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Blankziehen für Wohnung oder Job: „Score Assured“, der Bonitätscheck für Schmerzfreie

Eine kleine Chance gibt es ja noch – die Website von „Score Assured“ ist noch recht leer, der Twitteraccount noch sehr frisch – und vielleicht meldet sich dann irgendwann demnächst das Institut für Soziologie an der XYZ-Universität und sagt „April, April – das war nur ein Test, wie weit Leute wirklich gehen für einen Job oder eine Wohnung.“ Oder es war nur ein Medienversuch, was die Presse so alles für möglich hält. Das Problem ist nur – der Gag, wenn es denn einer wäre, wäre schon nicht mehr richtig gut. Weil die Leute mittlerweile so weit gehen. Und die Presse das natürlich auch berechtigterweise glauben darf.

Vielleicht stampft „Score Assured“-Gründer das Startup auch (erstmal…) wieder ein, weil die erste Resonanz nach dem Artikel in der Washington Post jetzt nicht so richtig ein Jubelchor, sondern eher ein Buh-Geschrei war. Aber noch viel wahrscheinlicher kommen die Produkte „Tenant Assure“ und „Recruit Assure“ genau so wie geplant auf den Markt. Ok, in Deutschland ging das nicht so richtig konform mit Datenschutzbestimmungen – schließlich lassen Bonitäts-Blankzieher ja nicht nur „freiwillig“ die eigenen Social-Media-Hosen runter, sondern ungefragt auch die ihrer Freunde und Kommunikationspartner.

Aber in Deutschland gibt es ja auch ein leidlich funktionierendes System von Rating-Firmen – die haben zwar keinen übermäßig guten Ruf, sind aber natürlich letztlich auch im Interesse der „ehrlichen“ Kunden, die unkompliziert einen Kredit, Handyvertrag oder eine Wohnung bekommen wollen. Ob das Rating per „Score Assured“ übrigens wirklich funktioniert, ist ja noch die Frage – schon 2012 beim missglückten Gedankenspiel der Schufa mit einer Facebook-Auswertung kamen ja sofort alle darauf, ihren Social Media-Account halt notfalls etwas aufzuhübschen. Was ja eigentlich eh das Grundprinzip ist bei der Selbstdarstellung im Netz. 🙂

Runter mit der Social-Media-Hose · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 13.06.2016 (Moderation: Till Haase)

Family-Tarif beim Streamen – Dumping auf Kosten der Musiker?

Es gibt schon Super-Schlaumeier mit super „Dealz“-Ideen. Wie wäre es hiermit: Einen philippinischen Spotify-Account anlegen, dort den Family-Tarif wählen. Kostet – den ortüblichen Einkommens- und Lebensverhältnissen angepasst – 194 Pesos. Umgerechnet 3,72 Euro. Bezahlt wird per extra eingerichtetem philippinischen Paypal-Konto. Dann das ganze hier mit fünf anderen Schlaumeiern sharen; mit einer gefakten Adresse, die man sich aus Google Maps holt. Macht monatlich 62 Cent pro Nase fürs Musikhören bis zum Abwinken – oder, wenn der Leit-Schlaumeier seinen Aufwand bezahlt haben will oder gar etwas am „Deal“ verdienen; vielleicht einen Euro.

Mit Fairness hat so ein Abo natürlich nicht mehr allzuviel zu tun, das ist vielmehr wegen des viel breiteren Katalogs und der Bequemlichkeit einfach besser als nur Klauen („Raubkopieren“ 🙂 ). Aber letztlich ist der Gedanke „die Musik ist mir etwas wert“ auch nur eines der vielen Motive beim Geschäftsmodell Streaming. Das Ganze ist eine labile Balance zwischen den Interessen der Produzenten, Zwischenhändler und Konsumenten – und jeder Player spielt nach eigenen Regeln. Und die werden wiederum zuweilen von anderen vorgegeben. Ob z.B. Spotify (und auch Netflix…) wirklich bewusst und aus freien Stücken auf Dumping setzt, wie Moritz Stückler bei t3n beklagt, das ist noch die Frage.

