Es gibt ja den alten Witz, in dem die böse Königin vor das Zaubermöbel tritt und die berühmten Worte spricht: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ – „Geh mal einen Schritt zur Seite, ich kann sonst nichts sehen.“ Mittlerweile sind zuhörende und quatschende Spiegel natürlich nichts märchenhaftes mehr, sondern knallharte digitale Realität. Datenschutz-Bedenkenträgern wie mir sind ja schon die bisher auf dem Markt erhältlichen Assistenz-Abhörwanzen ein Greuel – die Kamera im neuen „Echo Look“ geht da noch einmal einen logischen Schritt weiter.
Dass das Gadget dann auch noch für den „Style Check“ im Schlaf- oder Ankleidezimmer stehen soll, macht die Sache noch aparter. Aber eines steht fest: Die Home-Assist-Systeme und die damit einhergehenden neuen Möglichkeiten der gezielten Kundenanalyse und Werbeansprache versprechen der Branche schönste Umsatzperspektiven. Bei der Vorstellung der Quartalszahlen nannte Amazon sein Sprachsystem Alexa schon ausdrücklich als signifikant positiven Faktor für das Geschäftsergebnis; dazu passt auch bestens das Update für die digitale Einflüsterin:
Ab sofort wird Alexa viel natürlicher klingen – mit einer frei gestaltbaren Sprachmelodie, mit betonten oder geflüsterten Worten. Konkurrent Google stellt sein Assist-System ab sofort für fremde Hardware-Hersteller zur Verfügung, und dass auch Apples Siri bald in einem Hardware-Device Einzug in unsere Wohnstuben halten will, gilt unter Tech-Auguren als ausgemacht. Da bahnt sich ohne jeden Zweifel ein weiterer Privacy-Paradigmenwechsel an: Wer in absehbarer Zeit nicht einen der Assistenten zu Hause rumstehen, rumlauschen oder rumglotzen hat, der hat bestimmt etwas zu verbergen.
Deutschlandfunk Nova · Amazons „Echo Look“: Alexas Schlafzimmerblick
Deutschlandfunk Nova – Hielscher oder Haase vom 28.04.2017 (Moderation: Till Haase)