Schlagwort-Archive: Wissenschaft

Higgs Hunters – Crowdsearching nach Elementarteilchen

In die Geschichte eingehen, zumindest in die Wissenschaftsgeschichte – das kann man jetzt per Netz, auf der Seite Higgs Hunters. Die Forscher vom CERN brauchen nämlich Hilfe – zwar haben sie das Higgs-Boson ja (zumindest aller Wahrscheinlichkeit nach…) bereits entdeckt; jetzt aber wollen sie wissen, wie es funktioniert. Und schmeichelhafterweise für die Gattung Homo Sapiens gibt es nämlich noch gewisse Bereiche, wo der Mensch bessere Resultate erzielen kann als der tollste Super-Computer. Zum Beispiel beim Erkennen von Strukturen oder Anomalien auf Bildern. Bei der Suche nach dem verschwundenen Flug MH370 hat der gleiche Ansatz letztlich keinen Erfolg gebracht – aber das sollte Menschen mit viel Tagesfreizeit und Entdecker-Enthusiasmus nicht davon abhalten, beim Higgs-Jagen mitzumachen.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 28.11.2014

Epidemie-Trends im Netz: Wikipedia statt Google?

Die Tage werden kürzer und kälter, und mit dem Schmuddelwetter kommt auch die saisonale Schnief- Hust- und Krächz-Phase – in der leichteren Form als grippaler Infekt, in der schwereren als richtige Virusgrippe. Eine schnelle Lageeinschätzung gibt es ja seit ein paar Jahren im Netz – bei Google. Im Grunde beruht die bekanntlich auf bei Google eingegebenen Suchbegriffen – eben nach z.B. Grippe, Husten, Fieber, oder auch nach Medikamenten. So ganz besonders gut ist diese Einschätzung bzw. Vorhersage allerdings wohl doch nicht – das könnte z.B. daran liegen, dass viele Menschen eben aus reinem Informationsinteresse die Begriffe aufrufen, und nicht, weil sie selbst betroffen sind. Auch Googles Auto-Vervollständigen-Funktion tendiert dazu, populäre Anfragen zu verstärken. Fakt ist jedenfalls, dass Flutrends bislang zur Übertreibung neigt. Möglicherweise könnten daher Wikipedia-Anfragen der bessere Indikator sein, schreiben Wissenschaftler in PLOS Computational Biology; und zwar nicht nur für Grippe, sondern auch für diverse andere Infektionskrankheiten.

DRadio Wissen · Liveblog: Bilanz vom G20 in Brisbane.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.11.2014

Crowdworking im Dienste der Wissenschaft

Wenn Soziologen, Psychologen, Verhaltensbiologen oder Wirtschaftswissenschaftler an der Uni oder in Instituten Studien mit Versuchspersonen durchführen, haben sie normalerweise ein kleines Problem: Die Leute, die sie relativ leicht zum Mitmachen bewegen können, sind WEIRD – Western, Educated, Industrialized, Rich and Democratic. Oder im Extremfall halt männliche, heterosexuelle Westküsten-Studenten – und die in solchen Studien erzielten Ergebnisse haben dann nur eine sehr begrenzte Aussagekraft, was den Studienautoren zuweilen selbst nicht ganz klar ist. Aber das „Sampling-Bias“-Problem lässt sich mittlerweile sehr einfach und elegant umschiffen. Wenn man nämlich die Studienteilnehmer im Netz rekrutiert – aus dem zahlreich und preiswert zur Verfügung stehenden Pool der Crowdworker; z.B. bei der bekanntesten Plattform, dem Amazon Mechanical Turk. Nachzulesen in einem ausführlichen und interessanten Artikel von Rosie Cima bei Priceonomics.com; und wie man für den „Mechanischen Türken“ geeignete Studiendesigns erstellt und diese direkt einfach statistisch auswertet, findet sich beim Experimentalturk.

DRadio Wissen · Liveblog: Der neue Bürgermeister für Berlin.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 17.10.2014

Wissenschaft – Chinas Publikations-Basar

„Publish or Perish“ – Veröffentliche oder gehe unter – das ist so ein Standardmotto unter Wissenschaftlern. Und der Publikationszwang ist selbstredend nicht gerade qualitätsfördernd, sondern leistet Pfusch, Plagiaten oder gar dreisten Betrugsaktionen Vorschub. Ob das Phänomen in China besonders häufig ist, darüber kann man streiten – zumindest scheint der formalistische Druck nach vermeintlicher Veröffentlichungs-Expertise als Vorbedingung für Wissenschaftler-Jobs dort noch etwas ausgeprägter zu sein als im Westen.