Denn – auch das erwähnt Stückler ja – die Preisvorgabe kommt von Apple, mit komfortablem Cash-Speck zur Querfinanzierung im Rücken. Da bleibt Spotify schlicht nichts anderes übrig, als nachzuziehen. Die Kundschaft ist höchst preissensibel, das Produkt sehr ähnlich und austauschbar. Und die mangelnde Kontrolle der Schlaumeier-Familys? Ist wahrscheinlich eine ganz schlichte Abwägung des Kosten-Nutzen-Aufwandes. Wenn jetzt die ganze Welt auf die Philippinen abwandert, dann gibt’s wahrscheinlich bald eine Kontrolle der IP-Nummer. Aber bei ein paar tausend Leuten mit aufwendiger Recherche, mit Sperre und anschließender Korrespondenz nachzuhaken, immer in der Gefahr, auch normale Kunden zu nerven oder fälschlich zu verdächtigen – das wäre nicht sehr attraktiv für Spotify. Die Schlaumeier sind halt eingepreist in der Gesamtkalkulation. Und ob die fair ist, das ist ja noch die offene andere Frage.

Aber die grundsätzliche Diagnose bei t3n stimmt natürlich – vor lauter Geiz kann man ein Produkt vor die Hunde gehen lassen. So wie das deutsche Schweinekotelett oder den Wasser- und Antibiotika-aufgepimpten Pangasius. Wem’s halt schmeckt 🙂 …

Dumpingpreis auf Kosten der Musiker? · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 30.5.2016 (Moderation: Till Haase)

The DAO: Venture-Crowdfunding mit Attitüde

So eine normale Firma ist ja eine ziemlich autoritäre Angelegenheit – da hat ein Vorstand das Sagen, meist handelt es sich um einen Mann oder ein paar Männer, und die werden für das „Sagen-wo’s-langgeht“ recht anständig bis recht unanständig (gut…) bezahlt. Wenn der Laden läuft (tatsächlich oder vermeintlich…), dann gibt’s noch mehr Geld („Bonus“), aber auch die Aktionäre und Kunden freuen sich. Wenn die Geschäfte oder Produkte floppen, dann bekommt der Vorstand den Laufpass (meist aber mit üppiger Abfindung…), die Aktionäre und Kunden sind sauer, im schlimmsten Fall geht die Firma Pleite.

Aber warum muss eigentlich alles in die Hand eines Einzelnen oder eines kleinen Führungsteams liegen? Jetzt gibt es – im Netz, wo sonst – einen radikalen Gegenentwurf: „The DAO“. Die Abkürzung steht für „Dezentrale autonome Organisation“. Und was darunter konkret zu verstehen ist, das kann man noch mit jeder Menge Phantasie füllen: Das Wirtschaftssystem der Zukunft, die Transformation des Kapitalismus? Eine Nerd-Venturekapitalfirma? Auf jeden Fall jetzt schon das bislang erfolgreichste Crowdfundingprojekt der Geschichte. Das gerade einmal dabei ist, sich erste Strukturen zu verschaffen.

Wie sich „The DAO“ schlägt, wenn sie aus ihrer dezentralen autonomen Virtualität heraus erst einmal intensiven Kontakt mit der lokalen und von althergebrachten Schwächen, Vorschriften und Begierden geprägten realen Welt aufgenommen hat, das ist noch die Frage. Die Willensbildung durch Crowd und Algorithmen ist ja auch erfahrungsgemäß in der Praxis auch nicht so einfach wie in der Theorie („Liquid Democracy“). Und ob eine dezentrale, autonome Gruppe überhaupt (dazu noch per Geldbeutel…) per se bessere Entscheidungen trifft als ein einsamer Leithammel, das wurde auch noch nicht empirisch nachgewiesen. Aber vielleicht ist ja bei „The DAO“ auch einfach (ein Stück weit…) schon der Weg das Ziel.

