund tut” bin, sondern schon ein Weilchen über Netzthemen berichte – tendenziell sehr kritisch gegenüber Google, Facebook und Konsorten.

Vielen Dank in diesem Zusammenhang für die Aufklärung über die Monetarisierung von Google durch unsere User-Daten – da hab ich ja noch nie etwas drüber gehört. 🙂 Das Problem ist nur, dass der Hörerbriefschreiber – genau wie die Apologeten der Verleger-Seite (wobei das bei FAZ-Angestellten klar ist, dass sie das Lied ihres Brötchengebers singen müssen, während ich als ÖR-Beschäftigter einigermaßen gut pfeifen habe…) – stocksteif nur bei der einen, der eigenen “Interessenslage” geschuldeten Sichtweise bleibt. Ich habe in der Sendung die Frage aufgeworfen, ob es denn eigentlich einen Anspruch auf die kostenfreie Dienstleistung “aufgelistet werden in einer Internet-Suchmaschine” geben kann.

Der Hörermail-Verfasser wendet den Aspekt “kostenfreie Dienstleistung” prompt wieder in die Gegenrichtung und merkt an:

“Ganz genau! Google News nutzt die Lead-Sätze/Teaser-Texte und schafft dafür für sich einen Mehrwert. Es gibt Erhebungen, dass Google News-User gar nicht mehr auf die Seiten der Zeitungen/Contentanbieter gehen, sondern sich nur die Kurzversionen durchlesen. Damit ist der Vorteil von Google & Co schon hinweg.”

Entschuldigung – trotz des Dauerfeuers in der von mir geschätzten und abonnierten FAZ erschließt sich mir immer noch nicht, wie denn die angebliche unmittelbare Mehrwert-Schaffung bzw. der Content-Diebstahl hier aussehen soll – bei Google News schaltet Google ja eben keine Werbung. Dass es mittelbar einen gewissen Mehrwert allein schon durch die Datenauswertung der Google News nutzenden User gibt, ist mir mit meiner vorhandenen Expertise 🙂 durchaus klar. Dass es Leute geben mag, denen das Lesen von Überschrift und Teaser (“Kurzversionen” -:) ) reicht, mag ja sein – aber das ist natürlich eher ein tragischer Kulturverfall als ein Problem von Google. Das sind aber dann eben Leute, die das eigentliche Qualitätsprodukt auf den Verleger-Seiten eh nicht mehr lesen und die Seiten eh nicht mehr ansteuern.

Meiner Meinung nach ist das Verhältnis zwischen Content-Produzenten (sowohl private als auch geschäftliche…) und Google eine Symbiose, und zwar eine höchst heikle – das ist mir völlig klar. Ob die vollkommen austariert ist – keine Ahnung. Ich bin da ja eigentlich eher radikal und habe immer dafür plädiert, das furchtbar nervende Internet-Geschäftsmodell “Werbung” mit dem absolut problematischen Deal “Daten gegen Pseudo-Gratis-Dienste” aufzugeben. Leider sieht das die Masse der User anders.

Ich selbst befürworte den Einsatz von Werbeblockern, ich würde mir wünschen, dass andere Geschäftsmodelle – Content-Flatrates, Pay-Modelle funktionieren; ich selbst abonniere nach wie vor diverse Zeitungen samt Online-Ausgaben, obwohl ich die auch “gratis” im Sender lesen könnte; leider sieht das die Masse der User anders – und liest eben überhaupt keine Artikel mehr, sondern bestenfalls noch eine Überschrift oder einen Clickbait-Teaser und drückt dann mit letzter Kraft auf den “like”-Button. 🙂 Solche Leute kommen aber eh nicht mehr auf die Seiten der “Qualitätsjournalismus”- Anbieter – wobei ja ulkigerweise das Haus Axel Springer am lautesten jammert 🙂

Aber ist Google für diesen Kulturwandel verantwortlich? Ich glaube nicht. Das Pech für die Verleger ist nur, dass ihr angestammtes Finanzierungsmodell – eben das Schalten von Werbung, von Anzeigen den Bach runter geht bzw. jetzt in anderen Kanälen stattfindet. Das Glück von Google ist, dass das Schalten von Werbung insgesamt immer noch funktioniert – trotz aller Fragwürdigkeiten in Bezug auf die Wirksamkeit, trotz aller Manipulation wie Clickbait und Klickbetrug; und trotz meines eingeschalteten Werbeblockers. 🙂

Aber jetzt noch mal mein Argument: Wieso glauben denn Verleger und andere Akteure im Netz, dass die bislang immer kostenfreie Dienstleistung von Google, sie bzw. ihre Webseiten auffindbar zu machen, auch für immer kostenfrei bleiben muss? Die Akteure bezahlen doch auch teures Geld für SEO-Maßnahmen und ggf. natürlich auch für Werbe-Kampagnen; die Auffindbarkeit ist absolut existenziell für ihr Geschäftsmodell. Wie ich schon in der Sendung gesagt habe – wenn Google als Monopolist mit einer radikalen Auslistung von allen Kohle-Anforderern drohen würde, wäre das vielleicht wettbewerbswidrig. Aber wieso sollte nicht Google von allen kommerziellen Akteuren eine kleine Gebühr für das Auflisten im Suchindex fordern dürfen, eventuell zufällig in gleicher Höhe wie die anders herum verlangten Leistungsschutzrechts-Abgaben? 🙂

Das mal so als meine selbstverständlich völlig “expertiselose und uninteressante” Meinung. Aber die Schlacht ist ja eh geschlagen. Warten wir mal ab, was die Trilog-Besprechungen aus dem Quark noch machen. Notfalls tröstet mich ja meine nächste VG-Wort-Abrechnung 🙂

Was die Urheberrechtsreform der EU für das Netz bedeuten könnte

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 13.09.2018 (Moderation: Till Haase)