Es sind „ganz normale“, also ganz normal durchgeknallte Hacker, die sich tagaus, tagein unermüdlich beharken und auszustechen versuchen. Nur sitzen sie halt nicht mit fettigen Haaren und fast aufgegessener Pizza im verwahrlosten Studi-Appartements, sondern in mit netter Hardware ausgestatteten Behörden-Großraumbüros. In den USA, in Russland oder in China, übrigens auch mit ganz nettem Einkommen – keine Privat-Freaks, sondern Cyber-Soldaten in staatlichem Auftrag.
So ungefähr könnte man zusammenfassen, was in einem weiteren Kapitel aus Edward Snowdens NSA-Konvolut zu lesen ist – ob da aber schon das Wort vom Cyber-Krieg tatsächlich angemessen ist, ist noch die Frage. Besonders konstruktiv ist das Rumgehacke, Verschleiern und Sabotieren jedenfalls ganz gewiss auch nicht – es wäre schon einmal interessant herauszufinden, ob der „Nutzen“ am Ende tatsächlich schwerer wiegt als die in Kauf genommenen, aber nicht klar kommunizierten Kollateralschäden. Ein klassisches Geheimdienst-Problem, nicht nur im Netz…
Zehn Jahre Haft, ein anschließendes Reiseverbot von zehn Jahren, eine Geldstrafe von umgerechnet knapp 200000 Euro – und obendrein noch 1000 Peitschenhiebe, zu verabreichen in Etappen zu jeweils 50 Schlägen – das ist ein ganz amtliches Urteil.
Allerdings hat Raif Badawi weder andere Personen getötet oder verletzt, noch Terroranschläge vorbereitet oder unterstützt, noch hat er Banken ausgeraubt oder Anleger um ihr Erspartes gebracht – Raif Badawi hat eine Internetseite betrieben und gebloggt.
Seine Sichtweise auf die saudi-arabische Gesellschaft, das Königshaus und den islamischen Klerus war dabei wohl etwas zu kritisch; etwas zu liberal – das Regime oder die Geistlichkeit sorgte dafür, den Kritiker zum Schweigen zu bringen – wobei das in Ländern mt Scharia-Gesetzgebung ebenso beliebte, wohlfeile; aber auch extrem gefährliche Motiv der „Beleidigung des Islams“ eine entscheidende Rolle spielte.
Interessant allerdings, dass der Westen ja durchaus intensive Beziehungen unterhält zu der von internen Instabilitäten und Streitigkeiten gebeutelten Monarchie, die einerseits als strategischer Partner gilt, andererseits durchaus auch „fruchtbare“ Verbindungen hat zu bei uns gemeinhin als terroristisch geltenden Organisationen oder Personen…
Sascha Pallenberg ist sauer: Twitter schlägt alternativ zum Solidaritäts-Hashtag mit den Opfern der Terroranschläge von Paris #JeSuisCharlie #JeSuisKouachi vor. Auch die Solidarisierung mit den Attentätern ist offenbar zumindest in gewissen Kreisen sehr trendy.
Und bekanntermaßen gibt es auch bei Facebook und YouTube die einschlägigen Filmchen, bei denen weißgekleidete Typen mit Strickkäppchen und Zauselbärten den Zeigefinger recken und die gottgefällige Abschlachtung von Ungläubigen, Juden, Christen, Jesiden; oder auch von Moslems; Sunniten oder Schiiten postulieren – das letztere je nach theologischer Geschmacksrichtung bzw. Finanzierung aus Saudi-Arabien oder aber im Gegenteil aus dem Iran.
Das alles ist natürlich ein attraktives Angebot für geistig verwirrte und sozial gescheiterte: Eben war man noch ein kleines, unbedeutendes und kriminelles Arschloch in irgendeinem Knast – schon ist man ein erhabener Rächer des Propheten.
Sollten die von US-amerikanischen Unternehmen betriebenen Plattformen nicht einfach den islamistischen Eiferern den Saft abdrehen, die Postings und Accounts postwendend löschen, so wie das ja auch ansonsten bei denen passiert, die – horribile dictu – Fotos einer weiblichen Brust posten? Eine gewisse Rolle spielt da das ganz spezielle und weitgefasste amerikanische Verständnis von Meinungsfreiheit.
