Der Bock als Gärtner: Google schaltet Werbefilter in Chrome scharf

Die absolute Netz-Sensation; das Sägen am eigenen Ast, der Wandel des Wichtigsten der Big Player des Internets vom Saulus zum Paulus, der vollkommene Paradigmenwechsel: „Die Nutzererfahrung ist wichtiger als Werbeeinnahmen“ (dieses wunder, wunderschöne Statement von Googles Vizepräsident Rahul Roy-Chowdhury werde ich mir in meine Klobrille schnitzen, das gelobe ich hiermit feierlich…) – nun gut, diese absolute Sensation war ja seit einem Jahr angekündigt gewesen. So dass eigentlich alle Beteiligten und Betroffenen genug Zeit hatten, sich mit dem heute „scharfgeschalteten“ Chrome-Werbeblocker zu arrangieren.

Blocker? Na ja, sagen wir mal Filter. Oder besser: Filter light. Chrome blockt ab jetzt die allerschlimmste, allernervigste Werbung (nicht verschiebbare oder bildschirmfüllende Anzeigen, nicht wegklickbare Anzeigen mit Countdown, sofort losplärrende Videos etc.). Das, was die „Coalition for better Ads“ für „bessere“ oder akzeptable Werbung hält, kommt weiterhin durch. In der „Böcke als Gärtner“-Koalition haben sich so gute Freunde wie eben Google und der Axel-Springer-Verlag zusammengefunden, die sich ja ansonsten – übrigens wegen des gleichen Themas „Werbung und Kohle machen im Internet“ bis aufs Messer bekriegen 🙂

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Aber die Ober-Ober-Schurken sind halt die Hersteller von Ad-Blockern – die ja ihrerseits auch teilweise wiederum „sportliche“ Geschäftsmodelle haben und irgendwie mit „akzeptabler“ Werbung (und einem gebührenpflichtigen „Whitelisting“…) Kohle machen wollen. Zum Glück hat der geneigte Internet-Surfer bis jetzt noch die Wahl: Einen Browser mit einem Pseudo-Werbefilter verwenden, der eigentlich nur die Mainstream-User davon abhalten will, einen „richtigen“ Blocker zu installieren? Einen Werbeblocker verwenden, der gar nicht mehr richtig funktioniert (weil er offenbar mit den Adblock-Gegenmaßnahmen etwa bei Spiegel Online und Süddeutsche nicht mehr klarkommt…), dafür aber „eigentlich“ und auf sehr diskussionsträchtige Weise am Werbe-Geschäftsmodell teilhaben will?

Ich surfe nach wie vor mit Firefox und NoScript und mittlerweile mit uBlock. Ich habe gerade als vorwiegend für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätiger Journalist großes Verständnis für die nicht „beitragsfinanzierten“ Kollegen und den „Mitbewerb“ – aber die Werbung im Netz ist für mich „nicht akzeptabel“. Aus optischen Gründen, aus Relevanzgründen, aus Privacy- und Securitygründen. Für eine Reihe von Online-Angeboten habe ich ein Abo gebucht. Und, wie ich ja schon vorgeschlagen habe, und wie das die Website Salon.com jetzt nach unzähligen halbseidenen oder betrügerischen Vorgängern ausprobiert: En Bezahlmodell mit Crypto-Währung-Schürfen halte ich für eine gute und faire Idee.

An alle Effizienz- und Klima-Bedenkenträger: Der ganze Werbe-Scheiß verbrät auch gigantische Kollateral-Ressourcen 🙂 …

Google: Schönere Werbung mit Chrome · Dlf Nova

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 15.02.2018 (Moderation: Till Haase)

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