Schlagwort-Archive: Musik

Wie präsidiabel ist Kanye West?

Pop-Popularität ist ja – siehe Donald Trump oder Arnold Schwarzenegger oder einst Ronald Reagan – schon einmal eine ganz gute Ausgangsbasis, um in den USA im Rennen für einen Gouverneurs- oder gar Präsidentenposten wahrgenommen zu werden. Ob die Ankündigung von Rapper Kanye West bei den Video Music Awards, 2020 antreten zu wollen, wirklich ernstgemeint oder ernstzunehmen ist, darüber gab es am Montag dann viele Spekulationen und Betrachtungen – auch wieder teils ernst gemeint, teils nicht.

Auf jeden Fall hat die ausführliche Rede und speziell dann die “Präsidenten-Passage” zu neuen Twitter-Rekorden geführt, wie Wired schreibt. Im Laufe des Tages trendeten danach auch die Verballhornungs-Tweets, teils mit Seitenhieb auf Wests nicht minder populäre Gattin. 🙂

Eine ganz emotionsfreie und objektive Analyse kam dann aber von Watson, dem IBM-Supercomputer. Der kann nämlich nicht nur beim Jeopardy-Duell siegen und medizinische DIagnosen erstellen, sondern auch Menschen auf ihr “Big-Five”-Psychoprofil hin einschätzen. Kanye West performt da in manchen Bereichen (“Glaubwürdigkeit, Emotionalität”) ganz gut, beim Punkt “Pflichtbewusstsein” oder “Verläßlichkeit” hapert es aber offenbar ziemlich, so das Elektronengehirn.

In jedem Fall ist der Künstler politisch keinesfalls völlig unbeleckt, berichtet der Guardian – Kanye West sympathisiert mit den US-Demokraten und unterstützt diese auch materiell – obwohl auch Vertreter der Republikaner keine Scheu haben, dem Rapper einen Wechsel ins andere Lager anzubieten. Also “Kanye West for President“? So ganz mag man das irgendwie noch nicht so ganz glauben – im Zweifelsfall empfiehlt sich vielleicht eine erneute Konsultation von Watson. Auch der wird bis 2020 seine Weisheit noch weiter ausgebaut haben.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 1.9.2015 (Moderation: Till Haase)

Wie haltbar ist Dieter Gorny als Digitalbeauftragter?

Als Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Ende März seinen guten Bekannten Dieter Gorny, seines Zeichens Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI), zum “Beauftragten für kreative und digitale Ökonomie” ernannte, da gab es manch einen kritischen Kommentar. Der Cheflobbyist der Musikbranche ist bislang bekannt für seine eindeutigen Positionen z.B. in Sachen Urheberrecht – was wiederum bei netz-/kulturpolitisch anders aufgestellten Gruppen wie das berühmte rote Tuch wirkt.

Der Politiker Malte Spitz von den Grünen hat sich nun im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) die detaillierten Vorgänge rund um die Gorny-Bestellung vom BMWi zusenden lassen und das PDF mittlerweile auch auf seiner Website veröffentlicht. Für ihn ist Gorny als Digitalbeauftragter nun nicht länger haltbar. Das Ministerium habe nicht etwa einen geeigneten Kandidaten für ein vorab umrissenes Tätigkeitsfeld gesucht, Gorny habe sich dieses vielmehr selbst entworfen – und auch praktisch seinen Arbeitsvertrag selbst geschrieben.

Diese Neuigkeiten (die Spitz merkwürdigerweise ein paar Wochen bis zur jetzigen parallelen Veröffentlichung im Spiegel für sich behielt…) hören sich zunächst bedenklich an – letztlich scheint das Ganze aber eher ein Sturm im Wasserglas als ein Skandal zu sein.

Denn schließlich ist Gornys Tätigkeit ehrenamtlich, vollkommen unentgeltlich und – wie aus den Dokumenten hervorgeht – so vage umrissen, dass im Grunde nicht viel konkretes mehr als der schön klingende Titel und der Prestigefaktor gelegentlicher Auftritte in der Rolle übrigbleibt.

Am interessantesten in dem von Malte Spitz vorgelegten Dokument sind eigentlich die Einblicke in die Bürokratie-Maschine einer Behörde: Die Spitzenbeamten bemühen sich redlich, eifrig und am Schluss auch erfolgreich, die inhaltliche Nullnummer in eine juristisch niet- und nagelfeste Form zu bringen.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 31.8.2015 (Moderation: Till Haase)

Codieren, speichern, mitnehmen – 20 Jahre mp3

Kaum war die Software entwickelt, war sie auch schon geklaut. Finanziell haben das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS bzw. die beteiligten Entwickler also nicht gerade übermäßig profitiert von ihrem Jahrhundert-Coup, dem Audio-Komprimierungsformat mp3. Was die “Musikindustrie” vielleicht auch klammheimlich gerecht findet, denn der Daten-Eindampfer war ja quasi der Startschuss für Musik-“Tauschbörsen” und Filesharing aka “Raubkopieren” in ganz großem Stil.

Und dann sind da noch die HiFi-Jünger mit sauerstoff-freien Lautsprecherkabeln für 300,-/Meter –  die lassen natürlich eh keine “verlustbehaftet komprimierten” Sound-Dateien auf ihre Anlagen im Wert eines Mittelklasse-Automobils, sonst würde ja das “unverfälschte” Erleben ihrer Pop-Balladen, Jazz-Sessions oder Klassik-Meilensteine flöten gehen.

