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Wie antisemitisch ist Sucharit Bhakdi?

Es gibt ja so manche Themen, mit denen kann man eigentlich nur verlieren. Oder seine komplette bürgerliche und berufliche Existenz schrotten. Was über Nazis oder über Juden sagen ist da ein Patentrezept. Ich mach das jetzt mal trotzdem. Spannende Sache. “Autobahn” – das geht bekanntlich gar nicht. Und offenbar gibt es auch noch ein paar andere Verdammungs-Automatismen.

Es gab da einen einstmals sehr renommierten Professor namens Sucharit Bhakdi – der ist allerdings in das Lager der Corona-“Maßnahmenkritiker” abgetaucht. Ulkigerweise muss ich mich selbst auch in das Lager der Corona- “Maßnahmenkritiker” – welch schönes Wort, viel schöner als “Verharmloser”, “Relativierer” oder “Leugner” – einordnen.  Professor Bhakdi hat zur aktuellen Corona-Pandemie und zu deren Bekämpfungsmaßnahmen und zu deren Sinnhaftigkeit oder Legitimität so einiges gesagt – wofür er auf der einen Seite gefeiert, auf der anderen Seite verdammt wird.

 

Ein Interview aus dem April, das jetzt erst breit bekannt wird, hat die Wahrnehmung noch einmal drastisch verschärft – darin hat Bhakdi etwas über Juden oder Israelis gesagt.

Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land, aus diesem Land, wo das Erzböse war, (…), und haben ihr Land gefunden, haben ihr eigenes Land in etwas verwandelt, was noch schlimmer ist, als Deutschland war. (…) Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt. Deshalb ist Israel jetzt living hell – die lebende Hölle.

Soweit das Zitat laut Tagesschau.de – die Titelzeile und Überschrift des Artikels lautet:

Antisemitische Aussagen: Bhakdi, die Juden und das “Erzböse”

Das klingt ziemlich durchgeknallt. Wenn man aber mal in das komplette Video des Bhakdi-Interviews reinhört, dann klingt das vielleicht immer noch ziemlich durchgeknallt, aber nicht mehr zwangsläufig antisemitisch. Sucharit Bhakdi erzählt dem etwas perplexen Interviewer nämlich zunächst, warum er “die Juden” eigentlich verehrt:

Und ich wurde mal gefragt von einem Amerikaner, was ich zu Israel zu sagen habe. Ich hatte für mich die Israelen, dieses Volk, das ich mehr bewundert habe als irgendein anderes Volk auf der Welt – ich war ein Juden-Bewunderer. Ja, du weißt, ich bin Musikliebhaber. Kunstliebhaber, die größten Geister waren die Juden. Es tut mir leid, wenn ich das sagen muss, es tut mir leid. Ich bin Buddhist.

(Interviewer: Ja, ich hab da kein Problem mit.) 🙂

Ich verehrte sie. Ich bin, Du hast meine Schallplatten-Sammlung gesehen, ich bin diesen jüdischen Musikern nachgereist, um eine Unterschrift von ihnen zu bekommen. Isaac Stern, David Oistrach. Ja, hunderte von Kilometern bin ich gereist, um sie zu hören, um ein Autogramm zu holen. Ich habe sie verehrt. Und jetzt machen sie das. Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land. Aus diesem Land, wo das Erzböse war. (Lange Pause.)

Mit “diesem Land” ist übrigens Nazi-Deutschland gemeint.

Und haben ihr Land gefunden. Haben ihr eigenes Land verwandelt in etwas, was noch schlimmer ist als Deutschland war. So unfassbar. Und dann habe ich dem Amerikaner gesagt: Das ist das schlimme an den Juden. Sie lernen … gut, es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt … und umgesetzt. Und deswegen ist Israel jetzt “living hell”, die lebende Hölle.

Das ist vermutlich ziemlich irre. Warum Israel jetzt gerade “living hell” sein soll, das erschließt sich mir nicht. Israel hat eine ziemlich “gute” Impfquote, wobei es auch in der jüngeren Bevölkerung jetzt so etwas stockt – darüber kann man ja als “Maßnahmenkritiker” 🙂 geteilter Meinung sein. Israel hat überdies noch einen gewissen Anteil fundamentalistischer Orthodoxer, die auch nicht so ganz impf-begeistert sind. Wo die “lebende Hölle” in Israel sein soll, bleibt Sucharit Bhakdis Geheimnis. Und natürlich ist die Behauptung “schlimmer als Deutschland war”, totaler Quatsch und eine Verharmlosung des Holocaust.

Andererseits – wenn wir mal konzedieren, dass die Behauptung – “lebende Hölle” – und die suggerierte dramatische Gleichsetzung zur Zwangssituation im dritten Reich eh Quatsch ist – dann bleibt doch möglicherweise auch vom Antisemitismus-Verdacht nicht mehr so viel übrig. Stereotype und Vorurteile gegenüber “Völkern” und Nationen (oder gar “Rassen”…) sind ja generell Quatsch. Und trotzdem völlig normal und geläufig. Die Deutschen: Sind spießig, aber effektiv. (Vor den Bauversuchen zum Berliner Flughafen zumindest.) Die Franzosen: haben guten Wein und kochen gut. Die Italiener: Sind entspannt, kochen auch gut, überfallen als Armee vorzugsweise Wehrlose. Die Engländer: kochen nicht gut, stehen aber diszipliniert Schlange.

Wenn so ein geläufiger Quatsch geläufig ist – dann ist vielleicht auch ein Quatsch nicht wirklich dramatisch wie der von den “gut lernenden Juden”, hinter dem in diesem Fall eher kein Hass, sondern etwas wie Bewunderung steht. “Schlimm” ist ja auch die stereotype Spießigkeit der Deutschen und die Feigheit der Italiener und das Porridge der Engländer 🙂 Aber klar – das alles ist Quatsch – und andererseits vielleicht noch kein Weltuntergang, sondern normaler, geläufiger Quatsch – bei dem jede und jeder einmal kurz innehalten muss und sich fragen – hab ich solche Klischees nicht auch verinnerlicht?

Dass “Judenhass … zentrales Bindeglied der Corona-Proteste” sein soll – das ist wiederum für mich: Quatsch. Klar, da gibt es jede Menge Durchgeknallte, und wie immer versammeln sich Durchgeknallte – und darunter auch Antisemiten – hinter einer Protest-Agenda. Die Protest-Agenda aber mal einfach pauschal zu verteufeln und in eine Schublade zu stecken mit verkürzten Zitaten einzelner, vielleicht auch partiell durchgeknallter Akteure – das ist wiederum unredlich.

Kann man partiellen Quatsch über Juden oder über Israel relativieren? Ja, man kann. Finde ich zumindest. Das ändert nichts daran, dass der Quatsch Quatsch ist. Aber nicht unbedingt antisemitischer Quatsch.

Strg-C verwenden führt regelmäßig zu Plagiaten – da hilft auch kein Medienanwalt

Ich habe ja als letzten Beitrag hier gewisse Bullshit-Vorwürfe in Bezug auf angebliche perfide Täuschungsversuche im CV von Annalena Baerbock behandelt, die nur durch die heldenhaft investigative Recherchearbeit deutscher Journalisten aufgedeckt werden konnten. 🙂 Um nun mal meine Unabhängigkeit und Objektivität zu demonstrieren: Die neuerdings vom österreichischen “Plagiatsjäger” Stefan Weber aufgedeckten abgeschriebenen Stellen in Annalena Baerbocks Buch “Jetzt” sind kein Bullshit.

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Zu einer eventuellen Agenda und Voreingenommenheit von Herrn Weber in Bezug auf Annalena Baerbock muss ich mich hier gar nicht einlassen bzw. habe gerade keine Zeit und Lust, nachzuprüfen, ob seine früheren Anmerkungen zum akademischen Werdegang der Grünen-Kandidatin tatsächlich “falsch” waren, wie nun von Baerbock und den Grünen behauptet. Dass es gewisse Zweifel an der Werthaltigkeit des von Annalena Baerbock absolvierten Studienganges gibt, ist eine Tatsache. Ob das ihre Eignung als Kanzlerkandidatin betrifft, ist eine offene Frage.

Was aber keine offene Frage ist: Wenn längere Textpassagen identisch; eins zu eins in einem früheren Werk erschienen sind und dann später in einem späteren Werk erscheinen – dann ist das entweder ein wunderbarer Zufall. Dessen Wahrscheinlichkeit man statistisch beziffen kann. 🙂 Wenn man Wahrscheinlichkeitstheorie und Heisenbergsche Unschärferelation kombiniert, dann tanzen irgendwo im Universum Atome oder Strings oder Geister herum, die genau den Text von Dantes Göttlicher Komödie abbilden.

In unserer realen, so unendlich profanen und flachen Welt ist so eine Koinzidenz aber schlichtweg das Resultat einer geläufigen Tastensequenz: Strg-C. Strg-V. Copy und Paste. Die Passagen, die Stefan Weber in seinem Blog aufzählt, sind schlichtweg aus anderen, früheren Quellen kopiert. Da helfen auch Vernebelungsaktionen wie die Formulierung bei Tagesschau.de in einem angeblichen Faktencheck nicht weiter, Annalena Baerbock habe “die Länder der EU-Osterweiterung in der gleichen Reihenfolge” aufgezählt, “wie es die Bundeszentrale für Politische Bildung in einem Aufsatz macht.”

Nein, es ist nicht nur eine Aufzählung in der gleichen Reihenfolge; es ist ein Copy und Paste der gesamten Textpassage:

Insgesamt zehn Staaten traten an diesem Tag der Europäischen Union bei: die baltischen Staaten und ehemaligen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen, außerdem Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, die frühere jugoslawische Teilrepublik Slowenien sowie die beiden Mittelmeerstaaten Malta und Zypern. Die EU wuchs von 15 auf 25 Mitglieder – und begrüßte damit rund 75 Millionen neue Unionsbürgerinnen und –bürger.

Mit der Ausnahme einer kleinen Gender-Eigenleistung von Frau Baerbock oder ihrem Ghostwriter: “…neue Unionsbürger*innen.”

