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Künstliche Intelligenz – Maschinelles Lernen nach menschlichem Vorbild

Computerprogramme sind mittlerweile ganz gut darin, Dinge auf Fotos zu erkennen – den simplen Buchstaben „T“ etwa oder etwas komplexeres wie einen Tisch. Dafür müssen die Algorithmen allerdings zuvor trainiert werden – und zwar bislang mit hunderten oder tausenden entsprechenden Beispielbildern.

Ein Mensch hingegen braucht nur einen einzigen Tisch zu sehen, und kann anschließend auch verschiedenste Varianten des Möbelstücks identifizieren oder sogar selbst neu entwerfen. Und zwar deswegen, weil er das grundsätzliche Konzept – eine horizontale Platte auf vertikalen Stützen – versteht.

Die KI, die sogenannte „künstliche Intelligenz“ kann sich also durchaus vom Menschen noch einiges abschauen – und genau das ist der Ansatz für eine neue Art des „maschinellen Lernens“, den amerikanische Forscher in der aktuellen Ausgabe von „Science“ vorstellen.

Die Studie vergleicht menschliches und Maschinen-Lernen bei einem weiten Spektrum von visuellen Konzepten bzw. bei ausgewählten Alphabeten. Künstlerische Darstellung von Danqing Wang.

Die Studie vergleicht menschliches und Maschinen-Lernen bei einem weiten Spektrum von visuellen Konzepten bzw. bei ausgewählten Alphabeten. Künstlerische Darstellung von Danqing Wang.

Momentan funktioniert der von Joshua Tenenbaum, Brenden Lake und Ruslan Salakhudinov entwickelte Ansatz nur bei einem eigentlich bereits “erfundenen Rad” – der Handschrifterkennung, einem “Showcase” also mit sehr überschaubaren Freiheitsgraden und relativ leichten Trainingsmöglichkeiten.

Interessanterweise war aber bei der Science-Telekonferenz am Tag vor der Veröffentlichung kaum von den (übrigens sehr komplizierten und für Laien kaum nachvollziehbaren…) Details der aktuellen Studie die Rede, sondern eher von vagen Zukunftsperspektiven und der Frage, ob sich ein menschenähnlich lernender KI-Algorithmus auch auf andere Wissensdomänen übertragen lässt – jenseits von naheliegenden Varianten wie der Spracherkennung oder der Verbesserung der Autokorrektur auf Smartphones.

Eine sehr konkrete Nachfrage kam vom Reporter der “Defense One” – und in der Tat sind Geheimdienstler und Militärs sehr interessiert, ob ein konzeptuell lernendes KI-Programm nicht auch dazu taugen könnte, die Absichten von Menschen vorherzusagen oder irgendwann einmal Drohnen oder Kampfdroiden autonom agieren zu lassen.

Da war dann die Frage von Tanya Lewis vom Business Insider sehr angebracht:

Besteht nicht die Gefahr, dass Ihr Programm voreilige Schlüsse zieht, wenn es sich auf zu wenige Beispiele stützt?

Und Professor Joshua Tenenbaum vom MIT, Psychologe und Kognitionswissenschaftler, gab ihr prinzipiell recht:

Diese Stereotypen oder Kurzschlüsse, die Sie ansprechen, das sind möglicherweise menschliche Schwächen als unausweichliche Konsequenzen unserer Stärken. Die spannende Frage ist also, wollen wir, dass Maschinen unsere Schwächen genauso erben wie unsere Stärken? Und ist es überhaupt möglich, dass sie die Stärken haben werden ohne die Schwächen?

Künstliche Intelligenz – Maschinelles Lernen nach menschlichem Vorbild

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 11.12.2015 (Moderation: Uli Blumenthal)

Big Data – Handydaten verraten Wohlstand und Armut

Dass ein Mobiltelefon billig oder teuer sein kann, ist klar. Aber dass die Mobiltelefon-Nutzung etwas darüber verraten kann, ob der Besitzer oder die Besitzerin eher reich oder eher arm ist – darauf muss man erst einmal kommen. Oder man muss einen Computer darauf kommen lassen.

