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Ich habe schon wieder einen neuen Eismann

Ich habe schon wieder einen neuen Eismann – und da spreche ich natürlich nicht vom ambulanten Gelato-Verkäufer im umgebauten VW-Bully, sondern vom selbstständigen Handelsvertreter einer bekannten Tiefkühl-Kette. Für mich als Single ist Eismann der Anbieter der Wahl – die Ware changiert so zwischen Gemüse- Fisch- oder Fleisch-Basics und kompletten Mahlzeiten a la “Essen auf Rädern”. Selbstredend präferiere ich die Basics; noch hab ich ja meine zweiten Zähne.

Auf jeden Fall also solide Qualität zu ambitionierten Preisen – geliefert wird das Ganze eben immer vom Eismann (eine Eisfrau war bislang noch nicht dabei…) – und das ist offenbar ein selbstständiger Einzelunternehmer oder Franchise-Partner. Der das Produkt-Sortiment übernimmt und den Eismann-Wagen durch die Lande kutschiert – und eben offenbar bei seinem Verdienst davon abhängt, wie ergiebig oder lukrativ sein Kunden-Bezirk ist und wie lange er da umherkutschiert, um die Kunden mal mit größeren, mal mit kleineren Lieferungen zu beglücken…

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Ein Eismann in der Getty-Bildersuche 🙂

Personell gibt es da über die Jahre ein gewisse Fluktuation – und gerade bekomme ich da wieder eine Email von einem neuen, hoffnungsvollen Eismann, der mich zukünftig betreuen wird. So ganz uneingeschränkte Freude löst das allerdings nicht aus bei mir – wie schon in der Vergangenheit auch. Was ist mit meinem vorherigen Eismann? Ist der tot, dem grimmen Corona-Virus zum Opfer gefallen? Ist der pleite – weil ich z.B. zu wenig gekauft habe, oder weil das Franchise-Konzept von Eismann den Fahrern gar keine reelle Chance bietet?

Oder ist der aufgestiegen, wie seine Vorgänger hoffentlich, und lässt jetzt ahnungslose und hoffnungsvolle Newcomer die harte Verkaufsarbeit an der Single-Kundenfront machen? Fragen über Fragen. Die ich vermutlich niemals beantwortet bekommen werde. Fest steht: Jeder neue Eismann bedeutet Abschied nehmen von einem alten Eismann. Von dessen Marotten oder Manieren. Ok – das haut mich jetzt nicht total um. Und vielleicht wäre die Erschütterung bei liebgewonnenen Eisfrauen noch deutlich stärker. Aber eine Erschütterung ist es dennoch. In diesen furchtbaren Corona-Zeiten.

Wie sozialkompatibel ist die Pestdoktor-Maske wirklich??

Ich muss ja ganz ehrlich sagen – ich drödel so seit geraumer Zeit mit einer Mischung aus Depression und Wut herum. Depression mal aufgrund meiner genuinen Veranlagung; getriggert durch den monatelangen Anblick von Corona-Masken-Fressen in Bus, Bahn und bei sonstigen Gelegenheiten. So richtig kleidsam ist das Utensil bei wirklich niemandem. Zusammen mit Kopfbedeckungen oder Sonnenbrillen kommen wir schon in Richtung Tschador – mit den entsprechenden Beklemmungen.

Wut mal beim Beobachten von Zeitgenossen auf öffentlichen Straßen und Plätzen – meilenweit kein anderer Mensch in Sichtweite oder gar auf 1,5-Meter-Abstand; beim aneinander-vorübergehen sprechen wir gerade mal von einem Sekunden-Kontakt – wovor habt ihr Angst?? Die armen Mitmenschen zu infizieren und gnadenlos zu töten?? Dann bleibt doch bei Symptomen zuhause. Selbst infiziert zu werden und rettungslos zu sterben? Da hilft eine normale Maske leider nicht allzuviel weiter. Aber an der normalen frischen Luft ist die Konzentration der zu 0,0…% tödlichen Viren jetzt eher nicht so existenzgefährdend.

Das alles ist irre – oder irrationales Voodoo. Da fühlen sich manche jetzt vielleicht besser mit der Maske auf freier Flur. Ein Aluhut oder ein Corona-Geweih schützt euch allerdings genau so sicher. Oder noch viel schöner – eine Pestmaske. Ein immerhin schon historisch einigermaßen verortetes Utensil – trotz aller Bedenken, ob es dergleichen wirklich überhaupt gegeben hat. Ganz klar, eine Pestmaske bedeckt Mund und Nase. Ob die allerdings wirklich Corona-kompatibel ist, ist die Frage. Schlechter als ein lächerliches Halstuch, das mal eben so pro Forma über den Mund gezogen wird, ist die Pestmaske sicherlich nicht.

