Tapfere Wüstenkrieger im vollen Galopp, in der rechten Hand den Säbel oder die grüne Fahne des Propheten – das Ganze gibt’s natürlich auch in der modernen Version mit dahinbrausenden Pick-Up-Kleinlastern und Kalaschnikoff statt Schwert: Die Werbevideos des „Islamischen Staates“ und anderer Extremistengruppen sind für manch einen jungen Mann der Auslöser, sich aufzumachen in den „heiligen Krieg“; entweder im Nahen Osten oder halt direkt zuhause. Kein Wunder also, dass Facebook und YouTube unter einigem Druck stehen, solches Material möglichst schnell zu erkennen und nach einem Upload wieder zu löschen.
Wie Reuters berichtet, haben beide Plattformen jetzt offenbar einen Algorithmus eingeführt, der extremistische Videos automatisch blockt – und technisch gesehen funktioniert der allem Anschein nach ähnlich wie beim Aussieben von „urheberrechtlich geschützten Material“ oder von Kinderpornografie. Zwei Probleme gibt es allerdings dabei: Zum einen liefert der „Islamische Staat“ im Gegensatz zur Content-Industrie die digitalen Fingerabdrücke, die Hash-Werte den Internetplattformen nicht frei Haus, zum anderen ist die manuelle Einstufung „was ist extremistisch, was nur problematisch, aber noch von der Meinungsfreiheit gedeckt?“ äußerst heikel.
Elegant, sinnvoll und auch theoretisch möglich wäre natürlich auch die automatische Detektion oder Klassifizierung von Terror-Videos – aber ob so etwas beim Facebook- und Google-Verfahren derzeit schon zum Einsatz kommt, darüber schweigen sich die Anbieter mit gutem Grund aus. Zum einen wollen sie den extremistischen Uploadern keinen Hinweis geben, wie die Blockade zu umgehen ist, zum anderen den „lupenreinen Demokraten“ dieser Welt auch keine Blaupause an die Hand geben, wie sie missliebige Stimmen der Opposition mit einem Mausklick (bzw. eben einem Algorithmus im eigenen Netz-Herrschaftsbereich…) mundtot machen können.
DRadio Wissen · Neue Software: Youtube will automatisch extremistische Videos löschen
DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 27.06.2016 (Moderation: Till Haase)