Eine andere Passage:

Erstmals wurde der Klimawandel 2007 als Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA wahrgenommen und somit als Phänomen, das die Aufmerksamkeit des Pentagons erforderte. Der Bericht „National Security and the ­Threat of Climate Change“ der Denkfabrik CNA beeinflusste die Militärstrategie des Verteidigungsministeriums nachhaltig. … Das Konzept des Klimawandels als „Bedrohungsmultiplikator“, der Rohstoff- und Gesellschaftskonflikte in Entwicklungsländern verschärfen kann, ist seither zu einem Eckpfeiler in der Strategie des Pentagons geworden. Je gespaltener und korrupter ein Staat ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er besonders stark unter den Folgeerscheinungen der Erderwärmung leiden wird – also unter inneren Konflikten, humanitären Katastrophen und Massenmigration. Das daraus entstehende Chaos könnte wiederum zu neuen Herausforderungen für das US-Militär führen, sei es durch humanitäre Hilfseinsätze oder militärische Interventionen im Ausland.

Im Buch von Annalena Baerbock steht:

“Da ähneln sich die Passagen.” Höhö, lieber Kollege von Tagesschau.de, da ähneln die sich aber sehr. Heisenbergsche Unschärfe wahrscheinlich. Oder Copy&Paste. Oder : “Bei den kritisierten Passagen scheint es eher so, als habe Baerbock Sachinformationen übernommen.” Nö. Da sind nicht nur Sachinformationen übernommen, sondern Einordnungen. Das ist auch, liebe Grüne und lieber Medienanwalt Christian Schertz, keine “Wiedergabe allgemein bekannter Fakten sowie politischer Ansichten.” Das ist eine Passage, die von ihrer Komplexizität her ganz eindeutig urheberrechtlich geschützt sein dürfte. Eine ganze Lobby-Fraktion deutscher Verleger hat ja gerade unter aufopferungsvollstem Einsatz 🙂 durchgepaukt, wo im Netz die Grenzen des zulässigen kostenfreien Zitierens verlaufen sollen. Die dort vorgesehene Bagatell-Zeichenzahl hat Annalena Baerbock bzw. ihr Ghostwriter hier eindeutig gerissen.

Stefan Weber hat gerade noch eine weitere Passage gefunden bzw. dokumentiert. Kommen wir mal zu der Bewertung. Herr Weber hat ja sogar selber gesagt, die fraglichen Stellen im Buch seien “nichts Weltbewegendes”. Das ist korrekt. Annalena Baerbocks Buch ist keine Dissertation, das ist auch korrekt und banal. Plagiate sind aber auch außerhalb von Dissertationen Plagiate. In Artikeln von Journalisten z.B., wo ich die mal als abnehmender Redakteur gefunden habe. Oder sonstwo. Bei der Übernahme von Fotos im Netz, bei der Übernahme von Melodien oder Samples in der Musik. Darüber freuen sich normalerweise; bzw. davon profitieren normalerweise “Medienanwälte”.

Bei der Abgrenzung eines Plagiates zu einer zulässigen Übernahme geht es regelmäßig um die Frage der “Schöpfungshöhe”. Wenn die bei der gerade zitierten Passage nicht erreicht sein sollte, dann fresse ich einen Besen oder spiele wahlweise eine Runde Golf um eine Kiste Wein gegen Herrn Schertz oder die “Rufmord”-Rufer von den Grünen 🙂 (Das können aber auch gerne einfach Gerichte klären…) Liebe Leute – diesmal ist der Bullshit-Joker auf eurer Hand. Gebt doch einfach zu, dass so ein “Sachbuch” halt relativ pragmatisch zusammengezimmert wird, dass das vermutlich überwiegend ein Ghostwriter schreibt, der seinen Job pragmatisch macht.

Über die Qualifikation der Kandidatin sagt die “Affäre” immer noch nix aus. Ich war übrigens schon bei früheren Doktorarbeits-Analysen eher großzügig: Meiner Meinung nach sind Zitierungs-Sünden im Abschnitt des Referierens der vorhandenen Literatur eher lässlich – bei dieser Fleißarbeit behauptet der Autor/die Autorin ja eh nicht, einen eigenen genialen Gedanken zu formulieren.  Bei einem Sachbuch mag die Schwelle noch geringer sein – nur; wenn da so viel von anderen stammt, warum das dann unter eigenem Namen veröffentlichen?

Wie dem auch sei. “Nichts Weltbewegendes.” Stimmt. Aber das allzu selbstgefällige “Rufmord”-Gequake, die plakative Empörung und der Aufruf zur Solidarität von den Grünen gegen das eigentlich nicht wegzudiskutierende sind peinlich. Und die verschwurbelten und einfach nicht zutreffenden “Faktencheck”-Einordnungen von öffentlich-rechtlichen Kollegen, die sind vielleicht noch viel heikler.

P.S. 06.07.2021: Stefan Weber hat wie angekündigt einen ersten größeren Überblick über die bislang gefundenen Plagiatsstellen in Annalena Baerbocks ( 😉 ) Buch online gestellt – nach Lektüre des PDFs erübrigen sich wohl alle weiteren Diskussionen, nach welcher “Methode” das “Werk” angefertigt wurde. Ich empfehle den “Faktenchecker”-Kolleginnen und -Kollegen dringend die Lektüre – es ist dann übrigens auch nicht nötig, noch Dritt-Expertise von Juristen oder Medienwissenschaftlern oder “Plagiatsexperten” einzuholen. Wer nicht glasklar erkennt (und auch benennt!), dass diese Art des systematischen Fremdtext-Ausschlachtens alle Konzepte von “geistigem Eigentum” einerseits und selbstständigem Denken und Texten andererseits verletzt, der/die hat auch als Journalist/Journalistin seinen/ihren Beruf verfehlt, untergräbt die eigene berufliche und gesellschaftliche Existenzberechtigung, und sollte vielleicht auch dringend mal mit dem hauseigenen Justiziar plaudern. 🙂

Und wer die schlichte Dokumentation dieses Desasters als “Rufmord” bejammert, sollte vielleicht mal das Oberstübchen durchlüften.

Über Schaumschlägerei in Politik, Journalismus und Sozialen Medien

Seit Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin der Grünen nominiert worden ist, ist das Interesse an ihrer Person und ihrem Lebenslauf stark angestiegen. Nicht immer unbedingt aus reiner Neugier oder Sympathie. 🙂 Das ist aber auch im Grundsatz völlig ok. PolitikerInnen agieren in der Öffentlichkeit und müssen insofern eben auch einpreisen, dass die Öffentlichkeit auch an ihrer Person Anteil nimmt – und zwar nicht nur an dem offiziellen und kuratierten Image, sondern auch an irgendwelchen vermeintlich privaten, vermeintlich irrelevanten oder tatsächlich oder angeblich “vergessenen” Details der Biographie.

Und das alles gilt proportional zur politischen Exposition bzw. proportional zur Wichtigkeit des bekleideten oder angestrebten Amtes. Umstimmigkeiten im Lebenslauf des Stadtrates in Winsen an der Luhe interessieren fast niemand. Solche im Lebenslauf eines Kanzlerkandidaten oder einer Kanzlerkandidatin fast alle.  Dafür gibt es einen sehr guten Grund – bei einem sehr exponierten und sehr machtvollen Posten möchte man eben sicher gehen, dass der/die Inhaber(in) bzw. der/die Kandidat(in) da auch geeignet ist; mit nachweislichen Qualifikationen.

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Es gibt auch einen zweiten Grund, der jetzt eher nicht gut, sondern eher böse ist – aber in einer legitimen Weise böse: Politische Auseinandersetzung beinhaltet nun einmal auch, die Schwachstellen des politischen Gegners abzuklopfen. Ob die nun sachlich stark relevant sind oder nur weniger stark, ob die nun im Politischen liegen oder im Privaten, ob die vermeintliche oder tatsächliche Schwachstelle oder Verfehlung nun etwas mit dem politischen Wirken der Person zu tun hat oder nicht.

Wenn zum Beispiel rauskommt, dass der verheiratete Vorsitzende einer “christlich sozialen Union” mit traditionellem religiös-moralisch geprägten Wertekanon und auch im Parteiprogramm und in der politischen Agenda ausdrücklich propagandiertem Familienbild eine außereheliche Beziehung geführt und in dieser ein Kind gezeugt hat, dann wirft dies unter Umständen Fragen an der Integrität/Glaubwürdigkeit des Politikers bzw. der Partei auf. Interessanterweise gibt es aber bei uns in Deutschland einen ungeschriebenen Ehrenkodex in der Presse, solche “persönlichen” “Verfehlungen” nicht sonderlich zu thematisieren. Und letztlich ist das auch gut so.

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Bei sonstigen Unstimmigkeiten im Lebenslauf ist das anders, das wird thematisiert – die Anzahl von über geschluderten und gefaketen Dissertationen gestolperten PolitikerInnen ist inzwischen Legion. Insofern muss ich auch sagen, die Diskussionen über den Stand und Wert der Studien und über vorhandene oder nicht vorhandene Abschlüsse an renommierten oder nicht so renommierten Universitäten im Fach “Völkerrecht” bei Annalena Baerbock finde ich völlig nachvollziehbar und legitim. Auch da kann man trefflich darüber nachsinnen, wie relevant die Qualifikation für die aktuelle politische Arbeit ist, und wie da die Expertise von Mitbewerbern ist – aber solange eine Qualifikation in einem offiziellen Lebenslauf drinsteht, darf man die auch einordnen.

Jetzt hat der Kollege Philip Plickert, der für die FAZ schreibt, angebliche neue Unstimmigkeiten im offiziellen Lebenslauf von Annalena Baerbock entdeckt und öffentlich gemacht – zunächst mal auf seinem privaten Twitter-Account.

Die Faz hat sich die Story mittlerweile auch zu eigen gemacht (war das also eine private oder Faz-“Recherche”?…)  – zuvor waren aber bereits Focus, BILD (verlink ich hier mal nicht, das Drecksblatt ist eh nicht satisfaktionsfähig… 🙂 ) und die einschlägigen Blogs und Twitter-Quellen auf den “Skandal” eingestiegen. “Kanzlerkandidatin von Köpenick?” ist da eine sehr schöne Schlagzeile. Und unglaublich lustige Tweet-Headlines wie “Baerbock ändert Biografie öfter als die SPD ihr Grundsatzprogramm.” Har. Har. Was haben wir gelacht.