Und optisch um Lichtjahre weiterführender.

 

PacMan

Rezension aus Deutschland vom 24. Oktober 2020

Farbe: SchwarzVerifizierter Kauf

Der Corona-Überlebens-Check: Rindfleisch im eigenen Saft.

So. Ich bin natürlich auch im März in Panik verfallen, als ich gerade noch mit letzter Müh und Not aus dem Skiurlaub in der Schweiz in die Heimat fliehen konnte. Als dann hier ge-down-locked wurde, ich in “freiwillige” Selbstquarantäne musste. Als in den Supermärkten Nudeln, Klopapier und Seife definitiv weg waren und sich die bange Frage stellte: Werde ich zu den (99,97%…) Überlebenden gehören? Ich gestehe das ganz offen ein: Auch ich habe natürlich dann meine Hamster-Tour gemacht und meinen Rucksack und die Tragetaschen vollgepackt mit dem Nötigsten. Was man eben so auf dem Fahrrad wegschaffen kann.

Unter anderem auch Artikel, die ich schon lange nicht mehr in Erwägung gezogen hatte: Dosensuppen. Ok, die halten extrem lange. Und schmecken auch gar nicht sooo schlecht. Aber auch schon etwas härtere Krisen-Kost aus dem Konserven-Regal. Zum Beispiel: “Rindfleisch im eigenen Saft.” Wie das überhaupt aus der Perspektive von Rindern mit Rindfleisch-Saft so beschaffen ist, das lassen wir einstweilen dahingestellt. Auf jeden Fall hab ich jetzt mal eine der angeschafften, an sich noch recht lange haltbaren Dosen geöffnet und verköstigt. (Weil ich ja nicht immer nur an dem ebenfalls als Corona-Überlebensgarantie erworbenen Parmaschinken schnibbeln kann…)

Das Produkt sieht – nach einigem Konsum – so aus:

Und es schmeckt auch ziemlich genauso, wie es aussieht. Also ein bisschen in Richtung Corned Beef, aber noch mal deutlich unlockerer; eher in Richtung Krise und Krieg. Keine Ahnung, ob man das durch Erhitzen oder Weiterverarbeiten noch irgendwie aufhübschen kann. Aber solche Erwägungen gehen ja eh am Kern des Produktes völlig vorbei. Dies ist kein Produkt für verzärtelte Gourmets; für die Liebhaber von “Papageienzunge an Papaya-Juice.” Dies ist ein Produkt für Leute, die überleben wollen in schwierigen Zeiten. Oder die die Verantwortung dafür tragen, dass ihre Lieben – Weib, holdseliges Töchterlein, verfettete Katze etc. – überleben.

Ein Produkt für Familienväter, ängstliche Singles und Prepper also. Ein Produkt, das in seiner hermetischen Dosen-Verpackung Pandemien übersteht, aber auch Atomangriffe. Ein Relikt des Kalten Krieges, das jetzt zu wundersamer neuer Aktualität aufläuft. Eines steht fest: Ich beginne zwar gerade, die gehamsterten Lebensmittel so allmählich aufzufuttern, hoffentlich kongruent zu ihrem Haltbarkeitsdatum. Aber natürlich werde ich gleichzeitig den drei-Monats-Überlebens-Puffer wieder nachkaufen und aktualisieren. Jetzt bin ich sensibilisiert. Denn es könnte ja sein, dass mal eine wirklich kritische Pandemie vorbeischaut, bei der ich wirklich definitiv zuhause bleiben möchte.

Dann, spätestens dann, schlägt die Stunde vom “Rindfleisch im eigenen Saft.” Das Zeug schmeckt zwar grenzwertig, aber sichert mir das Überleben für ein paar Tage. Ein gutes Gefühl. So ähnlich wie damals als Kind, als ich Abenteuer-Geschichten gelesen habe, bei denen die Akteure allen möglichen Gefahren und Entbehrungen ausgesetzt waren. Und ich hab mir beim Lesen jeweils ein, zwei Tafeln Schokolade reingezogen. Oder eine Familienpackung Eis. Ein Vergnügen gewinnt eben deutlich an Durchschlagskraft, wenn es vor dem Hintergrund eines tatsächlichen oder imaginierten Armageddon genossen wird.

