Archiv für den Monat: März 2017

Tschüss, Taxizentrale Köln. Guten Tag, MyTaxi

Ich habe heute morgen meinen Bus verpasst. Den ich eigentlich hätte bekommen müssen, um noch den Zug nach Düsseldorf zu erreichen und einen Termin dort pünktlich wahrnehmen zu können. Ich hatte 9 Uhr 46 als Abfahrtszeit im Kopf, es war aber 9 Uhr 43 – und ich konnte dem abfahrenden Bus noch sehr schön aus einiger Distanz hinterherschauen. Um 9 Uhr 46 rufe ich also an der Haltestelle die Taxizentrale Köln (Taxiruf Köln) an, um die Sache auszubügeln. Ein Zug, mit dem ich noch einigermaßen rechtzeitig in Düsseldorf ankommen würde, geht 10 Uhr 10 ab Köln HBF.

0221 2882 – Wer in Köln Taxi fahren will, kommt nicht an dieser Nummer und damit an der Taxi Ruf Köln eG vorbei.

Wenn man die Nummer 2882 wählt, hört man neuerdings zunächst einmal so gut eine Minute oder länger eine völlig bescheuerte und abartig nervende Ansage: Man könne auch ein Taxi übers Netz bestellen, bla, bla, bla. Ich weiß das grundsätzlich und brauche da auch garantiert keine bescheuerte App der Taxizentrale Köln; ich habe nämlich die MyTaxi-App und andere Varianten seit geraumer Zeit auf meinem Smartphone installiert, aber bislang nicht genutzt. Es gibt bekanntlich auch Uber, aber das habe ich auch noch nicht genutzt und habe mich da in meiner Rolle als Journalist sogar öffentlich skeptisch gezeigt… Ich will eigentlich nur so schnell wie möglich ein Taxi, wenn ich ein Taxi brauche – wenn die Telefon-Taxi-Zentrale sich selbst im Kommunikationsweg Telefon abschaffen möchte, bin ich an sich genau die richtige Zielgruppe.

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Die Dame in der Telefon-Zentrale fragt nach meinem Standort. “Endhaltestelle Bus 106, Südpark.” Welche Straße und Hausnummer das denn sei? Da gibt es es keine Hausnummer, die ich sehen könnte, sage ich – die Endhaltestelle ist am Übergang Pferdmengesstraße/Am Südpark und müsste jedem ortkundigem Taxifahrer bekannt sein. Die Dame nimmt die Bestellung auf. Und dann passiert – nichts. Es kommt nichts, die Zeit verrinnt, mein Zug 10 Uhr 10 wird nicht mehr zu erreichen sein. Um 9 Uhr 58 rufe ich erneut die 2882 an – was um Himmels Willen ist da los, wieso kommt in der Millionenstadt Köln kein bescheuertes Taxi an ein nicht allzu exotisch gelegenes Ziel??

Die Dame – es ist wieder dieselbe – sagt mir, sie hätte den Auftrag ins System eingegeben – wenn bislang niemand gekommen sei, wäre niemand in der Nähe oder die Fahrer könnten mit der angegebenen Ortsbeschreibung nichts anfangen und würden den Ort nicht kennen. Ich reagiere nun mit äußerstem Missvergnügen – ist es mittlerweile also tatsächlich soweit, dass nur noch debile Fahrer ohne jede Ortskenntnis unterwegs sind, die auf eine Straße/Hausnummer-Angabe für ihr bescheuertes Navi im Auto angewiesen sind? Hat auch die Zentrale keinerlei Ortskenntnis mehr? Ich beende das Gespräch mit der Ankündigung, dass ich mich über die Inkompetenz beschweren und ab sofort die Inanspruchnahme der Taxi-Zentrale Köln beenden werde.

