Archiv für den Monat: Oktober 2014

Regierungspläne: Internetsteuer in Ungarn

Umgerechnet 49 Cent Steuern für jedes Gigabyte Internet-Traffic – das hört sich gar nicht gut an. Vor allem für exzessive Film-Sauger oder -Streamer nicht. Aber auch von Power-Usern oder Multimedia-Konsumenten auf der Höhe der Technik einmal abgesehen: Die ungarische Regierung ist ohnehin reichlich verdächtig, was den freien Meinungs- und Informationsaustausch angeht. Und ob eine Verteuerung von zeitgemäßer Kommunikation einer Wirtschaft gut tut, die ohnehin in heftigen Schwierigkeiten steckt, ist auch die Frage – andere Länder fördern eher einen Gratis-Netzzugang als Konjunkturspritze.

Andererseits – nach der Deckelung der Steuer auf 2,30 Euro pro Monat ist die ganze Sache gar nicht mehr so absurd. Zumindest nicht, wenn man berücksichtigt, dass es in Ungarn auch bislang schon eine Abgabe auf „normale“ Telefonie und auf Kurzmitteilungen gibt und sich die neue Steuer ja angeblich ohnehin nicht an die Bürger, sondern nur an die „Telekom-Multis“ richten soll.

DRadio Wissen · Regierungspläne: Internetsteuer in Ungarn.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 29.10.2014

 

Nachklapp 31.10.2014: Regierung kippt Steuerpläne

Da lag ich daneben mit meiner Einschätzung: Premier Viktor Orban ist doch „eingeknickt“ und hat die Internetsteuer-Pläne vorerst zurückgenommen. Anscheinend kam der Protest nicht nur aus den Reihen der Opposition, sondern auch aus dem eigenen Lager – damit stimmte dann die politisch-ökonomische Kosten-Nutzen-Rechnung nicht mehr…

Zweifel an Anonabox

Wir sollen unsere Daten verschlüsseln, empfehlen uns selbst so unverdächtige Zeitgenossen wie Mitglieder unserer Bundesregierung. Andererseits hat nicht nur der US-amerikanische FBI-Chef, sondern haben auch deutsche Ermittler schreckliche Bauchschmerzen mit wirklich wirksamen Datenschutz – sie reklamieren also die Notwendigkeit nicht nur einer Hintertür, sondern sogar einer Vordertür in die Handies und Computer der potentiell kriminellen Staatsbürger.

Nur wie sie garantieren wollen, dass der angestrebte exklusive Zugang für Ermittler auch wirklich exklusiv bleibt, nicht von kriminellen Hackern gehackt wird oder nicht von nicht-gesetzestreuen Gesetzeshütern (ja, so was gibt es tatsächlich…) oder Spionen des eigenen Landes oder einer fremden Macht missbraucht wird – das wollen und können uns die Befürworter von Hinter- und Vordertüren nicht verraten.

Natürlich erschweren die verfassungsmäßig garantierten Rechte auf Privatsphäre, auf Unverletzlichkeit der Kommunikation und der Wohnung die Ermittlungsarbeit im konkreten Ermittlungsfall – aber das genau ist der Unterschied zwischen einer freiheitlichen Demokratie und einem Überwachungsstaat.

Einen einfachen und narrensicheren und billigen Weg zur Privacy im Netz verspricht die Anonabox – an dem Crowdfunding-Projekt gibt es allerdings seit Mittwoch massive Zweifel.

Mein eigenes Fazit: Anonabox kann durchaus nach dem Ausbügeln der entdeckten Software-Probleme wie versprochen „funktionieren“ – und trotzdem ist das Verschleierungsnetzwerk Tor eigentlich nix für Laien oder für „Normalsurfer“, da stimme ich Heise.de uneingeschränkt zu

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.10.2014

Nachklapp 18.10.2014 – Aus für Anonabox

Und da ist es auch schon passiert: Die Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat sich das Projekt aufgrund der geäußerten Kritik angeschaut – und der Anonabox den Stecker gezogen; der (wenn auch modifizierte…) Weiterverkauf von bereits existierenden Gütern verstößt nämlich gegen die Kickstarter-Spielregeln. Das Geld der Projekt-Unterstützer bleibt also in deren Taschen.