NRW-Sport-Staatssekretärin Andrea Milz vor Ort im Lemmerz-Freibad

Zum Lemmerz-Freibad in Königswinter hab ich eine tiefe, innige Verbundenheit. Ich hab nämlich aus bestimmten, hier nicht weiter zu erörternden Gründen die Website der Initiative zusammengebastelt, die die angedachte Schließung des wunderhübschen historischen Bades vor der Kulisse eines Ausblicks ins Rheintal verhindern wollte. Das Ziel der Initiative ist offenbar geglückt; die Website (deren Zugriffsmöglichkeiten ich vor geraumer Zeit an andere abgegeben habe…) aber scheint inzwischen etwas vernachlässigt worden zu sein 🙂

Freibäder sind natürlich Horte und Hotspots der Corona-Übertragungsmöglichkeit. Infizierte und Nicht-Infizierte springen ins Wasser, röcheln oder näseln (oder pieseln…) da in die Becken-Füllung – und ob die Chlorung die tödlichen Viren killt, ist noch längst nicht ausgemacht. Umso tapferer von unserer famosen NRW-Sport-Staatssekretärin Andrea Milz, das Lemmerz-Freibad zu besuchen. Ins (möglicherweise verseuchte…) Wasser reingesprungen ist Frau Milz offenbar nicht, aber sie hat eine wunderbare Botschaft hinterlassen für alle wagemutigen Schwimmer und Schwimmerinnen:

 

Auf einen ähnlich riskanten Besuch auf einem NRW-Golfplatz hat sich Frau Milz bislang noch nicht eingelassen. Klar; da lauern natürlich noch mal ganz andere Gefahren – vor allem publicity- und BILD-Zeitungs-mäßige.

Es ist ja auch sicherlich kein Zufall; oder eben nur totaler Irrsinn, dass selbst die Golfplätze in Irland nur für Mitglieder innerhalb eines Radius von fünf Kilometern aufgesucht werden dürfen. Klar. Wer da per Automobil als Mitglied aus sechs, 10, 20 oder 40 km Distanz anreist, löst selbstredend zwangsläufig ein Corona-Armageddon aus. Also bitte für immer zuhause bleiben und an Vereinsamung, Verfettung, Herzinfarkt und Kreislaufkollaps sterben!! Danke!

Kann man diese Voll-Horste nicht mal in Grund und Boden verklagen???

Helge Schneider zu Corona: Forever at Home, forever alone

Der alternative Eurovision-Song-Contest auf Pro 7 war ja gestern ein gewaltiger Bauchklatscher. Ärmliche Songs von “internationalen Stars” mit deutsch-verankertem Migrationshintergrund, eine Akustik wie aus dem Schuhkarton; pardon – dem Raab-Fernsehstudio. Uninspirierte Moderatoren und Interpreten, die in die leeren Ränge hinein “I-love-to-entertain-you”-Stimmung verströmen mussten. Dann die Väter, Freunde, Kumpels der Interpreten, die mal eben aus Daffke die “Nationen-Wertung” beisteuern.

Das alles war, geb ich ja zu, echt hart – für die Beteiligten und für die Zuschauer.

Und dann doch noch der Moment des Staunens, der Überraschung und der Begeisterung: Helge Schneider tritt als letzter Teilnehmer auf – “für Deutschland”. Und lotet den Corona-Wahnsinn aus, bis in die letzte “Stay-at-Home-Helden”-Ecke. Das reicht natürlich nicht für den “Sieg” im Contest; dazu ist die Verständnis-Ebene zu komplex. Aber ein epischer Augenblick. Forever.

 

Die geistige Gesundheit und Mobilität kann wieder gestärkt werden

Je mehr ich über den Satz in dem Brief gestern (im Beitrag hier ganz unten…) von unserer famosen NRW-Staatssekretärin für Sport und Gedöns, Frau Andrea Milz, nachdenke (“Durch die Änderung der Coronaschutzverordnung NRW können Sie sich nun wieder bewegen und Ihre geistige Gesundheit und Mobilität stärken.”), desto mehr komme ich ins Grübeln. Ist das ein äußerst feinsinniger Ansatz, meine intellektuelle Satisfaktionsfähigkeit in Frage zu stellen (dazu gibt es eigentlich im Vergleich der Argumentationstiefe in meinem Blogpost und der im Brief der Staatssekretärin keinen Anlass…)?