Tatsächlich hat Annalena Baerbock bzw. ihr Web-/Social-Media-Team ja nun die Angaben auf der Website geändert. Die ganze Kategorie heißt jetzt “Beiräte, (Förder-)Mitgliedschaften, regelmäßige Unterstützung”. Schauen wir uns mal die Korrekturen an; vier von zehn skandalöse Unstimmigkeiten hatte der Kollege Plickert ja investigativ “gefunden”. Die angeblich nicht nachvollziehbare Mitgliedschaft im “Potsdamer Solarverein” – uups, die gab es doch – kleiner Recherche-Irrtum. (Ob der Verein eine Homepage besitzt, ist doch piepegal – wenn der Verein nicht wichtig ist, dann ist doch bestimmt die Mitgliedschaft oder Nicht-Mitgliedschaft von Frau Baerbock auch nicht wichtig, gell? 🙂 )

Die behauptete Mitgliedschaft im UNHCR – Riesen-Skandal!!! Da kann man ja als Privatperson gar kein Mitglied sein!!! Wie völlig vernagelt muss Frau Baerbock sein, uns dies fälschlicherweise glaubhaft machen zu wollen. Sonst nur Staaten als Mitglied – und dann noch Annalena Baerbock? Welche Hybris, die durch die fantastische Recherchearbeit eines deutschen Journalisten aufgedeckt worden ist und jetzt auch zurecht im einschlägigen internet gegeißelt wird!! Oder: Ist das einfach nur ein ganz banales Versehen? Frau Baerbock ist Fördermitglied – also einfach Spenderin beim UNO-Flüchtlingshilfswerk. Das ist deutscher Partner des UNHCR – und das UNHCR wird in deutschen Internetquellen meist als “Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen” bezeichnet.

Punkt drei: Annalena Baerbock ist offenbar nicht mehr im „Europa/Transatlantik-Beirat der Heinrich-Böll-Stiftung“, sondern war da mal drin. Und ist inzwischen ausgeschieden. Punkt vier: Frau Baerbock ist gar kein Mitglied des German Marshall Fund (GMF), sondern hatte nur mal eine “Marshall Memorial Fellowship vom German Marshall Fund” inne.

Kommen wir doch mal zum Narrativ vom Kollegen Plickert – die falschen Angaben und Mitgliedschaften seien “hochstaplerisch” und “prestigeheischend”. Das mit dem Solarverein war ja eh: Bullshit. Die angeblich behauptete Mitgliedschaft im UNHCR: Bullshit – bzw. ganz offenbar nur ein Versehen. (Nur mal als Analogie: Wenn ich jetzt schreibe: “ich bin Mitglied der UN” – kann man das dann als relevanten Täuschungsversuch werten?)

Die Sache mit dem Beirat der Heinrich-Böll-Stiftung – da war sie mal drin, und ist jetzt nicht mehr drin – aber wie “prestigeheischend” kann das denn sein?? Ist doch völlig logisch, dass irgendwelche grüne Hanseln und Greteln in der Heinrich-Böll-Stiftung irgendwas bekleiden oder nicht bekleiden – das wird jetzt niemand irgendwie interessieren oder nicht interessieren.

Zum German Marshall Fund – dem kann man/frau offensichtlich völlig problemlos Kohle rüberschieben – ob ich daraus einen “prestigeheischenden” Distinktionsgewinn in der Öffentlichkeit ableiten kann, ist noch eine andere Frage. Offenbar war Frau Baerbock aber immerhin im Fellowship-Programm, und wie ja auch aus ihrer Mitgliedschaft bei der “Atlantik-Brücke” hervorgeht, ist sie offenbar “Transatlantikerin” und Freundin eines vertrauensvollen Dialogs mit den USA und – Riesen-Überraschung!!!- offenbar Angehörige des “Realo-Flügels” bei den Grünen.

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Ein Soufflé – zum Glück mit Substanz.

So. Was bleibt denn eigentlich noch vom “Skandal” und der “Köpenickiade”? Wo ist denn eigentlich das “Soufflé”, das zusammenfällt? Ist die heiße Luft vielleicht doch eher bei gewissen Kollegen und gewissen PolitikerInnen und deren FollowerInnen mit etwas ideologischem Schaum vor dem Mund?

Mal so als kleine medienkritische Einordnung – dass da Focus, BILD und einschlägige Netz-Quellen losprusten – das überrascht mich nicht. Dass die (von mir bislang abonnierte…) FAZ unkritisch drauf einsteigt, schon eher. Zum Glück bin ich ja öffentlich-rechtlicher Journalist. Und wir dürfen noch unserem eigenen Narrativ folgen, weil wir ja die Kohle zwangseingetrieben bekommen und keinem “Wes Brot ich ess, des Lied ich sing” folgen müssen. 🙂 Kleiner Scherz. Klar – wir bekommen natürlich immer jeden Morgen einen Anruf aus dem Kanzleramt. Übrigens mal als Disclaimer in der ganzen Sache – dass ich Grün wähle, ist nicht ausgeschlossen, aber ziemlich unwahrscheinlich. Aber ich hab was gegen Bullshit.

Die Aktion #allesdichtmachen stößt auf massive Kritik – kein Wunder

Jetzt ist nur noch die Frage, warum das kein Wunder ist. Weil die Statements in den Videoclips oder der ganze Tenor der Aktion “daneben” sind? Oder weil es eben doch eine Mainstream-Meinungsregelung zur Corona-Pandemie gibt, gegen die man/frau besser nicht verstoßen sollte? Ulkigerweise bin ich ja auch Akteur in diesem Szenario – auf mehrfache Weise – und ulkigerweise oder traurigerweise muss ich mir sehr genau Gedanken machen, ob ich hier überhaupt öffentlich Stellung beziehen darf/sollte. Ich mach das aber mal trotzdem.

Das extrem verstörende an der Corona-Pandemie und all ihren Aspekten ist – die Wahrnehmung der Situation ist von Mensch zu Mensch völlig verschieden. Und das geht bis in den ganz intimen Bereich hinein, hin zu den besten Freundinnen und Freunden – da öffnen sich plötzlich Gräben einer völlig verschiedenen Priorisierung von ethischen Basics. Für die einen hat der “Schutz des Lebens” die absolute und nicht zu diskutierende Priorität. Für die anderen – und dazu zähle ich mich selbst auch – stellt sich die Frage: Sind die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des “neuartigen Corona-Virus” im Hinblick auf die dadurch ausgelösten Kollateralschäden verhältnismäßig?

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Es gibt ja so herrliche Schlagwörter seit Beginn der Pandemie: “Corona-Verharmloser”, “Covidiot” und “Corona-Relativierer”. Ich bekenne mich mal hier zu letzterem. Verharmlosen muss man das Virus nicht – es ist offensichtlich deutlich gefährlicher und letaler als die altbekannten Grippe-Erreger. Relativieren – im Sinne von “vergleichsweise einordnen” kann man es aber schon. Und da zeigt sich nach allen bislang bekannten Daten: Der Erreger und die von ihm ausgelösten Erkrankungen betreffen nur einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung. Die anekdotischen Berichte über Ausnahmen und – im Vergleich zu anderen Viruserkrankungs-Langzeitschäden – wissenschaftlich nicht quantifizierten oder belegten “Long-Covid”-Folgen jetzt mal eingepreist.

Jetzt geht es natürlich sofort wieder los. Was heißt: Ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung? Ist eine Risiko-Exposition im 0,xx-Bereich relevant oder nicht? Kann man mit Prozent-Angaben argumentieren, oder mit absoluten Zahlen? Sind “zehntausende” Tote “wegen oder im Zusammenhang mit Corona” ein hinreichender Grund, die Lebensentwürfe von Millionen einzuschränken – oder von den wirtschaftlichen und emotionalen Parametern her völlig zu schrotten?

Wie ich ja schon hier im Blog geschrieben habe – die angebliche “Solidarität” der Gesellschaft ist meines Erachtens völlig Fiktion. In Wirklichkeit haben wir in Deutschland erstens ein Übergewicht der “Alten” – die einerseits besonders gefährdet sind von Covid-19 – und andererseits die Einschränkungen sehr komfortabel aussitzen können; im eigenen Häuschen mit Garten. Die gesellschaftlichen Gruppen, die die Corona-Zeche zahlen – die sind nie gefragt worden, ob sie bei der tollen Solidaritäts-Aktion überhaupt mitmachen oder die Zeche eben zahlen wollen.

Das sind die Jugendlichen, für die die ganze Corona-Scheiße eben nach allen Daten vollkommen irrelevant ist. Leider eine politisch und demografisch unterrepräsentierte Fraktion. Für Schüler und Studenten werden gerade Lebensentwürfe geschrottet – von den Schwierigkeiten einer Schulteilnahme angesichts der miserablen Online-Konzepte über Kollateralschäden bei Online-Vorlesungen bis hin zu kompletten Ausfällen von Auslands-Semestern. Diese Schäden werden nicht quantifiziert. Die sind aber da – und werden das Leben der Betroffenen für immer prägen.

Das sind auch Solo-Selbstständige und Künstler – ob da die jetzt aufmupfenden die besonders Betroffenen sind oder nicht, darüber kann man noch diskutieren, am besten als Rentner, Festangestellter oder Kulturferner. Es ist ja total egal, ob irgendwelche Typen mit exotischer Beschäftigung – Opernsänger, Schauspieler oder die ganze Veranstaltungsbranche vom Agenten bis zum Beleuchter plötzlich arbeits- und mittellos werden – aus Zwangssolidarität mit irgendwelchen andern gutversorgten Bürgerinnen und Bürgern.

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Kann man Kollateralschäden, darf man Kollateralschäden – und sei es auch “nur” das plötzlich verbotene Bedürfnis an Party, Begegnung, Sex bei jungen Menschen – aufrechnen gegen die eventuelle Verlängerung des Lebens einer/eines Pflegeheim-Bewohner(in)s? Oder gegen das Leben eines/einer aus anderen Gründen überproportional von Covid-19 Betroffenen? Ich finde, da kann man zumindest mal drüber diskutieren. Die einen sind unschuldig betroffen – die andern aber auch. Und dann gibt es ja auch noch – politisch super-heikel – Risikofaktoren, die nicht zufällig sind: Bildung, Bewegung, Ernährung, kulturelle Verhaltensweisen.

Gibt es dafür tatsächlich eine gesellschaftsbreite Solidarität, oder wird die nur behauptet und angeordnet? Das könnte man mal ergründen, tut es aber wohlweislich nicht. Die Intensivbetten-Belegung ist ein gewichtiges Kriterium, um Grundrechts-Einschränkungen zu legitimieren. Man hört allerdings aus Mediziner-Kreisen auch verstörende Details: Krankenhäuser verdienen nun einmal an Intensiv-Patienten besser als an normalen Fällen. Und die Kriterien einer Intensiv-Einordnung sind fließend.