Das Versprechen von Big-DataModellen ist ja: Im Idealfall findet der Algorithmus in ziemlich unstrukturiertem Datenmaterial plötzlich Zusammenhänge, gewinnt neue Erkenntnisse, die bislang unentdeckt waren. Im banalsten und gleichzeitig auch häufigsten Szenario sind das ökonomische Erkenntnisse – wer bei Amazon schon drei Pferdehof-Bücher gekauft hat, interessiert sich vielleicht auch für einen Reitkurs; wer anscheinend dauernd mit Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn unterwegs ist, braucht vielleicht ein noch schnelleres Auto, einen Zeitmanagement-Ratgeber oder eine Risiko-Lebensversicherung 🙂 .

Das ganz große Problem bei Big-Data-Ansätzen: Der Algorithmus spürt statistische Korrelationen auf (z.B. die Länge von Röcken zur Aktienperformance…) – aber ob letztlich wirklich ein Kausalzusammenhang dahinter steht, das kann man nur mit gesundem Menschenverstand oder mit einem Abgleich anhand von völlig unabhängigen Datenquellen überprüfen.

Auch Joshua Blumenstock von der University of Washington kann nicht bis ins letzte Detail erklären, warum Reiche in Ruanda andere Mobilfunk-Kommunikationsmuster haben als Arme. Aber ganz offensichtlich passt seine in der aktuellen Ausgabe von “Science” vorgestellte Big-Data-Abschätzung des ökonomischen Status von Handy-Nutzern sehr gut zu Daten aus der realen Welt. Eine neue, preiswerte und ziemlich verlässliche Methode also gerade in Entwicklungsländern, Politikern eine Basis für ökonomische Entscheidungen zu geben – für Infrastruktur-Investitionen, Sozialmaßnahmen oder Steuertarife. Vorausgesetzt, die Entscheidungen sollen überhaupt aufgrund von objektiven Kriterien gefällt werden 😉 …

Big Data – Handydaten verraten Wohlstand und Armut

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 27.11.2015 (Moderation: Monika Seynsche)

Grippe-Prognose mit Google-Daten: “ARGO” will Schwächen von “Flu Trends” ausbügeln

Als Google 2008 die “Flu Trends” vorstellte, war das Projekt ein erstes Musterbeispiel für die Auswertung von “Big Data”, für den möglichen Erkenntnisgewinn also aus einer riesigen Menge weitgehend unstrukturierter Daten. Die ursprüngliche Idee ist nach wie vor plausibel: Wenn plötzlich sehr viele Menschen in einer bestimmten Region im Netz nach Begriffen wie “Schnupfen, Fieber, und Grippe” suchen, dann sind sie oder ihre Angehörigen wahrscheinlich betroffen – und wenn das Suchinteresse ein bestimmtes Maß überschreitet, dann deutet das auf eine drohende Epidemie hin.

Der Charme des “Flu Trend”-Modells: Die Prognose arbeitet quasi in Echtzeit. Der Haken: Sie beruht auf einer Hypothese, nicht auf realen Krankheitsfalldaten. Kritik an der Methodik und Vorhersagegenauigkeit des im Sommer eingestellten Google-Modells gab es laufend; als Alternative liefert z.B. die Auswertung der Anfragen bei Wikipedia deutlich bessere Prognosen.

Aber der Ansatz auf der Basis von Suchmaschinendaten ist nach wie vor brauchbar, schreiben Statistiker von der Harvard University im Fachblatt PNAS. Ihr neues Prognosemodell ARGO hält konsequent Tuchfühlung mit der Realität – zum einen durch einen ständigen Abgleich mit den tatsächlich gerade verwendeten Suchbegriffen, zum anderen durch einen ständigen Abgleich mit den gerade erhobenen Grippe-Krankheitsdaten der Gesundheitsbehörden. Die permanente Selbstkalibrierung macht die ARGO-Vorhersagen erheblich verlässlicher als die der Konkurrenz-Prognosemodelle, das zeigen die Forscher zumindest anhand der historischen Daten.

Fehlt also nur noch der Praxistest – auch ARGO arbeitet nur mit Wahrscheinlichkeiten und statistischen Modellierungen. Und wie heißt es so schön: Prognosen sind eine heikle Angelegenheit; vor allem, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen.

