In den USA ist das ja leider schon fast ein trauriger Standard-Ablauf: Ein Schwarzer wird bei einem Polizeieinsatz erschossen, die Umstände sind nach Aussagen von Zeugen oder Aufnahmen von Kameras zumindest fragwürdig. Und anschließend kommt es zu tage- oder wochenlangen Protesten mit zum Teil bürgerkriegsartigen Szenarien. Im Moment sorgt gerade ein Bericht der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation ACLU für Aufsehen: Die US-Polizei nutzt Daten von Twitter, Facebook und Instagram, um Demonstranten und Aktivisten zu überwachen bzw. sogar von dem Marsch auf die Straße abzuhalten. Geliefert werden diese Daten von einer Firma mit dem Namen Geofeedia.
Das klingt nach einem Skandal oder nach einem Eingriff in Bürgerrechte, und der Eindruck wird ja verstärkt durch die Reaktion der betroffenen Social-Media-Firmen: Instagram und Facebook hatten Geofeedia schon im September den Zugriff auf die Daten gekappt, und nachdem am Dienstag der ACLU-Report publik gemacht wurde, kam dann auch von Twitter postwendend die Message: Der Zugang von Geofeedia wird auf der Stelle beendet.
Aber “privilegiert” oder “besonders” ist dieser Zugang überhaupt nicht. Was Geofeedia weiterverkauft, ist schlicht und ergreifend die Nutzung von sogenannten APIs. Das steht für „Application programming interface“, auf Deutsch also „Anwendungsprogrammierschnittstelle“. Und über solche Schnittstellen hat man dann Zugang zu den Rohdaten des jeweiligen Dienstes, also z.B. auf Tweets oder Postings, aber ohne die normale grafische Aufbereitung oder Filterung oder Gewichtung. Einen solchen API-Zugang gibt es je nach Nutzungsintensität gratis oder gegen Gebühr.
Wer sich jetzt darüber aufregt, dass Polizeidienststellen über Geofeedia-Daten vermeintlich oder tatsächlich gewaltbereite Demonstranten abfängt, verkennt die Tatsache, dass Pepsi-Cola eben ansonsten unzufriedene Coca-Cola-Trinker zu identifizieren versucht 🙂 . Social-Media-Nutzer werden nun eben mal abgeschnorchelt und ausgewertet. Ob Konsumenten, Demonstranten oder Terroristen.
DRadio Wissen – Hielscher oder Haase vom 14.10.2016 (Moderation: Till Haase)