Der Initiator August Germar will die Box angeblich trotzdem fertig entwickeln (der Aufwand dafür dürfte sich ja nun auch bekanntlich in Grenzen halten 🙂 ) und über die eigene Website verkaufen.

Crowdworking im Dienste der Wissenschaft

Wenn Soziologen, Psychologen, Verhaltensbiologen oder Wirtschaftswissenschaftler an der Uni oder in Instituten Studien mit Versuchspersonen durchführen, haben sie normalerweise ein kleines Problem: Die Leute, die sie relativ leicht zum Mitmachen bewegen können, sind WEIRD – Western, Educated, Industrialized, Rich and Democratic. Oder im Extremfall halt männliche, heterosexuelle Westküsten-Studenten – und die in solchen Studien erzielten Ergebnisse haben dann nur eine sehr begrenzte Aussagekraft, was den Studienautoren zuweilen selbst nicht ganz klar ist. Aber das „Sampling-Bias“-Problem lässt sich mittlerweile sehr einfach und elegant umschiffen. Wenn man nämlich die Studienteilnehmer im Netz rekrutiert – aus dem zahlreich und preiswert zur Verfügung stehenden Pool der Crowdworker; z.B. bei der bekanntesten Plattform, dem Amazon Mechanical Turk. Nachzulesen in einem ausführlichen und interessanten Artikel von Rosie Cima bei Priceonomics.com; und wie man für den „Mechanischen Türken“ geeignete Studiendesigns erstellt und diese direkt einfach statistisch auswertet, findet sich beim Experimentalturk.

DRadio Wissen · Liveblog: Der neue Bürgermeister für Berlin.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.10.2014

Uberfacts: Eine halbe Million mit Bullshit

„Fakten, Fakten, Fakten“ – das war ja mal das Motto eines neuen Nachrichtenmagazins, das gegen den Platzhirsch am Nachrichtenmagazin-Himmel anstinken wollte. Mittlerweile ist der einst ambitionierte Newcomer heftig in Richtung Boulevard abgesunken, besonders im Online-Auftritt. Der Platzhirsch allerdings auch; mehr als nur „ein Stück weit“…

Aber vielleicht ist das einfach auch geradezu zwangsläufig, wenn man nicht im „zwangs“-gebührenfinanzierten Refugium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 🙂 , sondern im harten Markt der freien Presse unterwegs ist. Total der richtige und einzige Weg zum Erfolg: Uberfakten, Uberfakten, Uberfakten – die Leute da draußen wollen nämlich leicht konsumierbaren Bullshit. Aber auch wenn man sich da wieder mal fragen kann, was das Internet eigentlich mit unseren Hirnen machtKris Sanchez hat ganz recht: Wem sein Fakten-Kram nicht passt, braucht ihm ja nicht zu folgen.

DRadio Wissen · Uberfacts: Eine halbe Million mit Bullshit.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 15.10.2014

Ist Dropbox gehackt?

Auf der einschlägig bekannten Plattform Pastebin.com hat ein oder hat eine Hacker/Hackerin Username/Password-Kombinationen von Dropbox-User(inne)n gepostet – und zwar als „Teaser“, als „Appetizer“ – die komplette Liste von angeblich insgesamt 7 Millionen Accounts soll nämlich erst herausgerückt  werden, wenn genügend User ihre „Unterstützung“ per Bitcoin-Spende dokumentiert haben – zunächst belief sich das Interesse allerdings nur auf 0,03 Euro-Cents.

