Mal ein kleiner Golf-Produkttest: Garmin Approach R10

Ich spiele ja jetzt bekanntlich seit gut vier Jahren Golf. Ich bin da sehr froh drüber – das hat mich körperlich und geistig unfassbar vorwärts gebracht. Körperlich: Allein schon durch die Bewegung – eben ziemlich täglich 9 Loch oder 18 Loch rumzulatschen, und zwar in einem durchaus schnellen Tempo mit einem durchaus signifikanten Gewicht (dem Bag…) auf dem Rücken – das hat bei mir schon meine Wampe bzw. mein Gesamtgewicht um etwa 7 kg runtergebracht. Während des beschissenen Corona-Lockdowns mit Platzsperre und Frust-Saufen ist das natürlich letztes Jahr wieder deutlich hochgegangen. Kollateralschäden.

Mittlerweile sind die Plätze ja längst wieder offen, und ich arbeite also weiter an meinem hehren Fernziel: In Bezug auf das Handicap einstellig werden. 🙂 „An sich“ müsste das doch eigentlich machbar sein: Ich bin normalerweise einigermaßen sportlich, bestimmt biologisch zehn Jahre unter meinem tatsächlichen Alter, einigermaßen bewegungsbegabt und körperaffin – trotz diverser körperlicher/psychischer „Leichen im Keller“, die sich nicht nur bei meiner studierten Profession „Singen“ verheerend auswirken, sondern eben auch beim Golfen.

Aber bei meinem Golfspiel und meinem HCP tut sich seit über einem Jahr: gar nichts. Im Gegenteil: Manche Bereiche – z.B. der Abschlag mit dem Driver verschlechtern sich sogar drastisch. Vollkommen irre: Ich haue da Drives mit 125 Metern raus. Im allerersten jahr flogen die noch 190 Meter weit. (Und der zweite Schlag mit dem Holz 3 fliegt dann 160/170 Meter – da gibt es also offenbar ein technisches/psychisches Problem…) Gegen solche Probleme gibt es ja offenbar zwei Maßnahmen: Unterricht nehmen bei einem Pro.

Und/oder: das mal filmen, was man da bei einem Golfschwung eigentlich macht. Die erste Variante – Unterricht nehmen – ist ja definitiv ratsam. Der Pro wird – hoffentlich – die individuellen Probleme erkennen und Ratschläge geben, wie man/frau den Problemen abhelfen kann. Die zweite Variante ist auch definitiv ratsam – aber erfordert eine gewisse psychische Stabilität. Wenn Sie, liebe(r) Mit-Golfspieler(in) zum ersten Mal ihren Schwung in einem Video gesehen haben, möchten Sie wahrscheinlich aufhören. Oder aus dem Fenster springen. Oder verzweifeln. Ein Stück weit berechtigt.

Das, was Sie da sehen, ist grauenvoll. Und erklärt natürlich bestens, warum auch Ihre Resultate und Ihr Spiel grauenvoll sind. Aber ok, Quatsch, Stopp – wir sind ja keine Profis und wollen und werden das auch niemals sein. Insofern: Sich einmal anzuschauen, was man/frau da eigentlich beim Golfschwung macht, ist total hilfreich und potentiell einer Weiterentwicklung förderlich. Profis und ambitionierte Amateure analysieren ihre Schläge mit Tracking-Systemen. Das sind normalerweise Radar-Doppler-Tracker, die den Flug des Balles, aber auch vorher schon die Schlägerbewegung registrieren und aufzeichnen – das sind dann auch die Systeme, die bei den Übertragungen von PGA-Turnieren die herrlichen Flugkurven des Balles in das Bild zaubern.

Meistens stimmen die berechneten Flugkurven mit den tatsächlichen ziemlich genau überein. In seltenen Fällen liegt der Ball dann doch im Bunker und nicht daneben; oder umgekehrt. Es gibt da „State-of-the-art“-Lösungen wie „Flightscope“ – ein System, das Profis und sehr ambitionierten Amateuren offenbar sehr präsise Informationen über alle relevanten Parameter eines Golfschlags liefert – nur kostet das leider bislang fünfstellige Beträge. (Und auch dieser Anbieter arbeitet ja offenbar an billigeren Alternativen,,,)

Für Amateure ist das fünfstellige Gerät natürlich indiskutabel – insofern gewinnt da ein neues Produkt von Garmin reichlich Impact-Faktor: Der Tracker „Approach R10“ wird zu einer UVP von 599,99 € aufgerufen. Ich habe das Gerät einmal ausprobiert. (Disclaimer: Das Gerät wurde mir von Garmin zum Testen zur Verfügung gestellt.) Punkt eins – aus meiner Sicht schon einmal positiv: Das Gerät wird hinter dem Ball aufgestellt. Klingt vielleicht ulkig oder irrelevant – aber manche Ball-Tracker müssen seitlich neben dem Ball positioniert werden. Bei einem vernünftigen Schwung – kein Problem.