DRadio Wissen · Neue Grippe-Prognose “ARGO”: Dem Schnupfen entkommen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 10.11.2015 (Moderation: Marlis Schaum)

P.S. – Ob eine netzbasierte Echtzeit-Situationseinschätzung bzw. eine Echtzeit-Prognose auf der Basis eines statistischen Modells gegenüber einem Lagebild oder einer Prognose auf Basis von validierten Realdaten wirklich allzu viel bringt, das kann man bezweifeln, sagt Silke Buda vom Robert-Koch-Institut. Der zeitliche Vorsprung der Netz-Prognose beträgt im besten Fall zwischen drei bis maximal acht Tagen – aber auch eine statistisch signifikante Aussage “geringe Grippe-Wahrscheinlichkeit” schützt ein Individuum ja nicht vor einem individuellen Infektionsrisiko.

Nach wie vor ist die beste Grippe-Prophylaxe gerade für Risikogruppen die rechtzeitige Impfung. Die nimmt man am besten vor der Grippe-Saison vor, also bevor statistische Modelle oder die Realdaten-Reports Alarm schlagen.

Deutschlandfunk: Suchmaschinendaten – Neuer Anlauf für die Grippeprognose

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 18.11.2015 (Moderation: Uli Blumenthal)

P.S. 4.1.2016: Die mit “ARGO” ermittelten Vorhersagen sind nun – zusammen mit den Daten bzw. Prognosen aus weiteren Quellen – abrufbar unter www.healthmap.org/flutrends/.

Eine Ausweitung des Modells auf andere Regionen und andere Infektionskrankheiten wie Dengue ist offenbar geplant.

Image-Kratzer bei Apple: Verseuchte Software im offiziellen App-Store

Sündenfall oder die erwartbare Landung auf dem Boden der Tatsachen? Zum ersten Mal hat es den offiziellen “App Store” von Apple so richtig erwischt: Dutzende, vielleicht sogar hunderte Progrämmchen dort sind mit Schadsoftware verseucht – obwohl das Unternehmen doch jede App und jedes Update prüft und dann erst freigibt.

Das ist diesmal wohl schiefgegangen – und ausgerechnet in Apps, die extrem populär sind, steckt Malware – wie etwa in der chinesischen WhatsApp-Alternative WeChat. Das Stichwort “China” liefert aber auch schon die Erklärung: Offenbar haben eine ganze Reihe von chinesischen Herstellern bzw. Programmierern ihre Apps nicht mit der offiziellen dafür vorgesehenen Software Xcode von Apple erstellt – sondern mit einer Xcode-Version von einem obskuren chinesischen Server – die “leider” mit der Schadsoftware XcodeGhost verseucht war.

Angesichts der Tatsache, dass das Original-Apple-Xcode für Entwickler gratis ist, klingt das absurd – aber es gibt eine plausible Erklärung: Die “Great Firewall”, die die chinesischen Zensoren um das Land gezogen haben, macht Netzverbindungen ins Ausland extrem langsam – da greift man halt gern auf schnellere Inlands-Quellen zurück. Keine gute Idee.

Apple hat das Problem inzwischen eingestanden und – jedenfalls “nach bestem Wissen und Gewissen” alle verseuchten Apps aus dem Store geschmissen. Anwender sollten die betroffenen Applikationen ebenfalls löschen bzw. die “sauberen” Updates einspielen – und “eigentlich” sollte man auch sicherheitshalber alle eventuell abgegriffenen Passwörter (iCloud? iTunes?) ändern, obwohl ja inzwischen der angebliche XcodeGhost-Programmierer die ganze Sache als Experiment bezeichnet hat und die erbeuteten Daten gelöscht haben will.

Auf jeden Fall ist das “Experiment” gründlich “geglückt”: Apples Nimbus ist lädiert und XcodeGhost liefert möglicherweise die Blaupause für kommende Angriffe auf iOS-Apps. Auch wenn Android mit seinen noch weniger kontrollierten Download-Quellen nach wie vor noch unsicherer ist 🙂 …

DRadio Wissen · Apple: Verseuchte Apps im offiziellen App-Store

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 21.9.2015 (Moderation: Till Haase)

Deutschlandfunk: Apple – Verseuchte Software gelangt in den App Store

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 21.9.2015 (Moderation: Monika Seynsche)

Stagefright – heilsame Schocktherapie für Android?

