Schlagwort-Archive: Social Media

Kein Geld von Google für das Entschlüsseln von Captchas

Was wäre eigentlich die faire Bezahlung für das Lösen von Captchas? Zumindest was „der Markt“ dafür zu zahlen bereit ist, kann man ziemlich genau feststellen: Bei Crowdworking-Plattformen wie Amazons Mechanical Turk oder anderen Betreibern wird ja genau diese Arbeit regelmäßig als Job ausgeschrieben; meist übrigens zu zweifelhaften Zwecken.

Reich werden kann man damit nicht, aber Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist. Und wenn eine Riesencrowd im Netz Tag für Tag die Arbeit kostenlos erledigt, dann kommt in der Summe schon wieder ein nennenswerter Betrag heraus. Und um den betrügt Google die User, die reCaptchas lösen, argumentiert eine Klägerin in den USA. Denn der milliardenschwere Konzern profitiert letztlich natürlich davon, dass seine Dienste Google Books und Google Maps mithilfe der menschlichen Captcha-Erkennungshilfe immer zuverlässiger werden.

Kein Betrug, sondern ein faires Kompensationsgeschäft für die  kostenlose Nutzung der entsprechenden Dienste, wies eine kalifornische Richterin die Klage zurück. Wobei die Klageseite ja noch einmal nachhaken könnte – selbstverständlich sind die Angebote von Google, Facebook und Konsorten nicht wirklich gratis, sondern werden mit den Nutzerdaten bzw. deren Werbevermarktung bezahlt.

Hier allerdings zu sagen, was denn der faire Preis für das „Gesamtpaket“ sein könnte, ist schon weit schwieriger. Paradoxerweise würden viele Menschen „eigentlich“ für einen zuverlässigen, datenschutzkonformen Dienst ohne Belästigung durch Anzeigen einen vielfach höheren Betrag zahlen, als die Betreiber momentan bei der Werbefinanzierung kalkulieren. „Eigentlich“ – aber nicht in der Realität.

Kein Geld für das Entschlüsseln von Captchas · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 09.02.2016 (Moderation: Till Haase)

Twitter will an der Timeline schrauben – oder doch nicht?

Niemand hat vor, eine Timeline umzustellen.

(Jedenfalls nicht diese Woche.)

Das Dementi von Twitter-Chef Jack Dorsey hatte diese berühmte, ziemlich verdächtige Duftnote; oder wurde jedenfalls von vielen Beobachtern als reichlich interpretationsfähig verstanden. Denn das von Buzzfeed kolportierte Gerücht, Twitter wolle schon ab dieser Woche die Timeline von einer chronologischen auf eine „algorithmische“ Sortierung umstellen, war ja sehr plausibel. Zum einen experimentiert Twitter bei einer Reihe von Testpersonen mit dem Feature, zum anderen kann Twitter mit seiner wirtschaftlichen Perfomance nicht zufrieden sein. Im Gegensatz zu Facebook.

Ob daraus aber schon als Erfolgsrezept abzuleiten ist, man müsse das Konzept des Rivalen am besten einfach nachahmen, ist höchst fraglich. Twitter ist nicht Facebook, und Twitter-Kunden (oder zumindest sehr viele von ihnen…) sind ganz bewusst auf einer anderen inhaltlichen Schiene unterwegs. Zu der die Live-Anzeige und halt die chronologische Timeline gehört, um live über Ereignisse berichten oder crowd-chatten zu können. Pech für Twitter, dass sich solche kurzen und prosaischen Tweets schlechter monetarisieren lassen als ein ausführlicher Beneidet-mich-jetzt-Bericht bei Facebook über die letzte Shoppingtour in den Luxus-Läden der glitzernden Metropole…

Kein Zweifel aber auch, dass das neue Konzept für gelegentliche, nicht ständig eingeloggte Nutzer gar nicht so übel ist. Fazit also: Die nicht-chronologische Timeline muss unbedingt optional sein und darf nicht als Zwangsbeglückung daherkommen. Wie sehr Twitter da auf dem Grat wandert, haben die Userreaktionen am Wochenende gezeigt. Und übrigens auch die US-Börsen am Montag.

