Ärger über Produktfälschungen: Birkenstock macht Schluss mit Amazon

Ab dem 1. Januar wird Birkenstock – einst mit etwas schlappem Öko-Image unterwegs, mittlerweile aber als weltweit hippe Wellness-Marke „Made in Germany“ etabliert – den Online-Giganten Amazon auch in Europa nicht mehr direkt beliefern. Das bedeutet zum einen nicht zwangsläufig, dass es auf der Plattform die Schuhe mit dem gesunden Kork-Fußbett im nächsten Jahr gar nicht mehr zu kaufen geben wird. Wie weit Birkenstock da auch gegenüber Zwischenhändlern die Daumenschrauben anziehen will, davon war in der Ankündigung des Schuhherstellers nicht die Rede.

Zum anderen ist der Schritt natürlich sehr wohl durchkalkuliert – die eventuellen Umsatzeinbußen durch die Trennung von Amazon werden für Birkenstock verkraftbar sein, das Unternehmen verkauft immer noch überwiegend „analog“, also in Geschäften und Kaufhäusern. So ist das Ganze erst einmal:  Eine demonstrative Aktion mit Signalwirkung, ein Alarmruf, der vielleicht bei Amazon doch noch zu einem Umdenken führt – oder vielleicht den öffentlichen Druck auf den Onlinehändler erhöht.

Denn dass es auf der Plattform ein Problem mit Fälschungen und Nachahmerprodukten gibt, ist unverkennbar. Dreh- und Angelpunkt ist das an sich ja „charmante“ System mit den „Drittanbietern„/ „Third Party Seller“, die Amazons Plattform, Lagerhaltung und Distributionsapparat nutzen und ansonsten auf eigene Rechnung und Verantwortung agieren. Nur sitzt Amazon mit seinen „Subunternehmern“ aufgrund der smarten Lagerhaltung (eigene Waren und Third-Party-Seller-Waren im gleichen Regal…) mittlerweile sehr, sehr eng im Boot.

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Bis jetzt hat Amazon das Problem – zumindest gegenüber dem Endkunden – durch im Regelfall kulante Beschwerde-Behandlung wegbügeln können. Insofern stimmt die Diagnose von Matthias Kremp hier zweifellos: Amazon „kauft sich im Reklamationsfall heraus – statt systematisch gegen Billigkopien auf der eigenen Plattform vorzugehen.“  Das mag für Amazon sinnvoll sein – ändert aber nichts an den Image- und Umsatzschäden bei den Marken-Herstellern, nichts an der Gefährdung von Kunden durch datenvernichtende bis hin zu lebensgefährlichen Produkten – und auch nichts an der systematischen Hinterziehung von (Einfuhr/Umsatz-) Steuern und einer damit einhergehenden Benachteiligung von ehrlichen Händlern.

Meine Diagnose daher: Der wirksamste „Schuss vor den Bug“ für Amazon müsste eigentlich von der Finanzverwaltung bzw. vom Zoll kommen. (Sehr unangenehm für Endkunden: bei Plagiaten oder Verstößen gegen Prüfzeichen- bzw. Deklarationsvorschriften werden die bestellten Waren einfach vernichtet. Kohle weg. Lieferung weg.)  Hinweise auf Betrug gibt es genug, dem systematisch nachzugehen würde Kohle ins Staatssäckel bringen. 🙂 Ein paar Kunden werden Krokodilstränen weinen, weil die Super-Billig-Produkte aus China etwas teurer werden. Dafür knallt es vielleicht auch etwas seltener beim Aufladen des Smartphones oder beim Einschalten der Weihnachtsbaum-Beleuchtung. 🙂

Online-Handel: Birkenstock macht Schluss mit Amazon · Deutschlandfunk Nova

Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 11.12.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

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