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Yahoo scannt sämtliche Kundenmails im Auftrag von FBI und NSA

Dass US-amerikanische Internetfirmen in einem gewissen peinlichen Dilemma stecken, wissen wir seit Edward Snowden: NSA, CIA und FBI wollen da schon ganz gern mal sehr intensiv in die Daten der Kunden hereinschnüffeln. Und wenn da Auskunftsbegehren bzw. -anordnungen oder Abschnorchelaktionen ablaufen, dann müssen die Firmen das auch noch hübsch für sich behalten. Ein patriotischer Maulkorb halt, der freilich vielen Unternehmen überhaupt nicht passt – weil er letztlich ihr Geschäftsmodell und das wichtigste Kapital, das Vertrauen der Nutzer, komplett untergräbt.

Yahoo hat aber offenbar 2015 noch nicht einmal versucht, gegen eine „behördliche Anordnung“  von NSA bzw. FBI zu protestieren. Sondern eifrig eine eigene Xkeyscore-Schnüffelsoftware entwickelt und auf die eingehenden Mails der Kundschaft losgelassen. (Update hierzu s.u.) Bezeichnenderweise, ohne der hauseigenen IT-Security (intern „die Paranoiden“ genannt…) Bescheid zu sagen. Als Sicherheitschef Alex Ramos den Braten entdeckt hatte (der auch noch weitere Lücken in der eh schon gehackten Yahoo-Infrastruktur aufriss…), warf er Marissa Mayer die Brocken hin. Die zudem auch „konsequenterweise“ die Einführung der bereits fertig entwickelten Verschlüsselungslösung für Yahoo Mail verhindert hatte.

Die Dame hat halt lieber lieb Kind mit den Schlapphüten gemacht, aber gleichzeitig den Kunden treuherzig Bullshit erzählt. Wenn dabei auch noch Geld geflossen sein sollte, wie manche Quellen vermuten, dann war das – zumindest für das Unternehmen 🙂 – eine Fehlinvestition. (Und wieder knallen die Leute bei Verizon ihre Köpfe auf die Tische, um mal das schöne Bild von The Register aufzugreifen…)

Jetzt beteuern alle anderen US-Player (bei Twitter kam immerhin die vielsagende Antwort, man dürfe laut US-Gesetzen nicht über eventuell eingegangene „behördliche Anordnungen“ Auskunft geben…), so wie bei Yahoo würde das bei ihnen nicht laufen. „No Way“. Das kann man glauben. Muss man aber nicht.

Spionage im Regierungsauftrag · DRadio Wissen

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 05.10.2016 (Moderation: Diane Hielscher)

P.S. 06.10.2016 Inzwischen sind neue Details bekannt geworden – wie die New York Times wiederum mit Bezug auf Insider berichtet, hat Yahoo nicht, wie von Reuters beschrieben, eine gesonderte Schnüffelsoftware entwickelt, sondern das ohnehin vorhandene Modul, das eingehende Mails nach Kinderpornographie, Malware und Spam durchscannt, mit bestimmten Signaturen ergänzt. Diese Signaturen oder Schlüsselbegriffe wurden von einem Geheimdienst zur Verfügung gestellt und sollten offenbar Mails einer – nicht weiter identifizierten – ausländischen „Terrororganisation“ aufdecken helfen.

Ob das die Angelegenheit weniger gravierend macht, ist eine äußerst interessante Frage. Zum einen akzeptieren ja (was für mich selbst schon nie nachvollziehbar war) offenbar Millionen von Menschen, dass Google ihre Gmails ebenfalls durchscannt – wenn auch nicht, um das einem Geheimdienst zu petzen, sondern „nur“, um einem „interessante“ Werbung zukommen zu lassen. („Sie interessieren sich für Bombenanschläge? Probieren Sie unser neues Dschihad-Kit für handwerklich unbegabte Volldebile! Besuchen Sie auch unseren Wollstrickmützchen-Shop und schauen Sie sich unsere Pflegeprodukte für Vollbärte an.“ 🙂 ) Wenn man das Argument „sie werden ja nur von einem Roboter durchsucht“ akzeptiert, dann könnte man das ja tatsächlich genauso gut auf die analoge Welt übertragen. Ein Albtraum.

Inzwischen knallen die Leute bei Verizon nicht mehr nur ihre Köpfe auf den Tisch, sondern haben auch ihren Kaufpreis mal eben um eine Milliarde nach unten angepasst.