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube – ein paar Tage nach Googles Ankündigung regelmäßiger Patchdays und Updates für Android-Geräte haben sich bislang erst Samsung und LG ausdrücklich zur neuen Strategie bekannt. Und auch das von Adrian Ludwig angekündigte “größte Update aller Zeiten”, um die Stagefright-Lücke in möglichst vielen Endgeräten zu stopfen, kommt wohl eher in relativer Behäbigkeit daher als im eigentlich angezeigten Eiltempo. Mittlerweile ist schon der nächste Bug mit Textnachricht-Angriffsvektor bekannt . Die Webseite Ars Technica zweifelt denn auch daran, ob es für die heillos fragmentierte Android-Welt trotz der jetzigen Willenserklärungen noch eine Chance gibt, dem “Security-Armageddon” zu entgehen.

Wenn erst sich bei der breiten Masse der jetzigen Android-User der Eindruck verfestigt “das Betriebssystem ist hoffnungslos unsicher”, dann dürfte das zu gewissen – für die Hersteller sehr unliebsamen – grundsätzlichen Überlegungen beim nächsten Smartphone- oder Tablet-Neukauf führen.

Deutschlandfunk – Stagefright-Sicherheitslücke

DLF – Computer und Kommunikation vom 8.8.2015

Das Computermagazin – B5 aktuell – Download, MP3, Video | Podcast | BR

BR – Computermagazin vom 9.8.2015

Suchmaschinen – Manipulation könnte Wahlen entscheiden

Manipulationsvorwürfe an Suchmaschinenbetreiber – sprich, zuallererst an die Adresse von Google – gibt es nicht gerade selten. Das ist mal mehr, mal weniger nachvollziehbar.

Eine ganz wichtige Rolle bei der ganzen Angelegenheit spielt ja auch der manipulierbare User selbst – der aus Bequemlichkeit nur die ersten zehn Treffer anschaut und aus analogen Zeiten die intuitive Gewissheit mitbringt: Was oft erwähnt wird, ist wichtig. Und was in einer Liste oben steht, ist das Beste. Das gilt dann ebenso für die Suche nach Urlaubszielen oder Kartoffelsalat wie für die Suche nach Politikern.

Unentschlossene Wähler (und das sind ja die ganz besonders wichtigen und umworbenen Wähler…) lassen sich offenbar allein schon durch die Reihenfolge von Suchmaschinentreffern beeinflussen, zu welcher Kandidatin oder welchem Kandidaten sie nach einer Netzrecherche tendieren. Wer also diese Reihenfolge manipuliert, kann Politik machen – und zwar ohne dass eine realistische Chance geben würde, die Manipulation zu bemerken oder nachzuweisen.

Wie stark das Beeinflussungspotential ist, hängt von einer Reihe von Faktoren ab – aber der Effekt ist statistisch signifikant, so das Fazit einer Studie von Robert Epstein und Ronald E. Robertson – und zwar im Laborversuch wie in “freier Wildbahn”; bei einem Real-Experiment während der Wahlen 2014 in Indien. Die Autoren fordern letztlich eine behördliche Kontrolle oder Regulierung von Suchmaschinen; im Klartext: von Google (obwohl der Name in der Studie nicht auftaucht…).

Da ist es nicht ganz unwichtig, auf die Tatsache hinzuweisen, dass Robert Epstein Google exakt seit 2012 “auf dem Kieker hat” – damals hatte der Suchmaschinenriese Epsteins Website (wie sich im Nachhinein herausstellte, zu recht…) als mit Malware verseucht eingestuft und zeitweise quasi blockiert.

Studie zu Suchmaschinen – Google könnte Politik machen

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 5.8.2015

Stagefright – Risiko für ungepatchte Android-Geräte ist nicht akzeptabel

Morgen wird der Entdecker der Stagefright-Sicherheitslücke, Joshua Drake, auf der BlackHat-Konferenz weitere Einzelheiten bekannt geben – den angekündigten Exploit hält er auf Bitten der Android-Gerätehersteller noch bis zur DevCon am 24.8. zurück. Das ist allerdings wahrscheinlich schon vergebliche Liebesmühe – es dürften nämlich mittlerweile Exploits kursieren. Auch wenn natürlich nicht sofort alle Android-Smartphones angegriffen werden: Das Risiko, dass das eigene angegriffen werden kann, ist nicht akzeptabel – nicht nur für Prominente, Politiker und Wirtschaftsbosse.

