Zwischen Wissenschaft (also dem Versuch, die Welt durch rationale Annahmen, nachvollziehbare Experimente und überprüfbare Schlussfolgerungen zu erklären) und Religion (also dem Kunstgriff, irgendwelche bei rationaler Betrachtungsweise abstruse Begebenheiten, Behauptungen und Konstruktionen zur Glaubenssache zu erklären – gerne auch mit irgendwelchen Begründungen ausgeschmückt, warum die eigene abstruse Sichtweise die einzig korrekte ist und alle Vertreter anderer abstruser oder gar keiner Sichtweisen abgemurkst werden müssen…) klafft seit geraumer Zeit ein gewisser Dissens.
Momentan haben bekanntlich andere Religionen als das Christentum, vor allem der Islam bzw. seine salafistischen, wahhabitischen und sonstigen -istischen und -itischen Geschmacksrichtungen die Deutungshoheit darüber ergriffen, wer aus welchem Grund abzumurksen ist. Aber vor ein paar hundert Jahren wären auch bei uns Christoph König, Stephanie Tauchnitz, Heike Kunzelmann, Christian Horn, Frithjof Blessing, Matthias Kohl, Markus Egert vom „Institute of Precision Medicine“ an der Hochschule Furtwangen bzw. dem „Institut für Labormedizin“ in Siegen auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.
Die vermutlich jungen und in diesen Dingen möglicherweise noch etwas unbedarften Damen und Herren haben sich erdreistet, die Keimzahl in Weihwasser-Becken von fünf Kirchen in Villingen-Schwenningen und umliegenden Ortschaften zu ermitteln und zu vergleichen – und dabei die Fragestellung aufzuwerfen, ob dieses Weihwasser „eher gefährlich als nützlich“ ist. Allein schon die vermeintlich wissenschaftlichen Feststellungen bzw. Thesen sind mehr als fraglich:
Das Weihwasser aus Stadtkirchen war mit zwischen 1.500 und 21.000 Keimen pro Milliliter signifikant stärker belastet als das aus Dorfkirchen mit nur rund 100 Keimen pro Milliliter. „Wir vermuten, dass dieser große Unterschied auf die höheren Besucherzahlen in den Stadtkirchen zurückzuführen ist“, so Studienleiter Prof. Dr. Markus Egert. „Die Keimzahl zeigte eine Korrelation mit den Gemeindegrößen.“
Bei der erbärmlich geringen Anzahl von (fünf) untersuchten Weihwasserbecken könnte es natürlich genausogut sein, dass ein, zwei Wutzen in Stadtkirchen erst aus irgendwelchen Gründen ihren After massiert und dann anschließend ohne vorangegangene Handwaschung das kirchliche Ritual durchgeführt haben. Den Wissenschaftlern ist auch korrekterweise und „gottlob“ aufgefallen, dass bei einer im kirchlichen Ritual vorgesehenen „äußerlichen“ Anwendung des Weihwassers (selbst bei Weihwasser-Wutzen in der Gemeinde…) zumindest bei „unverletzter Haut“ keine gesundheitlich schädlichen Folgen zu erwarten sind. Wie die Sache beim zwangsweisen Tauf-Heruntertauchen unschuldiger Säuglinge aussieht, ist noch einmal eine ganz andere Frage.
Ich muss an dieser Stelle zugeben – das Original-Paper der lästerlichen Autoren habe ich (noch…) gar nicht gelesen. (Kostet ein paar Euro – wahrscheinlich würde ich das als Journalist auch so bekommen…) Ich wage aber mal zu bezweifeln, dass die jugendliche Bagage und ihr fahrlässiger Prof. dort eine tatsächlich belastbare Kosten-Nutzen-Aufstellung präsentieren können, ob der theologische Gewinn (Seelenheil, Performance im Jenseits…) nicht den fragwürdigen und empirisch äußerst mau untermauerten hygienischen Nachteil im Diesseits mehr als wettmacht. Und wie gesagt: Früher einfach mal – Scheiterhaufen.
P.S.
Aus gut unterrichteten Kreisen werde ich darauf aufmerksam gemacht, dass ein „zwangsweises Tauf-Heruntertauchen unschuldiger Säuglinge“ ein unrealistisches Szenario ist. Das vollständige Untertauchen, die Immersionstaufe (und da von Erwachsenen…) findet nur bei Baptisten oder Mennoniten statt. So ganz ernst gemeint hatte ich die Passage allerdings ohnehin nicht – auch bei einem Übergießen oder Besprengen des Täuflings dürfte das Taufwasser wohl nicht aus den am Kircheneingang platzierten Bottichen entnommen werden, in die zuvor Gläubige ihre Finger hineingesteckt hatten… Die spekulative Einlassung sollte eigentlich mehr die Absurdität einer Gefahrenabwägung bei äußerlicher Anwendung von Weihwasser illustrieren.