Was für die beteiligten, ihrer ökonomischen Vorgabe folgenden Mediziner – wiederum laut der Quellen – noch nicht mal ethisch problematisch ist. Im Zweifelsfall können ja die doch nicht so extrem problematischen Fälle wieder ihre Intensiv-Betten räumen für wirkliche Akut-Patienten. Ähnliches hört man leider auch zu den Beatmungs-Fällen – die Kriterien sind für die eine Mediziner-Fraktion unzweifelhaft, für die andere ganz und gar nicht. Fest steht allerdings: Beatmung ist lukrativ für das Krankenhaus – und die betroffenen Patienten haben eine hohe Sterbewahrscheinlichkeit.

Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens ist ja ganz offenbar ein Kernpunkt der ganzen Situation. Ich erinnere mich an zig Beiträge, Interviews oder Statements (die sind natürlich auch nachweisbar…) von Politiker(inne)n und Mediziner(inne)n in den letzten Jahren, warum wir zuviel Krankenhäuser haben und diese ganze Ineffizienz bereinigt werden muss. Dann kommt ein – sorry, im Vergleich zu wirklichen Killer-Erregern wie Ebola und Konsorten – Pussy-Virus wie Sars-CoV-2, das eben nur für einen sehr geringen Teil der Bevölkerung relevant ist – und wir verfallen in den totalen Ausnahmezustand; inklusive elementarster Grundrechtseinschränkungen.

Das ist – sorry – leider ein totales Politik-Versagen. Und ein totales gesellschaftliches Versagen. Das Ökonomie-Primat war ja angeblich ganz toll, wir möchten ja auch gern niedrige KV-Beiträge zahlen. Impfstoff- und Medikamenten-Vorprodukte werden ökonomisch outgesourct nach China, die Masken-Herstellung auch. Pflegerinnen und Pfleger werden mau bezahlt, ist ja nur Gedöns.

Und sobald das – jetzt mal relativiert 🙂 eingeordnet – Pussy-Virus loslegt: totales Armageddon, Panik, Zusammenbruch. Fest steht – und damit sind wir jetzt wieder bei der #allesdichtmachen-Aktion: Wenn wir alles dichtmachen, dann haben wir ja famoserweise jegliches Risiko minimert. (Mit gewissen nicht quantifizierten Kollateralschäden halt.)

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Das ist toll für diejenigen, die darunter auch ökonomisch nicht leiden. Öffentlich-rechtliche Journalisten z.B. wie ich selbst. Das war ganz am Anfang noch nicht so klar – aber doch relativ schnell. Toll. Bei Künstlern, und ich hab ja mal Gesang studiert und fühl mich der Branche immer noch zugehörig: Da ist das nicht so toll – die Leute sind seit Anfang 2020 plötzlich auf Hartz-4 zurückgeworfen. Haben natürlich alle Riesen-Rücklagen und Tantiemen und hätten eben mal bei ihren Super-Verdiensten in Normal-Zeiten besser zurücklegen sollen.

Nein – lieber überalteter “Normalbürger” unserer Gesellschaft 🙂 – hätten sie nicht. Die haben einfach Berufsverbot bekommen, aus Zwangssolidarität für andere. Und dass jetzt alle aus Solidarität auf Hartz-4 runtergehen, davon hab ich noch nix gehört. Ob jetzt ausgerechnet die überwiegend “gutsituierten” Akteure der #allesdichtmachen-Aktion “berechtigt” sind, die Kritik zu äußern, ist die Frage. Ob noch viel besser situierte ÖR-Journalisten-Kollegen/ginnen berechtigt sind, die wohlfeile Gegenkritik zu äußern, ist auch die Frage. So viele Fragen.

Sind Ausgangsbeschränkungen tatsächlich zielführend? Sind Inzidenz-Zahlen ein geeignetes Mitel zur Einschätzung der Lage? Sind PCR-Tests an symptomfreien Menschen überhaupt aussagekräftig und was hat Herr Drosten dazu noch vor ein paar Jahren gesagt? Sind Masken-Vorschriften oder maskiert herumlaufende Zeitgenossen auch an der freien Luft plausibel oder Irrsinn? Sind bzw. waren Schließungen von Golfplätzen geboten oder Irrsinn? (Sogar Oberverwaltungsgerichtsmäßig-bestätigter Irrsinn?)

Und die Fragen gehen ja immer weiter. Die Grippe-Epidemie ist dieses Mal ganz überraschenderweise “ausgeblieben”. Sollten wir nicht – um Leben zu retten – von nun an immer von Oktober bis Mai Lockdown machen? #allesdichtmachen? Wie ist denn die Balance zwischen “Risiko” und Freiheit? Wie wichtig ist denn den “Normalbürgern” Kunst, Kultur, Freiheit und die Lebensentwürfe von “Minderheiten”? Der Theater- oder der Restaurantbesuch? So blöd ist die Aktion; sind die Fragen gar nicht.

Es ist wirklich total verstörend. Ich fühle mich vielen Akteuren der Aktion sehr nahe. Und vielen Kritiker(inne)n “eigentlich” auch. Es wäre aus meiner Sicht extrem wichtig für alle Beteiligten, das mal zu realisieren mit der völlig unterschiedlichen Perspektive – und die eigene höchstwahrscheinlich sehr subjektive Sichtweise mal zu reflektieren. Ich versuch das auch, obwohl ich mittlerweile extrem angepisst und ermüdet bin von den angeblich alternativlosen Einschränkungen und der totalen Fokussierung auf Corona – als ob sämtliche andere Probleme der Menschheit – von Klimawandel bis zu anderen Seuchen – plötzlich keine Rolle mehr spielen.

Wir hatten ja heute das werweißwievielte Interview im DLF zu Corona – trotzdem mal das optimistische Statement von Mathias Pletz vom Universitätsklinikum Jena:

Durch diese Pandemie haben wir eine neue Impfstoffplattform bekommen, nämlich die RNA-Impfstoffe, die man extrem schnell anpassen kann. Wir können also in kurzer Zeit hohe Dosen an Impfstoffen produzieren, Sie brauchen quasi die Sequenz, die RNA-Sequenz, eigentlich nur am Rechner ändern, und damit sind wir eigentlich für zukünftige Pandemien auch extrem gut gerüstet.

Das sehe ich genauso – vorausgesetzt, es kristallisieren sich nicht noch irgendwelche Risikofaktoren heraus.

 

P.S. 27.04.2021 Ich bin heute wieder mal von einer mir nahestehenden Person 🙂 mit einer erschreckenderweise 🙂 ganz anderen Risikowahrnehmung und ethischen Bewertung darauf aufmerksam gemacht worden, dass mein Argument “Corona betrifft jüngere Leute praktisch nicht” auch nicht so richtig tragfähig ist. Weil – was nützt es z.B. 17- oder 18jährigen Kiddies – die eben tatsächlich nach allen vorliegenden Erkenntnissen für sich persönlich keine Angst vor einer Corona-Infektion haben müssen, wenn sie ihrem Kommunikations-, Feten- oder Sex-Bedürfnis frönen – und danach ihre Eltern, oder – mit etwas geringerem Impact-Faktor, ihre Großeltern abkratzen? Insofern geht die Risiko-Relevanz natürlich über die individuelle Risikowahrnehmung oder -einschätzung für einen selbst hinaus.

Perspektivisch bleibt für mich die Kernfrage – hat die Corona-Pandemie die gesamtgesellschaftliche Einschätzung im Umgang mit einem lebensbedrohlichen “Risiko” paradigmatisch verändert, droht nun nach der Gewöhnung an offenbar untaugliche Risiko-Parameter wie “Inzidenz” eine unendliche Einschränkung von Grundrechten und von “verzichtbaren” Bestandteilen des Lebens wie Kultur, Gastronomie, Begegnung, direkter Kommunikation, Sex (außerhalb von bereits etablierten, corona-erlaubten Kontexten wie Ehe oder fester Partnerschaft…)?

Wenn z.B. nach der für alle zur Verfügung stehenden Impfmöglichkeit neue Mutanten auftauchen, die vielleicht auf die bis dato zur Verfügung stehenden Impfstoffe nicht so gut oder gar nicht ansprechen – dann könnte man ja nach der bisherigen Logik wieder alles zu machen. Und nach der eventuell erfolgreichen Anpassung der mRNA-Impfstoffe wieder auf. Und bei der nächsten Mutante (wobei sich ja famoserweise wie auch gerade schon die Zeiträume überschneiden…) wieder alles zu. Und so weiter bis in alle Ewigkeit.

Die optimistischen Akteure in meinem sozialen Umfeld sagen “nein” – der Endlos-Lockdown droht nicht – und sind auch bereit, notfalls mir mir zusammen die Kalaschnikoff zu ergreifen, sollte das doch so sein. Ich hoffe mal, diese Optimisten haben recht. Ich bin selbst auch normalerweise optimistisch – und das beeinflusst auch meine total subjektive Wahrnehmung von Corona. Wo ich mir einfach sage – das ist halt nur ein stinknormales Corona-Virus, das epidemiologisch ein paar ungünstige Eigenschaften hat; aber das ist relativ unwahrscheinlicherweise der Super-Killer, der die Menschheit ausrottet; entweder sofort oder per grausamem Long-Effekt.

Möglicherweise verharmlose ich damit schon mein eigenes Risiko. Aber damit habe ich wirklich kein Problem. Wenn ich jetzt überrraschenderweise abkratzen sollte nach einer – in meinem Fall extrem unwahrscheinlichen Konstellation bzw. Infektion – dann werde ich nicht die Gesellschaft verantwortlich machen, sondern denken – extrem Pech gehabt. Und aus der gleichen Idee heraus würde ich auch nie denken – wir müssen jetzt alles total dicht machen, damit meine geliebte beste Freundin überleben kann – weil ich ja ihr Risiko ähnlich akzeptabel einschätze wie mein eigenes – und das Kind ist ja noch deutlich jünger als ich…

Wenn ich Social Media und Kommentare lese, dann bin ich wieder pessimistisch. Klar, Kultur ist verzichtbar, Gastronomie ist verzichtbar. Begegnung ist verzichtbar. Die sollen sich mal nicht so anstellen! Hätten ja mal vorsorgen können! Ist ja nur für eine kurze Zeit. Oder halt ein bisschen länger… Da kann ich ausflippen und bin eben sehr pessimistisch, ob das Drecks- und letztlich Pussy-Virus  nicht unsere Gesellschaft geschrottet hat –  von der sehr interessanten Frage mal ganz abgesehen, wie die ganzen Corona-Einschränkungen eigentlich in Ländern mit ganz anderer Bevölkerungs-Zusammensetzung, anderem Gesundheitsssystem und ganz anderen oder eben gar nicht vohandenen Konpensations-Maßnahmen funktioniert (oder nicht funktioniert..) haben.