The Dao: Crowdfunding-Projekt zum Mitbestimmen · DRadio Wissen

(DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.05.2016 (Moderation: Thilo Jahn)

AdBlock Plus und Flattr: Werbeblocker will Geld sammeln

Im Web hängt der Haussegen schief. Eigentlich schon ziemlich lange, aber inzwischen eskaliert die Sache. Einerseits sind nämlich mittlerweile sehr, sehr viele User mit einem Adblocker unterwegs. (Ich übrigens schon immer…) Und anderseits gibt es immer mehr Webseiten, die sagen: Liebe Leute, dann kommt ihr eben nicht mehr rein bei uns. Wir leben von der Werbung. Die bauen also einen Adblocker-Blocker ein. Und bitten dann „recht höflich“, ihre Seite auf die Whitelist zu setzen, zu entblocken. Oder alternativ etwas Geld springen zu lassen, für einen werbefreien Zugang hinter der Paywall.

Gegen beides gibt es natürlich aus Usersicht gute Gegenargumente: Abgesehen vom Nerv-Faktor erweist sich Werbung immer häufiger als Malware-Schleuder. Und bezahlen will man vielleicht für ein paar Lieblingsseiten. Aber garantiert nicht für alle, auf denen man mal sporadisch ein, zwei Artikel liest. Genau wie bei den guten alten gedruckten Zeitungen und Magazinen: Das eigene Budget für Information oder Unterhaltung ist halt auch begrenzt.

Gestern auf der Netzkonferenz re:publica gab es nun einen Vorschlag, der das Problem lösen könnte. Er kommt – ausgerechnet – vom führenden Adblock-Hersteller Eyeo, der ja bislang ein etwas sportliches Geschäftsmodell betreibt: Gegen einen kleinen Obolus können sich Werbetreibende auf die Whitelist „akzeptabler“ Anzeigen setzen lassen. Das ist für manche schlicht Wegelagerei oder Schutzgelderpressung – andererseits installiert sich halt der User den Blocker und entscheidet auch ganz allein, was letzlich bei ihm durchkommt und was nicht. Bislang sind alle Klagen gegen Eyeo vor Gericht gescheitert. Aber wahrscheinlich würde die Firma  wohl auch lieber in Frieden ihr Geld verdienen. 🙂

Das neue Konzept ist also ein Angebot, das Kriegsbeil zu begraben – und mit im Boot ist ein alter Bekannter: Flattr. Einst als Hoffnungsträger gestartet, krebst der Bezahldienst nun recht kläglich daher. Zum einen ist vielen Usern die Schwelle „Anmelden, Budget einrichten und jeweils Artikel flattern“ zu hoch, zum einen schreckt auch die Betreiber der Aufwand, überall auf Verdacht die Buttons einzurichten und sich anzumelden. Bei „FlattrPlus“ würde der Bezahlvorgang automatisch ablaufen – und zwar nur dann, wenn ein Artikel auch wirklich gelesen wird und nicht nur kurz angeschaut. Angesichts der Userzahl, die per AdblockPlus ins Spiel kommen könnte, wäre das Ganze gar nicht mal absurd, sondern eine doch recht amtliche Hausnummer.

Bleiben halt noch so diverse Bedenken: Zum einen müsste Eyeo bzw. Flattr völlig transparent darlegen, wie die Datensammlung und -übermittlung abläuft. Wer sich einen Adblocker (und wahrscheinlich auch noch NoScript und Tracking-Blocker…) installiert, will garantiert nicht sein komplettes Surfverhalten irgendwo abliefern, auch wenn der Betreiber wie immer hoch und heilig Datenschutz verspricht. Zweitens: Wie viele User sind bereit, wieviel Kohle abzudrücken? Da bin ich relativ zuversichtlich – die Streaming-Modelle zeigen ja auch: Die Bereitschaft zur Fairness hängt vom aufgerufenen Preis ab. Und drittens: Werden sich die Anbieter mit dem bisherigen Erzfeind zusammenraufen? Warum nicht – es geht ja schließlich nicht um hehre Dogmen. Sondern nur um Geld. 🙂

