Carlsen hält remis in der neunten Partie – die Schach-WM bleibt spannend

Ein Punkt Vorsprung und die weißen Steine – das war schon so eine Art Matchball für Sergej Karjakin in der neunten Partie. Zumindest in dem Sinne, dass nach einem weiteren Sieg des Herausforderers die Situation von Weltmeister Magnus Carlsen praktisch hoffnungslos gewesen wäre. So aber konnte sich der Norweger in der Pressekonferenz nach der Partie wieder selbst Mut machen:

I mean I am not in very comfortable situation of course. I think the way I have to think about it is I have to win one game out of three and normally that’s something I am capable of doing.

Ich bin natürlich in einer nicht sehr angenehmen Situation. Ich glaube, ich muss das einfach so betrachten: Ich muss jetzt eine von drei Partien gewinnen – und das ist normalerweise etwas, was ich hinbekommen kann.

Mut hatte Carlsen auch schon mit der Eröffnungswahl bewiesen – in der Archangelsker Variante gibt Schwarz einen Bauern für die bessere Figurenkoordination und gewisse Angriffschancen auf die aufgelockerte weiße Königsstellung. Im 21. Zug brachte Carlsen eine Verbesserung gegenüber einer 2014 gespielten Vorläuferpartie. Ich persönlich hätte aber schon kurze Zeit später lieber die weiße Steine geführt, und als ich mich aus der Live-Partie ausklinken musste (zur Erläuterung: für die Frühsendung „Hielscher oder Haase“ muss ich dann auch so um vier Uhr morgens wieder aufstehen 🙂 ), hätte ich zwar auf Remis getippt, aber einen Sieg Karjakins für möglich gehalten.

Die entscheidende Phase kam dann kurze Zeit später: 39.Db3 statt Lxf7 wäre wahrscheinlich noch stärker gewesen. Aber auch nach der Partiefortsetzung hängen ja erst einmal die Figuren sehr luftig in der Gegend herum – genau wie Fabiano Caruana schreibt, ist die Abwicklung regelrechtes Computerschach; kein Problem für einen Brute-Force-Algorithmus, aber ein ziemlicher Alptraum für normale menschliche Spieler. Aber Carlsen behält hier und in der anschließenden Quäl-Phase die Nerven, der Mann ist halt nicht umsonst die Nummer eins. Nicht dass ich nicht auch Karjakin den Erfolg gönnen würde – aber im Sinne der weiteren Spannung werden die meisten Schachfreunde den Ausgang der Partie begrüßen.

Carlsen rennt die Zeit davon · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 24.11.2016 (Moderation: Till Haase)

Schach-WM 2016: Spannend für den Kopf – warum auch Unentschieden nicht langweilig sein muss

Ganz klar: Wer die Regeln von Schach nicht kennt; oder vielleicht auch noch ein klein wenig tiefer in die Welt des Denksports Nummer eins (zumindest in der westlichen Hemisphäre…) eingedrungen ist, wird wenig Spannung beim aktuellen WM-Match zwischen Weltmeister Magnus Carlsen und Herausforderer Sergei Karjakin empfinden – trotz der diesmal ziemlich intensiven medialen Abdeckung (die sozusagen umgekehrt proportional ist zum diesmal etwas mageren Preisfonds. In den Vorjahren kamen die einst höheren Millionen-Summen aber auch gerne aus der Privat- Staatsschatulle von autokratisch agierenden Fantasy-Staatslenkern und Weltschachverbands-Präsidenten 🙂 …)

Wer die Regeln von American Football oder von Cricket nicht kennt, wundert sich ja auch, was die Akteure auf dem Platz eigentlich machen, außer zusammenzuprallen oder mit komisch geformten Prügeln komisch geformte Bälle durch die Gegend zu dreschen. Und wie gesagt – wer die Schachregeln nicht kennt, oder wer eine Aufmerksamkeitsspanne von  höchstens einer Aktion pro 20 Sekunden hat, braucht sich nicht mit dem „Spiel der Könige“ zu beschäftigen. Aber ab dieser Schwelle ist klar: Beim Schach sind Unentschieden (Remis) zwar weniger spektakulär als entschiedene Partien. Aber beim Schach kommt es halt (wie im richtigen Leben…) nicht nur auf das nackte Endresultat an, sondern auch darauf, wie dieses denn zustandegekommen ist.