Ist es ein zartes, empathisches Eingehen auf die von mir geschilderten, ganz persönlichen Beeinträchtigungen, die ich durch die nicht gerechtfertigte wochenlange Sperrung der Golfplätze hinnehmen musste (die Schilderung war übrigens auch schon als Blaupause für eine Klage gegen die rechtlich nicht haltbare Maßnahme gedacht…)? Während Spaziergänger, Jogger und Fahrradfahrer ganz gemütlich durch Parks und Fußgängerzonen einherwandeln durften – trotz eines definitiv dort höheren Infektionsrisikos? Dazu bei Golfpost.de eine nette Karikatur:

Karikatur von Torsten Kropp bei Golfpost.de https://www.golfpost.de/community/posts/5eb038804c729f00062be320/

Ist es eine Botschaft an eine vermutet ältere Zielgruppe an der Grenze zur Senilität (die Frage ist ja, ob man die Passage lesen muss als “geistige Gesundheit und geistige Mobilität” oder “geistige Gesundheit und (körperliche…) Mobilität”)? Oder ist das Ganze einfach nur Behörden-Kommunikationsabteilungs-Geschwurbel? Ohnehin kann man ja recht lange darüber nachsinnen, ob die “Antwort” von Frau Milz bzw. ihrer Mitarbeiter(innen) noch als Zeichen guten Willens oder aber schon als Verhohnepiepelung interpretiert werden muss. Woanders galoppiert der Amtsschimmel bzw. der Corona-Wahnsinnsgaul ja ohnehin fröhlich weiter.

Die hehren Worte von DGV-Chef Claus Kobold jetzt sind bestimmt auch gut gemeint, aber eigentlich bestenfalls folkloristisch. Die “Clubverantwortlichen, der Dachverband, die Landesgolfverbände und viele Golferinnen und Golfer haben gemeinsam” eben nicht “erfolgreich dafür gekämpft”, dass wir wieder Golf spielen dürfen. Sondern wir sind – jedenfalls speziell in den Bundesländern NRW und Bayern, in denen ja Führungspersönlichkeiten mit Kanzlerambitionen das Sagen habe, absolut unerfolgreich in der ganz normalen Grabbelkiste “jetzt darf das ganze Sportgedöns mal langsam wieder lockern” gelandet. Egal, wie jeweils die tatsächliche Infektionsgefahr war oder ist.

Mit der Realitätswahrnehmung ist das ja immer so eine Sache. Bei Politikern wie auch bei Funktionären. Aus meiner Sicht war (und ist, in Bezug auf die immer noch bestehenden Einschränkungen…) das ganze Geschehen ein ganz klarer Rechtsbruch, eine unverhältnismäßige Einschränkung der Grundrechte und sogar eine Gesundheitsgefährdung. Und es war und ist ein ganz klarer Tigerfell-Bauchklatscher unserer Verbände, die eben offenbar doch überhaupt keinen signifikanten Einfluss auf die Politik haben, wenn es mal nicht um Champagnertrinken bei lustigen Schönwetter-Charity-Events und wohlfeile Sonntagsreden, sondern um differenzierte, wirklich wichtige Sachentscheidungen geht.

Wie dem auch alles sei. Mein Platz ist wieder auf, und ich habe heute die erste Runde gespielt. Leider ja erst mal nur 9-Loch. Mann, Mann; wie schön. (Und schon wieder könnte ich eigentlich ausrasten, welche Traumbedingungen wir in den letzten Wochen unnötigerweise in die Corona-Tonne gekloppt haben…) Aber wie heißt es so schön: “Schaue vorwärts, nie zurück.” (“In der Arbeit liegt dein Glück.” Wie, was?)  Der Platz ist jedenfalls in sehr gutem Zustand. Die renovierten Grüns auf der 6 und 7 sehen schon ziemlich anständig aus, obwohl man sie noch nicht bespielen darf. Mit Bunkersand aus Honolulu.

Das renovierte Grün auf der 7. Hoffentlich ist das bald wieder auf – das Wintergrün ist nämlich erheblich schwerer zu treffen…

Und der wegen Borkenkäfer oder Eichenlaubspinner oder sonstwas arg gerupfte Baum auf der 8 hat sich wieder ganz gut erholt und strahlt jetzt einen gewissen Bonsai-Charme aus. (Es gibt ja wohl, so haben mir das eingeweihte Kreise zugetragen, allen Ernstes einige Mitglieder im MGC, die den Baum gerne abholzen würden. Weil sie da nicht drüber oder dran vorbei kommen. Da kann ich nur sagen, ein Golfplatz ist doch kein Ponyhof. Einfach mal ein paar Stunden beim Pro nehmen, anstatt an die Kettensäge als Ausweg aus golferischem Unvermögen zu appellieren… 🙂

Die 8 mit dem wunderschönen Baum in der Mitte – der macht natürlich gerade den Charakter der Bahn aus.