Wissenschaft – Chinas Publikations-Basar.

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 29.11.2013

Die Crowd in der Cloud – von Guttenplag zur Liquid Democracy?

Mal ganz ehrlich: Cut and Paste – wer hat davon noch nicht profitiert? Das Internet lädt doch geradezu zum Plagiieren ein … Doch genauso unerbittlich ist das Netz, wenn es darum geht, Kopisten zu überführen.

Es ist der sprichwörtliche „Coup“; der Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ vom Mittwoch, dem 16. Februar 2011: „Guttenberg soll bei Doktorarbeit abgeschrieben haben.“ Bereits in der Nacht hat der Blogger Raphael Wimmer die Vorabmeldung der Nachrichtenagentur dpa gelesen, er googelt nach der Dissertation. Bei „libreka.de“ wird er fündig und gibt dann direkt einmal ein paar Begriffe aus der Einleitung der Arbeit in die Suchmaschine ein – und landet sofort einen „Volltreffer“: Der gesamte Einstieg ist offensichtlich nahezu identisch mit einem Artikel der „FAZ“ aus dem Jahr 1997. Nach einem kurzen Blogeintrag um 0.49 Uhr geht Wimmer erst einmal schlafen. Mittags um 13. 46 Uhr antwortet er einem seiner Leser, der inzwischen eine weitere abgekupferte Passage gefunden hat: „Vielleicht sollte man da einmal ein crowd-sourcing betreiben.“

Donnerstag, 17. Februar: Der Schwarm der Plagiats-Sucher im Netz hat sich organisiert – in Windeseile zeigt sich bei der „kollaborativen Dokumentation“ der Fundstellen im „Guttenplag“-Wiki, welches Ausmaß die Angelegenheit hat: Ein Blick ins Internet genügt fortan, um die These von „kleineren Ungenauigkeiten“ oder „vergessenen Fußnoten“ ad absurdum zu führen.

Donnerstag, 24. Februar: 63.713 Doktorandinnen und Doktoranden unterzeichnen im Netz einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel: Deren Bemerkung, zu Guttenberg sei schließlich nicht als „wissenschaftlicher Assistent“ eingestellt, sei eine Verhöhnung der Wissenschaft in Deutschland.

Samstag, 26. Februar: Der Nachfolger von zu Guttenbergs Doktorvater an der Universität Bayreuth, der Staatsrechtler Oliver Lepsius, bezeichnet den Minister in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk als „Betrüger“. Der Mitschnitt wird auf Youtube und anderen Videoplattformen verbreitet und weit über hunderttausendmal angeklickt. Drei Tage später tritt Karl-Theodor zu Guttenberg von allen politischen Ämtern zurück.

Eine selektive Chronologie: Natürlich hat nicht „das Netz“ den Minister zu Fall gebracht, die „klassischen“ Medien, darunter konservative Blätter wie die „FAZ“ oder die „Welt“ haben auch ihren Anteil – mit eigenen Recherchen, mit ebenso eindeutigen wie beharrlichen Kommentaren. Und doch: Was die Netz-Crowd bei „Guttenplag“ innerhalb von zwei, drei Tagen zusammengetragen hat, dafür hätte früher eine Einzelperson oder auch ein Team von Journalisten Wochen oder Monate gebraucht – vorausgesetzt, es wäre überhaupt irgendwie finanziert worden.

Das Internet und die Guttenberg-Affäre – ein Modellfall für eine „urdemokratische“ barrierefreie Mitgestaltung der realen Welt vom heimischen Rechner aus? Erstens: Eine Google-Suche ist noch lange keine genuin politische Willensäußerung. Zweitens: Die Mitmach- und Begeisterungsbereitschaft ist auch im Netz begrenzt. Große Zahlen (wie bei den Facebook-„Freunden“ von Guttenberg …) heißen nicht viel; die Crowd ist flüchtig und keine verlässlich einzukalkulierende Größe.

Apropos verlässlich und kalkulierbar: Direkte Volksentscheide haben die Verfassungsväter der Bundesrepublik ja einst mit Blick auf die deutsche Geschichte weitgehend ausgeklammert – ob das Misstrauen gegenüber der „verführbaren“ Masse berechtigt war oder ist, darüber kann man trefflich streiten. Manch einer befürchtet nun, dass in einer digitalen Demokratie die unreflektierte Stimmabgabe aus dem Impuls heraus sogar wahrscheinlicher würde: Einen Mausklick macht man halt deutlich einfacher, als sich erst einmal zum Wahllokal zu bemühen.