Die bisherigen Remis-Partien im aktuellen Match waren ja nicht etwa „keine-Lust“-Veranstaltungen, sondern drückten eher aus, dass die beiden Kontrahenten sich halt recht ebenbürtig sind. Kein Wunder bei einem Blick auf die bisherigen Begegnungen und die Platzierung in der Weltrangliste; ganz oben wird die Luft eben etwas dünner. Ein Trost nach dem bisherigen Verlauf auch für Ungeduldige: Einen potentiell endlosen Match-Verlauf a la Karpov gegen Kortchnoi wird es in diesem WM-Wettkampf nicht geben – die Regeln sehen bei einem eventuellen Gleichstand nach 12 Partien einen Tie-Break aus Schnellschach-, dann aus Blitzschachpartien vor.

Und wenn es dann immer noch unentschieden steht, bringt eine „Sudden-Death-Partie“ die endgültige Entscheidung: Bei einem Remis auch im allerletzten Spiel hat am Ende Schwarz gewonnen (ausgleichende Gerechtigkeit; weil Weiß mit dem Recht auf den ersten Zug einen winzigen, aber existenten „Anzugsvorteil“ hat…) Bis dahin ist ja noch etwas Zeit – mal sehen, ob einer der beiden Kontrahenten noch einen entscheidenden Geistesblitz auf Lager hat…

DRadio Wissen · Schach: Spannend für den Kopf

DRadio Wissen – Redaktionskonferenz vom 21.11.2016 (Moderation: Thilo Jahn)

Nachklapp 22.11.2016 – Da haben wir den Salat, kaum haben wir über „zu viele“ Remispartien gesprochen, schon will Magnus Carlsen mit dem Kopf durch die Wand und verliert die achte Partie. 😉

Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass: Facebook gegen Fake-News

Jetzt hat auch Mark Zuckerberg eingelenkt – Facebook sagt Fake-News den Kampf an. Das Grundproblem: Facebook ist längst mehr als eine Plattform.

Facebook gegen Fake-News · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 21.11.2016 (Moderation: Till Haase)

Russland sperrt LinkedIn

Im Juni hat ja Microsoft mal ganz tief in die Portokasse gegriffen und das Karriere-Netzwerk Linkedin gekauft, für schlappe 26 Milliarden US-Dollar. Ob das wirklich ein richtig guter Deal war, das wird sich noch zeigen. Jetzt gerade gibt es aber etwas Kummer für Linkedin bzw. für Microsoft. Denn die russische Medienaufsichtsbehörde hat dem Netzwerk die Leitung gekappt – oder anders herum gesagt,  russische Nutzer haben jetzt keinen Zugriff mehr auf ihren Linkedin-Account. (Obwohl sich die Blockade vermutlich mit einem VPN und Proxy recht einfach umgehen lässt…)

Eine Sperre in Russland für ein US-Unternehmen, kurz nach der Präsidentschaftswahl – da könnte man spontan an Zensur oder an politische Motive denken. Andererseits: So furchtbar überraschend kann die Aktion eigentlich für die Linkedin- bzw. Microsoft-Führung nicht gewesen sein. Da war doch mal was? Richtig – ein mittlerweile nicht mehr taufrisches Internet- bzw. Datenschutzgesetz, das nun tatsächlich auch einmal zur Anwendung gelangt. (Selbstverständlich ohne irgendeine Einmischung von Vladimir Putin; die Verwaltung und die Justiz arbeiten in Russland bekanntlich völlig unabhängig.)

Da werden blumige „Visionen einer globalen Wohlstandsvermehrung durch Business-Kontaktbildung“ wohl nicht weiterhelfen, sondern bestenfalls Gespräche in Moskau. In China ist Linkedin offenbar mit einer vergleichbaren Vorschrift zum Serverstandort klargekommen – dann wird das in Russland wahrscheinlich doch auch gehen. Und die User? Die werden eh abgeschnorchelt, von welchem Drei-Buchstaben-Verein auch immer…

DRadio Wissen · Soziale Netzwerke: Russland sperrt LinkedIn

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 18.11.2016 (Moderation: Diane Hielscher)

„Fix Windows 10 Privacy“ – Knopfdruck-Maulkorb für die Microsoft-Plaudertasche

Dass Facebook oder Google eifrig Daten darüber abgreifen, wofür man sich so interessiert, was man treibt im Netz und auf dem eigenen PC – das ist vielleicht nicht schön, aber irgendwie nachvollziehbar. Die Firmen verdienen Geld mit Werbung und müssen ihre „kostenlosen“ Produkte monetarisieren. Außerdem steht es einem ja frei, da mitzumachen – oder eben auch nicht. Von einem Betriebssystem, das man gekauft hat, erwartet man aber doch schon etwas mehr Zurückhaltung. Und zumindest, dass man selbst entscheiden kann, ob und wenn ja; welche Informationen über das eigene System und die eigenen Aktivitäten an den Hersteller übermittelt werden.