Der Baum bleibt stehen. Basta. Ist eh ganz easy, drüber zu spielen. Klonk; Blätter riesel. Mist. 🙂

Corona-Strategie: “Je härter die Maßnahmen, desto besser”

Ich habe heute erst das Interview bei zeit.de mit dem Mathematiker Wolfgang Bock gelesen, der “an der TU Kaiserslautern zur Ausbreitung von Krankheiten forscht” und offenbar auch die polnische; zum Glück nicht die deutsche Regierung berät. Herr Bock plädiert für eine maximale Beibehaltung bzw. sogar Ausweitung der Kontaktsperren und des “Social Distancing”, bis das Corona-Virus “ausgestorben” ist.  Weil es eben irgendwann nicht mehr “genügend” Überträger gibt. Den nötigen Zeitraum für diese Strategie und die Aufrechterhaltung der Maßnahmen hat Herr Bock bei “90% Kontaktreduzierung” auf “etwas mehr als ein Jahr” taxiert.

Bis dahin also Shut-Down, mit wahnwitzigen Folgen für das Leben aller Menschen und der Wirtschaft, mit wahnwitzigen auch gesundheitlichen “Kollateralschäden” aufgrund der Einschränkung der Bewegungsfreiheit? Es gibt da ja leider einen klitzekleinen Haken an diesem wunderschönen mathematischen Modell, wie man das Virus “aushungern” lassen kann – und der ist sogar dem Experten Wolfgang Bock klar, weil es ja nach dieser Strategie keine “Herdenimmunität” geben wird:     

“Würde das Virus dann von außerhalb wieder importiert – was nicht unrealistisch ist – stünde man vor einem Problem.”

Bingo – nämlich vor exakt dem gleichen, wie gerade derzeit auch schon. (Nur dass bis dahin schon ein paar hundert Milliarden Euro verbraten sind, so und so viele Leute Pleite gemacht, psychisch zerstört sind oder Selbstmord begangen haben…) Wir wären dann wieder bei Null und könnten also das Spielchen bis in alle Ewigkeit fortführen.

Dann müsste man hoffen, dass möglichst bald ein Impfstoff zur Verfügung steht. Solche Überlegungen sind in diesem Modell aber noch nicht berücksichtigt. Hier haben wir erst einmal geprüft, was mathematisch am sinnvollsten wäre.

Eben. “Hoffen”. Und “noch nicht berücksichtigt”. Und deswegen ist diese isolierte “mathematische” Betrachtung einfach totaler Bullshit. Sorry. Nach diesem “etwas mehr als ein Jahr” des Wahnsinns mit allen wirtschaftlichen, psychischen und gesundheitlichen “Kollateralschäden” müsste man ja die Grenzen auch weiter zulassen. Kein Urlaub, keine Dienstreisen im Ausland mehr für Deutsche, keine Einreise mehr für Leute aus dem Ausland ohne mindestens zweiwöchige Quarantäne. Für immer. Solange nicht alle anderen Staaten auf der Welt das gleiche Szenario genauso strikt durchziehen.

Aber wer sagt, dass es nicht im nächsten Jahr eine neue Virus-Variante mit der gleichen Letalitäts-Rate gibt – die aber bislang eh ja noch gar nicht zuverlässig quantifiziert worden ist? (Vom übrigens theoretisch auch jederzeit denkbaren Szenario einer wirklich dramatischen Pandemie mit Letalitätsraten wie bei Ebola jetzt einmal völlig zu schweigen…) Ich muss da ganz offen sagen – obwohl ich mit meinen 55 Jahren ja auch schon ansatzweise zur “Risikogruppe” zähle: Es kann nicht sein, dass 99% (oder 99,9%?) der Bevölkerung ihr Leben auf unabsehbare Zeit in die Tonne kloppen, um möglicherweise das Leben von 1% (oder 0,1%?) der Bevölkerung etwas zu verlängern.

Mathematische Modelle mit “Ideallösungen” sind eine Sache – erst recht, wenn man einfach ganz elementare reale Parameter einfach erst mal salopp unter den Tisch fallen lässt. Realitische, politisch durchsetzbare Szenarien sehen anders aus. Das sind Abwägungen, in denen auch irgendwann Zumutbarkeiten und Verhältnismäßigkeiten eine Rolle spielen. So ist das auch verfassungsmäßig vorgesehen. Mit freischwebendem “Experten”- Herumgerechne ist jedenfalls auch niemand gedient.

Schwierige Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Konsultieren Sie den Zauberwirker Dr. John!!!