Aber bei einem richtigen Katastrophen-Schlag – so wie Sie den ja auch manchmal auf der Runde spielen – schrotten Sie ihr teures Gerät. Bzw. Sie haben da vorher schon Angst vor und schwingen also nur gehemmt. Nicht umsonst gibt es da gehärtete Cases für diese seitwärts stehenden Geräte. Aber – wenn das Ding hinten steht, geht es Ihnen einfach besser 😉

Jetzt mal zu den ermittelten Daten: Kann ein 600-Euro-Gerät die gleichen Daten, die gleiche Performance erzielen wie ein Gerät für einen fünfstelligen Betrag? Ich kann nur sagen – ich weiß es nicht. Leider konnte ich die geplanten Vergleiche zu Flightscope-Systemen nicht durchführen, aufgrund der temporären Sperrung meines Heimat-Platzes. Wenn ich da mal hilfsweise Quellen aus dem Netz hinzuziehe – dann lautet die Antwort dort : die exakt gleiche Performance liefert das Garmin-Gerät wohl nicht. Wer als Profi oder Top-Amateur wirklich professionelle Daten über seinen/ihren Schwung benötigt, der/die wird hier möglicherweise nicht fündig.

Ich werde die Vergleichsdaten aber hoffentlich noch nachreichen können. Was ich auf jeden Fall schon sagen kann: Bei guten Bedingungen; Driving Range mit genügend Tageslicht – da sind die vom „Approach R10“ ermittelten Flugkurven und Weiten auf jeden Fall sehr realistisch; die stimmen auf jeden Fall ziemlich exakt damit überein, was ich in Bezug auf Flugbahn und Weite auch sehe.

Jetzt ist nochmal die Frage – was bringen die sonstigen ermittelten Werte überhaupt? Ich sehe doch auch so, wie weit der Ball fliegt; ich spüre doch auch so, ob ich den Ball dünn oder ideal getroffen habe? Das stimmt. Ganz offen gesagt – für einen Mid-Handicapper wie mich mit 26,5 – da braucht es nicht unbedingt Informationen über die Schlägerkopf-Geschwindigkeit oder die Spinrate; erst recht nicht, wenn diese möglicherweise im Vergleich zu fünfstelligen Geräten nicht völlig genau sind.

Aber was für mich das „Killer-Argument“ zugunsten des Garmin-Gerätes war, was mich letztlich dazu bewegt hat, das Ding auch zu kaufen, war: Die Video-Aufnahmefunktion. Dazu muss man sein Smartphone mithilfe der mitgelieferten Klemm-Halterung z.B. am hinter dem Abschlag aufgestellten Bag befestigen, Die Aufnahmefunktion ist übrigens auch noch holprig – manchmal wird die nicht aktiviert, obwohl man sie aktiviert hat. Aber wenn sie funktioniert – und grundsätzlich funktioniert sie – dann liefert sie zu jedem erkannten und gemessenen Schlag das zugehörige Video. Und das ist unendlich hilfreich.

Klar – theoretisch könnte man sich auch so filmen. Dann müsste man allerdings immer anschalten und abschalten und hätte auch nur das Bewegungsmuster und nicht den dazugehörigen Schlag bzw. die Schlag-Daten. Bei dem Garmin-Ding hat man das eben kombiniert. Und dann kann man direkt anfangen zu analysieren – aha, da neige ich mich noch in der Ausholbewegung nach vorn – warum? Meine Handwinkel sind total falsch – warum? Ich hole viel zu steil aus, warum? Ich gehe in der Ausholbewegung aus den Knien ein Stück nach oben – warum? Mein ganzer Stand und mein ganzer Durchschwung sind total wackelig und instabil – warum? Und was bewirkt das dann jeweils in Bezug auf das Schlag-Ergebnis?