Bei Windows 10 ist das leider nicht der Fall. Das aktuelle Betriebssystem von Microsoft „telefoniert“ pausenlos nach Hause – sprich, es übermittelt Daten an Server des Herstellers. Und perfiderweise lässt sich das zumindest in den „einfacheren“/“billigeren“ Versionen von Windows 10; der „Home“ oder auch „Professional“-Edition auch nicht abstellen. Wenn man dort in die „Systemsteuerung“ geht, Rubrik „Datenschutz“, dann verweigert Microsoft die vollständige Deaktivierung der Übermittlung von Daten mit dem „Argument“, das würde die Funktionsfähigkeit von Windows Update und der Microsoft-eigenen Antiviren-Lösung „Defender“ beeinträchtigen. Und – natürlich – die „Benutzererfahrung“ verschlechtern.

Totaler Bullshit. Bei der „Enterprise“-Edition, am teuersten und für Unternehmen vorgesehen – da geht das Abschalten plötzlich doch. Und natürlich kursieren seit dem Launch der ersten Windows 10-Testversionen diverse Anleitungen und Tools im Netz, wie man auch in der Home- oder Professional-Version die willkürliche „Geht nicht“-Behauptung bzw. Sperre von Microsoft wieder aushebeln kann. Der Haken dabei: Das ist etwas aufwendig, erfordert etwas Know-How. Oder man muss unbekannten Anbietern vertrauen, die eine Lösung versprechen, aber theoretisch ja auch den Super-Trojaner auf das System platzieren könnten.

Beim Tool „Fix Windows 10 Privacy“ sieht das erfreulicherweise anders aus.

Ich wollte halt gern ein Werkzeug haben, was ich eben mit einer Benutzeroberfläche bedienen kann, so dass ich das halt auch Leuten geben kann, die keine Techniker sind und jetzt auch nicht so genau wissen wollen, was sie da tun müssen…

Der Programmcode ist „Open Source“, lässt sich also überprüfen und ggf. auch verbessern. Der Programmierer Thorsten Schröder, IT-Sicherheits-Experte von der Firma modzero.ch, bürgt mit seinem Namen (und seiner Signatur…) für die Integrität des Tools. Insofern kann ich also „Fix Windows 10 Privacy“ empfehlen – auch wenn ich mangels Programmiersprachen-Know-How den Sourcecode nicht selbst überprüfen kann. Und ganz offen gestanden: Ich  habe das Tool bislang auf meinem eigenen Produktivsystem nicht installiert. Die aktuelle, erste Version macht nämlich alle Windows-10-Schotten dicht – ich nutze aber den Microsoft-Cloud-Service OneDrive. (Außerdem hatte ich eh schon „per Hand“ ein paar Änderungen in meiner Registry eingetragen und eine Blacklist in meiner Fritzbox für die bekannten Microsoft-Server angelegt…)

Das Problem mit dem „alles oder nichts“ ist Thorsten Schröder bewusst – er verspricht, in Kürze ein Update zu liefern, das Anwendern dann auch eine individuellere Einstellung erlaubt, welche Verbindungen zu Microsoft-Servern sie zulassen oder unterbinden wollen. Eine „Garantie“ dafür, dass bei installiertem „Privacy Fix“ überhaupt keine unerwünschte Datenübermittlung mehr stattfindet – die kann auch Thorsten Schröder nicht geben. Aber das Tool sieht im Vergleich zu den Alternativen und dem „Mitbewerb“ schon einmal ganz gut aus.