Die Menschen sind verunsichert. Ein Virus kursiert, von dem man noch nicht so ganz weiß, wie gefährlich es ist – sagen wir mal im Vergleich zu Ebola. Da kann man schon mal als Notenbankchef von “schöpferischer Zerstörung” schwafeln, wenn Solo-Selbstständige oder Kleinunternehmer (mit in Normalzeiten völlig gesunden Geschäftsmodellen…) aufgrund staatlicher Anordnungen von heute auf morgen keine Einnahmen mehr haben. Hauptsache, die eigene dicke Kohle fließt weiter. (Aber aufpassen, lieber Herr Holzmann – Sie gehören zur Haupt-Corona-Zielgruppe. Es gibt eben nicht nur ökonomische, sondern auch biologische Reinigungsprozesse… 🙂 )

Da kann man auch schon mal als öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber komplett die Solidarität mit seinen freien Mitarbeitern sausen lassen. Auch wenn man gar keine Einnahmeausfälle hat, weil die (mittlerweile gesellschaftlich ja hoch umstrittene…) Gebühren-/Beitrags-Kohle völlig ungemindert wie ursprünglich budgetiert weiterfließt. Im Gegensatz zur Situation bei Restaurants, Konzertveranstaltern, Künstlern und Taxifahrern. Auch aufpassen, liebe festangestellten und besserverdienenden Entscheidungsträger – wir sitzen alle im gleichen (bislang komfortablen…) Glashaus!

Aber was rede ich denn da? Für alle denkbaren Probleme der Welt – von Potenzschwäche bis Geldarmut – trudeln täglich viele liebe, attraktive Lösungsvorschläge in meinem Email-Postfach ein. Ich weiß gar nicht, wie viele Millionen-Vermächtnisse ich schon ungenutzt habe verfallen lassen – ich komme eben einfach vor lauter Lebensmittel-Hamstern gar nicht dazu, die alle ordnungsgemäß zu reklamieren. Heute habe ich aber einmal eine Mail bekommen, die etwas aus dem Rahmen fällt.

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Hokus. Pokus. Fidibus!!

Denn hier wird die Problemlösung einfach einmal ganz offen, ganz ungeniert in einen wundervollen, freischwebenden Bereich transferiert: In die Welt des Zaubers. Nicht zu Harry Potter, sondern zu Dr. John. Ich möchte Ihnen daher ausnahmsweise diese Botschaft nicht vorenthalten:

Mein Leben ist zurück !!!

Nach 2 Jahren Ehe ging meine Frau zu einem anderen Mann. Ich hatte das Gefühl, mein Leben würde bald enden. Ich hätte fast Selbstmord begangen. Ich war sehr lange emotional niedergeschlagen. Dank eines Zauberwirkers namens Dr. John, den ich online kennengelernt habe, als ich im Internet surfte. Ich bin auf viele Zeugnisse über diesen Zauberwirker gestoßen. Einige Leute sagten aus, dass er ihren Ex-Liebhaber zurückgebracht habe, andere sagten aus, dass er den Mutterleib wiederhergestellt, bei Gerichtsverfahren und anderen Krankheiten geholfen und auch Zauber gewirkt habe, um Lotterie zu gewinnen und Wetten zu gewinnen, andere sagten aus, dass er einen Zauber wirken könne, um die Scheidung zu stoppen und bald. Ich stieß auch auf ein bestimmtes Zeugnis, es handelte sich um eine Frau namens Sonia, sie sagte aus, wie er ihren Ex-Liebhaber in weniger als drei Tagen zurückgebracht hatte, und am Ende ihres Zeugnisses ließ sie die Kontaktadresse von Dr. John fallen. Nachdem ich all dies gelesen hatte, beschloss ich, es auszuprobieren. Ich kontaktierte ihn und erklärte ihm mein Problem und folgte seinen Anweisungen. In nur 3 Tagen kam meine Frau zu mir zurück. Wir haben unsere Probleme gelöst und sind noch glücklicher als zuvor. Dr. John ist wirklich ein begabter Mann und ich werde nicht aufhören, ihn zu veröffentlichen, weil er ein wunderbarer Mann ist … Wenn Sie ein Problem haben und nach einem echten und echten Zauberwirker suchen, um alle Ihre Probleme für Sie zu lösen. Kontaktieren Sie ihn jederzeit, er hat die Antwort und Lösung für Ihre Probleme. Hier ist sein Kontakt: E-Mail: (zensiert)

P.S. 1: Wenn Sie die originalen Kontaktdaten zu Dr. John haben wollen – kein Problem; überweisen Sie mir einfach 1000,- Euro; ich brauche die Kohle gerade. (s.o.)

P.S. 2: Dr. John kann selbstverständlich auch gegen das Corona-Virus und gegen dessen Kollateral-Schäden helfen; sonst wäre er ja ein schlechter Zauberwirker.