(Das ist natürlich eh totaler Quatsch, denn jede Aufnahme ist schon eine sehr subjektive Interpretation oder auch Manipulation des Live-Sounds bzw. Events – wer es mal selbst versucht hat, weiß, wovon ich spreche. Und die Essenz von Musik hat letztlich ziemlich wenig mit der Reproduktion eines einmaligen, subjektiven oder manipulierten Aufführungs- bzw. Aufnahmeereignisses, sondern sehr viel mehr mit jeder neuen Materialisierung durch Interpreten zu tun – u.U. kommt dann auch noch die Kommunikation mit einem Publikum dazu. Ende des Exkurses 🙂 .)   Aber zur Hörbarkeit oder Nicht-Hörbarkeit der Komprimierung ist immer noch der legendäre Versuch der Zeitschrift c’t eine interessante Lektüre.

Von den Herum-Moserern aber mal abgesehen – natürlich ist mp3 eine tolle Sache, die das Problem mit dem “welche Platte würdest Du auf die einsame Insel mitnehmen?” entschärft.

Das Soundfile von der heutigen Sendung (und von allen anderen auch…) ist übrigens ein mp3.

Quelle: Codieren, speichern, mitnehmen

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 14.7.2015

YouTube – GEMA 1:0

„Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar“ – diese Botschaft im schwarzen Fenster gehört wahrscheinlich zu den meistgehassten Dingen bei hiesigen Netz-Nutzern. Bleibt die ganz große Frage, ob eigentlich die Verwertungsgesellschaft GEMA der Buhmann ist, oder vielleicht YouTube selbst – oder vielleicht der gemeine Raubkopierer, der ja urheberrechtlich geschützte Dateien ins Netz hochlädt. YouTube und GEMA streiten sich jedenfalls gleich vor mehreren Gerichten – in München gab es zunächst einen Punktsieg für die Google-Tochter. YouTube kann sich auf das Hostprovider-Privileg berufen; kein Schadensersatzanspruch also. Das ändert allerdings nichts an der grundsätzlichen Einsicht, dass YouTube die Urheber schon irgendwie an den durch das illegale Handeln der User erzielten Profite beteiligen muss – fragt sich eben nur, ob nach dem GEMA-Tarif oder nach dem billigeren Werbeerlös-Beteiligungsverfahren.

DRadio Wissen – Schaum oder Haase vom 1.7.2015

Dietrich Fischer-Dieskau wird 85

Morgen geht es ja in Oslo zur Sache, “unsere Lena” Meyer-Landrut singt “für Deutschland” – sie geht sogar als Favoritin ins Rennen. Wie auch immer die Sache in Oslo ausgeht, eines hat Lena Meyer-Landrut ja mit ihrer erfrischenden Art direkt zugegeben: Sie hat nicht nur eine etwas “abenteuerliche” Atemtechnik beim Singen, sondern gleich gar keine.

Beim klassischen Gesang geht das nicht so einfach; ohne Atemtechnik, ohne Gesangstechnik – weil man da eben keine Tontechnik hat, kein Mikrofon vor der Nase und keine
Soundanlage, von dazugemischtem Hall und sonstigen “Klang-Verschönerungen” jetzt einmal ganz zu schweigen. Das ist also ehrliche Muskelarbeit, für die man auch ein
Weilchen lernen muss, von künstlerischen Aspekten jetzt einmal ganz abgesehen.

Ein Sänger mit ausgezeichneter Atem- und Gesangstechnik und einer wunderbaren Stimme wird heute 85 Jahre alt: Dietrich Fischer-Dieskau, ein Gigant oder wie man heute sagt, “Superstar” der klassischen Musik, auch wenn er sich diesem Begriff verweigert.

In gewisser Weise hat Fischer-Dieskau in der Nachkriegszeit auch “für Deutschland” gesungen, nämlich als eine Art Kulturbotschafter – er ist sehr schnell international
bekannt geworden und international aufgetreten, in England, in den USA – und hat da vielleicht bei vielen Hörern dafür gesorgt, das äußerst gründlich lädierte Bild von
Deutschland als Kulturnation wieder etwas in Erinnerung zu bringen – wobei die Formulierung, ein Künstler sänge “für ein Land” natürlich letztlich ohnehin Unsinn ist…

Im Netz, speziell natürlich bei Youtube finden sich jede Menge Ton- und Videoaufnahmen von Fischer-Dieskau, auch vieles aus den frühen Jahren; in Schwarz-Weiss und aus
irgendwelchen Archiven herausgezaubert. Über den Sänger gefachsimpelt wird auf Diskussions- und Fanseiten.

In letzter Zeit hat Fischer-Dieskau in Interviews einen ziemlich melancholischen Eindruck gemacht, er fragt sich, ob er irgendetwas erreicht hat oder etwas von ihm bleiben
wird – ich sage einmal auch von hier: Eindeutig ja. Liebe und Bewunderung nämlich. Und noch mal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

DRadio Wissen – Webschau vom 28.5.2010

Soprane: Durchschlagskräftig, aber undeutlich

Opernsänger sind nicht unbedingt für ihre besonders deutliche Aussprache während des Gesangs bekannt. Dass insbesondere die hohen Frauenstimmen zwar weit tragen und spielend Orchester übertönen, aber dafür den Wort-Inhalt ihrer Rede kaum transportieren können, liegt an einem bestimmten stimmphysiologisch-akustischen Zusammenhang. Australische Wissenschaftler sind der Sache messtechnisch auf den Grund gegangen.

Durchschlagskräftig, aber undeutlich (Archiv)

Deutschlandfunk – Forschung aktuell vom 16.1.2004