Aber auch bei uns in Europa – die Meinungsfreiheit würde natürlich bei einer restriktiveren Handhabung oder Überwachung in sozialen Netzwerken in Gefahr geraten. Wer entscheidet, was noch ein legitimes Posting einer religiösen Gruppe ist, und was schon Aufruf zur Gewalt? Ein Algorithmus? Menschen? Droht als Kehrseite der beabsichtigten Terrorabwehr nicht Massenüberwachung und Zensur? Sascha Pallenberg kann letztlich auch nur ein Resümee ziehen: „Es ist eine verdammte Zwickmühle.“
Und wahrscheinlich steckt sogar Kalkül hinter der relativ „entspannten“ Haltung der Social Networks, extremistische Postings nicht schärfer zu bekämpfen: Schließlich liefern die Aktivitäten der Eiferer auf den Standardplattformen Polizei und Geheimdiensten eine optimale Beobachtungsgrundlage, die man tunlichst nicht abschaltet – es ist schon vorgekommen, dass Gotteskrieger ihre Geo-Koordinaten beim Tweeten versehentlich mitgeschickt haben. Das erleichtert dann das Drohnenprogrammieren…
Werkzeuge und Software-Lösungen für die unternehmensinterne Kommunikation gibt’s viele – teilweise sehr teuer und teilweise längst nicht so intuitiv wie ein modernes Social Network. Warum sollen also die Leute am Arbeitsplatz nicht genau damit arbeiten, womit sie privat ihre „Freunde“ organisieren und ihre Lebensgeschichte „kuratieren“ – mit Facebook?
Aus der Sicht von Mark Zuckerberg eine logische Frage, die er mit „Facebook at Work“ beantwortet – angeblich bleiben die Firmen-Daten streng abgeschottet auch nur für Mitarbeiter sichtbar und werden nicht etwa mit privaten Accounts zusammengebracht.
Für europäische Firmen dürfte das Ganze aber wohl datenschutzrechtlich problematisch sein, und auch Firmen-Admins und Security-Verantwortliche müssten schon ein reichlich sonniges Gemüt haben, um dem Lockruf in die Zuckerberg-Cloud zu folgen.
Nach den Anschlägen von Paris beziehen die Menschen Stellung, mit „Ich bin Charlie Hebdo“-Buttons (oder „Ich bin nicht Charlie Hebdo“-Bekenntnissen…), mit Analysen, Kommentaren und Karikaturen in der Presse und natürlich auch mit politischen Statements. Und je nach eigenem politischen oder gesellschaftlichen Background werden das Ereignis und seine möglichen Ursachen durchaus unterschiedlich interpretiert – oder eben auch instrumentalisiert.
Medienjournalist Stefan Niggemeier hat an der konzertierten Aktion der deutschen Zeitungsverleger am Wochenende, bei der in einer Karikatur und einem Text eine Brücke von Pegida-Demonstranten zu den Pariser Attentätern geschlagen wird, einiges auszusetzen; Frank Lübberding und Richard Gutjahr sehen das ähnlich kritisch.
Dass nach der Gewalttat der Ruf nach der Vorratsdatenspeicherung wieder zu vernehmen sein würde, war vorhersagbar – und auch die von Bild.de-Chef Julian Reichelt kolportierte These, die Enthüllungen Edward Snowdens hätten den Mördern von Paris ihre Arbeit erleichtert, ist weder völlig neu noch völlig absurd, sondern gibt halt eine ganz bestimmte Weltsicht wieder – und zwar in diesem Fall durchaus wieder mit einem „nützlichen“ Hintergedanken: Krawall ist gut fürs Boulevard-Geschäft.
Das Rad dreht sich munter weiter – nachdem das FBI und Präsident Barack Obama offiziell Nordkorea als letztlich verantwortlich für den Sony-Hack bezeichnet haben, bleibt die prompte und standesgemäße Antwort der traditionsbewussten Familiendiktatur natürlich nicht aus: Man werde auf die Falschbeschuldigungen mit einer Zerstörung der „US-Zitadellen“ reagieren – die Armee Nordkoreas werde „mutig zu unserem härtesten Gegenschlag gegen das Weiße Haus, das Pentagon und das gesamte amerikanische Festland“ ausholen – im Cyberspace oder sonstwie.
Barack Obama versucht im Gegensatz zu einigen republikanischen Politikern (und zu Nordkorea…) das Wort (Cyber-) „Krieg“ außen vor zu lassen – währenddessen geht die Diskussion in den USA darüber munter weiter, ob man sich einer Zensur durch irgendwelche Wahnsinnige unterwerfen muss, wenn es wohlfeile Terrordrohungen gibt.
DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 22.12.2014
Nachklapp: Offenbar hat ein DDOS-Angriff dafür gesorgt, dass Nordkoreas Zugang zum Internet erheblich gestört oder sogar vorübergehend ganz gekappt war – offenbar war das aber nicht die angekündigte „angemessene“ offizielle US-Reaktion, sondern das Werk von Hackern. Oder es gibt noch eine viel einfachere Erklärung.
Nachklapp 2: Sony Pictures will „The Interview“ jetzt doch nicht bei YouTube frei ins Netz stellen, sondern wie ursprünglich geplant am ersten Weihnachtstag in „ausgesuchten“ US-Kinos auf die Leinwand bringen.
