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Burger King-Werbung „hackt“ Google Assistant und Wikipedia

Keine Ahnung, woran es liegt – aber momentan erleben wir gerade eine richtig epische Serie – eine Serie von PR-Desastern nämlich. Letzte Woche dieser Werbespot von Pepsi mit dem Model Kendall Jenner, der auf peinlichste Weise auf die Black-Lives-Matter-Demonstrationen anspielte und nach einem Proteststurm sofort zurückgezogen werden musste. Dann die Passagier-wird aus-Flugzeug-geschleift-Geschichte und die zunächst sehr suboptimalen Statements des United-Airlines-Chefs dazu. Und jetzt hat sich Burger King gewaltig in die Nesseln gesetzt. Wieder mal mit einer Werbung, die super-pfiffig sein wollte.

https://youtu.be/U_O54le4__I

„You are watching a 15-second Burger King ad, which is unfortunately not enough time to explain all of the fresh ingredients in the whopper sandwich. … But I got an idea.  … OK, Google: What is the Whopper Burger?”

Wer – hierzulande ja noch etwas avantgardistisch – ein Google-Home-System als Dauerlauscher und Assistant-on-Demand herumstehen hat, oder aber die Google-App auf seinem Smartphone oder Tablet per Sprachfunktion bedient, weiß Bescheid: „OK Google“ ist der Aufweckbefehl, und danach versucht die „KI“ das Kommando auszuführen oder eine gestellte Frage zu beantworten. Die präferierte Faktenbasis ist hier bei Google der Wikipedia-Eintrag. Den gibt es ja praktisch zu allem, auch zum Whopper – und listigerweise hatten die Burger-King-Werber den passend zum Launch ihres Spots ein klein wenig angepasst.

Auf per TV- oder Radio-Spot hereingeschmuggelte Sprachbefehle reagieren die meisten Home-Assistent-Besitzer aber wenig amüsiert (obwohl das Voice-Hacking ja eigentlich vielleicht auch nur den grundsätzlichen Irrsinn des dauerlauschenden Gerätes illustriert…). Und für Wikipedianer sind Artikeltrollerei und erst recht solche mit Werbe-Absicht ein rotes Tuch. Aber die ursprüngliche Werbe-Absicht funktionierte ja nur ganz kurz, danach wurde zurückgetrollt – nicht jeder liebt den Whopper. Mittlerweile hat Google dafür gesorgt, dass die Frage mit der Originalstimme aus dem Werbespot keine Aktion mehr auslöst. Wer seinen Assistant aber selbst fragt, bekommt weiter tiefschürfende Informationen über das Hackbrötchen geliefert – jetzt wieder in der geprüften und ungetrollten Wikipedia-Qualität 🙂 .

DRadio Wissen · Burger King: PR-Panne mit Wikipedia

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 13.04.2017 (Moderation: Till Haase)

Elite-Dating-App „Highblood“: Marketing-Gag oder rassistischer Schund?

Die Überschrift klang ja ganz interessant bei Medium.com: „Ein einziger Facebook-Post hat meinem Startup-Unternehmen weltweit virale Aufmerksamkeit gebracht.“ Schreibt Herbert Eng, Erfinder der Dating-App „Highblood“. Die virale Aufmerksamkeit war allerdings ein veritabler Shitstorm, auch wenn er bei seinem Lostreten, Mitte März, an mir vorübergegangen ist – trotz der durchaus zahlreichen und reputablen berichtenden Medien. Also: Konfliktscheu, pflegeleicht und politisch korrekt dürfe man nicht sein, wenn man als Firmengründer oder sonstwie öffentlich Aktiver eine maximale Resonanz erreichen wolle – da hat Eng ja so unrecht nicht; so funktionieren ja schließlich auch Boulevardzeitungen, Alt-Right-, Verschwörungstheorie- und Clickbait-Plattformen im Netz.

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Und diskriminierend sind Wisch-und-Weg-Apps wie Tinder ja per se, tatsächlich werden die allermeisten Menschen auch bei ihrer Partnersuche einer gewissen Präferenz folgen, die dann auch eine Präferenz für einen bestimmten optischen und u.U. ethnischen Phänotyp beinhalten kann – so irgendwie argumentiert Herbert Eng nicht ganz zu unrecht. Was Bildung und Einkommen angeht: Das gute alte „Elitepartner“ bei uns hier in Deutschland klang ja auch immer schon reichlich schräg, da kann man je nach persönlichem Humor und Skurrilitäts-Akzeptanzrate sagen – „ok, was soll’s“, oder eben „geht gar nicht“. Also die Publicity hat Herr Eng schon mal, den Shitstorm auch – ob „Highblood“ bei seiner Zielgruppe in Singapur auch wirklich auf zahlreichen und zahlungskräftigen Zuspruch treffen wird, das schauen wir noch mal in einem Jahr nach.