AdBlock Plus und Flattr: Werbeblocker will Geld sammeln · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 04.05.2016 (Moderation: Till Haase)

Panama Papers: Crowd-Recherche erwünscht, aber mit mauen Chancen…

Ich will nicht sagen, dass es völlig chancenlos ist, ein Jahr Recherchevorsprung von professionellen Journalisten aufholen zu wollen. Weil natürlich die Ressourcen von Profis auch wiederum sehr klar begrenzt sind: Wir arbeiten halt, von ein bisschen gelegentlicher Selbstausbeutung abgesehen, für Geld. Und welches Budget da für die Aufarbeitung der Panama Papers vorhanden war, kann man von außen nicht beurteilen. Aber wahrscheinlich haben sich die Kollegen die „interessanten“ Einträge im Mossack-Fonseca-Material schon ziemlich genau angeschaut.

Die Crowd im Netz könnte nun theoretisch noch einmal mit einer verteilten, aber um Größenordnungen höheren „Manpower“ ans Werk gehen. Die Einstiegshürden sind gering, der Datenbestand beim „International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) ist sortiert, verknüpft und grafisch aufbereitet. (Nachklapp: Dabei bleibt der Zugriff auf Namen, Adressen und deren Querverbindungen beschränkt – anders als ich das am Montag morgen zunächst angenommen hatte, betrifft auch die Downloadoption nur diese „Metadaten“ und nicht etwa die detaillierten Dokumente aus den „Kundenordnern“ selbst. Das soll auch so bleiben; laut Süddeutscher Zeitung wolle man nicht zum „verlängerten Arm der Staatsanwaltschaft“ werden.) Nur für sich allein genommen sind die geleakten Mossack-Fonseca-Einträge ja bestenfalls „interessant“, aber – so steht es auch immer auf der ICIJ-Website – noch kein Hinweis auf eine illegale Aktivität. Und ich wage zu bezweifeln, ob sich allzuviele dieser Einträge dann vielleicht in Kombination mit frei durchsuchbaren Web-Inhalten zu einem belastbaren Beweis für eine solche illegale Handlung ergänzen lassen.

Jedenfalls für Gelegenheits-Detektive dürften die Chancen eher schlecht stehen. Wer natürlich nach bestimmten Namen sucht und über diese Personen oder Firmen auch weitergehende Informationen aus anderen Quellen hat, für den ist die Recherche in der ICIJ-Datenbank möglicherweise doch lohnend. Vielleicht packt ja noch der eine oder andere Bankmitarbeiter, Buchhalter oder Steuerberater aus: Whistleblower sind auf der Website ausdrücklich willkommen. Eine Zielgruppe sitzt allerdings wahrscheinlich seit Montag früh mit leuchtenden Augen am Rechner: Die Finanzbeamten in aller Herren Länder. Könnte ja sein, dass der ganze Offshore-Zauber doch am Ende etwas mit Steuerhinterziehung zu tun hat 🙂 …

DRadio Wissen · Panama Papers: Der größte Leak der Geschichte

DRadio WIssen – Schaum oder Haase vom 04.04.2016 (Moderation: Till Haase)

G+J sieht Adblocker-Sperre als Erfolg, Wired.com blockt auch zurück

Das Netz in seiner ganzen Pracht und Schönheit; Webseiten, bei denen eben auch oben, links und rechts irgendwas großes Buntes prangt und blinkt; Fenster, die den Text verdecken und beim Scrollen mitwandern und den Text weiter verdecken und bei denen man den winzigen Knopf zum Wegklicken erst eine halbe Stunde lang suchen muss – dass alles sehe ich eigentlich nur, wenn ich bei der Arbeit im Sender sitze.