Wenn da noch irgendetwas auffällt, bin ich bereit, die Definitionen der Regeln noch anzupassen. Das ist kein Werkzeug, wo ich sage, das ist fertig und bleibt liegen. Da muss man natürlich weitermachen, und das werde ich auch tun, mit der Hilfe hoffentlich von einer Community, die das benutzt und mich darauf hinweist, wenn sich irgendwo ein neues Leck aufgetan hat …

Eine auch für nicht-Nerds sehr brauchbare Quasi-auf-Knopfdruck-Lösung also. Was nichts daran ändert, dass auch Microsoft mal Farbe bekennen müsste, was das Zwangs-Plaudern eigentlich soll. Notfalls gern mit einem kleinen (Bußgeld-bewehrten…) „Anschubser“ von der EU 🙂

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 17.11.2016 – Moderation: Diane Hielscher

#systemkrank – Twitter-Trend lockt Trittbrettfahrer und Trolle

Ein richtiger Meme wird #systemkrank nun wohl doch nicht. Neue Tweets träufeln nur noch im Minuten-Abstand ein – dafür hat sich mittlerweile das thematische Spektrum von persönlicher Miss-Befindlichkeit über Maskulismus, von Sponsorensuche bis hin zum plumpen Clickbait so weit aufgefächert, dass #systemkrank nun für alles steht. Beziehungsweise für nichts mehr. Aber egal – für die „Erfinderin“ und ihr Anliegen hat es wieder einmal gereicht, um die Filterblase Twitter nach außen hin zu durchstoßen.

Insofern ist Christine Finke auf jeden Fall eine Twitter-Versteherin, während wir von der Lügenpresse 🙂 ja immerhin noch ganz gut als Blasen-Durchstoß-Helfer taugen. Es ist also nicht nur so, dass man seine Meinung wohl doch noch sagen darf – wenn man das pointiert macht, kommt man sogar ins Radio oder Fernsehen. Das einmal als Ermutigung an die Systemkranken. Alle – auch etwas populär oder pauschal daherkommende – „System“-Kritik gleich als „rechts“ einzuordnen, ist wiederum ein Filterblasen-Phänomen.

Klar gibt „die da oben“ oder „das System“ gar nicht, wir leben ja schließlich in einer repräsentativen Demokratie – sagt Andreas Zick von der Universität Bielefeld im DRadio- Wissen-Interview. Das mit dem möglichen Engagement und der Teilhabe ist allerdings zunächst mal eine theoretische Angelegenheit. Drüber reden (z.B. als Angehöriger der Medien 🙂 ) ist ja schon viel leichter als selbst politisch aktiv werden. Nur drüber twittern oder den #Aufschrei gleich dem Bot überlassen, bringt praktisch gar nix. Ausnahmen bestätigen die Regel.

„Ein Hashtag bietet Identität“ · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 16.11.2016

Die Schwachmatokratie wird hiermit abgeschafft

So. Ich hab es ja schon vorher gesagt – ich bin nicht sicher, ob ich das Ergebnis der Wahl anerkennen werde. (Ach nee, das hat ja Donald Goldlöckchen Trump selbst gesagt…) Ich hatte das amerikanische Volk (und zwar stellvertretend für alle anderen Völker) unmissverständlich und ausdrücklich gewarnt: Wenn ihr den völlig ahnungslosen, rumschwafelnden Widerling zum Präsidenten wählt, war das die letzte Wahl.

Und jetzt sind natürlich doch wieder die Typen zur Urne geschlichen, die sich selbst zu Recht so verdächtig sind, dass sie bei Meinungsumfragen oder gegenüber uns linken Lügenpresse-Typen vorsichtshalber die Klappe halten: Die „Silent Majority“. Aber ein Kreuzchen machen, dazu reicht es eben doch noch, auch wenn es früher in der Schule nicht so recht geklappt hat. Natürlich kann die „Silent Majority“ aber auch noch viele andere Sachen, wenn sie endlich mal einer (von der Leine…) lässt.

Symbolbild. Das Bild zeigt keine lebende Personen und soll insbesondere „Frankie, the Pig“ nicht verunglimpfen.

Also: Die DemoSchwachmatokratie ist hiermit abgeschafft. Das war eh ein Missverständnis in letzter Zeit. Bei den alten Griechen bedeutete Demokratie ja auch nicht, dass da jetzt jeder Schweinehirt plötzlich was zu sagen haben sollte – die Veranstaltung richtete sich an ein paar Leute mit gewisser Bildung und gewissen Umgangsformen, die zu logischer Analyse, zu strukturierter Rede und Gegenrede imstande waren; mit einem gewissen Weitblick über ihre individuellen akuten Lebensverhältnisse hinaus (dazu war natürlich ein gewisser Wohlstand vonnöten… 🙂 ) – mit einem Wort: an Eliten.