P.S. 07.10.2016 Und ein weiterer unbekannter Yahoo-Insider bezeichnet wiederum die Darstellung bei der NYT, es habe sich „nur“ um eine Erweiterung des Malware-Scanmoduls gehandelt, als falsch. Eine solche Modifikation wäre dem Yahoo-IT-Security-Team gar nicht ohne weiteres aufgefallen. Es habe sich eben doch um eine gesonderte Backdoor gehandelt, die dann auch (wie schon ursprünglich berichtet…) ein weiteres Einfallstor für Hackerangriffe aufgerissen habe.

Gnade für Snowden? Ja, sagen Unterstützer. Nein, sagt der US-Geheimdienstausschuss.

Edward Snowden ist kein Verräter, sondern eher ein Held. Sagt die Unterstützerplattform https://www.pardonsnowden.org, auf der (bzw. auf dem Amnesty International-Pendent für nicht-US-Bürger…) ich übrigens auch unterzeichnet bzw. gemausklickt habe. Ich mag das Wort „Held“ eher nicht so, aber für mich steht fest: Snowden hat die ganze Aktion, die zu einer – leider nicht allzu positiven – Neubewertung unserer gesamten Welt und Realität geführt hat, nicht aus bösen Motiven, aus Eitelkeit oder gar als klassischer „Verräter“ unternommen.

Edward Snowden ist ein Verräter, kein Held – das ist das Resümee des Geheimdienstausschusses des US-Repräsentantenhauses; eingereicht am Vorabend des Filmstarts von Oliver Stones Portrait des NSA-Whistleblowers. Sorry, aber die Meinungsführer des Anti-Begnadigungs-Verdikts realisieren immer noch nicht, dass die US-Geheimdienste auch die verfassungsmäßigen Rechte der US-Bürger den vermeintlichen Erkenntnissen über „Terroristen“ geopfert haben, dass die vermeintlichen „Good Guys“ eben nicht nur good sind und der Zweck eben nicht alle Mittel heiligt.

Wer das nicht versteht oder nicht verstehen will, hat eben die US-Verfassung nicht verstanden oder will sie nicht verstehen. Trotzdem bin ich leider etwas skeptisch, ob Barack Obama es wagen wird, Snowden zu begnadigen oder seine vorgesehene Strafe zu reduzieren – in den USA ist ja offensichtlich eine gute Hälfte der Bevölkerung ohnehin auf dem Sprung, einen Irren zum Präsidenten zu wählen.

Dradio Wissen – Hielscher oder Haase vom 16.09.2016 (Moderation: Till Haase)

Israel und Facebook einigen sich auf Vorgehen gegen „aufhetzerische“ Posts

Letzte Woche stand Facebook ja im Kreuzfeuer der Kritik – die norwegische Zeitung Aftenposten hatte das berühmte „Napalm Girl“-Foto aus dem Vietnamkrieg gepostet, Facebook hatte das Bild und den zugehörigen Artikel gelöscht, nach einem Proteststurm und massiven Vorwürfen, das Social Network würde Zensur ausüben, ruderte Facebook zurück.

Gestern nun  haben sich Facebook und die israelische Regierung darauf verständigt, verstärkt gegen „aufhetzerische“ Inhalte vorzugehen. Und auch hier gibt es wieder sehr kritische Reaktion, auch hier wird wieder von Zensur gesprochen.

Die Kritik kommt hier ganz massiv etwa von der Website „The Intercept“ und Glenn Greenwald: die vereinbarte Zusammenarbeit richte sich „needless to say“ gegen Araber, Moslems und Palestinenser, die gegen die israelische Besatzung opponieren würden. Greenwald bezeichnet die an den Gesprächen beteiligten israelischen Minister als Hardliner, erwähnt, dass auf Facebook auch Israelis gegen Palestinenser hetzen würden und stellt Facebook dann am Ende des Artikels eine Liste von Fragen: Ob man eben auch auf palestinensische Beschwerden gleichermaßen reagieren würde, ob z.B. die Bemerkung, die israelische Besatzung sei illegal und man solle Widerstand dagegen leisten, schon „aufhetzerisch“ im Sinne der Vereinbarung sei ?

Greenwalds Position und Parteinahme überrascht denn doch etwas – natürlich mögen manche seiner Argumente oder Befürchtungen zutreffen, natürlich ist die derzeitige israelische Regierung wieder einmal auf opportunistisch-machterhaltendem Tuchfühlungs-Kurs mit radikal-religiösen Irren. Aber Fakt ist natürlich auch: selbstverständlich nutzen Feinde Israels die Social Networks als Plattform für Hetze und vielleicht auch für die konkrete Vorbereitung von Anschlägen – auch bei uns hier in Deutschland verlangt der Innen- oder Justizminister mehr Initiative von Facebook gegen hetzerische Posts.