Aber noch mal ein weiteres Feedback aus meinem engen (realen…) sozialen Umfeld: Vielleicht sollte man die ganzen Social-Media-Aufgeregtheiten und Polarisierungen einfach nicht mehr lesen? Keine Warnungen mehr von Herrn Lauterbach, keine Antworten mehr von Herrn Reitschuster? Das ist schwer, weil das ja eigentlich mein Job ist. Mit den permanenten Aufregern, Bedrohungen oder Aufforderungen zur Replik bekomm ich jedenfalls mein Zwerchfell nicht runter. 🙂 Schlecht für mein Singen und mein Golfen.

Es gibt keine Infektionsgefahr auf Golfanlagen – auch nicht mit den neuen “gefährlichen Mutanten”

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Armin Laschet,

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Andrea Milz,

ich habe heute eine Mitteilung meines Golfclubs hier in Köln bekommen, dass die Schließung der Anlage laut aktualisierter Coronaschutzverordnung NRW bis einschließlich 21.2.2021 fortgesetzt wird und dass daher “nach aktuellem Kenntnisstand” ab dem 23.2. eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs wieder möglich sein könnte. Tatsächlich tritt die am 14.2. aktualisierte Coronaschutzverordnung ja mit Ablauf des 21.2.2021 “außer Kraft” – nur leider sind wir Bürgerinnen und Bürger ja mittlerweile gewohnt, dass die Lockdown-Fristen immer und immer wieder verlängert werden. Und dennoch schöpfe ich angesichts des genannten Datums einen Funken Hoffnung – vielleicht haben Sie ja vor, davor die Lage und die Maßnahmen noch einmal neu zu bewerten.

In dieser Hoffnung und in diesem Sinne möchte ich Ihnen hier einmal eine kleine Entscheidungshilfe geben. Rekapitulieren wir noch einmal die Ereignisse: Die Ausübung von Individualsportarten an der freien Luft – unter Einhaltung strenger Vorsichtsmaßnahmen, im Falle des Golf-Freizeitsports eben durch die Begrenzung auf Zweier-Flights (also zwei Personen, die zusammen spielen – dabei aber typischerweise meterweite Abstände zueinander einhalten…) – war auch in NRW im “Lockdown light”, also bis zum 14.12. erlaubt – wie übrigens danach und bis jetzt weiterhin auch in den allermeisten Bundesländern.

Mit der neuen Coronaschutzverordnung vom 14.12. wurde diese sachlich sehr wohl begründete Ausnahme von sonstiger organisierter sportlicher Betätigung, die eben überwiegend mit sehr viel höherem Kontaktrisiko oder in geschlossenen Räumen abläuft, in NRW gekippt. Ich kann nach wie vor nicht nachvollziehen, wie es zu dieser Entscheidung kommen konnte. Die Begründung der Änderung findet sich ja in einer Passage in der damaligen Ergänzung der Coronaschutzverordnung, ich zitiere diese hier noch einmal:

Während nach der Verordnung vom 30.11.2020 Individualsport auch auf Sportanlagen noch möglich war, muss es mit der Änderung vom 14.12.2020 auch hier angesichts des diffusen Infektionsgeschehens mit erheblichem Fallzahlenanstieg weitere Einschränkungen geben. Auch wenn die Sportausübung selbst alleine erfolgt, birgt die zeitgleiche Nutzung von Sportanlagen in vielfältiger Weise Kontaktmöglichkeiten (in Zugangsbereichen, an Hindernissen, an Sportgeräten, Wegkreuzungen) die auch mit Blick auf eine erhöhte Aerosolproduktion bei sportlicher Betätigung im Rahmen eines strikten Lockdowns für eine eng begrenzte Zeit nicht mehr hinzunehmen sind. Diese Kontaktmöglichkeiten können nur durch ein Nutzungsverbot kontrollierbar gestaltet werden, weil eine Verhaltenskontrolle –auch auf einem Golfplatz z.B. bei einem Stau an bestimmten „Greens“ etc. im Einzelnen nicht möglich ist.

Ich – und viele andere Golferinnen und Golfer in NRW auch – haben darauf hingewiesen, dass diese angebliche Erklärung bar jeder Sachkenntnis verfasst worden ist. Oder mal im Klartext: das ist einfach nur Unfug bzw. sogar eine Unverschämtheit gegenüber mündigen Bürgerinnen und Bürgern in NRW. Leider haben die Richterinnen und Richter des OVG Münster den von Ihrem Hause vorformulierten Unsinn wiederum bar eigener Sachkenntnis abgenickt und entsprechende Anträge auf einstweilige Verfügung abgeschmettert.

Ok, ich rede hier von “Unfug” und “fehlender Sachkenntnis” – vielleicht liege ich ja auch völlig falsch und das von Ihrer(m) “Änderungs-Begründer(in) skizzierte Begegnungs-Risiko ist doch existent – die Richterinnen und Richter des OVG Münster haben ja z.B. zur Begründung ihres Urteils die Möglichkeit einer Begegnung bzw. eines Gesprächs auf dem Parkplatz der Golfanlage herbeigefaselt als Risiko identifiziert. Nehmen wir also mal an, diese Bedenken und Szenarien wären real.

Da ist nun halt die Frage – wie relevant ist denn dieses Risiko? Und wie relevant ist es im Vergleich zu weiterhin erlaubten Szenarien, wie dem Spazierengehen und Joggen auf den Straßen oder im Park? Ich kann nur sagen, bei meinen gelegentlichen Spaziergängen zum Rhein herunter und durch mein Viertel hier begegne ich hundertfach mehr Leuten, als ich auf dem Golfplatz begegnen würde. Aber schauen wir uns konkret das angebliche fokussierte Begegnungsrisiko “auf dem Parkplatz” an.

Wir alle wissen – der relevanteste mögliche Übertragungsweg für eine Corona-Infektion verläuft über Aerosole. Eine Tröpfchen-Infektion, also eine direktes Anhusten oder Anspeien setzt einen unmittelbaren Kontakt voraus – und das ist ein Szenario, das im Freien quasi keine Rolle spielt: Die verhältnismäßig großen Tröpfchen fallen zu Boden und haben keine sehr große Reichweite. Dann also die Aerosole. Mit gutem Grund gibt es – soweit ich das als Wissenschaftsjournalist bislang registriert habe – überhaupt keine Studie oder Einschätzung der Verbreitung von Corona-riskanten Aerosolen an der frischen Luft.

Da gibt es nämlich auch wissenschaftlich betrachtet noch nicht einmal die Idee, dass das relevant sein könnte – nach allen Vermutungen geht man davon aus, dass für eine Infektion eine gewisse Virenanzahl bzw. -Konzentration erforderlich ist. Das ist das allgemein wissenschaftlich anerkannte Konzept, das ja nicht zuletzt auch in die Risikoberechnung der Corona-Warn-App einfließt. Es geht also um eine Exposition gegenüber den Viren/Aerosolen eines Infizierten, die durch verschiedene Faktoren bestimmt wird: Zeit, Abstand, Aerosolfluktuation und -freisetzung. Mittlerweile gibt es ja diverse Berechnungen und Risiko-Einschätzungen – die sich aber wie schon gesagt alle auf Innenräume beziehen. Weil eben das Risiko an der frischen Luft überhaupt nicht der Quantifizierung lohnt.

Lieber Herr Laschet, Liebe Frau Milz – lieber oder liebe “Entscheider(in)” im NRW-Ministerium . ich füge Ihnen mal wie gesagt eine kleine Orientierungshilfe bei. Auf der Webseite der ZEIT – sicherlich kein Organ der Corona-Verharmlosung – findet sich ein kleiner Simulationsrechner. Erstellt mit Daten vom Max-Planck-Institut für Chemie – sicherlich kein Hort der Wissenschaftsleugner. Die Simulationsrechnung und -darstellung ist bereits aktuell ergänzt um den zusätzlichen Risiko-Faktor für die infektiösere Corona-Mutante B.1.1.7; ich habe diese Variante selbstredend einmal aktiviert. Die Simulationsrechnung bezieht sich auf Innenräume. Hier mal ein Screenshot – Sie dürfen gerne selbst die Parameter etwas variieren.

Wenn es bei diesem Szenario in einem Innenraum mit fünf Personen und 30 Minuten Aufenthaltsdauer und Belüftungsanlage praktisch kein Infektionsrisiko gibt – wie groß ist dann wohl das Infektionsrisiko an der freien Luft mit einem – von ihrem “Entscheider” skizzierten und vom OVG nachgebeteten fiktiven kurzen Plausch-Szenario auf dem Golfplatz-Parkplatz? Ich verrate Ihnen das einmal: NULL!!! Ich erwähne hier auch noch mal ganz kurz, dass Golfspieler(innen) typischerweise nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Golfplatz anrücken – Fazit: Das Infektionsrisiko ist NULL.

Die “Kollateralschäden” durch das von Ihnen verhängte Verbot sind allerdings sehr real. Das Bewegungsverbot für Golf mit seinem sehr hohen Motivationsfaktor lässt sich realistischerweise nicht durch die gnädigerweise erlaubten Spaziergänge kompensieren – bei denen das Infektionsrisiko immer noch minimal, aber im Vergleich sehr viel höher ist. Mein Fazit: Lieber Herr Laschet, liebe Frau Milz – Sie schützen mich nicht (und auch nicht andere…), Sie gefährden mich. Körperlich und psychisch. Mich und zehntausende andere Golferinnen und Golfer in NRW. Es gibt dafür keine auch nur ansatzweise begründbare wissenschaftliche Evidenz.

Lieber Herr Laschet, Liebe Frau Milz – ich habe wie gesagt die kleine Hoffnung, dass Sie demnächst noch einmal die Maßnahmen neu bewerten. Wägen Sie neu ab – was wird durch die Coronaschutzmaßnahmen zumindest perspektivisch im positiven Sinne bewirkt oder beabsichtigt, was wird an sogenannten “Kollateralschäden” erst ausgelöst? Wie stehen diese Pole im Verhältnis? Meines Erachtens ist dieses Verhältnis schon seit Beginn der Pandemie und in vielerlei Hinsicht aus dem Lot. Beim Golfspielen und dem momentan wissenschaftlich in keinster Weise begründbaren Verbot kann es da zumindest keinen Zweifel geben. Schleswig-Holstein hat eine entsprechende Öffnung signalisiert – erlauben also auch Sie wieder die Öffnung für Individualsport an der frischen Luft, unter Einhaltung der gebotenen Vorsichtsmaßnahmen.

