Es war keine leichte Zeit damals, nach dem Krieg, der ja so völlig in die Hose gegangen ist 🙂 . Irgendwie haben die Kumpels in den Bergwerken dann das Wirtschaftswunder miterschaffen, und andererseits – „der Niedergang der Steinkohle begann schon Ende der 1950er Jahre.“ Das kann ich immerhin ab 1964 bestätigen, wo ich doch aus dem Ruhrpott komme und das dort damals mit dem Malochen im Pütt schon ab diesem Beginn nicht mehr so richtig en vogue und tofte war, obwohl mir das ja wahrscheinlich im Säuglingsalter noch nicht so ganz klar sein konnte.
Andere haben da offenbar eine andere Wahrnehmung.
Mir blutet das Herz. Ich bin hier im Bergwerk groß geworden, und mir fällt das sehr schwer. Sehr schwer.
Na gut – Kinderarbeit gab’s da hoffentlich nicht, und wer sich allen Ernstes so zu meinen Säuglings- oder Jugendzeiten als Berufsanfänger entschlossen hatte, in die Grube zu fahren, der hatte „sich vorbereiten können auf diesen Moment“ heute, da die Lichter endgültig ausgehen. Definitiv; ungefähr ein paar gemütliche Jahrzehnte lang. Gemütlich, weil halt die Institution „Steinkohlebergbau“ eine deutsche heilige Kuh war, weil da Milliarden an Subventionen reingesteckt worden sind. Da waren sich Gewerkschaften und Politik so einig, dass man den Kumpels die Kohle auch einfach so für lau hätte auszahlen können, ohne dass die den Gruben-Stunt und das tägliche Blackfacing hätten exerzieren müssen. Schwamm drüber.
Klar, es ging natürlich auch lange Zeit darum, aus strategischen Gründen eine Möglichkeit der Energie-Selbstversorgung offenzuhalten; falls mal international etwas schiefgehen sollte. Da war allerdings auch schon sehr früh relativ klar – diese Schieflage würde es nicht geben. Dann sind da noch noch so gefühlsduselige Sachen im Spiel wie „harte Maloche“ unter Tage; die Kameradschaft (Schalke 04; elf Freunde sollt ihr sein…) und so.
Eigentlich wollte ich diesen Text ziemlich sarkastisch schreiben; aber irgendwie geht das nicht.
Ich erinnere mich ganz dunkel, dass ich mal als winzig kleiner Junge von der Feldmark (in Gelsenkirchen) nach Ückendorf gegangen oder geradelt bin; und am Horizont waren die Zechen bzw. die Kokereien, mit dieser archaischen Silhouette, mit den so in gewissen Intervallen aufsteigenden Geräuschen und dem auflodernden Feuerschein. Irgendwie ein Organismus, wo Menschen kunstvoll und konzentriert und hingegeben daran arbeiteten, etwas sinnvolles und nutzbringendes; ja, etwas essentiell lebenserhaltendes zu erschaffen.
Wahrscheinlich geht es den Kumpeln und Eisenwerks-Arbeitern in den USA ganz genauso, wenn ihre Arbeitsplätze abgeschafft werden; oder den Bauern oder Nachfahren von Bauern, die vielleicht schon ganz oder dreiviertel oder halb in einem anderen, „modernen“ Beruf arbeiten: Das ist nicht einfach nur ein Umdisponieren zu zukunftsträchtigeren Perspektiven, das ist eine andere Welt.
Es gibt schon noch mal einen Unterschied zwischen den modernen, luxuriösen und artifiziellen Disziplinen und den archaischen, lebensnotwendigen Basics. Bei den ersteren schauen wir auf die schnöde, kostensparende Effizienz und letztlich auf ein „nice to have“. Die Basics sind uns – jedenfalls uns in den „westlichen Staaten“ – mangels akuter Krise nicht mehr so ganz geläufig; wir haben die erst mal outgesourct. Ich erinnere mich aber noch daran. An dieses atmende, geräuschvolle, aufflackernde „Lebewesen“ am Horizont.