Elite-Dating-App „Highblood“: Marketing-Gag oder rassistischer Schund? · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 11.04.2017 (Moderation: Till Haase)

Journalist erklärt Farbverwirrung mit Bildschirm-Kalibrierung

Ich habe ja schon damals die Original-Aufregung um das weiß-goldene bzw. blau-schwarze Kleid (#dressgate) nicht so recht nachvollziehen können. Wahrscheinlich hatte ich aber an den entsprechenden Tagen keinen Netzreporter-Dienst, sonst hätte ich das Thema ja sicher behandelt, obwohl es nicht so recht radiophon ist 🙂 …

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(Das Kleid der Herzogin von Cambridge ist eindeutig blau…)

Jetzt haben Forscher die „Farbverwirrung mit Schlafvorlieben“ erklärt, so lese ich bei meinen geschätzten Kollegen von Spiegel Online. Zuerst habe ich den Artikel auf meinem Desktop und dem angeschlossenen Samsung-Bildschirm zur Kenntnis genommen – und da sehe ich das Kleid in Hellblau (was man noch als Ergebnis eines Farbstiches mit sehr viel Fantasie in „Weiß“ uminterpretieren könnte…), und die Streifen in Gold.  Aber ganz ehrlich: Ich falle da schon in die Minderheitsgruppe und sage eigentlich „hellblau-gold“.

Auf meinem iPad Pro hingegen (zur Stunde noch nicht im Schlaf- bzw. Blauanteil-herausfilter-Modus; aber das ändert ulkigerweise gar nicht viel am Ergebnis…) sieht das Kleid eindeutig blau-schwarz aus. (Blaue Grundfarbe, schwarze Streifen…) Hier mal ein Foto, aufgenommen mit meinem iPhone – und das bringt zur weiteren Erheiterung noch wieder einen gewaltigen Gelbstich (jedenfalls im oberen Teil des Bildes, wo die fossile Glühbirne an meiner Zimmerdecke hineinstrahlt…) mit ins Spiel; aber den Unterschied sieht man trotzdem noch (vermute ich mal, wobei ich natürlich nicht weiß, mit welchem Gerät Sie diesen Artikel jetzt lesen 🙂  )

 

Ich schätze mal, 95% der ganzen #dressgate-Diskussion, die sich ja aufgrund einer Online-Rezeption des Fotos online abgespielt hat, geht auf das Konto Bildschirm-Kalibrierung. Den Forschern im zitierten Artikel ist das Problem grundsätzlich klar:

First, our data were logged online, which is inherently problematic; we do not know what screens or screen settings our participants used when they viewed the dress stimulus originally. However, this lack of controlled viewing conditions might be less troubling than usual in this particular case for several reasons. First, we tried to account for the divergent phenomenological experience of our participants when first encountering the dress—whatever the viewing conditions. This divergence is the key issue at hand that made this phenomenon interesting; it neither relies on nor is created by particular viewing conditions. Second, the fact that it is possible to find consistent and statistically reliable responses highlights the robustness of these effects; they do not rely on carefully controlled viewing conditions unlike so many effects in vision science that do. Indeed, Chetverikov and Ivanchei (2016) show that the percept of an individual is rather stable with no statistically reliable effect of image size or device type. Third, we conceptually replicate other findings by authors who did aim to control viewing conditions, e.g., Chebichevski and Ivanchei, so we are somewhat confident that the novel findings we report are also not artifactual.

Ich bin angesichts des Erscheinungsdatums jetzt nicht so sicher, ob die aktuelle Studie mit den Lerchen und Eulen ganz erst gemeint ist – auf jeden Fall: alle Bewertungen des Fotos „online“, also aufgrund individuell kalibrierter (oder eben nicht kalibrierter…) Bildschirme (auf Desktops, Handys oder Tablets…) kann man definitiv in der Pfeife rauchen oder ins Klo spülen oder in die Tonne kloppen. 🙂 Das Foto hier ist eindeutig blau-schwarz/gold – oder haben Sie etwa Tomaten auf den Augen (oder einen anders kalibrierten Monitor) ???