Wie dem auch sei: Abstimmen im Netz ist die eine Sache, das konstruktive Erarbeiten von politischen Ideen eine ganz andere, davon kann die als digitaler Bettvorleger gelandete Piratenpartei ein Liedlein singen. Und das Liquid-Democracy-Projekt bei der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ backt gerade einmal die ersten ganz kleinen Brötchen. Aber warten wir einmal ab: Vor 20 Jahren wäre die Sache mit der Doktorarbeit wahrscheinlich im Sande verlaufen. Und voraussichtlich haben wir nicht erst in 20 Jahren neue Formen der politischen Willensbildung im Netz – wie die aussehen werden, das ist allerdings noch reichlich wolkig.

(Dieser Text erschien als „Netz.Blick“ in der Zeitschrift „Digital“, Ausgabe Mai/Juni 2011.)

Ein helfender Rüssel

Elefanten sind ziemlich schlaue Biester. Sie erkennen ihr eigenes Spiegelbild, haben ein gutes (und wohl auch auch nachtragendes Gedächtnis 🙁 …), und sie sind anscheinend zur Kooperation und planmäßigen Handlung mit Artgenossen fähig – auch wenn noch nicht wirklich klar ist, wie weit sie eine Problemstellung abstrahieren können.

Ein helfender Rüssel.

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 8.3.2011

Soprane: Durchschlagskräftig, aber undeutlich

Opernsänger sind nicht unbedingt für ihre besonders deutliche Aussprache während des Gesangs bekannt. Dass insbesondere die hohen Frauenstimmen zwar weit tragen und spielend Orchester übertönen, aber dafür den Wort-Inhalt ihrer Rede kaum transportieren können, liegt an einem bestimmten stimmphysiologisch-akustischen Zusammenhang. Australische Wissenschaftler sind der Sache messtechnisch auf den Grund gegangen.

Durchschlagskräftig, aber undeutlich (Archiv)

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 16.1.2004

Vernalisation: Frühlingsgefühle bei Pflanzen

Den richtigen Moment für die Fortpflanzung abzupassen, das ist nicht nur für Menschen, sondern für alle Lebewesen eine höchst bedeutsame Angelegenheit. Eine Pflanze zum Beispiel darf nicht ein paar warme Tage im Spätherbst oder im Winter für den Frühling halten und vorzeitig blühen. Tatsächlich gibt es einen Mechanismus, der Pflanzen dabei hilft, den „richtigen Winter“ zu erkennen und lange genug abzuwarten.

Frühlingsgefühle bei Pflanzen (Archiv)

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 8.1.2004

Phyllotaxis: Geheimnis der Regelmäßigkeit

Dass Blätter und Blüten absolut regelmäßig um einen Pflanzenstengel herum angeordnet sind, fasziniert Philosophen, Dichter und Wissenschaftler seit dem Altertum. Was die Sache für einen tieferen Sinn haben könnte, war auch schon lange plausibel: das Sonnenlicht wird so optimal ausgenutzt. Nur was eigentlich in der Pflanze genau passiert, damit es an einer ganz bestimmten Stelle zu einem neuen Blatt kommt, das war bislang noch reichlich unklar. Ein internationales Forscherteam hat in der aktuellen Ausgabe von „Nature“ ein neues Modell der „Phyllotaxis“, der Pflanzenarchitektur vorgestellt.

Geheimnis der Regelmäßigkeit (Archiv)

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 20.11.2003

DNA-Moleküle spielen Tic-Tac-Toe

Im Film „Wargames“ aus dem Jahre 1983 rettet das Spiel Tic-Tac-Toe, auf Deutsch “Drei gewinnt“, am Ende die Welt: Nach einer Weile erkennt der Supercomputer “Joshua“ nämlich, dass ein Sieg nicht möglich ist, wenn beide Seiten optimal spielen. Die Erkenntnis überträgt “Joshua“ in buchstäblich letzter Sekunde auf sein gerade ablaufendes Hauptprogramm “Globaler thermonuklearer Krieg“. Auch gegen “MAYA“ kann man nicht gewinnen, sondern im besten Fall ein Unentschieden erreichen. Amerikanische Wissenschaftler haben aus DNA-Molekülen einen perfekt Tic-Tac-Toe spielenden Automaten konstruiert und in der neuesten Ausgabe von “Nature Biotechnology“ vorgestellt.

Kein Sieg gegen “MAYA“ (Archiv)

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 18.8.2003