Carlsen hält remis in der neunten Partie – die Schach-WM bleibt spannend

Ein Punkt Vorsprung und die weißen Steine – das war schon so eine Art Matchball für Sergej Karjakin in der neunten Partie. Zumindest in dem Sinne, dass nach einem weiteren Sieg des Herausforderers die Situation von Weltmeister Magnus Carlsen praktisch hoffnungslos gewesen wäre. So aber konnte sich der Norweger in der Pressekonferenz nach der Partie wieder selbst Mut machen:

I mean I am not in very comfortable situation of course. I think the way I have to think about it is I have to win one game out of three and normally that’s something I am capable of doing.

Ich bin natürlich in einer nicht sehr angenehmen Situation. Ich glaube, ich muss das einfach so betrachten: Ich muss jetzt eine von drei Partien gewinnen – und das ist normalerweise etwas, was ich hinbekommen kann.

Mut hatte Carlsen auch schon mit der Eröffnungswahl bewiesen – in der Archangelsker Variante gibt Schwarz einen Bauern für die bessere Figurenkoordination und gewisse Angriffschancen auf die aufgelockerte weiße Königsstellung. Im 21. Zug brachte Carlsen eine Verbesserung gegenüber einer 2014 gespielten Vorläuferpartie. Ich persönlich hätte aber schon kurze Zeit später lieber die weiße Steine geführt, und als ich mich aus der Live-Partie ausklinken musste (zur Erläuterung: für die Frühsendung „Hielscher oder Haase“ muss ich dann auch so um vier Uhr morgens wieder aufstehen 🙂 ), hätte ich zwar auf Remis getippt, aber einen Sieg Karjakins für möglich gehalten.

Die entscheidende Phase kam dann kurze Zeit später: 39.Db3 statt Lxf7 wäre wahrscheinlich noch stärker gewesen. Aber auch nach der Partiefortsetzung hängen ja erst einmal die Figuren sehr luftig in der Gegend herum – genau wie Fabiano Caruana schreibt, ist die Abwicklung regelrechtes Computerschach; kein Problem für einen Brute-Force-Algorithmus, aber ein ziemlicher Alptraum für normale menschliche Spieler. Aber Carlsen behält hier und in der anschließenden Quäl-Phase die Nerven, der Mann ist halt nicht umsonst die Nummer eins. Nicht dass ich nicht auch Karjakin den Erfolg gönnen würde – aber im Sinne der weiteren Spannung werden die meisten Schachfreunde den Ausgang der Partie begrüßen.

Carlsen rennt die Zeit davon · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 24.11.2016 (Moderation: Till Haase)

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