Oder wie ja dann auch die alten Römer so schön sagten (jedenfalls laut meinem Lateinlehrer…): Vox populi, vox Rindvieh. Aber jetzt ist Schluss. Das Experiment ist beendet. Ab jetzt kümmern Sie sich bitte nur noch um (TV-Casting-Show-)Konsum, Social Media und Virtuelle Realität – die Brillen und Feedback-Sensoren werden demnächst in ausreichenden Stückzahlen bereitgestellt, völlig gratis selbstverständlich. Ich übernehme einstweilen die Weltherrschaft. Machen Sie sich also keine Sorgen – es wird Ihnen an nichts fehlen, es ist alles vorbereitet und durchdacht.

P.S. Ein Gutes hat die Wahl von Donald Trump natürlich doch: Von der noch hässlicheren Fratze des Islamismus werden wir ja nun schon in Kürze befreit sein.

US-Präsidentschaftswahl: Letzter Aufruf

Ich muss ja sagen: Hillary, Barack, Michelle und Barbra – ihr habt mich ganz schön genervt in den letzten Monaten. Seit ich als Marcel Pacer aus Bloomington für SPON die Hillary-App ausprobiert hatte (und auch mal versuchsweise 10$ rüberge“chippt“ hatte, die dann allerdings korrekterweise wieder zurückgebucht wurden…), habe ich jeden Tag so etwa fünf bis sechs Mails bekommen. In manchen stand etwas mehr Text drin, in den meisten aber das Bekenntnis, nicht lange um den heißen Brei herumreden zu wollen – ich sollte doch bitte, bitte noch mal 10 Dollar (oder 1 Dollar, oder 35 Dollar) rüberchippen. Jeden Tag. Fünf bis sechs mal.

Ich weiß jetzt nicht, ob da noch irgendeine künstliche oder natürliche Intelligenz die Bettel-Frequenz runtergeschraubt hätte, wenn ich vielleicht noch zwei, drei Mal etwas hätte springen lassen. Oder im Gegenteil hochgeschraubt. Auf jeden Fall: Das ist doch der absolute Wahnsinn und Ober-Abtörner. Wenn jemand fünf Mal am Tag Kohle haben will, könnte man am Ende auf die Idee kommen, es ginge nur um Kohle. Mein persönlicher Eindruck: das Wahlsystem und vielleicht die Demokratie in den USA ist irgendwie etwas am Arsch im Argen.

Trotzdem: Wenn ich morgen aufwache und die Amis haben Trump gewählt, dann schaffe ich die Demokratie ab. Allen Ernstes.

readyhistory

Paradoxes Hormon – Testosteron macht aggressiv, aber auch großzügig

Das Sexualhormon Testosteron hat einen ziemlich zweifelhaften Ruf. Fest steht: es ist essentiell bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von männlichen Körpermerkmalen, bei der Spermienproduktion und dem Aufbau von Muskelmasse. Und es hat unzweifelhaft einen Einfluss auf das männliche Verhalten – auf den Geschlechtstrieb nämlich. Und jetzt wird es kontrovers: Testosteron macht aggressiv, es führt zu antisozialem Verhalten, das gilt fast schon als Allgemeinwissen. Aber so einfach ist die Sache nicht – wie eigentlich immer, wenn man evolutionsbiologische Erkenntnisse und menschliches Verhalten in einen Topf wirft und dann durch eine politische oder ideologische Brille draufschaut 🙂 .

Natürlich ist auch der Mensch von seinem evolutionsbiologischen Erbe noch stark beeinflusst – aber mit einem ganz einfachen Testosteron-Bashing a la Gender-Theorie tut man/frau selbst der Affenhorde unrecht. Vielleicht kann man es einfach erst einmal neutral so sagen: Testosteron hat den „Sinn“ oder die Funktion, den Fortpflanzungserfolg eines Männchens zu fördern. Und dazu gehört einerseits aggressives Verhalten – also dem Konkurrenten um das Weibchen eins auf die Birne zu geben. Und zwar im direkten Wettbewerb um ein konkretes Weibchen, oder im Streben nach Status – der wiederum den Erfolg bei den Weibchen eindeutig positiv beeinflusst 🙂 …

Status lässt sich aber auch durch nicht-aggressives Verhalten gewinnen – durch besondere Fähigkeiten, durch Mut oder Klugheit. Oder eben auch durch Großzügigkeit; wenn man es etwas kritischer benennen will: durch protzen oder „ganz entspannt einen auf dicke Hose machen“. Was im Grunde in der intuitiven Beobachtung menschlichen Miteinanders schon relativ plausibel erscheint, lässt sich offensichtlich auch experimentell nachweisen. Vollständig bewiesen ist die These „Testosteron fördert das Streben nach Status“ vielleicht noch nicht – aber die Indizien passen schon recht gut zusammen.