DRadio Wissen · Twitter: Gerüchte um Timeline Aenderungen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 08.02.2016 (Moderation: Till Haase)

 

Nachklapp 10.02.2016: Twitter will doch schrauben. Das neue Feature wird „in den kommenden Wochen“ freigeschaltet. Klar. Diese Woche geht das ja jetzt nicht mehr so gut. 🙂

Zu viele Mitwisser verderben die Verschwörung

Wie heißt es doch so schön? „Nur weil du paranoid bist, heißt das nicht, dass sie nicht hinter dir her sind.“ Und so gibt es eben doch eine ganz beachtliche Zahl von Zeitgenossen, die die Welt mit ganz anderen Augen sehen, als das vom Mainstream als „normal“ angesehen wird.

Nun ist ja eine gewisse Skepsis vielleicht gar nicht so schlecht, aber wer hinter jeder Ecke eine Verschwörung vermutet, lässt (jedenfalls rational betrachtet…) eines außer acht: Dass nicht nur ein paar Leutchen, sondern gleich zehntausende Menschen bei einem bestimmten Geheimnis dichthalten können, und das auch noch über einen längeren Zeitraum – das ist extrem unwahrscheinlich, wie jegliche Alltagserfahrung lehrt. Wie unwahrscheinlich, das hat jetzt der britische Krebsforscher und Wissenschaftsjournalist David Robert Grimes errechnet – mit einer Risikoformel für die Haltbarkeit bzw. das Auffliegen einer Verschwörung.

Trotz großzüger Annahmen bei der Berechnung der Anzahl möglicher Mitwisser, trotz statistischer Feinheiten wie der Berücksichtigung von natürlichen wie unnatürlichen Todesfällen bei den Verschwörern – bei einer Betrachtung der populärsten wissenschaftsskeptischen Verschwörungstheorien ist jedenfalls ganz klar: Das haut nicht hin; es sind einfach zu viele Leute involviert.

David Robert Grimes wäre kein guter Wissenschaftler, wenn er nicht selbst augenzwinkernd auf die methodischen Schwächen seines Risiko-Modells hinweisen würde: Eigentlich bräuchte man ja zur Kalibrierung nicht nur die Daten ein paar aufgedeckter Verschwörungen, sondern auch die ein paar nicht aufgedeckter. Da ist allerdings extrem schwierig dranzukommen. 🙂

Grimes ist relativ optimistisch, dass man mit guten Argumenten zumindest die Skeptiker überzeugen kann, deren Glauben an bestimmte Theorien eher zufällig als dogmatisch ist. Wobei es dabei ja ein nicht zu unterschätzendes Problem gibt: Im Internet und in Social Media breiten sich anscheinend Gerüchte und Verschwörungstheorien viel schneller und weitreichender aus als belegbare Fakten. Und möglicherweise ist eine hübsche Verschwörungstheorie ja einfach auch viel unterhaltsamer als die nüchterne Wahrheit.

Mathematisches Risikomodell – Zu viele Mitwisser verderben die Verschwörung

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 27.01.2016 (Moderation: Ralf Krauter)

Koko: Kognitive Therapie per App

Eine App für das mentale Wohlbefinden, um Stress oder Depressionen zu lindern? Das klingt erst einmal nach dem berühmten Bock als Gärtner, weil der ständige Tunnelblick auf Monitor oder Smartphone-Display viele Leute ja sehr effektiv vom eigentlichen Leben oder einer guten alten Mensch-zu-Mensch-Kommunikation abhält 🙂 …

Aber Koko will ein Hilfsmittel zur (problembezogenen…) menschlichen Kommunikation sein; für eine „crowdbasierte kognitive Verhaltenstherapie“ . Die Idee, wohlmeinende Zeitgenossen im Netz anderen gute Ratschläge geben zu lassen (und dabei auch wiederum selbst mental zu profitieren…) hatte der Psychologe Rob Morris am Media Lab des MIT entwickelt, an Versuchspersonen getestet und im Rahmen seiner Dissertation veröffentlicht.

