Es herrscht wieder einmal Alarmstufe Rot bei IT-Verantwortlichen und auch Privatanwendern, die Malware Petya bzw. NotPetya macht auf den Spuren von WannaCry die Runde – wer oder was auch immer hinter der aktuellen Verbreitungskampagne stecken mag. Da nimmt man doch eine Email mit einem Betreff „Sicherheitsmeldung: Angriffswelle Petya, wir schützen Sie“ mit Interesse zur Kenntnis. Mit vorsichtigem Interesse, wohlgemerkt. Denn die Mail mit dem angeblichen Absender „G DATA Software <gdata@de-info.gdatasoftware.com>“ landete bei mir erst einmal im Spam-Ordner von Outlook. Und deswegen waren ja dann auch die Links in der Mail im „Klartext“ sichtbar. Ein Auszug:
Hier finden Sie mehr Informationen zum Thema Ransomware. <http://de-info.gdatasoftware.com/go/0/29DWU8GL-29DAE908-29DAE8YJ-100H1BQD.html>
Und auf so einen Link soll ich jetzt draufklicken?? Ja, alles klar. Netter Versuch wieder mal von euch Ganoven. 🙂 In der Mail sind noch mehr so klasse Links drin:
G DATA Experte Tim Berghoff über Petna <http://de-info.gdatasoftware.com/go/0/29DWU8GL-29DAE908-29DAE900-9FD367.html>
G DATA Security Blog: Petya ist zurück – wieder einmal <http://de-info.gdatasoftware.com/go/0/29DWU8GL-29DAE908-29CVSFQX-S707XU.html>
G DATA Pressecenter: Neueste Ergebnisse zur Petna Ransomware-Infektionswelle <http://de-info.gdatasoftware.com/go/0/29DWU8GL-29DAE908-29CVSFQY-RLG16QX.html>
G DATA Lösungen schützen vor allen Varianten des Schädlings. Online-Version <http://de-info.gdatasoftware.com/go/0/29DWU8GL-29DAE908-11QBWW1B-7XBJ0Z.html> G DATA BEI FACEBOOK EMPFEHLEN <http://de-info.gdatasoftware.com/go/0/29DWU8GL-29DAE908-115FL5Z0-9E0WEB.html> IM BROWSER ANSEHEN <http://de-info.gdatasoftware.com/go/0/29DWU8GL-29DAE908-11QBWW1B-7XBJ0Z.html> <http://de-info.gdatasoftware.com/go/0/29DWU8GL-29DAE908-12RND5RO-1EH24B9.html>
Na, wer hat noch nicht, wer will noch mal? Wer traut sich, wer ist richtig mutig (oder sagen wir besser: tollkühn…) und hat auch ein ganz frisches Backup seines Systems auf Lager? OK – da sind ja natürlich auch noch die Leute, die es nicht besser wissen oder denen alles egal ist. Klick.
Zur Aufklärung: Die Mail ist (genau wie seinerzeit die Mail vom BSI…) authentisch und kommt tatsächlich vom Antiviren-Softwarehersteller aus Bochum, das hat mir vorhin auf Nachfrage die GData-Pressestelle bestätigt. Was allerdings im Kopf des für den Newsletter Verantwortlichen vorgeht, das erschließt sich mir nicht. Da predigen wir in der Presse, da predigt das BSI, da predigen die Admins in den Firmen, da predigen die IT-Sicherheitsfirmen: „NIEMALS AUF OBSKURE LINKS IN EINER EMAIL KLICKEN!!! Und dann verschickt die Sicherheitsfirma GData eine Malware-Warn-Mail, die voll solcher obskurer Links ist.
Die Domain gdata.de kenne ich, die Domain gdatasoftware.com (die offenbar vorwiegend auf internationale Kunden ausgerichtet ist…) habe ich bislang nicht wahrgenommen, obwohl ich ja „vom Fach“ bin. Weil Google für „GData/G Data“ als zweiten Treffer hinter gdata.de dann auch gdatasoftware.com liefert, würde ich eventuell noch in Erwägung ziehen, auf einen Klartext-Link wie „gdatasoftware.com/neues-zu-petya“ zu klicken; oder besser, mir die Seite im Browser aufzurufen. Aber ein Subdomain-Prefix und dahinter etwas wie /go/0/HJX9HÖ4LCHH-HK3J1BJSZ6U9BGÄ-KK99KE22TÄ ?? Go wohin? Vielleicht ist das ja schon ausführbarer Code in der URL? 🙂
Liebe Leute bei GData – das ist nicht egal. Das ist auch kein kleiner Fauxpas. Das ist eine völlig kontraproduktive Angelegenheit: Sie als Sicherheitsfirma verleiten Ihre Kunden mit einer solchen Mail zu einem unverantwortlichen, unter den aktuellen Umständen höchst gefährlichen Verhalten. Wenn es ok sein soll, Links wie die in Ihrem Newsletter aufzurufen, dann kann man natürlich auch auf die Phishing-Links in den Mails von Pseudo-Paypal, Pseudo-Ebay, Wannacry und Petya klicken, die tagtäglich in unserem Posteingang eintrudeln. Sie de-sensibilisieren mit einer solchen Mail und solchen Links im Phishing-Stil die wenigen Anwender, die schon für die Gefahren sensibilisiert sind.
P.S. (30.06.2017): Mir ist durchaus bewusst, dass die Links in der GData-Mail im Grunde nicht allzu exotisch sind; in gleicher oder ähnlicher Form finden sie sich natürlich auch in den Aussendungen von Herrenausstattern oder Betriebssystem-Herstellern. Insofern ist die Sache kein exklusives GData-Problem. Der Witz ist nur, dass die Zeiten und die Bedrohungssituation sich geändert haben. Der Fall liegt u.U. auch noch etwas anders, wenn ich in einer Mail in ein Warenwirtschaftssystem oder einen Produktkatalog verlinken will/muss – dann werden sich entsprechende URLs nicht vermeiden lassen. (Die Frage stellt sich aber mittlerweile sehr dringlich, ob ein Empfänger solche Links noch guten Gewissens anklicken darf.) Für einen reinen Info-Text/Newsletter ist auf jeden Fall eine „nachvollziehbare“ Linkadresse angebracht, die man im Zweifelsfall durch einen Browserbesuch auf der Domainseite verifizieren kann.