Weil ich zuhause natürlich nur mit AdBlocker und NoScript-Plugin unterwegs bin. Im Sender läuft auf den Rechnern paradoxerweise der Browser „pur“ – obwohl doch eigentlich kein Mitarbeiter auf irgendeine Werbung klicken dürfte. Und eigentlich auch nicht draufschauen, denn das vergeudet ja Aufmerksamkeit und Arbeitsleistung für außerdienstliche Belange, da die Anzeigen zu 99% private Konsumenten ansprechen.

Dass das kommerzielle Netz auf dem Deal „Pseudo-Gratis-Zugang gegen Werbung bzw. Datenauswertung“ beruht, ist nun einmal etwas, womit alle Seiten leben müssen und ja ganz offenbar auch leben wollen – aber der Deal ist halt ein extrem heikler Balanceakt. Mit dazu gehört auch der Umgang mit den Deal-Verweigerern. Wenn eine Seite wie Geo.de Adblock-Nutzer aussperrt, als Alternative aber einen explizit bezahlten Zugang anbietet, dann ist das völlig in Ordnung. Und anscheinend auch eine wirtschaftlich vernünftige Entscheidung.

Wenn eine Seite wie Wired.com das jetzt auch so handhaben will, dann ist das ebenso in Ordnung, aber angesichts der technikaffinen Zielgruppe wesentlich riskanter. Kein Wunder, dass hier der alternative Wochen-Nutzungspass billiger ist als bei Geo.de – die durchschnittlichen Wired-User werden ihren Adblocker aus guten Gründen eben nicht so bereitwillig abschalten wie die Nutzer auf G&J-Seiten. Alles eine Preis- und Balancefrage.

Ich selbst bin natürlich bereit, für bestimmte Angebote zu zahlen, habe Zeitungen abonniert und teilweise deren digitale Ableger. Dafür gibt es ein bestimmtes Budget, sowohl monetär als auch von meiner Zeit und meinem Interesse her. Und dieses Budget kann nur umgeschichtet werden, aber nicht beliebig ausgeweitet. Wer als Anbieter dieses Budget ausloten und möglicherweise davon profitieren will, darf das gerne tun. Mit Appellen, Spendenaufrufen, Flattr- oder Blendle-Buttons. Von mir aus auch mit Adblock-Blockern.

Und dann gibt es da natürlich noch einen Player in dem heiklen Balance-Gefüge: Die Anbieter von AdBlockern. Dass ein offenbar sehr beliebtes Produkt, AdBlockPlus von der Kölner Firma Eyeo, eben auch wieder nicht zu einem bestimmten Preis verkauft, sondern auch pseudo-gratis und umwegfinanziert wird, ist ebenso skurril wie folgerichtig. Die Geschäftsidee von Eyeo, dass sich Firmen gegen Bezahlung auf eine Whitelist setzen lassen und dann mit ihren Anzeigen wieder zum Kunden durchdringen können, ist grenzwertig – aber laut einer Reihe von Gerichtsurteilen nicht illegal.

Angeblich hat Eyeo jetzt mit Big Playern der Werbebranche irgend einen Deal von epochalem Ausmaß ausgehandelt. Da bin ich sehr gespannt. Aber für den Software-Anbieter gilt das Kosten-Nutzen-Szenario und Geschäftsrisiko genauso wie für die Content-Anbieter. Wenn die Whitelist sich nicht mehr abschalten lässt, der Blocker also nicht mehr blockt, dann wechseln die User zu einem Konkurrenzprodukt. Oder meinetwegen auch zu einer Bezahlversion. Kann man alles gerne mal ausloten.