Die App bringt den Hilfesuchenden dazu, sein Problem kurz und klar darzustellen und liefert den Ratgebenden Formulierungshilfen, wie sie im Sinne der Verhaltenstherapie zu einer neuen, positiveren Sicht der Dinge beitragen können. Wie bei Tinder können App-Anwender per Fingerwisch die (Problem-)Profile durchblättern und bei Interesse reagieren, wie bei Reddit kann man hilfreiche Lösungsvorschläge an die Spitze einer Liste „hochvoten“.

Das Ganze läuft anonym ab, auf Wunsch bzw. für manche Funktionen gibt man eine Emailadresse an (möglicherweise sollte das am besten ein quasi anonymer Instant-Account und nicht der am Arbeitsplatz sein 🙂 )  – und natürlich ist die von den Anbietern hoch und heilig versprochene Anonymität auch der Knackpunkt: Zwar wird ja in der Öffentlichkeit immer feierlich postuliert, dass mentale Probleme eine ganz normale Krankheit seien und man doch bitteschön professionelle Hilfe in Anspruch nehmen soll. Wenn dann allerdings bekannt wird, dass man eine Therapie macht oder gemacht hat, dann kann man sich eine eine private Krankenversicherung oder eine Verbeamtung abschminken…

Laut Auskunft des Mit-Gründers Fraser Kelton gibt es bei Koko langfristig durchaus eine Geschäftsidee: Eventuell könne man nämlich Organisationen mit hohen Mitgliederzahlen eine maßgescheiderte App verkaufen; Kelton nennt zum Beispiel Universitäten, die ihren Studenten ein Streß- oder Krisenbewältigungstool an die Hand geben wollen. Andererseits drängt sich natürlich auch der Gedanke an große Firmen auf – die ebenfalls aus verschiedensten Gründen am Innenleben ihrer Mitarbeiter interessiert sind.

Fazit: Eine plausible Idee, ein anscheinend seriöses Team dahinter – und trotzdem bleibt das Netz-Outing auch hier eine Sache mit Restrisiko.

Kognitive Therapie per App

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.12.2015 (Moderation: Marlis Schaum)

Anonymous gegen den IS – ein Internet-Meme als Medienhype

Vollmundige Verlautbarungen, mit welch schrecklicher Wirkung man jetzt diesen oder jenen Bösewicht (bislang waren das ja vorwiegend Banken oder Behörden 🙂 …) aus dem Netz radieren werde – die haben wir ja schon oft gehört. Von anonymen Hacker- oder Aktivistengruppen, die sich LulzSec oder eben Anonymous nennen. Und wenn so ein Grüppchen dann mal konkret aufflog, dann waren das häufig eben nur ein paar Leute, die gerade mal der Pubertät entwachsen waren und ein DDOS-Script ablaufen lassen konnten.

Das schöne und semantisch ewig witzige an Anonymous ist eben das Anonyme; und jeder kann anonym im Namen der Anonymen Erklärungen abgeben, zum Beispiel des Inhalts, dass gewisse andere Anonyme nicht die wahren Anonymen sind und man sich daher schärfstens davon distanziere  – anonym selbstverständlich.

AnonymousPressesprecher

Der anonyme Pressesprecher von Anonymous distanziert sich von anonymen Trittbettfahrern. ( Foto: Thomas Wolf, www.foto-tw.de CC BY-SA 3.0 Montage: anonym)

Die Annahme, dass es im Netz eine nennenswerte Crowd von koordiniert handelnden anonymen Aktivisten geben würde, die denn auch zu irgendwelchen spürbaren und sinnvollen Aktionen gegen einen Gegner wie den IS in der Lage wäre, ist vollkommen naiv und geht halt dem Vendetta- und Matrix-Mythos auf den Leim. Aber irgendwo will der verunsicherte Netzbürger ja seinen Like-Mausklick machen, um mit minimalem Aufwand digital Stellung zu beziehen oder einfach nur das Gefühl der Hilflosigkeit etwas abzumildern.

Und die Presse will natürlich auch immer allzu gern über irgendetwas wirklich spannendes und geheimnisvolles berichten  – da wird nur leider der ernüchternde Fakt außer acht gelassen, dass eine anonyme Netzquelle halt journalistisch praktisch wertlos ist. Wenn drei anonyme Wirtshausbesucher aus Winsen an der Luhe dem IS den Krieg erklären, dann hat das wohl kaum irgendeine Relevanz. Wenn sie aber eine Facebookseite oder einen Twitteraccount betreiben, der mit einer Guy-Fawkes-Maske garniert ist – dann plötzlich schon.