Vielleicht interessiert sich ja ein Ex-Lover dafür, was jetzt gerade so von Ihrer Smartphone-Kamera aufgezeichnet oder vom Mikrofon aufgenommen wird. Oder ein Kollege aus der Firma. Oder irgendein blödsinniger Troll aus einem Online-Forum.

Wer momentan mit einem Android-Gerät herumläuft, das noch kein Update erhalten hat (und das werden bis auf Nexus-Geräte praktisch alle sein – und zwar noch wochen- oder monatelang…), muss sofort den “automatischen MMS-Empfang” und Hangouts deaktivieren. Oder besser noch die Übermittlung von seinem Mobilfunk-Provider deaktivieren lassen – falls möglich.

Weil es für ältere Geräte auch überhaupt kein Update geben wird, ist hier die einzige Alternative zum Wegschmeißen die Installation einer alternativen Android-Distribution; z.B. CyanogenMod.

Mehr zu dem Thema (und auch zu der Frage, ob das Nachbessern einer so gravierenden Sicherheitslücke nicht unter die Gewährleistungspflicht der Geräte-Verkäufer bzw. Hersteller fällt…) am Samstag um 16.30 Uhr in C&K im DLF und am Sonntag im Computermagazin beim BR.

Stagefright – die Mutter aller Android-Sicherheitslücken?

Schmeiß dein Android-Handy in den Müll!“ titelt die britische Tech-Website “The Register” – und das ist vielleicht etwas übertrieben, aber auch nur etwas.

P.S.: Wir wollen selbstverständlich keine Panik schüren: Mittlerweile hat “The Register” die Schlagzeile nämlich leicht modifiziert: “Du hast ein Android-Smartphone? Zerschlag es mit dem Hammer – und zwar sofort!” 🙂

Es sieht nämlich so aus, als habe der Sicherheitsforscher Joshua Drake einen wirklich sehr gravierenden Bug in einer Softwarekomponente von Android-Betriebssystemen gefunden. Er lässt sich dazu verwenden, Smartphones oder Tablets zu kapern – und zwar ohne jede Interaktion des Besitzers; allein durch eine MMS oder eine Hangouts-Message.

Das Problem besteht offenbar darin, dass die Android-Softwarebibliothek “Stagefright” von alleine damit beginnt, eine eingetroffene Video-Nachricht zu verarbeiten – um eine Vorschau zu erstellen. Dabei führt sie anscheinend auch etwaigen enthaltenen Schadcode aus.

Je nach Android-Version, Gerät und installierten Apps reichen die Konsequenzen von “übel” bis “katastrophal”. Bei Altgeräten hat der Schadcode bzw. der Angreifer volle Kontrolle über die Kommunikation und die Daten, in jedem Fall aber bekommt die Malware Zugriff auf das Mikrofon, die Kamera und etwaige eingesteckte Speicherkarten.

Der Entdecker hat die Lücke vor geraumer Zeit an Google gemeldet, zusammen mit einem Patch-Vorschlag. Das Unternehmen hat das Problem bestätigt, auch das Android-Update ist fertig und kann verteilt werden. Aber nur die Besitzer von Nexus-Geräten erhalten den Bugfix direkt von Google – andere Hersteller brauchen traditionellerweise erheblich länger, ihre modifizierten Android-Versionen auf den neuesten Stand zu bringen. Und für Altgeräte gibt es gar keinen Support und keine Updates mehr. Im Klartext – die Stagefright-Lücke bleibt hier auf, die Geräte sind potentiell mobile Abhörwanzen für jeden interessierten Hacker.

Einzige Abhilfe: Eine alternative Android-Version installieren; das ist allerdings nichts für einen Normalverbraucher. Oder beim Mobilfunkbetreiber den MMS-Versand blockieren lassen – wenn der diese Wahlmöglichkeit zulässt, ohne dabei gleichzeitig den kompletten Internetzugang abzuklemmen.

Mittlerweile mehren sich aber in den Foren die Stimmen, die die Provider in der Mitverantwortung sehen. Denn der Schadcode kommt über die Mobilfunknetze an die Mobilfunknutzer, die ihre Geräte teilweise von ihrem Provider gekauft haben.

Obwohl Entdecker Joshua Drake die Einzelheiten erst nächste Woche auf der BlackHat-Konferenz offenlegt – die Angriffe, die Exploits drohen ab sofort. Die alternative Android-Distribution CyanogenMod hat das Problem nämlich bereits “gefixt” – aus dem vorher-nachher-Vergleich können Fachleute nun die Details der Sicherheitslücke herauslesen.