Die im SPON-Artikel verlinkten Erdbeer-Fotos sind allerdings nett; klarer Fall, der Background-Farbwert (und unsere normale Farberwartung…) spielt eine entscheidende Rolle…

Bahnhofsbox: Lebensmittel, Pakete und Wäsche in Schließfach abholen

Wir alle sind pausenlos unterwegs, permanent gestresst und unter Zeitdruck – eigentlich ist schon fast ein Wunder, dass wir nicht schon völlig verlottert und verhungert den Kampf mit dem Alltag verloren haben. Aber ok – immerhin können wir ja mittlerweile praktisch alles im Internet kaufen und uns sehr schnell bringen lassen. Klamotten, Klopapier oder Kaviar. Das einzige Problem – wohin soll die Lieferung gehen? Zuhause sind wir erst spät abends wieder. Zum Arbeitsplatz geht es schlecht, in der Uni gar nicht. Ab jetzt gibt’s eine neue Lösung: Zum Bahnhof, in die Bahnhofsbox.

Das Konzept ist natürlich ganz ähnlich zu den Paketboxen der Post – auch hier geht es um eine alternative Zustellmöglichkeit für alle, die tagsüber nicht zuhause sind. Die Bahnhofsbox zielt aber offenbar ganz stark auf spontane Bestellungen und Lieferungen, die wirklich in allerkürzester Zeit abgewickelt werden. Wo es also nicht um einen Tag, sondern um ein paar Stunden geht – und besonders im Fokus stehen da Lebensmittel. Beim Projektstart in Stuttgart ist Edeka der Partner – die Preise sollen weitgehend normal sein, und tatsächlich sind dann auch für Waren mit Kühlungsbedarf entsprechende Liefer- bzw. Abholboxen vorhanden – die Frischhaltekette wird garantiert.

 

Copyright: Deutsche Bahn AG / Stefanie Elsner

Bleiben noch ein paar Fragen, die ein Sprecher der Bahn freundlicherweise beantwortet hat:

Was ist die konkrete Motivation für die Bahn, also im Klartext: Gibt es auch eine finanzielle Kompensation ggf. in der Vertragsgestaltung mit dem Geschäftspartner Edeka?
Unser primäres Ziel ist, unseren Kunden mit der Bahnhofsbox einen neuen attraktiven Service anzubieten und damit den Aufenthalt auf den Bahnhöfen insbesondere für Pendler aufzuwerten. Diesen Service werden wir mit den Pilotprojekten in Stuttgart und Berlin testen – vorerst mit dem Partner EDEKA. Erst mit den resultierenden Erkenntnissen zur Marktakzeptanz werden wir Themen wie die Vertragsgestaltung mit Partnern für die Bahnhofsbox finalisieren.

Damit zusammenhängend – sind eigentlich irgendwelche Gebühren vorgesehen für die Szenarien, die unabhängig von der Lebensmittellieferung angedacht bzw. vorgestellt wurden – bei denen es ja noch nicht einmal zwangsläufig ein Geschäftsinteresse oder einen Umsatz geben würde (Schlüssel abholen etc.)?

Wir sind aktuell mit einer Vielzahl potenzieller Partner im Gespräch und entwickeln die jeweiligen Nutzungsmöglichkeiten. Diese sind sehr unterschiedlich. Allerdings haben die Partner in allen Fällen insbesondere deshalb ein Interesse an der Nutzung der Bahnhofsbox, da sich für den Dienstleister oder Händler dadurch einerseits eine Serviceaufwertung für den Kunden und andererseits ein optimierter weil gebündelter Lieferprozess ergibt. Insofern erfolgt die Erhebung einer angemessenen Transaktionsgebühr für die Nutzung der Bahnhofsbox in den bisherigen Gesprächen mit potenziellen Partnern im gegenseitigen Konsens.

Wäre es auch denkbar, in der Box Pakete zur Abholung durch Post und andere Paketdienste zu hinterlegen (z.B. Rücksendungen)?