Mit Listen von angeblichen IS-Accounts, die sich dann als teilweise falsch recherchiert erweisen, mit Anschlagswarnungen über Twitter-Hashtags, die sich als Fehlalarm herausstellen – damit ist natürlich niemandem gedient. Dabei steht es ja jedem technisch versierten Hacker frei, ein paar islamistische Webseiten unter Beschuss zu nehmen – aber das Cyberkrieg-Geschwafel ist genauso kindisch wie das Geschwafel der Gegenseite. Selbstverständlich gibt es ja auch bei den Islamisten junge Männer mit Allmachtsphantasien und Computerkenntnissen, und selbstverständlich drohen auch die damit, die Welt der Ungläubigen digital auszuradieren.

Und dann gibt es auch noch die Cyberwar-„Profis“ bei den Geheimdiensten – was die ganze Sache nicht besser macht. Zuviel Herumsitzen vor Tastatur und Bildschirm geht halt immer mit einer etwas verzerrten Wahrnehmung der Realität einher.

Frage des Tages – Warum wird Anonymous den IS nicht besiegen?

Deutschlandradio Kultur – Kompressor vom 24.11.2015 (Moderation: Timo Grampes)

P.S. 3.12.2015 – Marina Strauß von der DW hat das Thema auch noch einmal ausführlich beleuchtet.

Unfreiwillig Fan vom IS? Facebook-„Gemeinschaftsseite“ sorgt für Verwirrung

In den letzten Tagen ist viel darüber diskutiert worden, ob man nicht stärker gegen Fanseiten oder Chat-Kanäle vorgehen müsste, die Werbung für den IS machen. Fakt ist, solche Seiten gibt es wie Sand am Meer – einerseits werden laufend welche gelöscht, und im Gegenzug werden laufend welche neu erstellt. Da passte dann gestern die „Entdeckung“ von Journalisten-Kollegen vom BR (und anscheinend auch noch anderer Printmedien) wie die berühmte Faust aufs Auge: Bei einer Facebook-Suche nach „ISIS“ bekamen sie als Treffer eine Seite, die „den Eindruck erweckt, vom islamischen Staat zu sein.“

Die Seite „Region des Islam“ war anscheinend von rund 24.000 Facebook-Usern „geliked“ worden, darunter offenbar auch vielen Freunden und Kollegen des Autors – dem sie auf Nachfrage aber dann versicherten, sie hätten da ganz bestimmt nicht auf das „Gefällt mir“-Knöpfchen gedrückt. Anschließend spekulierte der Kollege noch etwas über einen möglichen Facebook-Hack oder eine umbenannte oder gekaperte Seite, war dann aber im Grunde auf der richtigen Spur – in der Tat steckt hinter dem Ganzen ein simpler Facebook-Automatismus.

Die Seite war schlichtweg eine sogenannte „Gemeinschaftsseite“, die Facebook automatisch generiert, wenn es bei einer gewissen größeren Userzahl ein gemeinsames Interesse an einem bestimmten Thema feststellt – sei es für Käsekuchen oder halt für den IS. Gemeinschaftsseiten sind sozusagen Blaupausen, Blankovorlagen für eine „richtige“ Seite – als Beschreibungstext holt sich der Algorithmus einfach den passenden Wikipedia-Artikel.

Und weil ja diese Seitenerstellung auf Verdacht in vielerlei Hinsicht schiefgehen kann (wie man am aktuellen Beispiel sieht…), gibt es auf Gemeinschaftsseiten eine Editierfunktion, die jeder User nutzen kann. Zum Beispiel, um an Facebook zu melden, dass es zum Seitenthema schon eine „richtige“ Seite gibt und die automatisch erstellte also eine Dublette ist. Oder auch, um ein Problem zu melden, z.B. wenn das Seitenthema anstößig ist oder gegen die Facebook-Richtlinien verstößt.