Entscheiden Sie sich für wissenschaftliche Evidenz, für die Verantwortung gegenüber den von Ihnen regierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern – und zwar auch gegenüber den nicht primär vom Coronavirus, sondern von den Coronaschutzmaßnahmen bedrohten und geschädigten Mitbürgerinnen und Mitbürgern.

Mit freundlichen Grüßen,

 

Michael Gessat,

Journalist, Köln

 

Nachklapp 17.2.: Der Golfverband NRW hat nun ebenfalls einen offenen Brief an Ministerpräsident Laschet geschickt und fordert die Öffnung der Plätze. Die in diesem Schreiben angeführten Argumente sind aus naheliegenden Gründen sehr ähnlich wie in meinem 🙂 – ich stimme den Ausführungen also vollumfänglich zu. Besonders hübsch finde ich übrigens den Verweis auf die golferischen Aktivitäten des RKI-Chefs Prof. Wieler.

 

Nachklapp 19.2.: Mein offener Brief (oder war es der vom Landesverband NRW? Oder war es ein Denkprozess aus Eigeninitiative?) war erfolgreich!!! 🙂 Am Montag sind die Plätze in NRW wieder auf – die geforderten fünf Meter Abstand halten wir locker ein! (Jedenfalls solange die Kontroll-Drohnen über uns kreisen.) Bei einem Meter Abstand in freier Luft ist das Infektionsrisiko übrigens auch noch NULL. Aber ok, wir machen ja untertänigst jeden formalen und bürokratischen Scheiß mit, wenn wir nur wieder etwas leben dürfen… 🙂 Danke dafür!

 

Der Deutsche Golfverband hat ein super-gutes Standing in den Ministerien

Ok. Um der Gerechtigkeit und der journalistischen Sorgfalt (hallo, liebe Kollegen…) mal sofort Genüge zu tun – Herr Kobold, der Präsident des DGV, des Deutschen Golfverbandes, hat im Interview mit Golfpost.de nur gesagt: “In den Ministerien haben wir überwiegend ein gutes Standing.” Und das ist eben zu der Überschrift bei Golfpost ohne “überwiegend” ein ganz gewaltiger Unterschied. Hier mal mein Kommentar bei Golfpost.de:

Interessant, dass hier auch drei Tage nach Veröffentlichung noch keine Kommentare zu diesem Thema da sind. Das deutet entweder auf eine sehr geringe User(innen)-Frequenz bei Golfpost hin 🙂 – oder auf andere intrinsische Probleme bei den hier versammelten oder mitlesenden Golferinnen und Golfern.

Ich presche da also mal selbstlos voran.

Als ich die Überschrift gelesen habe, dachte ich erstmal wieder nur – das typische Funktionärsproblem: Pfeifen im Walde, die Aufwandsentschädigung in Wachtelbrüstchen und Spätburgunder umsetzen – und die Welt ist in Ordnung.

„In den Ministerien haben wir ein gutes Standing.“ Ja klar. Ein total super geiles Standing. Deswegen sind auch unsere Plätze geschlossen, obwohl ein Golfplatz der sicherste Ort auf der Welt in dieser verfluchten Drecks-“Pandemie” ist. Der DGV und auch die Landes-Verbände haben ein super-geiles Standing in den Ministerien – das hat sich schon im Lockdown vor einem Jahr gezeigt, als wir völlig unnötigerweise Wochen mit herrlichstem Wetter in die Tonne gekloppt haben (und eben in der Zeit die Kollateralschäden wie mangelnde Bewegung und Vereinsamung haben hochlaufen lassen, die ja eben nicht beziffert werden.)

Jetzt seit dem Herbst ist ja für die Super-Checker in den Ministerien (die entweder geistig depraviert oder ideologisch kontaminiert sind…) völlig klar: Golfspielen, in Zweierflights mit 10-Minuten-Abständen bei vorgegebenen Startzeiten – das geht gar nicht. Das ist quasi der Kern des ansonsten völlig unerklärlichen Infektionsgeschehens. Die wahnwitzigen Golfer und Golferinnen stauen sich an den Greens (so die Diagnose eines(r) gehirnamputierten Mitarbeiter(s)in im NRW-Ministerium) und interagieren auch logischerweise völlig unkontrollierbar und unverantwortlich auf den Golfplatz-Parkplätzen – das ist völlig klar; sonst wären da auch die sachkundigen und famosen Richterinnen und Richter in NRW beim Verwaltungsgericht Münster niemals drauf gekommen. Wenn wir ganz ehrlich sind – klar; wir fallen allen Leuten, denen wir da normalerweise mit meterweisen Abständen begegnen, jetzt bei Corona sofort um den Hals und tauschen Zungenküsse aus.

Aber unser famoser Herr Kobold hat ein total super gutes Standing in den Ministerien – das ist echt so wahnwitzig tröstlich; da können wir ja alle davon ausgehen, ab dem 15.2. wieder – selbstredend unter den Corona-Schutz-Maßregeln – wieder spielen zu dürfen? Ok – jetzt schauen wir mal auf die genaue Wortäußerung: Und siehe da: Herr Kobold hat realistischerweise gesagt: “Wir haben überwiegend ein gutes Standing.” Überwiegend. Und eben leider nicht in NRW oder Bayern. Wo ich Herrn Kobold auch noch total widersprechen würde: “Das Problem sind in dem Fall nicht die Ministerien. Sondern, wenn wir über Klagen reden, dann reden wir über Gerichte.” Das ist Quatsch. Wenn die Ministerien – wie ja in den meisten Bundesländern – eine vernünftige Leitlinie vorgeben, dann gibt es erstens gar keine Klagen und auch keine Gerichtsurteile. Wenn die Ministerien – wie in NRW – völlig unbeeinflusst von dem angeblich sagenhaft guten Standing der Verbände und Funktionäre – ahnungslos oder ideologisch voreingenommen Bullshit und irrwitzige Beschränkungen vorgeben, dann gibt es eben leider auch Richterinnen und Richter, die ebenso ahnungslos oder ideologisch voreingenommen diesen Bullshit absegnen.

Das strukturelle Problem unserer Verbände, unserer Funktionäre – und vielleicht auch von uns Golferinnen und Golfern selbst – ist die Angst, elitär zu sein bzw. so wahrgenommen zu werden. Wir fühlen das offenbar die ganze Zeit über als dräuende Gefahr – und wagen daher nicht, den Bullshit als solchen zu benennen und da entsprechend offensiv gegen zu agitieren. Die Politik ist auch auf dem gleichen Dampfer unterwegs. “Extrawürste” für Golferinnen und Golfer – so berechtigt die auch wären – oh, oh – das könnte ja einen negativen Bericht in der BILD-Zeitung bringen.

Langer Rede kurzer Sinn – falls hier überhaupt jemand mitliest: wir Golferinnen und Golfer sollten mal erstens unseren Verbänden und Funktionären Beine machen. Und zweitens den vermeintlichen Elite-Minderwertigkeits- oder Wegduck-Komplex offensiv wegbekommen.

Die Haupt-Todesursache oder der Haupt-Grund für frühzeitiges Abnippeln 🙂 von etwas älteren Menschen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Relevanzfaktor liegt meilenweit oberhalb der jetzigen Corona-Pandemie. Golfen ist ein fantastisches Vehikel, um diesem Killer-Faktor Nummer Eins entgegenzuwirken.

Das sind die Fakten und Infos, die wir (liebe Verbände und Funktionäre…) den total aufgeschlossenen Typen in den Ministerien kommunizieren müssen. Und zwar jeden Tag, immer und immer wieder neu.

Wenn ich bei mir hier in Köln spazieren gehe, um nicht total auszurasten und etwas Luft zu bekommen – dann geh ich zum Rhein runter und dann etwas flussaufwärts und biege dann wieder nach Marienburg ab; zu mir nachhause. Da begegne ich momentan zig hunderten Leuten, die mir gehend, joggend, kinderwagenschiebend oder fahrradfahrend entgegenkommen. Oder mich überholen.
Das ist nebenbei gesagt, aus meiner wisenschaftsjournalistischen Perspektive bzw. von meinem Informationsstand her, auch in Ordnung bzw. vertretbar.

Auf einem Golfplatz habe ich aber nur einen Faktor hundert geringeren Bruchteil dieser Begegnungs-Frequenz. Warum ist der dann geschlossen????

Liebe Super-Checker beim NRW-Ministerium???
Liebe Super-Checker beim Landesgericht (Oberverwaltungsgericht / OVG) in Münster???
Lieber Landesverband NRW, und lieber DGV, und lieber Herr Kobold mit eurem Super-Duper-Standing in den Ministerien???

WTF???

mfg,

Michael Gessat

Markus Söder hat maskenmäßig alles im Griff – die Mehrheitsbevölkerung auch

Dank eines geheimnisvollen Zaubers ist Horst, Entschuldigung, Markus Söder bislang erstens glattrasiert und zweitens noch einigermaßen gutfrisiert. Wieso eigentlich?? Die Friseure fürs gemeine Volk sind ja zu seit 15.12. – die von mir überaus geschätzte BILD-Zeitung hat das interessante “Problem” auch schon für die Fußballspieler diagnostiziert. Wobei bei denen Brutal-Haarschnitte ja etwas sozialadäquater sind als beim gewöhnlichen Volk.

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Ohne Maske ist es gleich viel schöner…

Gibt es etwa einige wenige privilegierte Leute in dieser unserer Corona-Republik, die weiterhin Friseur-Leistungen in Anspruch nehmen können? Gibt es etwa einige, privilegierte Leute, die ganz normal ihre Kohle weiter kriegen? Beamte z.B., oder Politiker(innen), oder Rentner, oder Festangestellte? Das kann doch eigentlich gar nicht sein. Denn es gibt ja ohne jeden Zweifel Leute, die seit Beginn der Corona-Maßnahmen unfreiwillig und unverhofft als totale Arschlöcher fungieren. Obwohl sie von den direkten Auswirkungen von Corona gar nicht betroffen sind. Deren Einkommen und Leben aber – auch wenn sie vorher fröhliche, wertvolle Steuerzahler mit einem funktionierenden Geschäftsmodell waren, mit einem Mal komplett weggebrochen ist. Nö, nicht weggebrochen – sondern von einem staatlichen Berufsverbot betroffen.