Die dreisteste Crowdfunding-Idee ever: Trink-Genosse

Ok, ok. Wir saufen alle. Obwohl wir das nicht tun sollten. Alkohol ist schlecht für den Teint, für die Leber und für die Libido – wobei andererseits unter Alkoholeinfluss auch wiederum vieles passiert, was besser nicht hätte passieren sollen. Kurzum – Alkohol ist das Werk des Teufels, des Shaitans, vor dem ja Allah sei dank unsere bärtigen Freunde mit den handgehäkelten Strickmützchen gefeit sind. Aber was rede ich denn da? Fest steht – die Crowdfunder vom “Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln” (gibt es das echt???) (*siehe die Korrektur unten) huldigen dem Alkohol und der Geselligkeit – und haben eben mal schnell die dreisteste Crowdfunding-Aktion der Weltgeschichte lanciert…

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Alleine trinken macht keinen Spaß

Klar- ne eigene Bar ist total geil; weil man da halt Kölsch und Cocktails gratis bis zum Abwinken oder bis zum Delirium reinkippen kann; möglicherweise sogar (solange man nicht völlig abgefüllt und unzurechnungsfähig ist…) mit einem kommunikativen Kennenlern-Faktor. Open Source, Ode an die Genossenschaft, Solidarität (diesmal nicht mit der Internationale, sondern einfach nur so…), ein Abgesang an die kollektive Vereinzelung und vielleicht sogar an das Alleinenachhausegehen – das sind natürlich die Schlagworte, die in uns allen und speziell auch in uns junggebliebenen Mitt-Fünfzigern die Lebensgeister und die Extremitäten-Aktivatoren erneut – vielleicht zum letzten Mal – erwachen und sprießen lassen. Dafür tausend Dank!

Völlig klar also, dass ich für diese super-geile Crowdfunding-Aktion sofort zehn Ocken rausgerückt habe, für die ich – nach einem erfolgreichen Start des Projektes (woran ich ja noch gewisse Zweifel habe…) – mit einem crowdgefundeten Kölsch sehr teuer, aber auch sehr avantgardistisch profitieren werde. Ihr trefft mich also bald immer abends in der Trink-Genossen-Bar, wo ich meine basisdemokratischen Pflichten erfüllen werde. Nastrowje!

 

P.S. 18.10.2018:  Die Trink-Genossen haben direkt mal ein paar Dinge in meinem Post richtiggestellt – der wichtigste Lapsus: Die Genossen sind keineswegs identisch mit den Genossenschaftswesen-Studierenden 🙂 , sondern haben sich lediglich von denen beraten lassen. Da hab ich wahrscheinlich schon einen zuviel in der Alleintrinker-Mütze gehabt. (Obwohl ja auch noch ein gewisser wissenschaftlich-aufklärerischer Impetus bei den Genossen verankert zu sein scheint: “Im Verlauf von Gründung und Betrieb der Genossenschaft werden also Methoden ausgearbeitet, ausprobiert, analysiert, verbessert und nicht zuletzt dokumentiert.” (auf nem Bierdeckel wahrscheinlich…) Jetzt wüsste ich natürlich auch noch gern, ob die Beratungs-Stundensätze der Genossenschaftswesen-Studierenden unter denen von McKinsey liegen – dann wär das ja auch noch eine Idee für die SPD, die Raiffeisenbank, Edeka und Erich Honecker.

Das mit dem “Gratis-Saufen in der eigenen Bar” hab ich natürlich nur so aus der allgemeinen Lebenserfahrung (Es gibt ja da diesen furchtbar diskriminierenden Spruch, den ich persönlich selbstverständlich vollständig ablehne: “Wer nichts wird, wird Wirt 🙂  ) heraus geschöpft; der Wirt oder die Wirtin oder das Wirt-Wesen (gender-neutrale Bezeichnungen sind ganz wichtig; insofern bin ich mir bei “Genossen” nicht so ganz sicher, ob da wirklich alle inkludiert sind…) oder der Miteigentümer (“Genosse”) hinter der Theke könnte(n) sich eben relativ einfach einen unbemerkt, unregistriert und unversteuert hinter die Binde kippen. Das fänd ich zumindest einigermaßen menschlich und naheliegend.

Auf der Trink-Genossen-Website (die ich noch mal zur Korrektur meiner Irrtümer konsultiert habe…) scheint mir übrigens eine gewisse Aversion gegen die Komma-Setzung vorzuherrschen. Ich stelle hier noch mal etwas Material zur Verfügung. (,,,,,,,,,,,)

Zellsimulation mit “transparentem” neuronalen Netz

Über den “großen Haken” beim Paradepferd der modernen Informatik, den “Künstlichen Neuronalen Netzen” haben wir schon des öfteren gesprochen: So beeindruckend die Ergebnisse auch sind – wie die Algorithmen letztlich zu ihren Resultaten kommen und was in den internen Schichten genau abläuft, das können selbst die jeweiligen Programmierer nicht genau sagen. In vielen Szenarien reicht der pragmatische Ansatz “Hauptsache, das Ergebnis ist gut” ja auch; in vielen anderen aber auch nicht. (Wobei eine gewisse sehr problematische Tendenz unverkennbar ist, die Resultate einer vermeintlich objektiven “Künstlichen Intelligenz” eben nicht zu hinterfragen.)