Die Sache ist halt knifflich. Ohne jetzt übertriebenes Mitleid für einen Multimilliardär und Privacy-Monetarisierer zu haben; Facebook eiert schon ziemlich herum, um es allen geschäftswahrend recht zu machen. Das eigentliche Problem liegt aber natürlich auf unserer, auf der Gegenseite: Wieso erlauben wir einem US-amerikanischen Privatunternehmen, eine angeblich alternativlose Marktmacht einzunehmen, wieso gestehen wir Facebook zu, über Meinungs- und Pressefreiheit zu entscheiden?

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 13.9.2016 (Moderation: Till Haase)

Hat Hillary Clinton Parkinson? Und was hat Donald Trump?

Wenn Kandidaten (bzw. Kandidatinnen…) für den POTUS-Posten nicht top-fit daherkommen, ist das ein richtiges globales Problem. Schließlich muss er oder sie ja nicht nur intellektuell, sondern auch physisch in der Lage sein, im richtigen Moment den roten Schalter für das atomare Armageddon zu drücken. Insofern hat Hillary Clinton mit ihrem Schwäche-Anfall am 9/11-Gedenktag vermutlich wieder einmal ein paar Prozentpunkte versemmelt. Ein richtig ernsthafter Doktor fern-diagnostiziert ihr ja übrigens Parkinson – die immer und immer wieder eingespielten Filmsequenzen in dem top-seriösen News-Channel  sind zwar nicht richtig überzeugend, aber wer weiß?

Ein(e) POTUS mit Parkinson würde vielleicht auf den falschen Knopf drücken, oder auf beide, oder den richtigen nicht treffen. Die Frage ist natürlich, ob Donald Trump da auch nur einen Deut gesunder einherkommt. Sein Haupthaar, seine Mimik, Gestik und seine Einlassungen in gesprochener und getwitterter Sprache geben zu einer solchen Annahme wenig Anlass. Ist also das mächtigste Land der Welt bald in den Händen von para-politischen Akteuren? Oder ist das alles eh der Normalfall im Universum der Volks-Vertreter? Was ist mit Horst Seehofer? Sigmar Gabriel?? Was ist mit der Hand-Raute von Angela Merkel??? Soll die auch nur das Zittern camouflieren????

Studie zu Internetzugängen: Regierungen diskriminieren auch digital

Politisch benachteiligte ethnische Gruppen haben oft einen schlechteren Zugang zum Internet. Eine Studie zur digitalen Diskriminierung gibt den Regierungen die Schuld.

In der Tat, wie das ein User bei Spiegel Online schreibt: Google und Facebook wissen wahrscheinlich am besten, wie es um die Internetanbindung und Userdichte in allen Regionen der Welt steht. Mit den Daten der Big Player des Netzes hätte das Team rund um Prof. Nils B. Weidmann noch eine wesentlich bessere Ausgangsbasis für die Studie über „Digitale Diskriminierung“ gehabt – nur rücken die Giganten solches Material nicht ohne weiteres heraus, nicht mal für eine „Science“-Veröffentlichung.

Animation: Philipp Hunziker, Nils B. Weidmann/ Background: Natural Earth

Animation: Philipp Hunziker, Nils B. Weidmann/ Background: Natural Earth

Und auch andere Kommentatoren äußern zunächst einmal berechtigte Zweifel: Bekommt denn ein Schweizer Provider tatsächlich den globalen Traffic überhaupt komplett mit, läuft nicht vielleicht ein signifikanter Teil des Internetverkehrs aus den in der Studie untersuchten Regionen über ganz andere Routen? Und zweitens: Hinter einem Subnetz können ja „Festanschlüsse“ mit statischen IP-Adressen stehen, oder es könnte ein Adressbereich eines Providers sein, der die einzelnen Nummern laufend an tausende Kunden dynamisch zuteilt – eine überwiegend statische Netzarchitektur in einem Land oder einer Region A nach dem ersten Schema wäre dann mit einer überwiegend dynamischen in einem Land oder einer Region B überhaupt nicht vergleichbar.

Genau danach habe ich in meinem Interview natürlich auch Prof. Weidmann gefragt.