Wenn nicht alles täuscht, ist StageFright tatsächlich eine Bedrohung von außergewöhnlicher Dimension. Mit keiner anderen Sicherheitslücke ist es so einfach und unaufwendig, zufällige oder eben auch ganz gezielt ausgesuchte “Opfer” anzugreifen. Die Handy-Nummern stehen auf jeder Website; mal eben eine verseuchte MMS schicken – und im Zweifelsfall: Bingo. 🙁

Liveblog | Mucke hören? Aber Fair!

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 28.07.2015

DLF- Android-Sicherheitslücke StageFright

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 28.07.2015

3D-Scan kann biologisches Alter ermitteln

Ob es hauptsächlich an der genetischen Ausstattung liegt oder aber an den Lebensumständen, das ist noch nicht endgültig erforscht – fest steht jedenfalls: Das chronologische Alter, das im Personalausweis verzeichnet steht, und das biologische Alter, der tatsächliche “Erhaltungszustand” einer Person können weit auseinander liegen. Anders gesagt: Manche Leute altern schneller, manche langsamer als ihre Mitmenschen.

Und anscheinend ist das auch ganz schlicht und ergreifend im Gesicht zuverlässig ablesbar – die inneren Werte und die geistige Fitness in allen Ehren: Chinesische Wissenschaftler konnten die intuitive Vermutung jetzt mit Computerunterstützung bestätigen. Ein einfacher 3D-Scan reicht offenbar für eine recht treffsichere Abschätzung des “wahren”, des biologischen Alters einer Person. Das ist nützlich für maßgeschneiderte medizinische Behandlungen, macht aber auch möglicherweise eine andere Branche hellhörig, vermutet die Studienleiterin Prof. Jing-Dong Han:

“Als ich darüber mit meinen Freunden gesprochen habe, haben die gesagt – das ist natürlich interessant für Versicherungen, die können damit Zuschläge oder Nachlässe kalkulieren – ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist.”

Zumindest könnte ja das nunmehr wissenschaftlich bestätigte Motto “Man ist so alt, wie man aussieht” Schönheitschirurgen als Werbeaussage dienen – nur leider kann ja die durchs Messer modifizierte Gesichtsgeometrie zwar die intuitive und sicher auch evolutionär verankerte Alters-Abschätzung anderer Menschen (und eventuell die des 3D-Scanners…) täuschen, nicht aber wirklich zu einem längeren Leben verhelfen…

Aussehen – Biologisches Alter ins Gesicht geschrieben.

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 2.4.2015

Künstliche Intelligenz – Das fast perfekte Poker-Programm

Wenn im Film der Held gegen den Superschurken am Pokertisch sitzt, dann geht es natürlich immer um den ganz großen Einsatz – um die Milliardensumme, die schöne Frau oder um Leben und Tod. Und natürlich entscheidet immer der größte Bluff, die coolste Coolness beim Showdown für die Sache des Guten. Beim richtigen Spiel geht es zwar auch spannend und spektakulär, aber vor allem auch sehr rational zu. Natürlich kann auch der beste Pokerspieler genauso wie das beste Poker-Programm ein paar mal miserable Karten bekommen – aber der Faktor Glück spielt nur auf kurze Sicht eine Rolle.

Vom Standpunkt der Spieltheorie her ist Poker sogar viel anspruchsvoller als das als “Spiel der Könige” geltende Schach – weil nicht alle spielrelevanten Informationen verfügbar sind. Genau das macht aber auch Algorithmen wie die von Michael Bowling und Kollegen, die mit solch lückenhafter Ausgangsbasis gut zurecht kommen, für Alltagssituationen interessant – das richtige Leben ist schließlich ein einziges Entscheiden-Müssen und Herumstochern im Ungefähren…

Ob “Künstliche Intelligenz” allerdings tatsächlich in sicherheitskritischen Situationen hilfreich ist, das bleibt noch nachzuweisen. Beim Atomkrieg zum Beispiel könnte bei einem spieltheoretischen Optimierungsversuch auch herauskommen, dass beide Seiten tot sind.

Künstliche Intelligenz – Das fast perfekte Poker-Programm.

Deutschlandfunk – Forschung Aktuell vom 9.1.2015