Dropbox selbst sagt: „Unsere Server sind nicht gehackt worden, die eventuellen Probleme kommen von ‚Drittanbietern'“ – so ähnlich wie beim „Snappening“ vielleicht ? Wenn nämlich die API, die Authentifizierungs-Schnittstelle gehackt oder reengineert worden ist, dann hat Dropbox (wie Snapchat…) ein Riesen-Problem. Die veröffentlichten Accountdaten seien auch nicht mehr gültig oder nie gültig gewesen, sagt Dropbox – aber erstens berichten einige Reddit-User, manche Kombinationen aus Username/Passwort hätten durchaus zunächst funktioniert. Auch im Dropbox-Blog schreiben Anwender, sie hätten ihre (sogar exklusiv für Dropbox verwendeten…) Account-Daten auf den Pastebin-Listen wiedergefunden.

DRadio Wissen · Liveblog: Flüchtlinge müssen unter freiem Himmel schlafen.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 14.10.2014

 

Und auch meine eigenen „stichprobenartigen“ Recherchen zeigen: einzelne „geleakte“ Dropbox-Account-Daten waren definitiv zumindest zeitweise gültig. Und sie passen sogar in Einzelfällen für die Mailaccounts von Anwender(inne)n, die Usernamen/Passwort eben nicht nur für Dropbox benutzt haben – ein häufiger, aber nicht ratsamer Lapsus 🙁 .

Eine betroffene Anwenderin hat mir berichtet, sie habe eine Mitteilung von Dropbox erhalten, ihr Passwort sei geändert worden – und zwar von einem iPhone aus, das sie gar nicht besitzt.

Des Rätsels Lösung: auf Pastebin, wo der oder die „böse“ Hacker(in) die Passwörter gepostet hat, hat auch ein „guter“ Hacker reagiert – und zwar mit einem Script, einem kleinen Programm, das die geouteten Accounts bei Dropbox mit einem zufällig generierten neuen Passwort versehen hat – nach dem Motto: „besser die legitimen Account-Inhaber temporär aussperren (die sich ja ein neues Passwort einrichten können…), als irgendwelchen Kiddies Zugriff auf die Accounts zu gestatten…“

Die geposteten Account-Daten sind also nicht (oder definitiv nicht komplett…) gefaked, und auch nicht so irrelevant wie Dropbox behauptet – wo aber die eigentliche Sicherheitslücke besteht, das ist immer noch unklar… Aber das wird schon bald etwas klarer sein, vermute ich…

Fazit: wo immer auch die Daten herstammen, und egal, ob tatsächlich 7 Millionen Accounts betroffen sind – das Dropbox-Passwort zu ändern (und dabei auch gleich die 2-Wege-Authentifizierung zu aktivieren…) ist auf jeden Fall eine sehr gute Idee. Und Fazit 2: Ein und dieselbe Username/Passwort-Kombination (und vor allem noch die des Mailaccounts, wo ja die Infos der übrigen Accounts meist zusammenlaufen…) bei verschiedenen Web-Diensten zu verwenden, ist eine sehr schlechte Idee.

DRadio Wissen · Luftangriffe: Die Türkei, die Kurden und die PKK.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 15.10.2014

Fragen Sie Doktor Google

Fragen Sie Doktor Google – wer nach „Knieschmerzen“ oder „Meniskus“ sucht, der hat vielleicht medizinischen Beratungsbedarf, mutmaßt der Suchmaschinenriese; und bietet Hilfe durch Ärzte aus Fleisch und Blut, per Live-Videochat. Die virtuelle Sprechstunde ist eine Variante des schon eingeführten Google-„Helpout“-Dienstes und wird seit kurzem in den USA in einer kostenlosen Testphase erprobt. Dort gibt es bereits ähnliche Dienste wie „Spruce“ oder „Better“ am Markt, und auch für Facebook ist medizinische Beratung ein interessantes Thema. Undenkbar ist das Ganze auch hierzulande nicht – zumindest als eine Vorberatung zu einem tatsächlichen Praxisbesuch könnte die Fernvisite ja theoretisch sogar Kosten sparen.

DRadio Wissen · Liveblog: Flüchtlinge müssen unter freiem Himmel schlafen.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 14.10.2014