Das sind zwei Fragen, die sehr, sehr häufig kommen. Die erste Frage kann man dadurch beantworten, dass wir nicht das Volumen angeguckt haben der Netze, die übermittelt haben. Wir haben über den Schweizer Provider nur geschaut, ob wir mindestens ein Paket von einer gewissen Subnetz-Adresse bekommen. Man guckt nicht das Volumen an, sondern nur die Tatsache, senden sie oder nicht. Und das funktioniert überraschenderweise – deswegen mussten wir das auch validieren – das funktioniert sehr gut. Und zwar auch aus dem Grund, weil die Schweiz über die Universitäten sehr sehr viele Open-Source-Software-Repositories hostet. … Und deswegen kann man da sehen, dass da sehr viele exotische Adressen in unserem Datenbestand drin sind, die wahrscheinlich von der Schweiz selbst gar nichts wollten.

Und zweitens, das ist richtig, auch hinter einem Subnetz können sich unterschiedliche Anzahlen von Computern verstecken. Allerdings ist das eine Tatsache, die eigentlich in jedem der Länder gleichermaßen dieses Problem verursacht. Und wir haben uns ja nur Nuancen zwischen Ländern angeguckt, zwischen Regionen. Und deshalb ist uns die absolute Anzahl nicht wichtig, und die können wir auch nicht schätzen mit dieser Methode. Wir können nur sagen: Mehr Subnetze, mehr Nutzer.

Das Ganze ist, wie erwähnt, eine recht grobe Annäherung. Aus der sich aber offenbar doch ausreichend belastbare Tendenzen ermitteln lassen. Und um auch noch einen weiteren Kritikpunkt kurz zu erwähnen: Natürlich kann die Studie nur Aussagen zu solchen ethnisch benachteiligten Gruppen machen, deren Angehörige überwiegend in einem regional definierbaren Siedlungsgebiet wohnen. Wenn es eine solche Segregation nicht mehr gibt (wobei es ja durchaus sein kann, dass die Diskriminierung weiterbesteht), dann bräuchte man selbstredend individuellere Informationen über die einzelnen User. Etwa solche von Facebook oder Google.

Studie zu Internetzugängen: Regierungen diskriminieren auch digital – SPIEGEL ONLINE

Spiegel Online – Netzwelt vom 10.09.2016

DRadio Wissen · Diskriminierung ethnischer Gruppen: Zugang zum Netz

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 12.09.2016 (Moderation: Till Haase)

Equation Group-Hack: Neue Hinweise auf zweiten NSA-„Verräter“

Für die NSA ist der „Equation Group“-Hack bzw. -Leak eine ziemlich happige Sache, obwohl die Tragweite der Panne in der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung überhaupt noch nicht so ganz adäquat angekommen ist – möglicherweise ja mit Absicht.

Wenn die Sache eine „Hacker-hacken-Hacker“-Aktion der Russen war, ist das peinlich und demonstriert die generelle Implosionsgefahr von „Cyberwar“-Aktivitäten. Wenn es eine Whistleblower- bzw. Insider-Aktion war, dann würde das die schon lange gehegte These von einer zweiten undichten Stelle neben Edward Snowden  bestätigen. Vor allem aber steht der US-amerikanische Auslandsgeheimdienst wieder mal als Lügner oder Heuchler da: War wohl doch nix mit der gelobten Transparenz und dem Aufdecken von heiklen Sicherheitslücken gegenüber betroffenen US-Firmen oder CERTs.

Cisco und Juniper latschten jahrelang mit heruntergelassener Hose herum, ihre Kunden auch. (Von den übrigen Exploits wollen wir mal nicht reden…) Und die NSA hat das gewusst und beherzt zugelangt. Business as usual halt.

DRadio WIssen – Hielscher oder Haase vom 23.08.2016 (Moderation: Thilo Jahn)

Eilmeldung – Erdogan und Gülen wieder vereint!!!

Es ist kaum glaublich und doch so wunderschön – der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und sein früherer Busenfreund und späterer Feind Fethullah Gülen haben sich wieder versöhnt.

Screenshot 2016-08-16 21.04.30

Screenshot Tagesschau 16.08.2016 – 20 Uhr

Na ja – stimmt nicht so ganz („Archiv“, also früher mal…); kein Wunder, ich gehöre ja auch zur deutschen Lügenpresse.