Ich rede hier mal wieder von den absoluten Randgruppen unserer Gesellschaft. Solo- und sonstige Selbstständige. Künstler und Künstlerinnen, Filmschaffende, Leute in der Veranstaltungsbranche, Film- und Fernseh-Typen und -Typinnen. Gastronomen; von der Bierschänke bis zum Sternerestaurant. Kleine Läden, Wäschereien, Ergotherapeut(inn)en und Fitnessstudio-Betreiber. Das sind natürlich alles Arschlöcher. Die hätten ja mit ihren unermesslich hohen Einnahmen in normalen Zeiten ein Polster schaffen können für diese kleine, kurzfristige Krise. Gell?

Und so geht es eben gar nicht mehr…. erst recht nicht mit FFP2-Maske

Stimmt doch, ihr Normalbürger, die ihr doch normalerweise auch gerne die Angebote dieser totalen Exoten in Anspruch nehmt? Mal in die Kneipe, ins Restaurant geht; ins Konzert, ins Kino? Und ihr, liebe Politikerinnen und Politiker, die ihr euch doch normalerweise so gerne sonnt im Glanz der Promis, der Stars und Sportler – die ihr doch normalerweise so gern eure Ärsche. tschuldigung; Nasen in hippen In-Schuppen präsentiert – jetzt gehen deren Betreiber gerade den Bach runter. Meint ihr allen Ernstes, ihr seid da nach dem Corona-Armageddon wieder willkommen?

Bei den Solo-Selbstständigen gab es ja schon beim ersten Lockdown die aparte Konstruktion: Rettungs-Zuschüsse gibt’s nur für Betriebsausgaben. Die sind aber gar nicht relevant (bzw. bei Künstler-Soloselbstständigen so gut wie gar nicht vorhanden…), sondern die ausbleibenden Umsätze und Gewinne, aus denen die Leute ihren Lebensunterhalt finanzieren. Ach so? Egal. Dann eben Hartz-4. Großzügigerweise dürfen die unverhofften Arschlöcher erst mal in ihrer Wohnung bleiben. Beim zweiten Lockdown die Gastronomie: Erstmal hieß es; 80% des Umsatzausfalls werden ersetzt. Jetzt plötzlich: April, April, Kohle (und auch die eh erst nur zwei Monate später…) fließt nur, wenn es einen “Verlust” gegeben hat.

Klar, die EU lässt da keine andere Möglichkeit zu. Nur dummerweise leben die kleinen Gastronomen ja auch von ihrem Betrieb. Genau wie bei den Solo-Selbstständigen: Es gibt da Fixkosten, es gibt da möglicherweise Personalkosten – und dann gibt es möglicherweise einen Sternekoch und seine Frau, die bislang mit Einsatz von morgens früh bis abends spät ein Restaurant geschmissen und aus dem “Gewinn” ihren Lebensunterhalt bestritten haben. Ersetzt wird jetzt aber nur der “Verlust”, also Null-Umsatz minus Fixkosten. Klar – der Sternekoch und seine Frau können doch jetzt Hartz-4 beantragen. Ihr Haus oder ihre Wohnung dürfen sie auch – einstweilen – behalten. “Ist das echt so dramatisch? Ich als Politiker- oder Behörden-Arsch kann das ja nicht so einschätzen?” “Ja, das ist dramatisch und zutiefst ungerecht.” Danke!!

WTF?? Wenn es diese sagenhafte “Solidargemeinschaft” geben sollte, von der Politiker(innen) schwafeln – dann ist es ja alles ganz einfach: Alle Bürgerinnen und Bürger gehen sofort auf Hartz-4. Super, was?? Alle Politiker(innen). Alle Rentner(innen), deren Arsch ja überproprtional gerettet wird… Alle Manager(innen). Journalist(inn)en. Alle Festangestellte und Festangestelltinnen. Die eingesparten Gelder pushen wir in die dringenden Maßnahmen wie Aufstockung der Pflege- und Gesundheits-Stellen. Corona-Tests bis zum Abwinken und Infektions-Monitoring, durchgeführt von Bundeswehr und ansonsten Arbeitslosen, alles finanziert durch die Sondermaßnahmen oder eben die lahmgelegten, aber solidarischen Leute und Leutinnen.

Super, gell? Geil, was? Da sind Sie alle dabei, stimmt’s? Auch Herr Söder und Frau Merkel und Herr Lauterbach, alle sind dabei, gell? Alle auf dem gleichen Verzichts-Level (ok, das ist immer noch ein Unterschied, ob jemand jetzt allein ist oder einen Partner/eine Partnerin hat, oder depressiv oder kerngesund – aber das lassen wir jetzt hier mal weg…) Alle einverstanden? Prima. Oder ist der ganze Scheiß nur eine total egoistische Panik-Aktion der weitgehend nicht betroffenen Mehrheit, wobei aber Ross und Reiter gar nicht genannt werden??? Und die Kollateralschäden eh nicht beziffert??

Die Staatskanzlei NRW hat sich zum Thema Golfverbot gemeldet…

…und das ist ja schon mal ein Fortschritt gegenüber dem ersten Lockdown Anfang des Jahres, wo da nur zum Schluss die sehr fragwürdige Mail der Staatssekretärin für Sport und Gedöns , Andrea Milz kam…

Heute erreichte mich also diese Mail – ich hab mal aus Gründen des Datenschutzes den/die Verfasser(in) gelöscht – weil ich davon ausgehe, dass sie/er nicht verantwortlich für die inkompetenten, unverschämten oder sogar bösartigen Einordnungen, “Begründungen” oder Entscheidungen der NRW-Landesregierung in Sachen Golf-Verbot ist. Der/die Verantwortliche ist wahrscheinlich ein(e) Fettarsch/ärschin mit null Checkung von Golf, oder ein(e) Golf-Hasser(in) aus ideologischen Gründen. Sorry – die Pandemie-Einschränkungen tragen irgendwie so allmählich zu einer gewissen Radikalisierung bei, auch bei mir in meiner Ausdrucksweise 🙂

 

Von: abteilungIIIcorona@stk.nrw.de <abteilungIIIcorona@stk.nrw.de>
Gesendet: Freitag, 8. Januar 2021 12:23
An: mgessat@mgessat.com
Betreff: Neue Corona-Vorschrift – Ihre E-Mail vom 15.12.2020

Sehr geehrter Herr Gessat,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 15. Dezember 2020 an Herrn Ministerpräsidenten Laschet und Frau Staatssekretärin Milz, in der Sie um die Zulassung des Individualsports auch auf öffentlichen und privaten Sportanlagen bitten. Aufgrund der Vielzahl der Anfragen, die hier eingehen, ist leider erst heute eine Rückmeldung möglich.

Wir haben Verständnis für Ihre Besorgnis und können Ihren Wunsch hinsichtlich des Golfspielens nachvollziehen, die aktuelle Pandemielage hat aber zu der Entscheidung geführt, dieses weiterhin nicht zuzulassen.

Die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) stieg in den vergangenen Wochen trotz verstärkter Infektionsschutzmaßnahmen, insbesondere seit dem 2. November, in nahezu allen Regionen Nordrhein-Westfalens weiter an. Dies ist noch nicht entscheidend durchbrochen. Mit diesen Entwicklungen stehen wir vor großen Herausforderungen. Zur Vermeidung einer akuten Gesundheitsnotlage in Nordrhein-Westfalen ist es deshalb erforderlich, durch eine erhebliche Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen aufzuhalten und die Zahl der Neuinfektionen wieder in die nachverfolgbare Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche zu senken. Deshalb befinden wir uns in ganz Deutschland nun weiterhin in einem Lockdown wie im Frühjahr dieses Jahrs.

Bereits im Dezember 2020 hat das Oberverwaltungsgericht Münster beispielhaft für Ihre Sportart Golf geurteilt und das Verbot für verhältnismäßig eingestuft. Die detaillierte Begründung können Sie hier nachlesen: https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/01_archiv/2020/104_201223/index.php

Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, die für den Erhalt des Sports auf der einen Seite sowie die Gesundheit jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers umsetzbar sind. Ein Dank gilt an dieser Stelle allen Sportverbänden, Sportvereinen und Sporttreibenden, welche die bisherigen Entscheidungen der vergangenen Monate mit großer Solidarität umgesetzt haben. Das Land hat zudem umfangreiche Hilfsmaßnahmen für den organisierten Sport auf dem Weg gebracht.

Die derzeitige Situation erfordert unverändert Maßnahmen, um das Entstehen neuer Infektionsketten bestmöglich zu vermeiden. Mit den anderen Ländern in Deutschland beobachten wir täglich die Entwicklung der aktuellen Lage. Die vielen Rückmeldungen aus dem Sport helfen uns sehr dabei, entsprechend auf die epidemiologische Lage zu reagieren.

Wir werden alles dafür tun, dass wir die Pandemie in den Wintermonaten durch unser gemeinsames Handeln unbeschadet bewältigen können und der Alltag bald zurückkehrt. Dann werden wir sicher wieder in der Lage sein, draußen und drinnen Sport zu treiben.

Ich wünsche Ihnen für die kommende Zeit, dass Sie die belastenden Herausforderungen, die das Virus mit sich bringt, gut und möglichst bei sorgenfreier Gesundheit überstehen.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen

Postanschrift:   40190 Düsseldorf

Stadttor 1,   40213 Düsseldorf

Meine Antwort:

Von: Michael Gessat <mgessat@mgessat.com>
Gesendet: Freitag, 8. Januar 2021 14:17
An: ‘abteilungIIIcorona@stk.nrw.de’ <abteilungIIIcorona@stk.nrw.de>
Betreff: AW: Neue Corona-Vorschrift – Ihre E-Mail vom 15.12.2020

Sehr geehrte Frau oder Sehr geehrter Herr S.,

zunächst einmal vielen Dank für Ihre Rückmeldung – das ist ja schon mal ein Fortschritt gegenüber dem letzten Lockdown.

Ich muss leider sagen, die Entscheidung der NRW-Regierung, das Golfspielen auch in Zweierflights weiterhin nicht zuzulassen, ist auch weiterhin nicht nachvollziehbar und eben erstens schlichtweg eine Fehlentscheidung – so etwas soll ja vorkommen im politischen und behördlichen Handeln – und zweitens von ihrer Begründung her fachlich stümperhaft und inhaltlich sogar eine Unverschämtheit.

