Bei einer Umfrage unter Deutschen, welche Institution seriös und vertrauenswürdig ist, landet die Stiftung Warentest sicher in den Top Ten. Weil sie finanziell unabhängig ist, braucht sie bei ihren Tests keine Rücksicht auf eventuell ausbleibende Anzeigenschaltungen oder ähnliches zu nehmen – und trotzdem: Natürlich können auch die Verbraucherschützer aus Berlin mal daneben liegen. Ein prominenter Fall mit juristischem Nachklapp war ja kürzlich die Diskussion um künstliche oder nicht-künstliche Aromastoffe bei Ritter-Sport-Schokolade.
Jetzt gibt es wieder einen Lapsus, der eigentlich von der Verbaselungs-Fallhöhe her sogar gravierender ist: (der Schokoladen-Fall war ja zumindest diskussionswürdig bzw. strittig. Der aktuelle nicht.)
Im Februar-Heft hat Stiftung Warentest Email-Anbieter getestet, bzw. von einem beauftragten Dienstleister testen lassen. Und diesen Dienstleister sollte man vielleicht nicht mehr beauftragen – denn irgendwie haben es die Prüfer geschafft, diverse technische Details nicht zu verstehen, obwohl man sie sogar auf feine Unterschiede hingewiesen hatte. Wenn man sich nämlich anschaut, was der im Februar-Heft neben vielen Mainstream-Playern geprüfte Email-Anbieter Posteo in seinem Firmen-Blog an dem Warentest auszusetzen hat, dann kann man nur sagen: Stimmt.
Die Möchtegern-Experten des Prüf-Dienstleisters haben zum einen die Verschlüsselung, die Email-Nutzer individuell einrichten können (aber dies in den allermeisten Fällen nicht tun) mit einer generellen Verschlüsselung aller Emails auf dem Dienstleister-Server verwechselt – und einem Testteilnehmer irrtümlich ein Alleinstellungsmerkmal diagnostiziert, das aber gar nicht existiert – und die übrigen Anbieter abgewertet. Auch das Verfahren, wie Posteo eine Zwei-Wege-Authentifizierung durchführt und eine anonyme Nutzung des Email-Dienstes konzipiert hat, haben die Tester schlichtweg nicht verstanden.
Posteo hat direkt nach Erscheinen des Februar-Heftes protestiert – die Stiftung Warentest hat auch auf ihrer Website schnell reagiert und eine korrigierte Version (die URL „nur einer liest nicht mit“ ist aber z.B. immer noch falsch…) online gestellt.
Die Sache ist dennoch reichlich suboptimal behandelt worden: Der jetzt erst bekannt gewordene Auslieferungsstopp des Februar-Heftes betrifft nur noch ein paar tausend Exemplare; der Rest ist längst an die Abonnenten versendet worden. Die angebliche aufklärende Pressemitteilung in dem Fall ist wohl irgendwie nicht besonders offensiv verteilt worden – auf der Website der Stiftung Warentest ist sie z.B. (Stand 12.2.2015) nicht zu sehen, auch in den Nachrichtenagenturen taucht das Problem erst seit einem Bericht bei welt.de vom 11.2. auf. Und nicht alle Fehler des ursprünglichen Testberichts sind auch transparent als solche korrigert worden.
Insofern ist also eine gewisse Verärgerung bei Posteo nachvollziehbar – und ganz ehrlich gesagt: So sehr ich die Stiftung Warentest grundsätzlich schätze (und auch die Magazine Test und Finanztest abonniert habe…) – bei Tech-Themen sind die Berliner nicht die allererste Adresse 😉
DRadio Wissen · Karneval: Gute Geschäfte mit jeckem Volk.
DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 12.2.2015