Den eigenen Schwung mit dem Garmin Approach R10 aufgezeichnet zu sehen, ist erstmal ähnlich verheerend und demoralisierend wie sein eigenes Singen aufgezeichnet abzuhören. Gottseidank habe ich ja damit einige Erfahrung. In Demut und Resilienz. Das braucht man ganz offenbar auch beim Golfen. Insofern – das Aufzeichnen und Angucken hilft ganz bestimmt. Und neben diesen schnöden Range-Diagnosen bietet das Gerät ja noch die Chance, virtuell auf den herrlichsten Plätzen der Welt zu spielen.

Das Gerät ist auch ein Golf-Simulator – und transferiert aufgezeichnete Schläge in eine VR-Umgebung. Schön, wenn Sie zuhause genug Platz dafür haben, Bälle in ein Fangnetz reinzuhauen. Dann können Sie theoretisch Pebble Beach oder andere spektakuläre Plätze zuhause spielen. (Die Deluxe-Variante ist kostenpflichtig…) Bei mir klappt diese Simulator-Option momentan zuhause leider nicht. Ich habe zwar ein Putting-Grün im Wohnzimmer, aber meine Schaumstoff-Übungsbälle (alles andere wäre etwas zu riskant..) identifiziert das Garmin Approach R10 momentan wohl offenbar nicht als legitime Flugobjekte.

Oder die Radar-Range ist zu begrenzt. Wenn ich da noch irgendwelche Fortschritte machen sollte, melde ich das noch einmal nach. Noch mal ein letzter Test-Disclaimer: Ich konnte das Gerät als Tester verbilligt kaufen – und habe das dann auch letztlich getan. Wegen der Film-Option – so grausam die auch erstmal ist 🙂

 

8 Gedanken zu „Mal ein kleiner Golf-Produkttest: Garmin Approach R10

  1. Frieder Diem

    Hallo Michael,
    leider ist ja der Garmin R10 zur Zeit nirgendwo lieferbar.
    Vielleicht auch gut so, denn sonst hätte ich mir diesen schon gekauft. Ich wollte mich schon länger mal – ohne dass mein Pro die Aufnahme macht – selbst bei der Schlagausführung im Video sehen.
    Du beschreibst zwar in deinem Blog auf sehr amüsante Weise, was der R10 alles kann, aber wie die Aufnahme entsteht habe ich bisher noch nicht entdeckt. Braucht es da noch eine weitere Kamera; wie geschieht die Auslösung der Aufnahme? Alles Fragen, auf die auch kein mir bisher bekanntes Video auf Youtube eingeht. Auch die „Bedienungsanleitung“ von Garmin lässt viel „Spielraum“, besser: Lustraum.
    Könntest du mir helfen?
    Ich drücke dir die Daumen für einen immer guten Score. Versprochen.
    Viele Grüße
    Frieder Diem

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    1. mgessat Beitragsautor

      Hallo Frieder –

      oh, ich dachte, das wäre schon aus dem Text hervorgegangen: „Die Video-Aufnahmefunktion. Dazu muss man sein Smartphone mithilfe der mitgelieferten Klemm-Halterung z.B. am hinter dem Abschlag aufgestellten Bag befestigen.“ Und zwar nicht einfach so aus Schikane oder damit das außer Reichweite kommt 🙂 – sondern, weil das Smartphone bzw. dessen Kamera dann eben auch die Aufnahme macht. Und zwar – das ist der Witz bei der ganzen Sache – bei jedem Schlag automatisch ausgelöst von dem per Bluetooth gekoppelten R10. Um auch das noch mal ganz klar zu machen: Ein Smartphone oder Tablet braucht man in jedem Fall allein schon zur Anzeige der Werte oder der Schlag-Simulation – denn das Garmin hat kein eigenes Display, nur eine Status-LED. Und eben auch keine eigene Kamera – obwohl man das ja aufgrund des Gerätedesigns durchaus anders vermuten könnte.

      Schönes Spiel & lg,

      Michael Gessat

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      1. Frieder Diem

        Hallo Michael,

        danke für die schnelle Antwort.
        Jetzt ist alles klar. Die Kamera des Smartphones löst automatisch aus. Stark. Das muss ich in jedem Fall ausprobieren, ja sobald R10 wieder zur Verfügung steht. Ich werde dann von meinen „Erlebnissen“ kurz berichten; sicher aber keine Videos verbreiten, ich will ja nicht abschrecken.
        Viele Grüße
        Frieder Diem

        Antworten
  2. Hans-Jürgen

    Hallo Michael,

    Vielen Dank für deinen informativen und toll zu lesenden Bericht.
    Ich habe einen R10 erworben und nun einmal ausprobiert. Sehr einfach zu handhaben und die Ergebnisse wirken sehr zuverlässig.
    Aber genau die Ergebnisse der Zahlen bereiten mir auch Probleme. Wie analysiere ich die Werte? Gibt es da irgendwo Standard Werte, die man heranziehen kann? Das würde mir sehr helfen. Oder muss der Pro mir das alles erläutern?