Prinzipiell sind wir für alle Anwendungsfälle offen, die unseren Kunden das Leben vereinfachen. Im Rahmen der Pilotprojekte wird das Kundenverhalten und die Marktakzeptanz der Bahnhofsbox getestet – vorerst mit dem Partner EDEKA. Sind diese erfolgreich, werden weitere Bahnhofsboxen an ausgewählten Standorten in Deutschland installiert. Das Potenzial ist groß, denn das Konzept kann grundsätzlich an 5.400 Bahnhöfen in Deutschland umgesetzt werden. Auch weitere Nutzungsformen wie die Übergabe von gereinigter Wäsche, von Autoschlüsseln durch Mietwagenfirmen oder die Hinterlegung von online bestellten Paketen sind geplant.

Ganz klar – die Idee, obwohl nicht vollkommen neu, hat Potential: Naheliegenderweise eben für alle Bahnpendler, und das sind ja nicht so ganz wenige… Die Anlieferung an die Bahnhofsbox soll laut Bahn auch ökologische Vorteile bringen – nämlich überflüssige Wegstrecken bei Kunden und Lieferanten (etwa durch Fehlfahrten und Mehrfach-Zustellung…) vermeiden.

Bahnhofsbox: Lebensmittel, Pakete und Wäsche in Schließfach abholen · DRadio Wissen

DRadioWissen – Hielscher oder Haase vom 31.03.2017 (Moderation: Till Haase)

Wissenschaftler erstellen Liste mit empfehlenswerten Gesundheits-Infoseiten

„Ich habe mich schon mal im Internet schlau gemacht“ – wer mit diesen Worten bei einem Arztbesuch in einer Praxis das Gespräch beginnt, wird wohl bei Frau oder Herrn Doktor reichlich gemischte Gefühle auslösen. Einerseits – es spricht natürlich nichts gegen mündige Patienten, die sich informieren. Andererseits – aus Netzquellen kann man sich als Laie schon eine ganze Menge zusammenreimen und fehlinterpretieren. Und viele Seiten sind schlicht Humbug und postulieren veraltete, esoterische oder – sagen wir es mal zeitgemäß – „alternative Fakten“. Jetzt haben amerikanische Wissenschaftler in einer Großaktion gesichtet, welche Gesundheits-Infoseiten im Netz „nachweisbar“ empfehlenswert sind.

Die geringe Zahl von 44 Webseiten/Webportalen im Empfehlungs-Pdf mag überraschen – aber dennoch steckt hinter dieser Auswahl ein immenser Aufwand. Die Meta-Meta-Studie beruht nämlich letztlich auf 1733 Einzelstudien – und die als „the best of the best“ herausdestillierten Selbsthilfe-Seiten umfassen ein breites Spektrum. Bei sehr akuten oder lebensbedrohlichen Szenarien wie Krebs bleibt trotz aller Web-Infos nur ein Rat – sofort zum Arzt oder in die Klinik gehen. Dass die „Halbgötter/-göttinnen in Weiß“ tatsächlich auf dem neuesten Stand der Forschung sind, ist übrigens auch noch nicht garantiert. Ein bisschen vorab informieren schadet also nicht. Aber auf den richtigen Seiten, bitte.

DRadio Wissen · Medizin-Websites: Das bessere Dr. Google

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 30.03.2017 (Moderation: Till Haase)

Social-Media-User achten stärker darauf, wer eine Story geteilt hat, als von wem sie stammt

Ihr bzw. wir Qualitätsmedien; wir müssen jetzt einmal ganz stark sein: Unseren guten Ruf, unseren Markenkern und unsere Credibility – die können wir uns sonstwo reinstecken. Jedenfalls, wenn unsere Rezipienten uns per Internet, per Social Media-Timeline rezipieren. Und das machen sie ja verdammt noch mal überwiegend. Sagen alle Marktforscher, Gurus und Evangelisten. Ein paar Fernseh- und Radio-Zuhör-Mohikaner gibt’s ja auch noch, sonst bräuchten wir schließlich kein Radio mehr zu machen 🙂 …

Die aktuelle Studie vom American Press Institute, beteiligt war auch die Nachrichtenagentur AP, ist für Medien-Akteure jedenfalls ziemlich niederschmetternd: Ob eine News von AP kommt oder angeblich von der (in Wahrheit gar nicht existierenden…) Website „DailyNewsReview.com“, das ist den Menschen ziemlich schnurzpiepegal. Gar nicht egal ist ihnen hingegen, wer die News denn „geteilt“ und damit in ihre Timeline gespült hat. Wenn das eine ihnen sympathische und vertrauenswürdige Person war, dann finden sie die Message vertrauenswürdig, glaubhaft und interessant, dann „sharen“, dann verteilen sie die gern weiter. Fakenews? Egal.