G+J zwingt User Adblocker abzuschalten · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 10.02.2016 (Moderation: Till Haase)

Kein Geld von Google für das Entschlüsseln von Captchas

Was wäre eigentlich die faire Bezahlung für das Lösen von Captchas? Zumindest was „der Markt“ dafür zu zahlen bereit ist, kann man ziemlich genau feststellen: Bei Crowdworking-Plattformen wie Amazons Mechanical Turk oder anderen Betreibern wird ja genau diese Arbeit regelmäßig als Job ausgeschrieben; meist übrigens zu zweifelhaften Zwecken.

Reich werden kann man damit nicht, aber Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist. Und wenn eine Riesencrowd im Netz Tag für Tag die Arbeit kostenlos erledigt, dann kommt in der Summe schon wieder ein nennenswerter Betrag heraus. Und um den betrügt Google die User, die reCaptchas lösen, argumentiert eine Klägerin in den USA. Denn der milliardenschwere Konzern profitiert letztlich natürlich davon, dass seine Dienste Google Books und Google Maps mithilfe der menschlichen Captcha-Erkennungshilfe immer zuverlässiger werden.

Kein Betrug, sondern ein faires Kompensationsgeschäft für die  kostenlose Nutzung der entsprechenden Dienste, wies eine kalifornische Richterin die Klage zurück. Wobei die Klageseite ja noch einmal nachhaken könnte – selbstverständlich sind die Angebote von Google, Facebook und Konsorten nicht wirklich gratis, sondern werden mit den Nutzerdaten bzw. deren Werbevermarktung bezahlt.

Hier allerdings zu sagen, was denn der faire Preis für das „Gesamtpaket“ sein könnte, ist schon weit schwieriger. Paradoxerweise würden viele Menschen „eigentlich“ für einen zuverlässigen, datenschutzkonformen Dienst ohne Belästigung durch Anzeigen einen vielfach höheren Betrag zahlen, als die Betreiber momentan bei der Werbefinanzierung kalkulieren. „Eigentlich“ – aber nicht in der Realität.

Kein Geld für das Entschlüsseln von Captchas · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 09.02.2016 (Moderation: Till Haase)

Project Natick: Microsoft will Datencenter im Meer versenken

Eine interessante Untersuchung steht ja immer noch aus – in welchem Maße eigentlich die Supercomputer- und Cloudberechnungen von Klimaforschern dazu beitragen, das Klima zu erwärmen. Aber ok; wahrscheinlich sind sogar die Milliarden Katzenbilder und Dummschwätz-Statusmeldungen der Social-Media-User in ihrer Masse doch noch schlimmer. Fest steht nämlich: Die ganzen Rechen- und Datencenter – und mit dem „Internet der Dinge“ werden ja noch etliche dazu kommen – machen jede Menge warme Luft.

Logisch, dass Facebook, Microsoft, ECC und Amazon ihre Neubauten mit Vorliebe in kalten Gegenden wie Nordschweden oder Finnland postieren, das senkt die Kosten und verringert ökologisch gesehen wenigstens den zusätzlich negativen Effekt durch Kühlungsmaßnahmen – womöglich noch mit Kohlestrom und CO2-Produktion.

Auch bei der Kühlung durch Meerwasser, wie sie Microsoft jetzt ganz ernsthaft vorschlägt, löst sich die Wärmeenergie nicht in Wohlgefallen auf – aber zumindest falls die Stromversorgung der „versenkten Datencenter“ tatsächlich mit Turbinen oder Gezeiten-Kraftanlagen hinzubekommen ist (woran ich ja noch gelinde Zweifel habe…), ginge die energetische Bilanz so gut wie möglich auf.

Hinzu kommen noch die übrigen Argumente von „Project Natick“ – flexible und schnelle Bereitstellung und geringe Latenzen bei der Datenübertragung. Auch Schnüffler mit etwas exquisiterer technischer Ausstattung (U-Boote z.B.) werden sich mit dem Konzept anfreunden können: Warum ein Datencenter mühsam abhören, wenn man es auch komplett mitnehmen kann 🙂 ?

