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Google Contributor – ein neuer Weg zur Content-Finanzierung?

Bei diesem Thema bin ich reichlich gespalten. Denn ich kenne das Netz noch aus der (guten?) alten Zeit, als es dort Werbung und Geldverdienen nicht gab (wobei natürlich ein Compuserve-Account ganz schön happig teuer war…). Und da hat man eben so irgend etwas im Hinterkopf nach dem Motto: Wer ein Problem damit hat, seine Inhalte frei und gratis ins Netz zu stellen, der sollte seine Inhalte doch einfach nicht frei und gratis ins Netz stellen.

Aber o.k. – das ist natürlich leicht gesagt, zumal als Mitarbeiter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk 🙂 . Auf jeden Fall gibt es ja zur Zeit drei Finanzierungsmodelle für Content (der natürlich, das kann ich bezeugen, nicht gratis entsteht): Werbung – die ist dem Konsumenten tendenziell lästig und verschleiert den Kostenfaktor der Inhalte-Erstellung. Die Bezahlschranke – die können sich nur Premium-Produzenten erlauben, und die Preisfindung ist sehr heikel. Und schließlich die freiwillige Spende durch den User, ggf. verbunden mit einer expliziten Bewertung der Content-Qualität.

Google springt jetzt (zunächst testweise…) auf den Fairness- oder Crowdfunding-Zug auf; aparterweise mit einer kleinen Umsatzbeteiligung, die eventuelle Einbußen im Werbegeschäft kompensieren würde. Ob das Ganze überhaupt noch funktionieren kann, bleibt abzuwarten – aber im besten Fall eröffnet das Ausloten des „dritten Wegs“ zur Content-Finanzierung Perspektiven; mit oder ohne Google.

DRadio Wissen · So funktioniert Google Contributor.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 24.11.2014

WhatsApp führt End-to-End-Verschlüsselung ein

Ich bin nicht bei WhatsApp. Das hat verschiedene Gründe: Das Alter. Ein ausreichendes SMS-Kontingent in meinem Mobilfunk-Tarif. Eine generelle Unlust, jederzeit und sofort auf Kommunikationsanstöße antworten zu müssen. Speziell dann bei der Geburt von WhatsApp der damals völlig intransparente Background, was Betreiber, Datenschutz und Support anbelangte. Und dann wurde das Ding auch noch ausgerechnet von Facebook geschluckt.

Aber jetzt führt WhatsApp eine End-to-End-Verschlüsselung ein, und zwar mit der Technologie der Messenger-App TextSecure. Ich würde zwar immer noch tendenziell lieber das Original benutzen, weil das Open Source ist und man dabei um die Facebook-Anbindung herumkommt. Aber ganz ohne Zweifel ist die Neuerung ein begrüßenswerter Schritt in Richtung allgemeiner Netz-Privacy – auch wenn Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden wieder mal aufstöhnen 🙂

DRadio Wissen · Liveblog: Nach dem Afghanistan-Einsatz.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 19.11.2014

Epidemie-Trends im Netz: Wikipedia statt Google?

Die Tage werden kürzer und kälter, und mit dem Schmuddelwetter kommt auch die saisonale Schnief- Hust- und Krächz-Phase – in der leichteren Form als grippaler Infekt, in der schwereren als richtige Virusgrippe. Eine schnelle Lageeinschätzung gibt es ja seit ein paar Jahren im Netz – bei Google. Im Grunde beruht die bekanntlich auf bei Google eingegebenen Suchbegriffen – eben nach z.B. Grippe, Husten, Fieber, oder auch nach Medikamenten. So ganz besonders gut ist diese Einschätzung bzw. Vorhersage allerdings wohl doch nicht – das könnte z.B. daran liegen, dass viele Menschen eben aus reinem Informationsinteresse die Begriffe aufrufen, und nicht, weil sie selbst betroffen sind. Auch Googles Auto-Vervollständigen-Funktion tendiert dazu, populäre Anfragen zu verstärken. Fakt ist jedenfalls, dass Flutrends bislang zur Übertreibung neigt. Möglicherweise könnten daher Wikipedia-Anfragen der bessere Indikator sein, schreiben Wissenschaftler in PLOS Computational Biology; und zwar nicht nur für Grippe, sondern auch für diverse andere Infektionskrankheiten.