    Danke und viele Grüße
    Hans-Jürgen

    Antworten
    1. mgessat Beitragsautor

      Hallo Hans-Jürgen,

      ich denke mal, am ehesten sind die Werte der angesprochenen professionellen Systeme von „Flightscope“ oder auch Trackman so eine Art Standard, mit denen arbeiten nun mal die Pros; die sieht man auch in vielen YouTube-Videos. Mittlerweile gibt es ja auch einige Golfclubs, die diese Dinger zur allgemeinen Nutzung auf ihren Ranges installiert haben. Zu diesen Systemen gibt es im Netz Tabellen, wo also Schlägerkopfgeschwindigkeit, Ballgeschwindigkeit und Spin dann mit der Weite in Beziehung gesetzt werden – so was braucht man ja auch für ein Schlägerfitting. Und dazu gibt es dann auch Angaben, welche Werte so ungefähr für ein Spiellevel „normal“ sind.
      Die Werte vom R10 werden da im Vergleich etwas abweichen bzw. auch ungenauer sein – aber ja auf jeden Fall eine relative Aussagekraft haben, was man da gerade im Training veranstaltet 🙂 oder ob man sich über einen gewissen Zeitraum dann verbessert.
      Und ja – ich würde das auf jeden Fall auch mal vom Pro erläutern lassen; auch auf die Gefahr hin, dass der über das Gerät im Vergleich zu den teuren Profi-Dingern etwas die Nase rümpft… Wenn der dann auch ein paar Schläge macht, hat man auch gleich mal gute Vergleichswerte oder eine Benchmark. lg, Michael

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    2. Marc

      Hallo Hans-Jürgen,

      ich bin kein Pro, aber weiß u.a. beim Trackman die Zahlen zu deuten und kenne vor allem auch das Zusammenspiel (z.B. wie wirken Schwungebene und Schlägerkopf auf/zu zusammen).
      Es gibt kein „richtig ider falsch“ in einigen Punkten. Du kannst im Schwung leicht von außen kommen, wenn die Schlagfläche dazu passt. Die maximale Weite holt man aber zum Beispiel von Innen.

      Lass dir von deinem Pro am Trackman die Werte erklären, dann kannst du auch mit deinen Arbeiten.

      Sonst hier die Tour Averages: https://blog.trackmangolf.com/trackman-average-tour-stats/

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  3. Reto

    Guten Tag

    Vielen Dank für den interessanten Bericht zum Approach r10. Angenommen ich wie auch ein Freund hat die Möglichkeit, das Gerät Zuhause benutzen zu können. Ist es mit der Software möglich, online direkt miteinander die Plätze spielen zu können? Leider finde ich hierzu online bisher keine genauen Erklärungen.

    Vielen Dank und liebe Grüsse
    Reto

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    1. mgessat Beitragsautor

      Hallo Reto –

      ich habe ganz ehrlich gesagt diese Funktionalität nicht ausprobiert, weil ich in meiner Mietwohnung keine Möglichkeit habe, mit echten Bällen zu schlagen 🙂 – und mit Schaumstoff-Übungsbällen funktioniert das Gerät offenbar nicht…

      Die Beschreibung auf der Garmin-Webseite zur eigenen App („Mit virtuellen Runden für mehr als 42.000 Golfplätze weltweit können du und drei weitere Golfer auf unzähligen Plätzen spielen. Sogar auf einem Golfplatz, auf dem ihr bei eurer nächsten Reise spielen werdet.“) liest sich m.E. so, als würde das Online-Multiplayer-Szenario möglich sein – da kann aber bestimmt Garmin auch etwas Definitives zu sagen.

      Mit der (natürlich noch mal weitere Kosten verursachenden…) E6-Software geht es aber laut der Beschreibung dort definitiv, die optische Darstellung ist ja auch noch mal in einer ganz anderen Liga als bei der Garmin-Software.

      Wenn ich die räumlichen Voraussetzungen hätte, wäre das also vermutlich meine Option.

      lg,

      Michael

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