Mit der Editierfunktion kann die Gemeinschaftsseite auch mit einer existierenden Facebook-Seite „zusammengeführt“ werden – damit hatten Spassvögel zum Beispiel einmal erreicht, dass bei einer Facebook-Suche nach „Schimpansen“ die NPD-Seite als Treffer angezeigt wurde.

Die „Region des Islam“-Seite war natürlich auch eigentlich nicht als „Fanseite“ des IS misszuverstehen – außer, wenn man eben wirklich nur ganz oberflächlich draufschaut (was allerdings heutzutage ja allgemein Usus ist 🙂 ). Mittlerweile ist das Objekt der Aufregung von Facebook gelöscht worden – wenn das Unternehmen gegenüber dem BR aber hier von einem „Bug“ gesprochen hat, dann stimmt das einfach nicht. It’s not a bug, it’s a feature. Ob die ganze Automatik-Funktion besonders glücklich konstruiert ist, ist eine andere Frage. Aber als Facebook-User hat man natürlich auch dieses Detail in den Nutzungsbedingungen mit abgenickt 🙂 …

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 20.11.2015 (Moderation: Till Haase)

Der Anti-Turing-Test bei Facebooks „M“

Ob es die natürliche, die menschliche Intelligenz überhaupt gibt, zumindest in hinreichendem Maße, das kann man ja zuweilen stark bezweifeln. Aber die künstliche, die Computer- oder Roboterintelligenz, die ist auf jeden Fall schwer im Kommen. Zum Beispiel in der Form der digitalen Assistenten, die jetzt überall drin stecken und mitlauschen, die Wissensfragen beantworten, Aufträge entgegennehmen oder das Wetter oder Staus vorhersagen.

Notfalls kann man mit Siri, Cortana oder Google Now auch einfach ganz zwanglos plaudern. Am liebsten natürlich über Sachen, bei denen eine künstliche Intelligenz doch eigentlich irgendwann aus der Kurve fliegen müsste. So hat das auch Arik Sosman mit Facebooks neuem Messenger-Assistenten „M“ gemacht. Im Gegensatz zum herkömmlichen Turing-Test wollte er aber nicht eine KI enttarnen, die sich als Mensch ausgibt, sondern Menschen, die als angebliche KI agieren. Das Gesprächsprotokoll bei Medium.com liest sich ganz amüsant – das Ganze ist aber, wie auch in den Kommentaren unter dem Artikel betont wird, an sich so überraschend oder skurril nun auch wieder nicht: „M“ ist noch in der Betaphase und kann nur von einer Handvoll Tester ausprobiert werden, und Facebook hatte in der entsprechenden Pressemitteilung selbst darauf hingewiesen, dass der KI-Assistent zunächst noch von Menschen aus Fleisch und Blut unterstützt wird.

Wie gut sich „M“ als fertiges Produkt schlägt, bleibt einstweilen offen. Theoretisch wäre ja eine Idee, dass alle Standard-Fragen und Aufgaben von der KI erledigt werden, und nur die extrem kniffligen an Menschen weitergegeben werden. Aber auch das würde letzlich einen immensen Personalaufwand bedeuten – kaum vorstellbar, wo Facebook doch momentan noch nicht einmal Hasspostings gesetzeskonform weggelöscht bekommt 🙂 …

Aber natürlich werden KI-Systeme auch ohne menschliche Nachhilfe immer leistungsfähiger. Gerade hat Google „TensorFlow“ als Open Source freigegeben – das dürfte dafür sorgen, dass sich noch mehr Programmierer mit den digitalen Zauberlehrlingen beschäftigen.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 11.11.2015 (Moderation: Till Haase)

Google hat Ärger in Frankreich, Facebook hat Ärger in Belgien

Die US-amerikanischen Unternehmen Google und Facebook auf der einen Seite, die europäischen Datenschützer und Wettbewerbshüter auf der anderen – ein nahezu epischer Kampf; mit österreichischen Galliern wie Max Schrems als treibenden Akteuren.

In Frankreich ist die Datenschutzbehörde CNIL nicht sonderlich angetan von Googles Praxis, Suchtrefferlöschungen nach Beschwerden jeweils nur in der nationalen Suchmaschinen-Version durchzuführen, nicht aber in der US-amerikanischen bzw. globalen Ausgabe.