Auf jeden Fall war ja Herr Erdogan auch mal sehr vertraut mit Herrn Gülen; aber er muss dafür jetzt im Gegensatz zu irgendwelchen normalen Leuten nicht ins Gefängnis. Aber was wirklich schlimm ist: In der Türkei gibt es jetzt nur noch Terroristen. Die Gülen-Leute ja sowieso. Und die Regierung bzw. die AKP auch noch. Aber das ist ja eh alles gelogen. Glauben Sie als Deutsch-Türke oder Turk-Deutscher oder als sonstiger Netz-Verirrter bitte nur der Desinformations-Seite Ihrer Wahl 🙂 …

Türkei: Gülen-Bewegung über unsicheren Messenger enttarnt ?

Gestern haben wir über die Kompromittierung des Messenger-Dienstes Telegram im Iran gesprochen, heute sprechen wir über die Kompromittierung des Messenger-Dienstes ByLock in der Türkei. ByLock??? Nie gehört. Und das ist keine Bildungslücke – die App muss nämlich irgendeine Spezial-Anfertigung gewesen sein. Entweder tatsächlich von Anhängern der Gülen-Bewegung, die herkömmlichen Lösungen nicht getraut haben und dann den altbekannten Fehler gemacht haben: „Wir erfinden jetzt mal das Rad neu und tappen noch mal ganz frisch in die dreißig Fallen, in die andere Leute halt schon in den letzten Jahren getappt sind.“

Oder, was auch gar nicht so unplausibel ist (an sich steht die Gülen-Bewegung ja für Bildung…) – die App stammt in Wirklichkeit direkt vom türkischen (oder einem sonstigen…) Geheimdienst und die einstmals als breiter Teil der Gesellschaft mit der AKP verbündeten, jetzt aber natürlich alle zu Terrorismus-Monstern entarteten Wissenschaftler, Lehrer, Juristen, Journalisten und Soldaten sind auf eine nette kleine Spezial-Operation hereingefallen. Dass ByLock nicht sicher ist, das ist den Usern anscheinend nach ein paar Monaten auch aufgegangen, schon lange vor dem Putschversuch. Aber jetzt reicht die Benutzung für ein Ticket ins Gefängnis – oder schlimmer.

Ganz eindeutig, trotz der gerade wieder klargewordenen Schwächen: Telegram oder WhatsApp wäre die bessere Alternative gewesen. Die putschenden Soldaten haben ja in ihrer „Alles auf eine Karte“-Aktion dann letztlich auch auf diesen Kommunikationskanal gesetzt – der bei Bellingcat.com veröffentlichte Mitschnitt ihrer Chats von dem Ausrücken und der ausbleibenden Verstärkung im Stau von Istanbul bis hin zur Frage: „Wir sind verloren, was sollen wir tun?“ ist ein Dokument der Zeitgeschichte. Wenn Präsident Erdogan getötet worden wäre und ein größerer Teil der Armee und der Bevölkerung sich dem Putsch angeschlossen hätte, dann wäre es halt egal gewesen, dass jedes Smartphone eines Verschwörers direkt alle WhatsApp- und Putsch-Beteiligten identifiziert.

Aber es ist ja bekanntlich anders gekommen.

DRadio Wissen · Türkei: Gülen-Bewegung über unsicheren Messenger enttarnt

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 04.08.2016 (Moderation: Diane Hielscher)

Messengerdienst Telegram in Iran gehackt – über abgefangene SMS

An sich ist Zwei-Wege-Authentifizierung ja eine gute Idee und ein Sicherheitsfeature – und alle möglichen Netz-Dienste schicken also Bestätigungscodes per SMS an ein vorher registriertes Gerät, um irgendetwas zu beglaubigen – einen Passwortwechsel oder einen Kauf wie bei Apple oder Google, oder halt die erstmalige Verwendung eines neuen Gerätes. Die gute Idee wird allerdings zu einer ganz schlechten, wenn auch der vermeintlich sichere Alternativ-Kommunikationskanal in der Hand eines Angreifers ist. Dass das zum Beispiel im Iran so ist, davon hätte eigentlich auch Telegram ausgehen dürfen – und seine rund 20 Millionen User in dem von religiösen Eiferern gelenkten Staat vielleicht auch schon etwas klarer vor dem jetzt eingetretenen Szenario warnen können.

Telegram empfiehlt als Reaktion auf den Hack, sich eben nicht auf die Geräte-Authentifizierung per SMS zu verlassen, sondern stattdessen ein starkes Passwort einzurichten. Das allerdings kann man vergessen – und deswegen verschickt der Betreiber dann auf Anforderung eine Recovery-Mail. Wenn der Account, an den diese Mail geht, allerdings in der Hand eines Angreifers ist – dann haben wir den gleichen Salat wie bei der SMS. Da gibt es also offensichtlich mehr Fallstricke in heiklen Kommunikations-Situationen, als man sich zunächst klarmacht – auch mit End-zu-End-Verschlüsselung. Für die Masse der Telegram-User im Iran ist es vielleicht ein kleiner Trost, dass das Regime nicht die Kapazitäten haben dürfte, alle Accounts zu überwachen oder zu hacken.