DRadio Wissen · Liveblog: Bilanz vom G20 in Brisbane.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.11.2014

Bellingcat.com legt Bericht zu möglichem MH17-Abschuss vor

Liegt die Wahrheit offen im Netz? Das ist jedenfalls der Ansatzpunkt der Investigativplattform Bellingcat.com – und in der Tat protokollieren ja in jeder Minute abertausende Menschen, was in ihrer Umgebung passiert, mit Fotos, Videos und Tweets. Mal ganz nebenbei, mal sehr gezielt. Dazu kommen die „professionellen“ Nachrichtenquellen, die ihr Material auch praktisch alle ins Netz stellen, dazu kommen Geo-Informationsdienste wie Google Maps – und aus all dem kann dann ein sehr detailliertes, aussagekräftiges Bild entstehen. Mit frei verfügbaren Netzquellen und dem passenden Know-How bei der Auswertung lassen sich Indizien zu hinreichend beweiskräftigen Schlussfolgerungen verdichten – oder aber Fälschungen und Desinformation entlarven.

Die offizielle internationale Untersuchungskommission zum Absturz von MH17 hat gerade mitgeteilt, sie wolle ihre Ermittlungen bis August 2015 verlängern. Aber seit dem Tag der Katastrophe kursieren zwei Erklärungen – prorussische Separatisten haben die Maschine mit einer von einem Buk-Flugabwehrsystem abgeschossenen Rakete vom Himmel geholt; und zwar wahrscheinlich „versehentlich“. Oder – so die russische Version – ein ukrainisches Kampfflugzeug ist für den Abschuss verantwortlich. Auch versehentlich, oder absichtlich, um den Abschuss den Separatisten in die Schuhe zu schieben, oder (die tollkühnste Variante…) im Glauben, die Präsidentenmaschine von Vladimir Putin zu treffen…

Bellingcat.com liefert jetzt starke Belege dafür, dass den Separatisten zum Zeitpunkt des Abschusses definitiv ein Buk-System zur Verfügung stand – und dass dieses System definitiv aus russischen Beständen stammt. Nach dem MH17-Abschuss fehlte zudem mindestens eine Rakete auf diesem System. Ein endgültige Klärung der Schuldfrage ist das allerdings immer noch nicht.

Nach der Veröffentlichung des Berichts begannen wieder die altbekannten, zum größten Teil völlig unqualifizierten Sockenpuppen-Kommentare im Netz heißzulaufen. Das ändert aber nichts daran, dass die Methoden von Bellingcat.com transparent dokumentiert und rational nachvollziehbar sind – und übrigens auch ausreichen, um Propaganda-Fälschungen in russischen Medien im Handumdrehen als solche zu entlarven.

DRadio Wissen · G20-Treffen: Wachstum trotz Krise.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 14.11.2014

Pick-up-Artist: Netz-Feminismus gegen Julien Blanc

Zugegeben – es ist ja schon irgendwie interessant oder irgendwie potentiell lehrreich für einen (heterosexuellen…) Mann, sich darüber Gedanken zu machen, ob und wie andere Männer vielleicht irgendwie zielführender und „erfolgreicher“ auf das andere Geschlecht zugehen können als man selbst. Alles eine Frage der Technik, der „Pick-Up“-Technik – oder etwas hochtrabender, der „Pick-Up-Kunst“; das sagen vor allem diejenigen, die auf diesem offenbar sehr lukrativen Markt unterwegs sind. Aber auch die öffentlich-rechtlichen und privaten Medien sind an dem „sexy“ Thema ja quasi ständig dran – was allerdings die TV-Dokumentationen zeigen, gibt Anlass zum Grübeln oder auch zu arrogantem Dünkel: Besteht das ganze Pick-Up-Künstlertum vielleicht nur im klischeehaftesten, allersimpelsten Anquatschen und Zutexten von möglicherweise auch nicht allzu hellen Damen? Ist das Ganze vielleicht ein Unterschichten-Phänomen, das dem durch geeignete Anleitung enthemmten männlichen Wesen einen entscheidenden evolutionären Vorteil verschaffen soll – nämlich tatsächlich mit Frauen zu REDEN? Und sei es auch nur kurz, vorübergehend und sehr zielfokussiert?