Und wenn die Nachricht von einem Unsympathen kommt, dann fällt sie tendenziell durch – egal, was da als Originalquelle steht. Wobei andererseits – und das nimmt vielleicht auch wieder den Marktforschern, Gurus und Evangelisten den Wind aus den aufgeplusterten Segeln: Die Leute glauben eh nur teilweise oder gar nicht, was sie in Social Media und Medien lesen; und trotzdem verbreiten sie selbst zu 20% auch nicht geglaubte und von unsympathischen bzw. unglaubwürdigen Sharern stammende News wieder weiter.

So ein Mausklick geht halt sehr schnell und unkompliziert und ist mittlerweile eher ein Reflex als eine reflektierte Aktion. Artikel wirklich lesen oder Radiobeiträge wirklich hören tun dagegen die wenigsten. Ist grausam. Aber wahr. 🙁

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 24.03.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

Cyber-Ganove zockt 100 Millionen Dollar mit dem „Chef-Trick“ ab

Im Netz sind jede Menge Gauner unterwegs, die auf schnelle und leichte Kohle aus sind – da sprechen wir ja schon öfter drüber. Manche klinken sich beim Onlinebanking ein, manche lassen sich Ware mit gehackten Kreditkartendaten schicken, manche verschlüsseln Festplatten und erpressen einen dann. Alles sehr ärgerlich, aber vom finanziellen Schaden her meist noch so im drei, vier oder fünfstelligen Bereich. Es geht aber auch richtig groß, richtig episch. Sagen wir mal 100 Millionen Dollar. So etwas oberhalb dieser Summe hat nämlich ein Betrüger aus Litauen abgezockt, und zwar mit der sogenannten „Chef-Masche“.

Die „Chef-Masche“ ist eine spezielle Kombination von Phishing-Mails und Social Engineering: Beim Phishing soll ja der Mailempfänger zu einer Aktion verleitet werden; im simpelsten Fall, auf einen Link zu klicken oder ein Dokument zu öffnen. Beim Chef-Trick soll der Empfänger – typischerweise jetzt ein Angestellter/eine Angestellte im Rechnungswesen bei einer Firma – dazu verleitet werden, eine Rechnung zu begleichen und Kohle zu überweisen.

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Und das funktioniert vielleicht sogar eher bei jungen, hippen Unternehmen, bei denen es insgesamt etwas formloser und flapsiger zugeht. Die Polizei geht angesichts des erheblichen Peinlichkeitsfaktors bzw. Reputationsschadens von einer signifikanten Dunkelziffer aus – manchmal lässt sich aber auch der Canossa-Gang an die Öffentlichkeit nicht vermeiden.

Ein insgesamt „nettes“ Geschäftsmodell – bei dem natürlich analog zu den recht reizvollen Abzock-Möglichkeiten auch recht amtliche Strafen und Gefängnisaufenthalte im Spiel sind. Das Ganze ist halt eine ganz nüchterne Kosten-Nutzen-Abwägung: No risk, no fun.

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 23.03.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

Tracking: Keine Selfies mehr mit Emma Watson

Emma Watson, die Hermine aus der Harry-Potter-Filmserie, ist mittlerweile 26 Jahre alt. Den Übergang vom Kinderstar in die Riege der erwachsenen Top-Filmschauspielerinnen hat sie locker geschafft, demnächst können wir sie in „Beauty and the Beast“ sehen. Wenn man Interviews mit ihr liest, wird klar – sie ist eine umgängliche Frau ohne große Starallüren, die aber auch sehr klar entscheidet, was sie der Öffentlichkeit preisgibt und was nicht. Im Gespräch mit dem Magazin „Vanity Fair“ hat sie jetzt verkündet, sie wolle sich in Zukunft nicht mehr einfach so überall von Fans ablichten lassen – weil nämlich nach dem Hochladen der Fotos ins Netz sofort ihr Aufenthaltsort auf 10 Meter genau bekannt sei – und das eben praktisch Tag für Tag rund um die Uhr. Emma Watson will nicht mehr dauer-getracked werden.

