Journalist erklärt Farbverwirrung mit Bildschirm-Kalibrierung

Ich habe ja schon damals die Original-Aufregung um das weiß-goldene bzw. blau-schwarze Kleid (#dressgate) nicht so recht nachvollziehen können. Wahrscheinlich hatte ich aber an den entsprechenden Tagen keinen Netzreporter-Dienst, sonst hätte ich das Thema ja sicher behandelt, obwohl es nicht so recht radiophon ist 🙂 …

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(Das Kleid der Herzogin von Cambridge ist eindeutig blau…)

Jetzt haben Forscher die “Farbverwirrung mit Schlafvorlieben” erklärt, so lese ich bei meinen geschätzten Kollegen von Spiegel Online. Zuerst habe ich den Artikel auf meinem Desktop und dem angeschlossenen Samsung-Bildschirm zur Kenntnis genommen – und da sehe ich das Kleid in Hellblau (was man noch als Ergebnis eines Farbstiches mit sehr viel Fantasie in “Weiß” uminterpretieren könnte…), und die Streifen in Gold.  Aber ganz ehrlich: Ich falle da schon in die Minderheitsgruppe und sage eigentlich “hellblau-gold”.

Auf meinem iPad Pro hingegen (zur Stunde noch nicht im Schlaf- bzw. Blauanteil-herausfilter-Modus; aber das ändert ulkigerweise gar nicht viel am Ergebnis…) sieht das Kleid eindeutig blau-schwarz aus. (Blaue Grundfarbe, schwarze Streifen…) Hier mal ein Foto, aufgenommen mit meinem iPhone – und das bringt zur weiteren Erheiterung noch wieder einen gewaltigen Gelbstich (jedenfalls im oberen Teil des Bildes, wo die fossile Glühbirne an meiner Zimmerdecke hineinstrahlt…) mit ins Spiel; aber den Unterschied sieht man trotzdem noch (vermute ich mal, wobei ich natürlich nicht weiß, mit welchem Gerät Sie diesen Artikel jetzt lesen 🙂  )

 

Ich schätze mal, 95% der ganzen #dressgate-Diskussion, die sich ja aufgrund einer Online-Rezeption des Fotos online abgespielt hat, geht auf das Konto Bildschirm-Kalibrierung. Den Forschern im zitierten Artikel ist das Problem grundsätzlich klar:

First, our data were logged online, which is inherently problematic; we do not know what screens or screen settings our participants used when they viewed the dress stimulus originally. However, this lack of controlled viewing conditions might be less troubling than usual in this particular case for several reasons. First, we tried to account for the divergent phenomenological experience of our participants when first encountering the dress—whatever the viewing conditions. This divergence is the key issue at hand that made this phenomenon interesting; it neither relies on nor is created by particular viewing conditions. Second, the fact that it is possible to find consistent and statistically reliable responses highlights the robustness of these effects; they do not rely on carefully controlled viewing conditions unlike so many effects in vision science that do. Indeed, Chetverikov and Ivanchei (2016) show that the percept of an individual is rather stable with no statistically reliable effect of image size or device type. Third, we conceptually replicate other findings by authors who did aim to control viewing conditions, e.g., Chebichevski and Ivanchei, so we are somewhat confident that the novel findings we report are also not artifactual.

Ich bin angesichts des Erscheinungsdatums jetzt nicht so sicher, ob die aktuelle Studie mit den Lerchen und Eulen ganz erst gemeint ist – auf jeden Fall: alle Bewertungen des Fotos “online”, also aufgrund individuell kalibrierter (oder eben nicht kalibrierter…) Bildschirme (auf Desktops, Handys oder Tablets…) kann man definitiv in der Pfeife rauchen oder ins Klo spülen oder in die Tonne kloppen. 🙂 Das Foto hier ist eindeutig blau-schwarz/gold – oder haben Sie etwa Tomaten auf den Augen (oder einen anders kalibrierten Monitor) ???

Die im SPON-Artikel verlinkten Erdbeer-Fotos sind allerdings nett; klarer Fall, der Background-Farbwert (und unsere normale Farberwartung…) spielt eine entscheidende Rolle…

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