Project Natick: Server unter Wasser · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 01.02.2016 (Moderation: Till Haase)

Schlüsseldienst-Abzocke mit AdWords und GoogleMaps-Fakes

Wenn jemand bereit ist, für einen einzigen Userklick auf seine AdWords-Anzeige 30$ an Google abzudrücken, dann muss er erstens sehr sicher sein, dass dieser Klick höchstes Kaufinteresse signaliert. Und zweitens, er muss natürlich diese 30$ (plus „Fehlklick“-Kosten…) in seiner Gewinnkalkulation refinanzieren können.

Das geht entweder mit einem sehr hochwertigen Produkt oder einer sehr hochwertigen Dienstleistung – oder mit Abzocke.

Schlüsseldienste sind dabei anscheinend immer noch ganz oben auf der Liste der üblichen Verdächtigen, daran hat sich seit dem AAAAAAAAA-Eintrag im guten alten analogen Telefonbuch offenbar nicht viel geändert.

Neu ist aber, dass der schnelle Griff zum Smartphone den Ganoven das Handwerk noch erleichtert – und dass eine gefakete GoogleMaps-Ortsmarke viel einfacher und überzeugender ist als ein gefälschter Eintrag im Branchenverzeichnis.

Bei amerikanischen Verbrauchern ist die „Epidemie“ mit den Phantom-Notdiensten mittlerweile auf den Top-Ten-Listen der Beschwerdeanlässe, hierzulande wird aber nicht minder zeitgemäß gefaked und abgezockt.

Teurer Schlüsseldienst aus dem Netz · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 01.02.2016 (Moderation: Till Haase)

Big Data – Handydaten verraten Wohlstand und Armut

Dass ein Mobiltelefon billig oder teuer sein kann, ist klar. Aber dass die Mobiltelefon-Nutzung etwas darüber verraten kann, ob der Besitzer oder die Besitzerin eher reich oder eher arm ist – darauf muss man erst einmal kommen. Oder man muss einen Computer darauf kommen lassen.

Das Versprechen von Big-DataModellen ist ja: Im Idealfall findet der Algorithmus in ziemlich unstrukturiertem Datenmaterial plötzlich Zusammenhänge, gewinnt neue Erkenntnisse, die bislang unentdeckt waren. Im banalsten und gleichzeitig auch häufigsten Szenario sind das ökonomische Erkenntnisse – wer bei Amazon schon drei Pferdehof-Bücher gekauft hat, interessiert sich vielleicht auch für einen Reitkurs; wer anscheinend dauernd mit Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn unterwegs ist, braucht vielleicht ein noch schnelleres Auto, einen Zeitmanagement-Ratgeber oder eine Risiko-Lebensversicherung 🙂 .

Das ganz große Problem bei Big-Data-Ansätzen: Der Algorithmus spürt statistische Korrelationen auf (z.B. die Länge von Röcken zur Aktienperformance…) – aber ob letztlich wirklich ein Kausalzusammenhang dahinter steht, das kann man nur mit gesundem Menschenverstand oder mit einem Abgleich anhand von völlig unabhängigen Datenquellen überprüfen.

Auch Joshua Blumenstock von der University of Washington kann nicht bis ins letzte Detail erklären, warum Reiche in Ruanda andere Mobilfunk-Kommunikationsmuster haben als Arme. Aber ganz offensichtlich passt seine in der aktuellen Ausgabe von „Science“ vorgestellte Big-Data-Abschätzung des ökonomischen Status von Handy-Nutzern sehr gut zu Daten aus der realen Welt. Eine neue, preiswerte und ziemlich verlässliche Methode also gerade in Entwicklungsländern, Politikern eine Basis für ökonomische Entscheidungen zu geben – für Infrastruktur-Investitionen, Sozialmaßnahmen oder Steuertarife. Vorausgesetzt, die Entscheidungen sollen überhaupt aufgrund von objektiven Kriterien gefällt werden 😉 …

Big Data – Handydaten verraten Wohlstand und Armut

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 27.11.2015 (Moderation: Monika Seynsche)