Aber dieses „Black Box“-Konzept ist ohnehin nicht alternativlos, das zeigen amerikanische Wissenschaftler jetzt im Fachblatt „Nature Methods“.

Screenshot from d-cell.ucsd.edu, where researchers can use DCell, a new virtual yeast cell developed at UC San Diego School of Medicine.

Bei “DCell”, dem “Visible neural network” von Trey Idecker von der University of California San Diego, organisieren sich die internen Schichten (“Layer”) und ihre Verknüpfungen im Gegensatz zu herkömmlichen neuronalen Netzen nicht einfach im Training selbst, (als letztlich rein statistisches “Fitting” zwischen einem “Input” und einem “Output”-Wert), ihre Architektur ist von vornherein in den wesentlichen Strukturen vorgegeben. Den Bauplan für “DCell” liefert der bestens erforschte Modellorganismus der Molekularbiologen, die Bierhefe (Saccharomyces cerevisiae).

Die erste, die Eingangsschicht entspricht den einzelnen Genen und ihren Mutationen; und die letzte, die Ausgangsschicht entspricht dem Verhalten der Zelle, nämlich wie schnell sie wächst. Und die Schichten dazwischen, das sind praktisch die physikalischen Größenordnungen in der Zelle, jede folgende Schicht entspricht einer größeren, komplexeren Strukturebene.   

Die ersten Schichten des Neuronalen Netzes bilden also den Nanometerbereich ab, wo ein Gen den Bauplan für ein Protein liefert. Die späteren Schichten repräsentieren dann Strukturen wie Membranen, die letzten die größeren Einheiten wie Zellkern oder Mitochondrien. Damit ist das „Visible Neural Network“ im Grunde die digitale Simulation einer kompletten Zelle, die sich nun mit Trainingsdaten füttern lässt. Und die gibt es im Falle der Bierhefe reichlich:

Es gab so viele Studien in den letzten zehn Jahren – wir haben Daten über 12 Millionen einzelne Genmutationen, und da hat jeweils jemand im Labor nachgemessen, welche Auswirkung die Mutation auf das Wachstum der Hefezelle hatte.

Mit dem trainierten Algorithmus konnten Trey Ideker und seine Kollegen anschließend nicht nur die schon bekannten Auswirkungen einzelner Mutationen wie in einem digitalen Modellbaukasten nachvollziehen, sondern sogar in den internen Schichten des Neuralen Netzes noch neue Entdeckungen machen. Es gibt nämlich offenbar selbst bei der intensiv erforschten Bierhefe Proteinkomplexe bzw. “zelluläre Subsysteme”, die bislang unbekannt waren, aber durchaus Auswirkungen auf das Zellwachstum haben. Letztendlich geht es Trey Ideker aber nicht um Bierhefe – er ist Krebsforscher. Er sucht nach Wegen, das Wachstum von Tumorzellen zu verhindern. Und vielleicht könnte eine digitale Zellsimulation auch hier wichtige Erkenntnisse liefern. Was die nötigen Trainingsdaten angeht, ist Ideker recht optimistisch:

Ich schätze mal, so zu Beginn der 2020er Jahre werden wir rund eine Million Krebs-Genome öffentlich verfügbar haben, dann wäre eine Big-Data-Analyse kein Problem. Aber die größere Herausforderung ist: Haben wir genug Wissen über die Biologie von Krebszellen, das wir für die Schichten in unserem Neuronalen Netz brauchen? Nein, haben wir nicht.

Trey Ideker und seine Kollegen, aber auch viele andere Forscher-Teams weltweit arbeiten deshalb intensiv daran, öffentliche Datenbanken über die interne Funktionsweise von Tumorzellen aufzubauen. Mit einer digitalen Zellsimulation, so Idekers Vision, könnte man dann vielleicht auch ein erst in jüngster Zeit erkanntes Problem in den Griff bekommen: Dass nämlich Krebs bei jedem einzelnen Patienten anders funktioniert.

Deswegen brauchen wir dieses Neuronale-Netz-Modell, weil all diese möglichen Varianten in unserem Modell abgebildet wären. Bei dem einen Patienten wird vielleicht die eine Route durch die Ursache-Wirkungs-Hierarchie aktiviert, bei dem zweiten eine andere. Bevor wir so ein komplettes Modell haben, können wir das nicht voraussagen.

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 06.03.2018 (Moderation: Lennart Pyritz)