Ich habe mich in der Zwischenzeit mit der von Ihnen zitierten Entscheidung des OVG Münster auseinandergesetzt http://mgessat.com/nachklapp-zum-golfverbot-in-nrw-und-der-entscheidung-des-ovg-muenster/ – das war wohlgemerkt keine Entscheidung in einem Hauptverfahren, sondern erst einmal „nur“ die Abweisung eines Antrags auf einstweilige Verfügung. Das OVG Münster ist ja leider wenig nachvollziehbar den „Begründungen“ im Nachtrag zur Coronaschutzverordnung gefolgt https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/201217_begruendung_coronaschvo_ab_16.12.2020.pdf und hat dabei ebenso wenig Sachkunde bewiesen wie Ihr(e) famose(r) Verfasser(in), der/die in der Erläuterung etwas von „Hindernissen, Wegkreuzungen, Staus an bestimmten Greens, erhöhter Aerosolproduktion und nicht möglicher Verhaltenskontrolle“ faselt.

Auch Argumente aus dem Ministerium, wie ich sie z.B. hier https://www.wp.de/sport/lokalsport/hagen/golfklubs-in-herdecke-und-wetter-hoffen-auf-ausnahmeregelung-id231268586.html lesen muss – wo also davon geredet wird, der „Tourismus“ müsse im derzeitigen Pandemiegeschehen eingeschränkt werden – die sind ja nicht nur inkompetent, sondern sogar schon bösartig. In normalen Zeiten, also bei geöffneter Gastronomie und Hotellerie, mögen bestimmte Golfplätze ja „ein Teil der touristischen Infrastruktur“ sein – aber doch nicht jetzt. Das also zur Begründung der notwendigen Schließung zu bringen, ist unfassbar – wenn momentan tatsächlich Spieler von außerhalb auf einen Golfplatz anreisen würden, kommen sie eben genau wie die Clubmitglieder per Auto, gehen zum ersten Abschlag, laufen danach in der Einbahnrichtung mit riesigen Abständen über den Platz, steige wieder ins Auto und fahren nach Hause. Was faselt das Ministerium da von „Tourismus“ bzw. wie soll das zu einem Infektionsgeschehen beitragen?

Bei solchen „Begründungen“ und fachlichen Inkompetenzen, ja sogar Bösartig- und Unverschämtheiten kommt mir die Galle hoch – da können Sie leider weder von mir noch von den anderen Betroffenen ein Verständnis für die Maßnahmen erwarten – zumal ja wie bereits erwähnt andere Bundesländer hier offenbar auch zu anderen Bewertungen kommen.

Ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, dass beim (auch vom OVG angeführten…) Verweis auf die körperliche Betätigung in öffentlichen Anlagen die Infektionsmöglichkeiten höher sind als mit den immensen räumlichen und zeitlichen Abständen auf einer Golfanlage; und dass insofern die weitere Schließung von Golfanlagen kontraproduktiv und sogar eine zusätzliche Gefährdung für die Betroffenen bedeutet – zusätzlich zu den psychischen und körperlichen gesundheitsschädlichen Effekten durch die verringerte Bewegung.

Dies alles wird ggf. dann auch in juristischen Klageverfahren bis hin zum Bundesverfassungsgericht zu klären sein.

Als Fazit nur noch einmal der Hinweis – das Verständnis und die Bereitschaft in der Bevölkerung, die gewaltigen Zumutungen weiterhin hinzunehmen reichen nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Die „Wintersport“-Aktionen in den vergangenen Tagen – wobei ich übrigens auch das mit dem Auto anreisen und dann Schlittenfahren für wenig infektionsrelevant halte – haben das ja vielleicht ansatzweise gezeigt. Es gibt sicherlich Verständnis für nachvollziehbar begründete Einschränkungen mit Augenmaß. Nicht nachvollziehbare Einschränkungen werden allerdings als Willkür und – tatsächlich – Unterdrückung empfunden.

Ihnen persönlich wünsche ich natürlich auch alles Gute und gute Gesundheit – meine ist momentan eben tatsächlich schon nicht mehr „sorgenfrei“.

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Gessat
Am Südpark 23
50968 Köln

 

 

 

Nachklapp zu dem “Kriminalpolizei”-Einbruchs-Scam

Die Kriminalpolizei hat heute wieder mal bei mir angerufen. Ich hatte nach den Presseberichten Ende Dezember noch mal eine Mail ans LKA geschickt: Wenn die jetzt verhafteten Sportsfreunde identisch sein sollten mit meinem Herrn “Thomas Kehl” und seinen “Vorgesetzten” – dann könnte man meine Audio-Aufzeichungen gerne noch mal als belastende Beweismittel verwenden.

Von: Michael Gessat <mgessat@mgessat.com>
Gesendet: Samstag, 19. Dezember 2020 17:31
An: ‘poststelle.lka@polizei.nrw.de’ <poststelle.lka@polizei.nrw.de>
Betreff: Falsche-Polizisten-Masche/Festnahme in Izmir

Hallo,

ich lese gerade mit Interesse Meldungen über Festnahmen in Izmir im Zusammenhang mit der „Kriminalpolizei-wir-holen-sicherheitshalber-ihre-Vermögensgegenstände-ab“-Masche https://www.waz.de/panorama/polizei-gelingt-laut-bericht-schlag-gegen-kriminellen-clan-id231182432.html  / https://ga.de/news/panorama/falsche-polizisten-polizei-in-nrw-gelingt-schlag-gegen-arabischen-familienclan_aid-55292719

Ich selbst habe ja im Mai mit entsprechenden Sportsfreunden sehr ausgiebig telefoniert und das erstens dokumentiert http://mgessat.com/die-kriminalpolizei-einbruchswarnungs-scammer-rufen-bei-mir-an/ als auch damals bei der Kölner Polizei angezeigt – irgendwie waren aber die Kölner Kollegen nicht so recht in Jagdstimmung, sonst hätten sie eventuell den „Abholer“ direkt bei mir hopsnehmen können. Verbuche ich auch mal unter Corona-Kollateralschäden. J

Ich weiß natürlich nicht, ob die jetzt in der Türkei verhafteten Täter dieselben sind wie in meinem Fall – ansonsten stehen Ihnen ja meine Gesprächsaufzeichnungen weiterhin zur Identifikation bzw. der konkreten Überführung zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Gessat

Ich hatte danach erst mal eine Mail bekommen, dass die Angelegenheit an die zuständige Polizeidienststelle – für mich also offenbar Rodenkirchen – weitergeleitet worden ist. Heute ist aber wie gesagt noch mal der Rückruf von einer zentraleren Stelle erfolgt; aus dem Home-Office – von einer sehr sympathischen jungen Dame:

Ich hätte doch laut ihren Unterlagen und meiner Online-Anzeige das Gespräch damals mit den Scammern sofort abgebrochen? Ich: Nö – ich hab das stundenlang weitergeführt in der Hoffnung auf ein Eingreifen der Polizei, genauso wie das ja auch in meinem Blogartikel dokumentiert ist. Sie so: Komisch, haben Sie mehrere Online-Anzeigen aufgegeben? Ich: Nö, nur eine – nachdem ja die Rodenkirchener Polizei trotz Ankündigung doch nicht mehr anrückte – und in der Anzeige hab ich ja auch alles so geschildert.

Sie so: Komisch – und bitte denken Sie nicht, dass wir da nichts unternehmen; gestern war ja auch wieder ein Bericht im Stadtanzeiger. Ich so: Ich denke da gar nix; nur – es kommt natürlich nach solchen Ereignissen schon so ein Gefühl auf, dass die Polizei möglicherweise nicht mehr adäquat auf Bedrohungen reagiert. Und so habe ich das auch kommuniziert.

Sie so: Das sollte nicht so sein – wobei wir natürlich bei solchen Fällen genau überlegen, wann wir da erfolgversprechend ein Team rausschicken, um die Übergabe-Leute festzunehmen. Die können teilweise keine belastbaren Hinweise geben auf die Hintermänner, aber sind eben doch teilweise wertvolle Mosaiksteinchen in den Ermittlungen. Und jetzt in der Corona-Zeit sind eben die Kapazitäten der Polizei eingeschränkt.

Ich so: Klar, das verstehe ich – aber es ist eben so, wie ich schon geschrieben habe: Ich hoffe mal, dass bei wirklichen Notsituationen die Kapazitäten reichen – das macht halt insgesamt auf die Bürgerinnen und Bürger draußen im Lande einen etwas fragwürdigen Eindruck.

Und ich so zum Abschluss: Ich kann mir auch vorstellen, dass die jetzt hinzukommenden Aufgaben für die Polizei – Überprüfung von Corona-Bewegungsradien – in diesem Sinne nicht gerade förderlich sind für eine vielleicht ohnehin schon etwas angespannte Personal-Situation. Sie so: Ja.

Ich so: Alles Gute bei Ihrer Arbeit und bei Ihren Ermittlungen. 🙂

Das Coronasünder-Petzportal der Stadt Essen ist definitiv keine gute Idee

Hyperventilieren ist ja nie hilfreich, in Corona-Zeiten schon gar nicht. Die Stadt Essen hat sich ein wunderschönes Onlineformular zum “Melden eines Verstoßes gegen die Coronaschutz-Verordnung” zusammengebastelt, das soll der “Kanalisierung von Informationen” dienen, die das Essener Ordnungsamt “sonst telefonisch oder per Email erhält“. So, so. Interessanterweise ist das Formular wohl schon quasi seit Beginn der Pandemie online – bekannt geworden ist es aber erst vor kurzem durch einen Facebook-Post des FDP-Politikers und Bundestags-Vizepräsidenten Wolfgang Kubicki.

Dummerweise kann man auf dem apart gestalteten Formular mit der praktischen Verstoß-Auswahlbox (in der allen Ernstes der “Verstoß gegen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung” , aber auch ein “sonstiger unzulässiger Sachverhalt, z.B. Friseurtätigkeit, Nagelstudio etc.” aufgelistet sind…) die Denunziation, pardon, die Meldung aus nicht-niederen Beweggründen auch anonym absetzen. Spätestens seit dem Kubicki-Post und dem anschließenden Shitstorm ist das Formular jetzt auch hinreichend “beworben” und bekannt.

Die anonyme Melde-Möglichkeit ist nicht nur rechtlich fragwürdig (wie auch die Möglichkeit zum Foto hochladen…), sondern vor allem auch etwas dämlich kontraproduktiv. Ich habe mal – selbstverständlich nur zu journalistischen Demonstrationszwecken – eine Fake-Meldung erstellt. So, wie das ja jetzt jeder Denunziant, Spaßvogel oder sogar Corona-Verharmloser machen kann – notfalls sogar automatisiert. Ich frage mich gerade wirklich, wie lange die Stadt Essen den Quatsch noch online stehen lassen will – andere Städte habe ja bereits ihre Erfahrungen gesammelt.