Helle Aufregung in den deutschen Twittertrends: #unge, #freiheit, #raupenarmy und Mediakraft – und bei mir flimmert erst einmal nur das Wort „Bahnhof“ über den inneren Schirm. (ok, „Freiheit“, da hat man natürlich schon mal etwas von gehört. Die wird erfahrungsgemäß sehr verschieden definiert…)
Auf jeden Fall gibt es da offenbar Ärger zwischen einem recht populären YouTuber und Twitcher, der auch letztens mal mit einem Longboard durch die Republik gerollert ist, und einem der einschlägigen Promotion-Netzwerke, die das Medienkonsumverhalten des jüngeren Teils der Bevölkerung in die richtigen Bahnen lenken. Sprich, die den Rubel ins richtige Rollen bringen, in die Taschen der Jungstars und natürlich in die eigenen. Denn irgendwie scheint es in dem Hinschmeiß-Video von Unge neben ganz vielen Gefühlen letztlich um Kohle zu gehen, wenn ich das beim kursorischen Reinscratchen richtig mitbekommen hab – komplett durchhören oder durchschauen ging beim besten Willen nicht.13 Minuten weitgehend unstrukturiert herumlabern, ohne konkret auf den Punkt zu kommen – das ist in der YouTube-Szene zwar völlig normal, aber in der Erwachsenen-Parallelwelt nur noch für Chefs möglich, oder für Politiker auf Parteitagen oder zur Lage der Nation.
Mediakraft sieht den Konflikt aus der eigenen Perspektive, darf seine Zielgruppe natürlich aber auch nicht mit völlig uncoolen und aus der Erwachsenen-Parallelwelt stammenden juristischen Keulen verschrecken – zumal man wohl auch, wie aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist, gerade den ganzen Laden verkaufen möchte. Die Fans hängen jedenfalls ganz eindeutig an ihren Lieblingen, nicht an derem Promoter.
Nach Terror-Drohungen gegen Kinos, die den Nordkorea und seinen bizarren Diktator verhohnepiepelnden Film „The Interview“ spielen wollten, ist zunächst die New Yorker Premiere abgesagt worden – mittlerweile hat Sony den gesamten für die Weihnachtstage angesetzten Filmstart gecancelt.
Einerseits nimmt man die sich selbst „Guardians of Peace“ nennenden Hacker aufgrund ihres koordinierten Vorgehens einigermaßen ernst – andererseits kann ja jederzeit jeder x-beliebige Idiot und jede x-beliebige idiotische Diktatur irgendwelche aufgeplusterten Drohungen irgendwo hin absondern. Wenn man sich davon allen Ernstes beeindrucken lässt, kann man den geregelten Demokratie- und Meinungsfreiheitsbetrieb ja gleich mal prophylaktisch einstellen.
Vielleicht wäre es ja am besten, Sony Pictures würde den Film ( das Angebot von Paulo Coelho ist ja gut gemeint, aber vielleicht etwas unterfinanziert 🙂 ) einfach allgemein im Netz freigeben – dagegen könnten dann auch irgendwelche x-beliebigen Arschlöcher keinen sinnvollen Gegenangriff mehr starten… Außer natürlich das weltumspannende Armageddon in die Wege zu leiten… 🙂 Juche!
Die babylonische Sprachverwirrung ist ja bekanntlich eine Strafe Gottes für die Hybris der Menschheit. Positiv gesehen ist sie ein Beschäftigungsprogramm für zigtausende Übersetzer. Zumindest solange, wie die algorithmische Konkurrenz (Siri oder Google auf dem Smartphone mischen ja auch schon eifrig mit…) der Science Fiction doch noch arg hinterherhinkt. Auch die jetzt zum (fast…) allgemeinen Test freigeschaltete Version des „Skype Translators“ ist noch kein richtiger Babelfisch. Aber das kann ja noch werden…
Von IT-Sicherheit reden, das tun praktisch alle größeren Firmen. Ob sie das Thema auch wirklich ernstnehmen, das ist eine ganz andere Frage. Zugegebenerweise – gegen einen wirklich aufwendig vorgetragenen Cyber-Angriff, womöglich von staatlichen Stellen aus orchestriert, gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Aber wer dann den Schaden tatsächlich zum Daten-Super-GAU werden lässt, weil er auf seinen internen Servern Passwort-Listen im Klartext herumliegen hat, wer auf Warnungen der eigenen Mitarbeiter nicht reagiert – der gibt ein ziemlich klägliches, aber sehr lehrreiches Beispiel ab für die hoffentlich jetzt gewarnten Verantwortlichen und Admins in anderen Unternehmen weltweit. Insofern hat der Hack ja vielleicht doch noch etwas gutes.
Und die interessierte Netz-Öffentlichkeit stellt Popcorn bereit und wartet auf die nächsten Leaks der mit Nordkorea sympathisierenden (oder von Nordkorea gesteuerten?…) „Guardians of Peace“. Wobei natürlich im Grunde genommen das bizarre Äußere und – schlimmer noch – das Handeln von Kim Jon-Un und seiner ganzen Irrsinns-Herrschafts-Clique weder durch eine persiflierende Filmkomödie noch durch peinliche Sony-Emails zu toppen sind…