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Die Besorgnis ist natürlich absolut nachvollziehbar. In den Standardeinstellungen werden zu jedem Schnappschuss von Smartphone oder Kamera Uhrzeit und Geolocation-Daten mit abgespeichert, in den Standardeinstellungen bleiben die auch beim Hochladen in Social Networks erhalten oder da kommen sogar noch mal solche Daten im Moment des Postens dazu. Das ist also genau wie Emma Watson sagt: innerhalb von zwei Sekunden nach dem Knipsen weiß die ganze Welt, wo exakt sie gerade ist. Bei Stars wird man hier möglicherweise noch denken – ok, das ist jetzt im Rahmen der Prominenz und der damit verbundenen geldwerten Vorteile 🙂 eingepreist.

Im Grunde betrifft das Problem „knipsen und hochladen“ (mit Metadaten, aber ohne Einverständniseinholung…) aber jeden von uns. Wahrscheinlich leben wir schon in einer faktischen Post-Privacy. So richtig toll ist das aber nach wie vor nicht. Wer da ab und zu reingrätscht – auch mal happig kostenpflichtig – hat meinen Segen. Auch wenn das den Trend letztendlich nicht wirklich aufhält 🙂 …

DRadio Wissen · Tracking: Keine Selfies mehr mit Emma Watson

DRadio Wissen – Redaktionskonferenz vom 01.03.2017 (Moderation: Sonja Meschkat)

Hacker-Angriff auf „Freedom Hosting II“ legt viele Darknet-Dienste lahm

Zum letzten Mal war es ja beim Amoklauf in München im Juli ganz groß in den Medien – das Darknet oder Dark Web; jener obskure Teil des Internets also, in dem man Waffen, Drogen und Kinderpornografie kaufen kann. Oder jener Teil, in dem es noch vertrauliche Kommunikation jenseits des Mainstreams, sprich „Freiheit“ gibt – so sehen es jedenfalls manche Leute, auch jenseits des Mainstreams. „Freedom Hosting II“ nannte sich jedenfalls ein Serveranbieter im Dark Web, bei dem man sogenannte „Hidden Services“ betreiben konnte. Nun ist es aus mit dem Freiheits-Hosting, der Dienst ist gehackt worden und offline. Und angeblich sind damit gleich ein Fünftel aller Tor-Dark-Web-Angebote ebenfalls offline und nicht mehr erreichbar.

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Über die Zahlen kann man bestimmt diskutieren, aber auch über die Einschätzung. Ist durch die Selbstjustiz-Aktion eines Hackers „ein großer Teil der Vielfalt“ im Dark Web flöten gegangen – private und politische Blogs und Foren z.B.? Oder mussten erfreulicherweise ein paar Bot-Mutterschiffe ins Gras beißen? Oder müssen Drogen-, Waffen- und Kinderpornografiehändler und -kunden eine neue Infrastruktur aufbauen; vorausgesetzt, es klingelt nicht demnächst einmal sehr früh morgens an der Tür 🙂 …

Es hat halt doch noch so seine Haken und Ösen, das dunkle, kleine Alternativ-Web.

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 06.02.2017 (Moderation: Diane Hielscher)

Google muss auf Servern im Ausland gespeicherte Emails an FBI herausgeben

Vor Gericht ist es bekanntlich wie auf hoher See; die nächste Monsterwelle oder Richterlaune fegt einen unverhofft in den Orkus bzw. Malstrom – auch wenn man Microsoft oder Google heißt. Andererseits ist das Spannungsfeld zwischen territorial verankerten nationalen Behördenrechten und weltweit herumvagabundierenden digitalen Daten auch extrem unübersichtlich bzw. eben interpretationsfähig. Viele einschlägige Gesetze, die das Verhältnis von legitimen Instrumenten im Dienste der Strafverfolgung gegenüber essentiellen Bürgerrechten definieren und ausloten, stammen noch aus dem analogen anno dazumal.

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Und passen irgendwie nicht mehr so recht, oder können halt nur mit intellektuellen Verrenkungen passend gemacht werden – je nach juristischer Haarspalterei oder auch je nach politischer Agenda. Letztlich dürften sowohl der Fall Microsoft als auch der Fall Google vor dem US-Supreme Court landen – und der dürfte wiederum nach der Richter-Neubesetzung durch den neuen US-Präsidenten tendenziell einen Schwenk in Richtung des Mottos „Sicherheit geht vor Bürgerrechten“ von Donald Trump machen. Vielleicht muss die Elefantenrunde der IT samt ihren Unternehmen ja irgendwann in Europa um Asyl bitten 🙂 .

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 06.02.2017 (Moderation: Diane Hielscher)