Wie dem auch sei – Volllabern bis zur erhofften Duldungsstarre mag ja noch eine legitime Kommunikationsstrategie sein, körperliche Übergriffe sind es jedenfalls nicht. Und etwas anspruchsvollere Frauen stehen da ganz allgemein nicht so auf penetrante Verführer. An alle weiterhin Pick-Up-Artist-Bootcamp-interessierten Artgenossen noch ein Hinweis – das Ganze funktioniert genau so todsicher wie die geheimen Börsen-Handelssysteme 🙂 … Klar ist bei totaler Verklemmung eine gewisse Auflockerung hilfreich – aber die Typen wollen primär eure Kohle abgreifen. Bevor ihr erst bei teuren Pick-Up-Seminaren mitmacht und dann auf PUAHate.com über den Misserfolg flennt, und anschließend Amok lauft – geht vorher mal zum Psycho-Klempner.

DRadio Wissen · Pick-up-Artist: Netz-Feminismus gegen Julien Blanc.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 14.11.2014

Internationale Polizeiaktion gegen Darknet-Dealer

„The Empire strikes back.“ So sehen wohl gewisse Netzbewohner die internationale Polizeiaktion „Onymous“; inklusive wahrscheinlich der frohen Hoffnung auf eine nur vorübergehende Dauer dieses Rückschlags. Aber wer hier eigentlich auf der dunklen Seite der Macht steht, das ist ziemlich fraglich. Schon der Silkroad-1.0-Betreiber „Dread Pirate Roberts“ propagierte ein idyllisches Weltbild mit anarchischer Freiheit vor gesetzlichen Restriktionen. Für die Ermittlungsbehörden hingegen heißt der Tummelplatz der User hinter der Tor-Maske „Darknet“ – und was sich dort abspielt, ist nach dieser Lesart zu einem überwiegenden Teil schlichtweg Internetkriminalität.

Die alles entscheidende Frage betrifft aber auch alle, die Tor wirklich nur aus legitimen Privacy-Gründen nutzen – gibt es einen fundamentalen Bug im Konzept oder in der Software?

DRadio Wissen · Rosetta: Sonde landet auf Komet.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 12.11.2014

Vorratsdatenspeicherung 2.0

Ob die geplante PKW-Maut zu irgend etwas mehr taugt, als den gewissen Irrsinnsfaktor großkoalitionärer Parteipolitik  zu illustrieren, ist fraglich – besonders viel Kohle für den Staat wird nach dem gerade-so-gesichtswahrenden Abspeckmodell für CSU-Minister Alexander Dobrindt (bzw. für seinen Chef Horst Seehofer…) letztlich nicht mehr herausspringen.

Aber immerhin bringen ja die geplanten neuen Kontroll- und Verwaltungsstellen bis zu 500 Menschen aus dem Elend und von der Straße weg in einen hoffentlich gutdotierten und spannenden Job. Nun ja, auf EU-Ebene wird es wahrscheinlich Ärger geben – geschenkt. Und dann werden sicher auch so manche ausländische Autofahrer auf die mautfreien Landstraßen ausweichen und die deutschen Anwohner mit Lärm und Gestank quälen  – geschenkt.

Aber dass man, um eventuelle marginale Erstattungsansprüche abrechnen zu können, gleich mal eine Vorratsdatenspeicherung 2.0 einführt, das ist entweder eine perfide lancierte Überwachungsidee frustierter Sicherheitspolitiker. Oder gar nicht wahr – großes Indianerehrenwort! Oder halt nur der gewisse Politik-Irrsinn. Wahrscheinlich. Hoffentlich.

DRadio Wissen · Liveblog: Tropenmedizin.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 3.11.2014

Zweifel an Anonabox

Wir sollen unsere Daten verschlüsseln, empfehlen uns selbst so unverdächtige Zeitgenossen wie Mitglieder unserer Bundesregierung. Andererseits hat nicht nur der US-amerikanische FBI-Chef, sondern haben auch deutsche Ermittler schreckliche Bauchschmerzen mit wirklich wirksamen Datenschutz – sie reklamieren also die Notwendigkeit nicht nur einer Hintertür, sondern sogar einer Vordertür in die Handies und Computer der potentiell kriminellen Staatsbürger.

Nur wie sie garantieren wollen, dass der angestrebte exklusive Zugang für Ermittler auch wirklich exklusiv bleibt, nicht von kriminellen Hackern gehackt wird oder nicht von nicht-gesetzestreuen Gesetzeshütern (ja, so was gibt es tatsächlich…) oder Spionen des eigenen Landes oder einer fremden Macht missbraucht wird – das wollen und können uns die Befürworter von Hinter- und Vordertüren nicht verraten.