In Belgien hat die BPC Ernst gemacht und Facebook wegen dessen Tracking-Cookies verklagt. In der ersten Anhörung vor Gericht sparten beide Kontrahenten nicht mit einer gewissen Theatralik: Facebook verhalte sich wie die NSA, so der Anwalt der Datenschutzbehörde. Bei einem Untersagen der Tracking-Cookies werde Belgien zur Wiege des Cyber-Terrorismus, so der Facebook-Anwalt.

Google und Facebook argumentieren ähnlich: Wieso meint eine nationale Datenschutzbehörde vorschreiben zu können, was dann auch für Nutzer in anderen Ländern der Welt gelten würde? Das ist einerseits nachvollziehbar; schließlich würde sich hierzulande auch keiner seine Internet-Nutzungsmodalitäten von „Gerichten“ in Iran, Saudi-Arabien, Pakistan, China oder Nordkorea vorschreiben lassen wollen. Andererseits unterwerfen sich die betroffenen Unternehmen ja genau dort meist dann doch den dort geltenden Vorschriften, um im Geschäft zu bleiben.

Und so bietet sich das naheliegendste Kompromissmodell natürlich genau wie in diesen Konfliktfällen an – eine lokale Umleitung auf die landesspezifisch angepasste Version auf Basis der User-IP-Adresse. Dass ein paar technisch versierte Nutzer das dann mit Proxies umgehen könnten, das wiederum müssen die Datenschützer akzeptieren.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 22.09.2015 (Moderation: Till Haase)

Facebook stellt Nachrichtensammeltool „Signal“ bereit

Der Trend geht zum mehr oder weniger „exklusiven“ Content in Sozialen Netzwerken, um die User möglichst im eigenen (Werbevermarktungs-) Kosmos zu halten. Aber natürlich sollen die internen Inhalte von den Multiplikatoren im Netz, also von Journalisten und Bloggern möglichst leicht entdeckt und (gewinnfördernd…) weiterverbreitet werden können.

Während Googles Neuauflage der „Trends“ frei zur Verfügung steht, muss der Zugang zu Facebook’s „Signal“ beantragt werden. Allzu restriktiv dürfte das Unternehmen dabei aber wohl nicht vorgehen. Signal bietet vielfältige Such- und Speicheroptionen – und bringt vor allem eine erleichterte Publishing-Funktion für „eingebettete“ Facebook- und Instagram-Inhalte. Viele Webseitenbetreibern werden die dankbar annehmen – was wiederum auf Kosten der bislang dominierenden Twitter-Einblendungen gehen dürfte.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 18.9.2015 (Moderation: Marlis Schaum)

Snapchat macht vermeintlich gelöschte Bilder wieder sichtbar – gegen Gebühr

Da erzeugt ein Unternehmen erst eine künstliche (und vollkommen illusorische…) Verknappung eines an sich völlig unknappen Gutes – nämlich der Möglichkeit, per Messenger empfangene Bilder nach Belieben immer und immer wieder anzugucken oder zu kopieren. Und anschließend versucht es, für die Lockerung der selbst angelegten (und völlig illusorischen…) Fessel Kohle abzuzocken.

Das ist entweder völliger Wahnsinn – oder aber völlig genial.

Das wahnsinnige oder geniale Unternehmen heißt Snapchat. Vor einiger Zeit hat man dort noch eine 3-Milliarden-Dollar-Kaufofferte mal eben locker ausgeschlagen, obwohl man ja jeden Monat gigantisch Geld verbrennt und „eigentlich“ (wie Twitter…) kein funktionierendes Geschäfts- bzw. Monetarisierungsmodell hat; die neu eingeführte Replay-Möglichkeit von lustigen Monster-Selfie-Verfremdungen wird das Ruder wohl auch nicht signifikant herumreißen.

Vielleicht verschwindet also auch Snapchat irgendwann „5-4-3-2-1“ spurlos. Aber andererseits lag ich ja auch schon bei meinen skeptischen Google- und Facebook-Aktienprognosen total daneben – und muss zur Strafe immer noch einer geregelten Berufstätigkeit nachgehen.

DRadioWissen – Schaum oder Haase vom 17.9.2015 (Moderation: Marlis Schaum)