Es gibt ja schließlich die entsprechenden Apps, um deren Benutzung die Taxi-Zentrale anscheinend aus Spargründen intensiv bettelt. Ich melde mich bei MyTaxi an und bestelle einen Wagen. Ich kann dort mitverfolgen, wer den Auftrag annimmt und wann das Taxi bei mir eintreffen wird. In der Zwischenzeit kommt nun auch ein Taxi angefahren, das offenbar aufgrund der vorangegangen Bestellung bei der Taxi-Zentrale losgeschickt worden ist. (Dort hatte ich allerdings beim zweiten Anruf die Sache storniert – “vergessen Sie’s”…) Ich schildere dem Fahrer die Geschichte, er ermutigt mich darin, mich offiziell zu beschweren – das Verhältnis zwischen Fahrern bzw. Taxiunternehmern und der Taxizentrale sei ohnehin sehr angespannt und vom Kosten-Nutzen-Verhältnis fraglich und umstritten.

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Auf der Fahrt mit dem über MyTaxi bestellten Kollegen fahren wir (neues Ziel jetzt Bf. Köln-Deutz, Abfahrt 10 Uhr 28, die spätere Ankunft in Düsseldorf bedeutet für mich auch dort noch wieder eine Taxifahrt mit zusätzlichen Kosten von 18,- ) an der Taxi-Haltestelle Bayenthalgürtel vorbei – da stehen 5 Taxen; von meinem Bestellort 1-2 Minuten entfernt.

Mein Fazit als Kunde: Liebe Zentrale, ich brauche euch überhaupt nicht, wenn ihr nicht dafür sorgt, dass so schnell wie möglich ein Wagen an meinen Standort geschickt wird. Wenn ihr selbst auf Sparkurs geht, wenn ihr inkompetente Mitarbeiter(innen) habt und aufs Internet verweist – kein Problem, für mich läuft das ab jetzt über MyTaxi, da bin ich meine eigene Zentrale. Ich komme sehr gut an euch vorbei. Ihr könnt dann noch ein Weilchen die Omas durch die Gegend fahren, die kein Smartphone haben und von den Neuerungen überfordert sind. Tschüss an euch und noch viel Spaß im Neuland.

Tracking: Keine Selfies mehr mit Emma Watson

Emma Watson, die Hermine aus der Harry-Potter-Filmserie, ist mittlerweile 26 Jahre alt. Den Übergang vom Kinderstar in die Riege der erwachsenen Top-Filmschauspielerinnen hat sie locker geschafft, demnächst können wir sie in „Beauty and the Beast“ sehen. Wenn man Interviews mit ihr liest, wird klar – sie ist eine umgängliche Frau ohne große Starallüren, die aber auch sehr klar entscheidet, was sie der Öffentlichkeit preisgibt und was nicht. Im Gespräch mit dem Magazin „Vanity Fair“ hat sie jetzt verkündet, sie wolle sich in Zukunft nicht mehr einfach so überall von Fans ablichten lassen – weil nämlich nach dem Hochladen der Fotos ins Netz sofort ihr Aufenthaltsort auf 10 Meter genau bekannt sei – und das eben praktisch Tag für Tag rund um die Uhr. Emma Watson will nicht mehr dauer-getracked werden.

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Die Besorgnis ist natürlich absolut nachvollziehbar. In den Standardeinstellungen werden zu jedem Schnappschuss von Smartphone oder Kamera Uhrzeit und Geolocation-Daten mit abgespeichert, in den Standardeinstellungen bleiben die auch beim Hochladen in Social Networks erhalten oder da kommen sogar noch mal solche Daten im Moment des Postens dazu. Das ist also genau wie Emma Watson sagt: innerhalb von zwei Sekunden nach dem Knipsen weiß die ganze Welt, wo exakt sie gerade ist. Bei Stars wird man hier möglicherweise noch denken – ok, das ist jetzt im Rahmen der Prominenz und der damit verbundenen geldwerten Vorteile 🙂 eingepreist.

Im Grunde betrifft das Problem “knipsen und hochladen” (mit Metadaten, aber ohne Einverständniseinholung…) aber jeden von uns. Wahrscheinlich leben wir schon in einer faktischen Post-Privacy. So richtig toll ist das aber nach wie vor nicht. Wer da ab und zu reingrätscht – auch mal happig kostenpflichtig – hat meinen Segen. Auch wenn das den Trend letztendlich nicht wirklich aufhält 🙂 …

DRadio Wissen · Tracking: Keine Selfies mehr mit Emma Watson

DRadio Wissen – Redaktionskonferenz vom 01.03.2017 (Moderation: Sonja Meschkat)