Natürlich erschweren die verfassungsmäßig garantierten Rechte auf Privatsphäre, auf Unverletzlichkeit der Kommunikation und der Wohnung die Ermittlungsarbeit im konkreten Ermittlungsfall – aber das genau ist der Unterschied zwischen einer freiheitlichen Demokratie und einem Überwachungsstaat.

Einen einfachen und narrensicheren und billigen Weg zur Privacy im Netz verspricht die Anonabox – an dem Crowdfunding-Projekt gibt es allerdings seit Mittwoch massive Zweifel.

Mein eigenes Fazit: Anonabox kann durchaus nach dem Ausbügeln der entdeckten Software-Probleme wie versprochen „funktionieren“ – und trotzdem ist das Verschleierungsnetzwerk Tor eigentlich nix für Laien oder für „Normalsurfer“, da stimme ich Heise.de uneingeschränkt zu

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.10.2014

Nachklapp 18.10.2014 – Aus für Anonabox

Und da ist es auch schon passiert: Die Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat sich das Projekt aufgrund der geäußerten Kritik angeschaut – und der Anonabox den Stecker gezogen; der (wenn auch modifizierte…) Weiterverkauf von bereits existierenden Gütern verstößt nämlich gegen die Kickstarter-Spielregeln. Das Geld der Projekt-Unterstützer bleibt also in deren Taschen.

Der Initiator August Germar will die Box angeblich trotzdem fertig entwickeln (der Aufwand dafür dürfte sich ja nun auch bekanntlich in Grenzen halten 🙂 ) und über die eigene Website verkaufen.

Crowdworking im Dienste der Wissenschaft

Wenn Soziologen, Psychologen, Verhaltensbiologen oder Wirtschaftswissenschaftler an der Uni oder in Instituten Studien mit Versuchspersonen durchführen, haben sie normalerweise ein kleines Problem: Die Leute, die sie relativ leicht zum Mitmachen bewegen können, sind WEIRD – Western, Educated, Industrialized, Rich and Democratic. Oder im Extremfall halt männliche, heterosexuelle Westküsten-Studenten – und die in solchen Studien erzielten Ergebnisse haben dann nur eine sehr begrenzte Aussagekraft, was den Studienautoren zuweilen selbst nicht ganz klar ist. Aber das „Sampling-Bias“-Problem lässt sich mittlerweile sehr einfach und elegant umschiffen. Wenn man nämlich die Studienteilnehmer im Netz rekrutiert – aus dem zahlreich und preiswert zur Verfügung stehenden Pool der Crowdworker; z.B. bei der bekanntesten Plattform, dem Amazon Mechanical Turk. Nachzulesen in einem ausführlichen und interessanten Artikel von Rosie Cima bei Priceonomics.com; und wie man für den „Mechanischen Türken“ geeignete Studiendesigns erstellt und diese direkt einfach statistisch auswertet, findet sich beim Experimentalturk.

DRadio Wissen · Liveblog: Der neue Bürgermeister für Berlin.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.10.2014

Uberfacts: Eine halbe Million mit Bullshit

„Fakten, Fakten, Fakten“ – das war ja mal das Motto eines neuen Nachrichtenmagazins, das gegen den Platzhirsch am Nachrichtenmagazin-Himmel anstinken wollte. Mittlerweile ist der einst ambitionierte Newcomer heftig in Richtung Boulevard abgesunken, besonders im Online-Auftritt. Der Platzhirsch allerdings auch; mehr als nur „ein Stück weit“…

Aber vielleicht ist das einfach auch geradezu zwangsläufig, wenn man nicht im „zwangs“-gebührenfinanzierten Refugium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 🙂 , sondern im harten Markt der freien Presse unterwegs ist. Total der richtige und einzige Weg zum Erfolg: Uberfakten, Uberfakten, Uberfakten – die Leute da draußen wollen nämlich leicht konsumierbaren Bullshit. Aber auch wenn man sich da wieder mal fragen kann, was das Internet eigentlich mit unseren Hirnen machtKris Sanchez hat ganz recht: Wem sein Fakten-Kram nicht passt, braucht ihm ja nicht zu folgen.

DRadio Wissen · Uberfacts: Eine halbe Million mit Bullshit.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 15.10.2014