Offenbar schafft es ja auch die NSA nicht, die Telegram-User beim IS mit genau der gleichen Methode komplett abzuschnorcheln. Müsste aber eigentlich gehen.

DRadio Wissen · Verschlüsselung: Messengerdienst Telegram in Iran gehackt

DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 03.08.2016 (Moderation: Diane Hielscher)

Hillary-Kampagne: Ein bisschen mehr Zurückhaltung, bitte. Danke.

Am Dienstag hab ich ja – egal, was da jetzt juristisch draus wird – mal eben 10 Dollar rübergechippt. An die über-direkte, jetzt auch offiziell nominierte Kandidatin der Demokraten. (Wie schon gesagt, die ist natürlich Establishment. Aber natürlich hätte der vielleicht moralisch und politisch integrere Bernie Sanders letztlich keine Chance gehabt, weil halt die Mehrzahl der wahlberechtigten Menschen in einer westlichen Demokratie keine linken Gerechtigkeits-Träumer sind. Sondern Idioten. Verführbare. Pragmatiker. Und so weiter. Das kann man bedauern. Ich bedaure das auch.

Aber wenn man diese Linie durchzieht, dann wird nicht der eigene linke Gerechtigkeits-Traum Realität, sondern das Votum der rechten Schwachmaten (die ja übrigens eine ganze Menge nachvollziehbarer Einwendungen haben gegen den linken Gerechtigkeits- und Political-Correctness-Traum…). Leuten wie dem Telepolis-Kolumnisten Tomasz Konicz kann man da eigentlich nur sagen – aufwachen, die Demokratie ist kein Ponyhof! Leider.

Aber mal zurück zur Hillary-App – das mit dem Frontalangriff auf meine Kohle war leider noch nicht das letzte Wort. Die nächste Mail kommt von Robby, dem Campaign Manager:

Marcel —

Hillary’s job is to make her case to as many people as possible for why she should be the next President of the United States. As her campaign manager, my job is to make sure that those people all get the chance to join this team.

Here’s how we do that: We build the biggest possible organization of donors, volunteers, voters, and supporters like you who share our vision for this country. Every donation, just like every phone call made and every door knocked, is a way of showing Hillary that you’re with her — and it all adds up to something pretty incredible.

I’m not going to waste your time. Will you, right now, stand with Hillary by chipping in $8?

Marcel, donate $8

Thanks, Marcel — you’re phenomenal.

Robby

Robby Mook
Campaign Manager
Hillary for America

Kein Dank für meine Kohle von gestern – ich bin zwar total phenomenal, aber der gute Mann will jetzt wirklich nicht meine (und seine…) Zeit verschwenden – ich soll noch mal was reinchippen. 8 Dollar. Sagt mal, Leute, wie kommt ihr eigentlich auf die Beträge? Gestern 1 Buck, heute 8? Steckt da ein Algorithmus hinter, eine KI? Oder ein menschlicher Zocker/Abzocker? Ein Zufallsgenerator? Jetzt bin ich echt ziemlich sauer.

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Die Kampagne hat’s wohl geahnt – oder als Feedback zurückbekommen: Die nächste Mail ist da. Oh Wunder- diesmal kein Betteln um Geld:

Marcel —

I’ve been with Hillary since 1996. She’s been my boss, my mentor, and my friend.

My favorite part of working with Hillary is watching her translate the concerns of everyday families into concrete policies that makes peoples‘ lives better. From expanding access to health care for children to securing resources for the families and responders impacted by 9/11 — Hillary has been standing up for us her whole life.

Marcel, will you take a minute to fill out this short survey and let us know which issues matter most to you and your family?

People like you are shaping the conversation and policies of this campaign. Because of the stories Hillary has heard across the country, she has plans for tackling substance use disorders, working to find a cure for Alzheimer’s, and making our communities safer from the threat of gun violence.

Hillary wants to be the fighter you and your family deserve. Will you help her by letting us know what’s on your mind? Fill out this short supporter profile now:

Start now

Thanks,

Huma

Huma Abedin
Vice Chair
Hillary for America

Das klingt schon besser.