Wie Matthias Wibral anmerkt, ist der Titel der aktuellen PNAS-Studie (Testosterone causes both prosocial and antisocial status-enhancing behaviors in human males) eigentlich nicht ganz zutreffend: Dass Testosteron antisoziales Verhalten hervorruft, belegt die Untersuchung bzw. das Studiendesign nämlich nicht:

Also in der Literatur zu Bestrafung oder zum Ultimatum-Spiel oder auch in Public-good-Spielen, da bezeichnet man so eine Art von Bestrafung, wenn ich also jemand bestrafe, der besonders wenig gibt, eher im Gegenteil als prosozial.

Diesen Einwand konnte Jean-Claude Dreher auf Nachfrage sogar nachvollziehen. Gezeigt habe sein Experiment tatsächlich nur eine verstärkte „reaktive Aggression“. Und eben – als entscheidenden Punkt – eine kausal durch Testosteron verstärkte Großzügigkeit.

Paradoxes Hormon – Testosteron macht aggressiv, aber auch großzügig

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 04.11.2016 (Moderation: Ralf Krauter)

Aktuelle iTunes-Version: Absturz nach einer Minute

Am Freitag hat Apple eine neue Version seines Content&Geräteverwaltungs- und Synchronisierungstools iTunes veröffentlicht – und so etwas installiert man natürlich auch, wenn das Update zwei sicherheitskritische Lücken im WebKit-Unterbau schließt. Weniger schön ist dann beim ersten Start, wenn das Programm nach ungefähr einer Minute einen sauberen Absturz hinlegt – und zwar ganz egal, ob man in der Zwischenzeit Musik gestartet oder einfach nur still dagesessen hatte. Wenn dann weder ein Neustart noch eine Reparaturinstallation daran etwas ändern, dann kommt man allmählich ins Grübeln.

Denn schließlich ist iTunes ja (siehe die längliche Beschreibung oben…) nicht nur zur Musikberieselung da, sondern auch für das Backup und die Aktualisierung meines iPhones und iPads. Ein kurzer Blick ins Netz sorgt dann immerhin für Trost – andere haben das Problem auch (es gibt noch diverse andere Threads…), das Release ist ganz eindeutig buggy; die Softwaretester bei Apple (wenn es da welche gibt 🙂 ) haben offenbar kein Windows 10/64bit. (OK, das Problem kann natürlich auch noch etwas spezifischere Ursachen haben…) Das rasch nachgeschobene Update-Update schmiert leider genauso zuverlässig ab; und ein Downgrade auf eine frühere Version erscheint angesichts der „ernstzunehmenden“ Sicherheitslücken auch nicht so recht ratsam.

Bei mir ist laut Ereignisprotokoll die „iTunesCore.dll“ das Modul, das sich verabschiedet. Immerhin gibt es einen einfachen Workaround, der zumindest auf meinem System das Problem behebt: iTunes im „sicheren Modus“ starten, also mit gedrückten Strg+Shift-Tasten. Funktionseinbußen kann ich da zunächst einmal gar nicht feststellen: Musikabspielen geht wieder, und auch Synchronisierung und Backup der Geräte laufen durch. Andere User berichten, dass auch ein Deaktivieren von iCloud hilft. Aber trotzdem: da muss Apple noch einmal ran – es gibt definitiv ein Problem.

Nachklapp 05.11.2016 – Das Problem ist -klammheimlich- gelöst: Mit der Version 12.5.3.17 funktioniert iTunes wieder; auch ohne abgesicherten Modus. „Ulkigerweise“ wird das bereitstehende Update-Update-Update innerhalb von iTunes nicht angezeigt, wenn man (die immer noch abschmierende…) Version 12.5.3.16 installiert hatte. Man muss also selbst auf der iTunes-Downloadseite vorbeischauen.